Medizinrecht

Anordnung des Ruhens der Approbation als Arzt, erfolgloser Zulassungsantrag des Klägers, Voraussetzungen einer Ruhensanordnung, nachträglicher Wegfall der gesundheitlichen Eignung, nicht ausreichend stabilisierte Amphetaminabhängigkeit eines Arztes, gerichtlich eingeholtes Gutachten, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten, keine Verfahrensfehler in Form eines Gehörsverstoßes oder eines Aufklärungsmangels

Aktenzeichen  21 ZB 18.509

Datum:
13.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33355
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO §§ 86 Abs. 1, 108 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5, 124a Abs. 4 S. 4
BÄO §§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 16 K 15.2724 2017-12-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Ruhens seiner ärztlichen Approbation.
Dem am … … 1976 geborenen Kläger wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2004 die ärztliche Approbation erteilt. In Deutschland war er zuletzt als chirurgischer Oberarzt in einer Klinik in M* … beschäftigt, gleichzeitig war er als Notarzt tätig und zum leitenden Notarzt der Landeshauptstadt M* … bestellt. Seit 1. Januar 2016 arbeitete er nach eigenen Angaben hauptberuflich als chirurgischer Oberarzt in einem Notfallzentrum in …Schweiz; darüber hinaus machte er Krankenrückholungen im Auftrag einer deutschen Firma.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts M* … vom 7. Oktober 2014, rechtskräftig seit 24. Oktober 2014, wurde der Kläger wegen des vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in neun tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts M* … kaufte und übernahm der Kläger im Zeitraum von 13. August 2013 bis 11. Dezember 2013 insgesamt 21 g Methamphetamin. Ein im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen erstelltes forensisch-toxikologisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass in einer am 5. Juni 2014 entnommenen Haarprobe des Klägers Kokain in einer für die gelegentliche Aufnahme typischen Konzentration, Methamphetamin („Crystal“) in einer für die regelmäßige, intensive Aufnahme typischen Konzentration und die als „Ecstasy“ bezeichneten Designerdrogen Methylendioxyethylamphetamin (MDE) sowie Methylendioxymethamphetamin (MDMA) in einer für die gelegentliche Aufnahme typischen Konzentration nachweisbar waren.
Die Regierung von Oberbayern teilte dem Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2015 mit, dass wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ein approbationsrechtliches Verfahren eingeleitet worden sei, und gab dem Kläger auf, sich einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
Unter dem 27. Februar 2015 erstellten der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. N. und die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K., jeweils Abteilung für Forensische Psychiatrie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums der …-Universität M* …, ein psychiatrisches Gutachten über die gesundheitliche Eignung des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Darin wurden beim Kläger eine Amphetaminabhängigkeit (ICD-10 F15.2) sowie ein schädlicher Gebrauch von multiplen Substanzen (Kokain, Tavor, Cannabis, ICD-10 F19.1) diagnostiziert. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass der Kläger wegen der Abhängigkeit von Stimulanzien und eines schädlichen Gebrauchs von multiplen Substanzen zum aktuellen Zeitpunkt nicht als Arzt tätig sein sollte.
Ein Zurückstellen des Verfahrens über die Anordnung des Ruhens der Approbation während der Teilnahme des Klägers an einem mit der Bayerischen Landesärztekammer vereinbarten Interventionsprogramm für suchtkranke Ärzte lehnte die Regierung von Oberbayern ab.
Ab 13. April 2015 befand sich der Kläger für insgesamt acht Wochen zur stationären Behandlung in einer Klinik in …Schweiz.
Mit Bescheid vom 29. Mai 2015 ordnete die Regierung von Oberbayern das Ruhen der Approbation des Klägers wegen fehlender gesundheitlicher Eignung an (Nr. 1) und verpflichtete den Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes (Nr. 3), das Original seiner Approbationsurkunde sowie sämtliche sich in seinem Besitz befindliche Kopien der Regierung von Oberbayern zu übergeben bzw. zu übersenden (Nr. 2).
