Kosten- und Gebührenrecht

Verwerfung des unzulässigen Ablehnungsgesuchs

Aktenzeichen  23 A 17.80

Datum:
19.2.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 4369
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 198
VwGO § 67 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

1. Ein Ablehnungsgesuch kann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen werden, wenn es offensichtlich missbräuchlich ist. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch für Klagen auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer gilt, dass das Prozesskostenhilfeverfahren vom Vertretungszwang des § 67 Abs. 4 VwGO ausgenommen ist. (Rn. 5 – 6) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Ablehnungsgesuch wird verworfen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 2. Januar 2017 Klage gemäß § 198 GVG erhoben, mit dem Antrag, ihm Entschädigung in Höhe von 2400 € zu leisten. Mit richterlichem Hinweisschreiben vom 17. Januar 2017 ist ihm (unter Verweis auf § 12a i.V.m. § 12 Abs. 1 GKG) mitgeteilt worden, dass die Klage erst nach Zahlung der Verfahrensgebühr an den Beklagten zugestellt wird. Mit gerichtlichem Schreiben vom 20. Februar 2017 ist er um Mitteilung gebeten worden, ob ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt wird. Er ist darauf hingewiesen worden, dass gemäß § 117 ZPO die notwendigen Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der vorgeschriebenen Form zu belegen sind und dass der Antrag auch im Rahmen der Amtshilfe vor der Geschäftsstelle eines Amtsgerichtes zu Protokoll abgegeben werden kann. Der Kläger hat sich dazu nicht geäußert und keine weiteren Unterlagen vorgelegt.
Auf eine Aufforderung vom 12. Dezember 2017 hin, das Verfahren dadurch zu betreiben, dass er entweder die Gebühr bezahlt oder einen ordnungsgemäßen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt, hat der Kläger mit Schreiben vom 28. Dezember 2017 ausgeführt, dass Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Anwalts beantragt werde. Zudem hat er den Urheber des Schreibens vom 12. Dezember 2017 als befangen abgelehnt.
II.
1. Das Ablehnungsgesuch wird unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen. Gründe für eine Besorgnis seiner Befangenheit sind nicht einmal ansatzweise vorgetragen und glaubhaft gemacht worden. Über die Ablehnung hinaus finden sich im Schreiben vom 28. Dezember 2017 keine Ausführungen dazu. Das Gesuch ist daher rechtsmissbräuchlich. Ein Ablehnungsgesuch kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausnahmsweise dann unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (vgl. BVerwG, B.v. 2.1.2017 – 5 C 10.15 D – juris Rn. 3 m.w.N.; B.v. 6.11.2017 – 5 PKH 13.17 D – juris Rn. 2).
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer hat keinen Erfolg.
2.1 Der Kläger konnte gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO den Antrag selbst stellen, weil das Prozesskostenhilfeverfahren vom Vertretungszwang ausdrücklich ausgenommen ist. Im Übrigen weist der Senat hinsichtlich des Vertretungszwangs vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 2017 (Az.: 5 PKH 15.17 D – juris Rn. 4) hin. Dort wird ausgeführt:
„… Nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, u.a. vor dem Oberverwaltungsgericht bzw. dem Verwaltungsgerichtshof von einem Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt zweifelsfrei auch für Klagen auf Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens, für die nach § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 201 Abs. 1 Satz 1 GVG das Oberverwaltungsgericht bzw. der Verwaltungsgerichtshof erstinstanzlich zuständig ist (vgl. OVG Münster, Gerichtsbescheid vom 19. August 2015 – 13 D 45/15 – juris Rn. 23 und Beschluss vom 25. September 2014 – 13 D 101/13 – juris Rn. 3; Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, Teil 2 C. § 173 VwGO Rn. 20; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 173 Rn. 23; Hk-VerwR/Störmer, § 102 VwGO Rn. 48; Meissner/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 173 Rn. 345; vgl. auch BSG, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – B 10 ÜG 2/14 KL – juris Rn. 11 und BFH, Urteil vom 6. Februar 2013 – X K 11/12 – BFHE 240, 219 juris Rn. 8). Zwar bezieht sich der Verweis von § 173 Satz 2 VwGO i.V.m. § 201 Abs. 2 Satz 1 GVG auf die Vorschriften des erstinstanzlichen Verfahrens auf die Bestimmungen des 9. Abschnitts von Teil II. der Verwaltungsgerichtsordnung (§§ 81 ff. VwGO). Gleichwohl finden die allgemeinen Verfahrensvorschriften von Teil II. 7. Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung, zu denen auch § 67 VwGO gehört, Anwendung. Dies gilt zweifelsfrei auch für Entschädigungsklagen wegen angeblich überlanger Dauer eines Prozesskostenhilfeverfahrens (a.A. VGH München, Gerichtsbescheid vom 25. September 2014 – 23 A 13.1623 – juris Rn. 16). Der Umstand, dass Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom Anwaltszwang ausgenommen sind (§ 67 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), ändert daran nichts. Das Verfahren auf Entschädigung wegen behaupteter Überlänge eines Prozesskostenhilfeverfahrens ist ein selbstständiges Verfahren, für das die allgemeinen Verfahrensvorschriften Geltung beanspruchen.“
2.2 Die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung hat unabhängig davon keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Seinem Vorbringen lässt sich kein substantiiertes Klagebegehren entnehmen. Es fehlt trotz des Hinweises darauf, dass auch im Prozesskostenhilfeverfahren ausreichende Angaben erforderlich sind, um die Erfolgsaussichten beurteilen zu können, an nachvollziehbaren Darlegungen in den eingereichten Schriftsätzen.
2.3 Der Antrag wäre darüber hinaus auch deshalb abzulehnen, weil er nicht den in § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 ZPO genannten Voraussetzungen genügt, auf die der Kläger hingewiesen wurde (vgl. Hinweisschreiben vom 20.2.2017; Betreibensaufforderung vom 12.12.2017). Es fehlt bereits an jeglichen Ausführungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gerichtsgebührenfrei. Die im Prozesskostenhilfeverfahren entstehenden Kosten trägt jeder Beteiligte selbst (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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