Kosten- und Gebührenrecht

Zum Rechtsschutzinteresse eines wiederholten Wiederaufnahmeantrages

Aktenzeichen  15 C 20.1266

Datum:
2.6.2020
Fundstelle:
DVBl – 2020, 1151
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 4 S. 1, § 88, § 122 Abs. 1, § 153 Abs. 1, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114, § 121, § 578, § 159 Abs. 1 Nr. 4
GVG § 21e Abs. 1 S. 1
GG Art. 101 Abs. 1

 

Leitsatz

Einem Antrag auf Wiederaufnahme eines Wiederaufnahmeverfahrens kann nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls wegen Rechtsmissbrauchs das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn er sich zur erneuten Begründung eines Wiederaufnahmegrundes gem. § 153 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wie schon im vorangegangenen Wiederaufnahmeverfahren auf denselben (vermeintlichen) Fehler des gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans stützt (Grenzen der Beschäftigung des Gerichts mit Wiederaufnahmeanträgen in einer „Endlosschleife“). (Rn. 12)

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich mit einem erneuten Wiederaufnahmeantrag gegen einen – seinerseits einen Antrag auf Wiederaufnahme ablehnenden – Beschluss des Senats vom 14. Mai 2020 (Az. 15 C 20.1094). Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Nachdem bereits vorherige Klageverfahren, die auf dasselbe Ziel gerichtet waren, für die Klägerin erfolglos verliefen (VG Regensburg, U.v. 1.12.2011 – RO 2 K 11.355; U.v. 17.7.2014 – RO 7 K 14.811), wies das Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Januar 2017 eine weitere Klage mit dem Antrag der Klägerin, den Beklagten zur Erteilung einer beantragten Baugenehmigung für eine Geräte-Abstell-Scheune zu verpflichten, ab (Az. RO 7 K 16.1541). Im Anschluss wurden mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil sowie diverse Wiederaufnahmeanträge abgelehnt (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2017 – 15 ZB 17.445; B.v. 28.9.2017 – 15 ZB 17.1001; B.v. 18.10.2017 – 15 ZB 17.2047; B.v. 25.10.2017 – 15 ZB 17.2107).
Mit Beschluss vom 8. November 2019 (Az. RO 7 K 17.1924) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg einen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für die von ihr beim Verwaltungsgericht erhobene Restitutionsklage – mit dem Antrag, im Wege der Restitutionsklage (§ 153 Abs. 1 VwGO, § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO) das im Verfahren RO 7 K 16.1541 ergangene (rechtskräftige) Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. Januar 2017 aufgrund eines aufgefundenen Schreibens des Landratsamts Cham vom 24. April 2009 aufzuheben und der diesbezüglichen Klage stattzugeben – ab.
Mit Beschluss vom 20. März 2020 (Az. 15 C 19.2390) wies der Verwaltungsgerichtshof die von der Klägerin gegen den Beschluss vom 8. November 2019 erhobene Beschwerde, zurück.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 7. Mai 2020 ließ die Klägerin gegen den Beschluss des Senats vom 20. März 2020 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens stellen, den sie auf § 153 VwGO, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO analog stützte. Die Klägerin trug hier u.a. vor, die Reihenfolge der Richtervertretung im Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichtshofs richte sich u.a. nach dem Dienst- und Lebensalter der Richter, wobei insoweit eine nicht in den Geschäftsverteilungsplan integrierte und nur der Präsidialgeschäfts- und Posteingangsstelle vorliegende sowie aus dem Intranet ersichtliche und damit im Unterschied zum Geschäftsverteilungsplan nicht öffentlich zugängliche Liste maßgeblich sei, die unrichtig sein könne. Dies verletze das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die gerichtlichen Geschäftsverteilungspläne müssten die Zuständigkeitsverteilung vollständig regeln. Damit leide der Geschäftsverteilungsplan des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an einem rechtlich bedeutsamen und damit wesentlichen Aufstellungsmangel. Aufgrund der Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter sei der Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einschlägig. § 586 ZPO finde keine Anwendung, weil Form- und Fristvorschriften sofort, eindeutig und klar aus dem Gesetzestext erkennbar sein müssten und nicht analog angewandt werden dürften.