Hiergegen erhob der Kläger durch seine früheren Verfahrensbevollmächtigten Klage und beantragte, die Anordnung des Ruhens der Approbation als Arzt vom 29. Mai 2015 aufzuheben.
In der mündlichen Verhandlung am 12. April 2016 regte das Verwaltungsgericht an, zur Frage, ob der Kläger nunmehr einen Anspruch auf Aufhebung der Ruhensanordnung habe, eine weitere Begutachtung vorzunehmen.
Unter dem 1. August 2017 erstellte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Neurologie Dr. R. aufgrund eines entsprechendes Beweisbeschlusses des Verwaltungsgerichts ein psychiatrisches Sachverständigengutachten über die gesundheitliche Eignung des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Darin wurde unter anderem ausgeführt, dass bei einer bei der Begutachtung am 4. Juli 2017 entnommenen Haarprobe immunologisch Kokain und Metamphetamin nachgewiesen worden seien. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass aufgrund des erneuten, eindeutig nachgewiesenen Konsums von sowohl Kokain als auch Metamphetamin trotz abgeschlossener Therapie nach einer vordiagnostizierten Abhängigkeitserkrankung nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger aktuell geeignet sei, den ärztlichen Beruf auszuüben.
Das Gutachten wurde den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 4. August 2017 zur Stellungnahme übersandt.
Mit Ladungsschreiben vom 27. Oktober 2017, der Beklagten zugestellt am 30. Oktober 2017, dem Kläger am 2. November 2017, wurde auf den 19. Dezember 2017 ein Termin zur (weiteren) mündlichen Verhandlung bestimmt.
Mit Faxschreiben vom 15. Dezember 2017, dem Beklagten in Abdruck übersandt, teilte das Verwaltungsgericht den früheren Klägerbevollmächtigten mit, dass die Klage nach vorläufiger Auffassung der Kammer mit Blick auf das eindeutige Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens und den dort festgestellten aktuellen Drogenkonsum keinerlei Aussicht auf Erfolg habe, und empfahl die Klagerücknahme. Es wurde um Mitteilung gebeten, ob die Klage aufrechterhalten werde oder der anberaumte Termin abgesetzt werden könne.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2017 erklärte der Beklagte den Verzicht auf eine (weitere) mündliche Verhandlung.
Mit erstem Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 teilten die früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zunächst mit, dass eine Klagerücknahme angesichts der in der aktuellen Therapie neu gestellten Diagnose nicht erklärt werden könne. Mit zweitem Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 erklärten die früheren Klägerbevollmächtigten den Verzicht auf eine öffentliche Verhandlung und trugen u.a. vor, dass beim Kläger eine bislang unerkannte Grunderkrankung in Form einer adulten ADHS vorliege, die zu einer stark erhöhten Suchtdisposition führe. Unter der jetzt angesetzten Therapie gehe es dem Kläger deutlich besser. Bei entsprechender vorhergehender Therapie wäre ein Rückfall des Klägers im Jahr 2017 auszuschließen gewesen. Vor diesem Hintergrund sei die medizinische Begutachtung, die die bestehende, nicht therapierte Grunderkrankung des Klägers nicht abbilde, zu revidieren.
Dem Schriftsatz beigefügt war ein Arztbrief von Prof. Dr. F., Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums … … … der … Universität M* …, vom 14. Oktober 2017. Darin wird u.a. berichtet, dass sich der Kläger von 21. September 2017 bis 14. Oktober 2017 in dortiger stationärer Behandlung befunden habe. Als Diagnosen werden Zustand nach Suizidversuch bei rezidivierender depressiver Störung (ICD-10 F33.2), gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (ADHS, ICD-10 F90.9), sekundär schädlicher Gebrauch eines Stimulans (ICD-10 F15.1) und eine HIV-Erkrankung (ICD-10 B24) genannt. Unter dem Stichwort „Anamnese“ wird ausgeführt, dass der Patient bei Zustand nach Suizidversuch am 21. September 2017 mit Kokain i.v. sowie nach Krampfanfall in die Klinik verlegt worden sei. Dem Suizidversuch sei eine dreitägige Extremparty unter der Einnahme von Crystal meth i.v. vorausgegangen.
