Kosten- und Gebührenrecht

Streitwertfestsetzung für Mega-Light-Anlage

Aktenzeichen  15 C 16.1373

Datum:
5.4.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7215
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, § 68 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

Die Verwendung des auf die Quadratmeterzahl einer Wechselwerbeanlage abstellenden Multplikationsfaktors nach Nummer 9.1.2.3.2 des Streitwertkatalogs führt nur dann zu mit der Empfehlung für einfache Werbetafeln abgestimmten Ergebnissen, wenn bei den Wechselanlagen alle Werbeflächen zusammengezählt werden. Es erscheint darüber hinaus sachgerecht, den Wert bei permanenter Hinterleuchtung zu verdoppeln (Anschluss an VGH BW BeckRS 2017, 106042). (Rn. 11) (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 16.530 2016-06-14 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 14. Juni 2016 wird geändert und erhält folgende Fassung: Der Streitwert wird auf 27.000 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Aufgrund beiderseitiger Erledigungserklärungen nach dem Erlass eines Ablehnungsbescheides stellte das Erstgericht das am 1. April 2016 als Untätigkeitsklage begonnene Klageverfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer doppelseitigen Mega-Light-Werbeanlage mit Dreifachwechsler mit Beschluss vom 14. Juni 2016 ein, verpflichtete die Beklagte zur Tragung der Kosten des Verfahrens und setzte den Streitwert auf 5.421,84 Euro fest. Für diese Festsetzung des Streitwerts zog das Gericht Nr. 9.1.2.3.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt u.a. bei Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, Anhang I B nach § 52 GKG) heran: Die Fläche von [(2,784 m x 3,895 m) x 2] = 21,68736 m² wurde mit 250 € (pro m²) multipliziert.
Dagegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der bereits in seiner Klage als Streitwert 30.000,00 € (5.000 € x 3 Plakate x 2 Seiten) angegeben hatte, am 24. Juni 2016 Beschwerde. Die Empfehlungen der Nr. 9.1.2.3.1 – Wertansatz von 5.000,- € für großflächige Werbetafeln und der Nr. 9.1.2.3.2 des Streitwertkatalogs – Wertansatz von 250,- €/m² für Wechselwerbeanlagen – sollten wertungswiderspruchsfrei angewendet werden. Um dieses Ziel zu erreichen seien deshalb bei Wechselwerbeanlagen die Flächen aller Plakate (in Fällen der vorliegenden Art bis zu fünf auf einer Seite) zusammenzuzählen. Anderenfalls wäre der auf der Basis von 250 €/m² errechnete Streitwert für eine Seite einer Wechselwerbeanlage (hier) mit 2.710,92 € geringer als der Wert für eine einfache Eurotafel, der den Empfehlungen entsprechend bundesweit nahezu einheitlich mit 5.000,- € angesetzt werde.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Streitwert auf 30.000,- Euro festzusetzen.
Mit Schriftsatz vom 29. März 2017 übermittelte er einen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. März 2017 (5 S 1972/16). In diesem wurde der Streitwert für eine einseitige hinterleuchtete Wechselwerbeanlage mit drei Plakaten (3 x 9 m² x 250 €/m² = 6.750 €) im Beschwerdeverfahren im Hinblick auf die Beleuchtung auf 13.500 € verdoppelt.
Die Beklagte hat sich zum Beschwerdevorbringen nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft. Der Beschwerdewert übersteigt 200 Euro; bereits die Differenz zwischen der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 zum RVG bei dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert von 5.421,84 € (354,00 x 1,3 = 460,20 €) und der entsprechenden Gebühr, die sich bei dem mit der Beschwerde angestrebten Streitwert von 30.000,00 € (863,00 x 1,3 = 1.121,90 €) errechnet, beträgt 661,70 €. Die Beschwerde wurde auch innerhalb der Halbjahresfrist nach § 68 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG erhoben.
Das Rechtsmittel ist auch ganz überwiegend begründet.
Grundlage für die Festsetzung des Streitwerts ist § 52 Abs. 1 GKG, wonach der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen ist. Es entspricht allgemeiner gerichtlicher Übung, bei der Ausübung des Ermessens auf die Empfehlungen des von der Streitwertkommission erarbeiteten Streitwertkatalogs zurückzugreifen.
In der aus dem Jahr 2004 stammenden Fassung enthielt dieser Katalog nur unter der Nummer 9.6.1 die Empfehlung von 5.000 Euro für großflächige Werbetafeln. Die im Jahr 2013 erfolgte Überarbeitung behielt diesen Vorschlag unter der aktuellen Nummer 9.1.2.3.1 bei und fügte eine neue Nummer 9.1.2.3.2 hinzu: Für Wechselwerbeanlagen wird seither ein Streitwert von 250,- €/m² empfohlen.
Wie neben der Beschwerde auch die unter I. erwähnte Entscheidung des VGH BW (5 S 1972/16 – BauR 2017, 1022 = juris Rn. 8) zu Recht argumentiert, führt die Verwendung des auf die Quadratmeterzahl einer Wechselwerbeanlage abstellenden Multplikationsfaktors bei der Berechnung des Streitwerts nur dann zu mit der Empfehlung für einfache Werbetafeln abgestimmten Ergebnissen, wenn bei den Wechselanlagen alle Werbeflächen zusammengezählt werden. Nachdem der Katalog selbst keine weiteren Differenzierungen vornimmt, erscheint es darüber hinaus auch sachgerecht, den auf der Basis des vorgeschlagenen Werts von 250,- €/m² für „Mega-Light-Anlagen“ im Hinblick auf ihre wesensimmanente Hinterleuchtung zu verdoppeln, um den wirtschaftlichen Wert der Anlagen für die Klägerin näher zu erfassen.
In den nach § 52 Abs. 1 GKG zu bewertenden Fällen sind regelmäßig Pauschalierungen erforderlich. Um angesichts dessen wenig überzeugende Berechnungen bis in Stellen hinter dem Komma hinein zu vermeiden, erscheint es hier schließlich auch ratsam und sinnvoll, die Größe der im „Mega-Light-Rahmen“ aufscheinenden Plakate jeweils mit (aufgerundet) 9 m² anzusetzen. Damit ergibt sich folgende Berechnung des Streitwerts: (9 m² x 3) x 2 = 54 m² Gesamt-Plakatfläche x 250 € = 13.500,- €; wegen der Hinterleuchtung verdoppelt errechnet sich der Streitwert letztlich auf 27.000,- €.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG); Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG). Deshalb bedarf es keiner Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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