Mit Beschluss vom 14. Mai 2020 (Az. 15 C 20.1094) lehnte der Senat den Antrag der Klägerin auf Wiederaufnahme des Beschwerdeverfahrens ab und führte zur Begründung aus, es sei weder ein Nichtigkeitsgrund nach § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO noch ein Wiederaufnahmegrund nach § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO für das Beschwerdeverfahren schlüssig dargetan. Zum einen habe die Klägerin nicht dargelegt, dass sich der angebliche Mangel des Geschäftsverteilungsplans überhaupt auf das Beschwerdeverfahren, über das der Senat in seiner damaligen Stammbesetzung entschieden hat, ausgewirkt haben könnte. Zum anderen erfülle der Vortrag der Klägerin, ein Schreiben des Landratsamts vom 24. April 2009 im Jahr 2017 wieder aufgefunden zu haben, keinen Restitutionsgrund i.S. von § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO für das Beschwerdeverfahren, da dieses schon in älteren Verfahren Berücksichtigung gefunden habe.
Mit ihrem vorliegend verfahrensgegenständlichen Antrag vom 24. Mai 2020 stellt die Klägerin nunmehr gegen den Beschluss des Senats vom 14. Mai 2020 erneut einen
auf § 153 VwGO i.V. mit § 591, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO analog gestützten „Wiederaufnahmeantrag“.
Sie lässt über ihre Bevollmächtigte vorbringen, die Wiederaufnahme eines Wiederaufnahmeverfahrens richte sich gem. § 591 ZPO nach den allgemeinen Vorschriften über die Wiederaufnahme. Daher könne auch ein Beschluss, der einen Wiederaufnahmeantrag ablehne, selbst mit einem Wiederaufnahmeantrag angefochten werden. Entgegen der Ansicht des Senats im Beschluss vom 14. Mai 2020 sei im vorangegangenen Verfahren sehr wohl schlüssig dargelegt worden, warum § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO einschlägig sei. Ein Vorbringen sei stets dann schlüssig, wenn der darin enthaltene Tatsachenvortrag – seine Richtigkeit unterstellt – geeignet sei, den Wiederaufnahmeantrag sachlich zu rechtfertigen. Im Fall des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sei die betroffene Entscheidung stets als auf der Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen. Es müsse daher nicht dargelegt werden, dass sich der Mangel des Geschäftsverteilungsplans auf das Beschwerdeverfahren ausgewirkt haben könnte. Da es auch noch im Zeitpunkt des Beschlusses vom 14. Mai 2020 an einem ordnungsgemäßen Geschäftsverteilungsplan gefehlt habe und allein deshalb das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter verletzt werde, sei der Wiederaufnahmegrund des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auch in Bezug auf diesen Beschluss gegeben. Für das somit wiederaufzunehmende (Wiederaufnahme-) Verfahren 15 C 20.1094 sei ebenfalls § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als Wiederaufnahmegrund gegeben. Auf § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO, auf den sie sich in diesem Verfahren nicht gestützt habe, komme es für die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeverfahrens nicht an. Hinsichtlich der Begründetheit der Beschwerde werde auf die Schriftsätze der vormaligen Verfahren Bezug genommen.
II.
1. Die Klägerin rügt in der Sache, dass der Beschluss vom 14. Mai 2020 im Verfah ren 15 C 20.1094 ebenso wie bereits der vorangegangene Beschluss vom 20. März 2020 im Verfahren 15 C 19.2390, mit dem die Beschwerde gegen den (Prozesskostenhilfe ablehnenden) Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. November 2019 zurückgewiesen worden war, aufgrund einer fortbestehenden Fehlerhaftigkeit des Geschäftsverteilungsplans des Verwaltungsgerichtshofs mit einem Nichtigkeitsgrund i.S. von § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO behaftet gewesen sei. Der Senat versteht das Begehren im vorliegenden Verfahren daher gem. § 88, § 122 Abs. 1 VwGO dahingehend, dass die Klägerin beantragt, das mit Beschluss vom 14. Mai 2020 abgeschlossene Verfahren 15 C 20.1094 auf Wiederaufnahme des vorher abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens 15 C 19.2390 wiederaufzunehmen.