Mit Urteil vom 19. Dezember 2017 wurde die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 29. Mai 2015 ohne weitere mündliche Verhandlung abgewiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 17. Januar 2018 zugestellt.
Hiergegen richtet sich der am 8. Februar 2018 eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung, der mit am 8. März 2018 eingegangenem Schriftsatz begründet wurde.
Die Landesanwaltschaft nahm mit Schriftsatz vom 9. April 2018 zum Zulassungsantrag Stellung und wies u.a. darauf hin, dass mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 29. März 2018 die sofortige Vollziehung der Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 29. Mai 2015 angeordnet worden sei.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Das vom Kläger innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Die vom Kläger ausdrücklich geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der Sache nach geltend gemachte Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) bestehen nicht oder wurden nicht hinreichend dargelegt.
1.1 Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
1.1.1 Der Kläger meint, das Urteil leide schon insoweit an einem schwerwiegenden Mangel, als die Bewertung, der Kläger sei in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des ärztlichen Berufs ungeeignet, zwar als Ergebnis bekannt gegeben, jedoch nicht nachvollziehbar – unter erkennbarer Abwägung der involvierten Interessen aller Beteiligten und daher auch jener des Klägers, die im erstinstanzlichen Verfahren zahlreich vorgetragen worden seien – begründet worden sei.
Daraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation des Klägers am einschlägigen rechtlichen Maßstab vorgenommen, die hierfür maßgebliche Sachlage beachtet und auf dieser Grundlage das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung des Ruhens der Approbation des Klägers auch unter Berücksichtigung der hiergegen vom Kläger vorgetragenen Aspekte ausreichend und nachvollziehbar begründet. Inwiefern die Begründung nicht nachvollziehbar sein soll, legt die Begründung des Zulassungsantrags nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dar. Dies wird vielmehr schlicht behauptet.
Das Ruhen der Approbation als Arzt kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BAÖ angeordnet werden, wenn nachträglich die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO weggefallen ist, der Arzt also in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs nicht mehr geeignet ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ruhensanordnung im Sinne von § 6 Abs. 1 BÄO ist, da die Anordnung des Ruhens der ärztlichen Approbation ein Dauerverwaltungsakt und gemäß § 6 Abs. 2 BÄO aufzuheben ist, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder, wenn eine solche nicht (mehr) stattfindet, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2020 – 3 C 13.19 – juris Rn. 11). In Übereinstimmung damit hat sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Annahme, dass der Kläger aktuell nicht (mehr) im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO geeignet ist, den ärztlichen Beruf auszuüben, auf das gerichtliche Gutachten des Dr. R. vom 1. August 2017 gestützt und auf dessen als überzeugend, schlüssig und nachvollziehbar erachtete Feststellungen zur Begründung Bezug genommen (vgl. UA S. 8). Ergänzend zog das Verwaltungsgericht im Fahrerlaubnisrecht geltende Wertungen heran (vgl. UA S. 8 f.).
Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die gesundheitliche Eignung des Klägers zur Ausübung des ärztlichen Berufs verneint hat, ohne die betroffenen Interessen der Verfahrensbeteiligten und insbesondere diejenigen des Klägers abwägend zu berücksichtigen. Eine solche Abwägung ist durch die zuständige Behörde im Rahmen des ihr durch § 6 Abs. 1 BÄO eröffneten Ermessens („kann angeordnet werden“) vorzunehmen und gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 Satz 1 VwGO zu überprüfen. Hierbei hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt und bejaht, dass eine Ruhensanordnung nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter auszusprechen ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2020 – 3 C 13.19 – juris Rn. 16).