2. Der so zu verstehende Antrag ist unzulässig.
a) Der Senat weist darauf hin, dass einem gerichtlichen Antrag das Rechtsschutzbedürfnis unter dem Gesichtspunkt des „Schikaneverbots“ fehlen kann, wenn es dem Kläger / Antragsteller nicht auf die Durchsetzung seiner Rechte, sondern auf dahinterliegende, rechtlich zu missbilligende und daher rechtsschutzfremde Ziele ankommt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Vorbemerkungen §§ 40-53 Rn. 21 m.w.N.). Unter diesem Gesichtspunkt kann ein erneuter Wiederaufnahmeantrag gegen den abschließenden Beschluss in einem vorangegangenen Wiederaufnahmeverfahren wegen erneuten Beschäftigens des Gerichts mit demselben behaupteten, vom angerufenen Gericht im vorangegangenen Verfahren bereits verneinten Besetzungsfehler i.S. von § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO rechtsmissbräuchlich und deshalb unzulässig sein. Ansonsten wäre – was auch mit Blick auf den rechtsbefriedenden Zweck der rechtsprechenden Gewalt (Art. 92 GG) und der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kaum zu vereinbaren wäre – in Konstellationen der vorliegenden Art eine „Endlosschleife“ dergestalt denkbar, dass der Rechtsbehelfsführer – hier: die Klägerin – auch gegen den erneuten Beschluss im weiteren Wiederaufnahmeverfahren mit dem Einwand desselben behaupteten Fehlers i.S. von § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wegen eines angeblich mängelbehafteten Geschäftsverteilungsplans mit einem „Antrag auf Wiederaufnahme eines ebenso bereits auf Wiederaufnahme gerichteten Wiederaufnahmeverfahrens“ usw. vorgeht. Speziell im vorliegenden Fall verbliebe der Klägerin, sofern sie die Rechtsanwendung des Senats zu § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO tatsächlich als mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (Verbot des Entzugs des gesetzlichen Richters) unvereinbar bewerten sollte, anstelle einer wenig sinnhaften „unendlichen“ Beschäftigung des Verwaltungsgerichtshofs mit erneuten Wiederaufnahmeanträgen gegen die Entscheidung im jeweils vorangegangenen Wiederaufnahmeverfahren noch die alternative Möglichkeit, eine verfassungsgerichtliche Klärung über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht herbeizuführen (zur Subsidiarität / Rechtswegerschöpfung vgl. BVerfG, B.v. 22.1.1992 – 2 BvR 40/92 – NJW 1992, 1030 = juris Rn. 1 ff.).
Der Senat geht zugunsten der Klägerin davon aus, dass aus ihrer Sicht im vorangegangenen Verfahren Detailfragen zu § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht umfassend geklärt worden sind und dass sie deshalb den erneuten Wiederaufnahmeantrag nicht aus schikanösen Motiven gestellt hat, allein um den Verwaltungsgerichtshof unnötig weiter zu beschäftigen. Der Senat nimmt daher den erneuten Wiederaufnahmeantrag zum Anlass, Rechtsfragen zur Zulässigkeit des erneuten bzw. wiederholten Wiederaufnahmeantrags, auch wenn sie in der Sache mit denen des abgeschlossenen Verfahrens 15 C 20.1094 identisch sind, nochmals klarstellend zu vertiefen. Der vorliegende Antrag auf Wiederaufnahme des abgeschlossenen Wiederaufnahmeverfahrens 15 C 20.1094 ist daher zwar nicht wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses, aber (wie bereits der Wiederaufnahmeantrag im Verfahren 15 C 20.1094) aus anderen Gründen als unzulässig abzulehnen, vgl. im Folgenden b) und c).
b) Der Antrag ist unstatthaft.