1.1.2 Der Kläger macht des Weiteren geltend, dass es das Verwaltungsgericht ausweislich der Urteilsbegründung verkannt habe, dass es verpflichtet gewesen wäre, den zum Zeitpunkt des Urteilsausspruchs aktuellen Gesundheitszustand des Klägers zu bewerten. Dies führe dazu, dass es – statt auf die Lage im Dezember 2017 – auf die gutachterliche Feststellung vom 25. Februar 2015, ergänzt im Sommer 2017, abgestellt habe.
Auch dies begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO nicht auf die Feststellungen des im Verwaltungsverfahren im Auftrag des Beklagten eingeholten Gutachtens der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. N. und Dr. K. vom 27. Februar 2015 gestützt, die u.a. auf einer Untersuchung des Klägers am 23. und 25. Februar 2015 beruhen. Vielmehr hat es auf die „überzeugenden, schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen“ des gerichtlichen Gutachters Dr. R. abgestellt, der den Kläger am 4. Juli 2017 untersucht und sein Gutachten unter dem 1. August 2017 erstellt hat. Der gerichtlich beauftragte Gutachter Dr. R. hat aufgrund eigener Bewertung bestätigt, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung im Februar 2015 beim Kläger eindeutig eine Amphetaminabhängigkeit (ICD-10 F15.2) vorgelegen habe (Seite 45 ff. des Gutachtens), die zum Zeitpunkt der erneuten Begutachtung nicht überwunden und nicht ausreichend stabilisiert gewesen sei (Seite 49 des Gutachtens). Dies stützte Dr. R. auf das Ergebnis der Untersuchung einer beim Kläger am 4. Juli 2017 entnommenen Haarprobe und den dadurch gewonnenen objektiven Nachweis, dass der Kläger in den Monaten vor der Untersuchung am 4. Juli 2017 wiederum MDMA, Metamphetamin und Kokain konsumiert hatte (Seite 38, 48 des Gutachtens).
Dass diese Diagnose insgesamt – beispielsweise wegen neuerer Erkenntnisse – nicht mehr als aktuell anzusehen gewesen wäre und das Verwaltungsgericht insofern nicht vom im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Gesundheitszustand des Klägers ausgegangen ist, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf.
1.1.3 Ferner rügt der Kläger, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Begriff der Abhängigkeit eingehender hätte auseinandersetzen müssen und sich nicht einfach dem Ergebnis des Gutachtens von Dr. R. hätte anschließen dürfen. Denn dieser Gutachter habe auf Seite 48 seines Gutachtens ausdrücklich festgehalten, dass nicht angegeben werden könne, ob beim Kläger am Untersuchungstag (4. Juli 2017) eine Abhängigkeit vorgelegen habe. Da der Gutachter außerdem festgestellt habe, dass die Konzentration von Methamphetamin in der am 4. Juli 2017 entnommenen Blutprobe (wohl gemeint: Haarprobe) zehnmal geringer gewesen sei als bei entsprechenden Untersuchungen 2014 und ihm auch weitere Laborbefunde vorgelegen hätten, die für August 2016 und Ende Mai 2017 keinen Nachweis für Suchtmittelkonsum erbracht hätten, dürfte jedenfalls objektiv nachgewiesen sein, dass beim Kläger zumindest von Anfang 2016 – die Probe von August 2016 reiche mindestens ein halbes Jahr zurück – bis Ende Mai 2017 sogar vollständige Abstinenz vorgelegen habe.