Zwar ist das Wiederaufnahmeverfahren entsprechend seinem Zweck, ausnahmsweise aus Gründen materieller Gerechtigkeit nicht mehr anfechtbare Gerichtsentscheidungen aufzuheben, über den Wortlaut des § 578 Abs. 1 ZPO (i.V. mit § 153 Abs. 1 VwGO) hinausgehend auch gegen einen der Rechtskraft fähigen verfahrensbeendenden Beschluss statthaft, wobei in diesem Fall an die Stelle der Nichtigkeitsklage ein entsprechender Antrag tritt, über den seinerseits im Beschlussverfahren zu entscheiden ist (vgl. BVerfG, B.v. 22.1.1992 – 2 BvR 40/92 – NJW 1992, 1030 = juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 4.2.2002 – 4 B 51.01 – Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 33 = juris Rn. 9; B.v. 17.3.2015 – 5 A 1.15, 5 PKH 15.15 – juris Rn. 2 ff.; BayVGH, B.v. 14.1.2016 – 14 B 15.2524 u.a. – juris Rn. 10; B.v. 28.9.2017 – 15 ZB 17.1001 – juris Rn. 3; NdsOVG, B.v. 6.3.2018 – 13 F 65/18 – DVBl. 2018, 603 = juris Rn. 14). Im vorliegenden Fall zielt der Antrag – wie bereits schon der Antrag im Verfahren 15 C 20.1094 – letztlich aber in der Sache auf die Wiederaufnahme eines gerichtlichen Verfahrens (Beschwerdeinstanz) über die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Beschlüsse, mit denen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 114 ff. ZPO und die daran anknüpfende Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 ZPO versagt worden sind, sind aber der materiellen Rechtskraft nicht fähig (vgl. BVerfG, B.v.15.5.2007 – 1 BvR 2347/05 – juris Rn. 13). Sie stellen daher keine verfahrensbeendenden Beschlüsse dar, die Endurteilen i.S. des § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 578 Abs. 1 ZPO gleichzustellen sind. Beschlussverfahren dieser Art sind von vorneherein nicht wiederaufnahmefähig (BVerwG, B.v. 17.3.2015 – 5 A 1.15, 5 PKH 15.15 – juris Rn. 11, 12; BayVGH, Bv. 23.10.2017 – 9 S 17.1153 – juris Rn. 7; NdsOVG, B.v. 6.3.2018 – 13 F 65/18 – DVBl. 2018, 603 = juris Rn. 15; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juli 2019, § 153 Rn. 7; Kuhlmann in Wysk, VwGO 3. Aufl. 2020, § 153 Rn. 3).
c) Der Antrag ist zudem mangels schlüssiger Darlegung eines Wiederaufnahmegrunds unzulässig (vgl. bereits BayVGH, B.v. 14.5.2020 – 15 C 20.1094). Auf die Frage, ob die Klägerin die Fehlerhaftigkeit der monierten Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan des Verwaltungsgerichtshofs zu Recht rügt oder nicht, kommt es nicht an.
Ein Wiederaufnahmeantrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller einen nach § 153 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 579, 580 ZPO in Betracht kommenden Wiederaufnahmegrund hinreichend schlüssig dargelegt hat, wenn also die vorgebrachten Tatsachen – ihre Richtigkeit unterstellt – den behaupteten Wiederaufnahmegrund ergeben (vgl. BGH, U.v. 25.11.1994 – V ZR 124/93 – juris Rn. 11; BFH, U.v. 29.1.2015 – I K 1/14 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 23.7.2013 – 6 BV 13.1273 – juris Rn. 9; NdsOVG, B.v. 6.3.2018 – 13 F 65/18 – DVBl. 2018, 603 = juris Rn. 17). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass der Senat gem. § 153 Abs. 1 VwGO i.V. mit § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO beim Erlass des Beschlusses vom 14. Mai 2020 nicht vorschriftsmäßig besetzt war.
aa) § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geht es – wie § 138 Abs. 1 VwGO – um die Garantie des gesetzlichen Richters. Von einer vorschriftswidrigen Besetzung eines Gerichts ist nur auszugehen, wenn in dem behaupteten Fehler des Geschäftsverteilungsplans wegen Verstoßes gegen § 4 VwGO i.V. mit § 21e Abs. 1 GVG zugleich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt (BVerwG, B.v. 22.1.2014 – 4 B 53.13 – juris Rn. 2). Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst werden kann (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juli 2019, § 153 Rn. 10). Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtssuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Daher müssen die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche(r) Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind. Auch die die gesetzlichen Bestimmungen ergänzenden Regelungen über die Geschäftsverteilung in den jährlich aufzustellenden Geschäftsverteilungsplänen der Gerichte, die die Zuständigkeit der Spruchkörper und ihre Zusammensetzung festlegen, müssen daher im Voraus generellabstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und der einzelnen Richter regeln, damit die einzelne Sache „blindlings“ aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale an den berufenen Richter gelangt (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2018 – 2 BvR 2675 – NJW 2018, 1155 = juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 6.6.2019 – 8 ZB 19.30033 – juris Rn. 10). Welche Richter über den Fall entscheiden, ist mithin dem jeweiligen Geschäftsverteilungsplan des Gerichts zu entnehmen, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 4 VwGO, § 21e Abs. 1 Satz 2 GVG (BayVGH, B.v. 16.7.2014 – 15 CS 13.1910 – juris Rn. 27), wobei gesetzliche Richter diejenigen Richter sind, die nach dem am Tag der gerichtlichen Entscheidung geltenden Geschäftsverteilungsplan zur Entscheidung berufen waren (vgl. VGH BW, B.v. 19.6.2017 – 1 S 1361/16 – juris Rn. 8 m.w.N.). Auf Rechtsanwendungsebene reicht für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dabei nicht jede unrichtige Handhabung des Geschäftsverteilungsplans aus; ein Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters liegt erst dann vor, wenn die Auslegung einer Zuständigkeitsnorm oder ihre Handhabung im jeweiligen Einzelfall willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (BVerfG, B.v. 2.6.2009 – 1 BvR 2295/08 – NJW-RR 2010, 268 = juris Rn. 21; B.v. 20.6.2012 – 2 BvR 1048/11 – BVerfGE 131, 268 = juris 129; BayVerfGH, E.v. 12.8.2011 – Vf. 74-VI-10 – BayVBl 2011, 757 = juris Rn. 23; BVerwG, B.v. 7.1.2019 – 7 B 16.18 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 17.30394 – juris Rn. 5; B.v. 6.6.2019 – 8 ZB 19.30033 – juris Rn. 9; OVG NRW, B.v. 27.9.2019 – 13 B 1056/19 – RdL 2020, 71 = juris Rn. 6).
bb) Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 14. Mai 2020 (Az. 15 C 20.1094) tragend – und richtig – darauf abgestellt, dass die Klägerin nicht dargelegt hat, dass sich der angebliche Mangel des Geschäftsverteilungsplans überhaupt auf das Beschwerdeverfahren, über das der Senat in seiner – damaligen – Stammbesetzung VRiVGH …, RiVGH … … und RiVGH … – d.h. nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans in der im Zeitpunkt des Beschwerdebeschlusses vom 20. März 2020 (15 C 19:2390) geltenden Fassung – entschieden hatte, ausgewirkt haben könnte. Auch im vorliegenden Verfahren zielt der Einwand der Klägerin, die ausschließlich eine V e r t r e t u n g s r e g e l u n g des Geschäftsverteilungsplans des Verwaltungsgerichtshofs für fehlerhaft hält, in dieselbe Richtung wie bereits im Verfahren 15 C 20.1094. Der Geschäftsverteilungsplan des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in der im Zeitpunkt des angegriffenen Beschlusses vom 14. Mai 2020 geltenden Fassung sieht gem. § 4 Satz 1 VwGO i.V. mit § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG vor, dass der 15. Senat mit der (aktuellen) Stammbesetzung VRiVGH …, RiVGH … … und RiinVGH … für Entscheidungen zum Bauplanungs- und Bauordnungsrechts u.a. aus dem Gebiet der Oberpfalz (vorbehaltlich einer – vorliegend nicht einschlägigen – vorrangigen Zuständigkeit des 8. Senats) zuständig ist. Ersichtlich ohne einen Verstoß gegen das Willkürverbot durfte sich der 15. Senat hiernach zur Entscheidung des Verfahrens 15 C 20.1094 berufen sehen, was von der Klägerin auch nicht substantiiert infrage gestellt wird. Aber auch hinsichtlich der konkreten richterlichen Besetzung des Spruchkörpers ist kein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und damit auch kein Nichtigkeitsgrund i.S. von § 153 Abs. 1 VwGO, § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ersichtlich. Denn der 15. Senat hat den angegriffenen Beschluss genau in seiner o.g. (aktuellen) Stammbesetzung nach der derzeit sowie am 14. Mai 2020 gültigen Fassung des Geschäftsverteilungsplans erlassen. Inwieweit eine von der Klägerin für rechtswidrig gehaltene Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan, die (eben weil der Senat in Stammbesetzung entschieden hat) im konkreten Fall überhaupt nicht zur Anwendung gekommen ist, den Wiederaufnahmegrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des beschließenden Spruchkörpers begründen könnte, erschließt sich dem Senat unter logischen Gesichtspunkten nicht.
cc) Soweit die Klägerin darauf verweist, dass im Fall des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die betroffene Entscheidung stets als auf der Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen sei (vgl. auch Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 153 Rn. 7) und sich insofern auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beruft (BGH, B.v. 30.3.1993 – NJW 1993, 1569 = ZIP 1993, 617 = juris Rn. 34 m.w.N.), unterliegt sie einem Missverständnis. Die vermutete Kausalität einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts für die getroffene Entscheidung bewirkt, dass die bei anderen Gesetzesverletzungen vorzunehmende Prüfung, ob die Entscheidung auf der Gesetzesverletzung beruht, entfällt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vermutungsregel ist aber, dass tatsächlich von einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts i.S. von § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auszugehen ist. Das ist aber – gerade weil der 15. Senat auch bei Erlass des Beschlusses vom 14. Mai 2020 in Stammbesetzung entschieden hat und es damit auf die von der Klägerin als rechtswidrig monierten Vertretungsregelung im Geschäftsverteilungsplan von vornherein nicht ankommt – nicht der Fall.
3. Sollte (entgegen dem oben unter 1. gefundenen Auslegungsergebnis) der Antrag der Klägerin nicht als Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 14. Mai 2020 abgeschlossenen Wiederaufnahmeverfahrens 15 C 20.1094, sondern als wiederholter Wiederaufnahmeantrag bezüglich des mit Beschluss vom 20. März 2020 abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens 15 C 19.2390 ausgelegt werden und damit auf das identische rechtliche Ziel wie das abgeschlossene Wiederaufnahmeverfahrens 15 C 20.1094 hinauslaufen, wäre dieser Antrag ebenfalls nicht zulässig. Unabhängig von der Frage, inwiefern auch § 586 ZPO analog wegen Ablaufs der Monatsfrist der Zulässigkeit einem so verstandenen Antrag entgegenstünde, können wiederholte Wiederaufnahmeanträge im Fall einer bereits ausgesprochenen Zurückweisung eines vorangegangenen Wiederaufnahmeantrags (als unzulässig oder unbegründet) zulässigerweise nur auf neue Wiederaufnahmegründe gestützt werden (vgl. Braun in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 591 Rn. 2 m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht. Das Gerichtskostengesetz sieht für die Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme eines Prozesskostenhilfeverfahrens den Ansatz von Gerichtskosten nicht vor (NdsOVG, B.v. 6.3.2018 – 13 F 65/18 – DVBl. 2018, 603 = juris Rn. 19). Dasselbe muss für einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Wiederaufnahmeverfahrens gelten, soweit Letzteres – wie hier – auf die Wiederaufnahme eines Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe gerichtet ist.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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