Außerdem unterliege es vielfältigen Wertungen, ab wann im Einzelfall vom Vorliegen eines Abhängigkeitssyndroms gesprochen werden könne. So spreche man etwa hinsichtlich der Alkoholkrankheit von Beta-Typen, die im Fall gesellschaftlicher Anlässe übermäßig viel tränken, einen alkoholnahen Lebensstil pflegten und auch „gefährdet“, aber doch nicht abhängig seien. Die Abgrenzungen seien schwierig. Der Kläger dürfte im Jahr 2015 im Hinblick auf den Suchtmittelkonsum ein solcher „gefährdeter Typus“ gewesen sein. Aber selbst wenn man den Kläger nach dem Stand vom Februar 2015 als abhängig ansehen wollte, dürfe doch die seither eingetretene Entwicklung nicht übersehen werden. Zu der vom gerichtlich beauftragten Gutachter erwähnten „lebenslangen Disposition“, als die ein Abhängigkeitssyndrom gelte, gehörten denknotwendig vereinzelte Rückfälle, so leider auch beim Kläger. Die labormäßig und mithin objektiv nachgewiesene lange Phase der Abstinenz von Februar 2016 bis Mai 2017 zeige deutlich, dass der Kläger stabilisiert sei.
Der damit in der Sache erhobene Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe auf einer unzutreffenden oder unvollständigen Tatsachengrundlage entschieden, weil die gutachterlichen Feststellungen nicht geeignet seien, die für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen sachlichen Grundlagen zu vermitteln, bleibt ohne Erfolg.
1.1.3.1 Der gerichtlich beauftragte Gutachter hat unter Heranziehung eines Kriterienkatalogs und der Erläuterung der jeweiligen Erfüllung bzw. Nichterfüllung der darin enthaltenen sechs Einzelkriterien erörtert (Seite 45 ff. des Gutachtens), dass und weshalb beim Kläger zum Zeitpunkt der Begutachtung im Februar 2015 eindeutig ein Abhängigkeitssyndrom gemäß ICD-10 F15.2 in Form einer Amphetaminabhängigkeit zu diagnostizieren war (Seite 47 des Gutachtens). Zudem legte er dar, dass unterschieden werden müsse, ob eine Abhängigkeitserkrankung zu einem bestimmten Zeitpunkt als manifest, d.h. als mit Symptomen im Sinne der herangezogenen sechs Kriterien, die die Krankheit deutlich machen, verbunden anzusehen sei oder ob Abstinenz vorliege (Seite 47 des Gutachtens). Darüber hinaus ging das Gutachten davon aus, dass nicht jegliche Abstinenz dazu führe, dass eine Abhängigkeitserkrankung als überwunden oder auch nur als ausreichend stabilisiert anzusehen sei. Der Gutachter Dr. R. stellte in seinem Gutachten insoweit ausdrücklich fest, dass auch zwei Jahre nachgewiesene – durchgehende – Betäubungsmittelabstinenz nicht für die Überwindung einer Abhängigkeit, sondern nur für eine ausreichende Stabilisierung sprächen, die sich jedoch im vorliegenden Fall – angesichts des erneuten Konsums von MDMA, Metamphetamin und Kokain in den Monaten vor der Untersuchung vom 4. Juli 2017 und der sich darin zeigenden Rückfälligkeit des Klägers (vgl. Seite 47 des Gutachtens) – leider nicht erfüllt habe (Seite 49 des Gutachtens). Vor dem Hintergrund der eindeutigen Diagnose einer (manifesten) Amphetaminabhängigkeit im Februar 2015 (Seite 47 des Gutachtens), des objektiv nachgewiesenen Rückfalls in Form des Konsums von MDMA, Metamphetamin und Kokain in den Monaten vor der gutachterlichen Untersuchung am 4. Juli 2017 und der infolgedessen als nicht hinreichend stabil angesehenen willkürlichen, d.h. bewussten und willentlichen Kontrolle des Konsumwunschs (vgl. Seite 38 des Gutachtens), ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht, dass sich das Verwaltungsgericht wegen Unstimmigkeiten oder Lücken des Gutachtens eingehender mit dem Begriff der Abhängigkeit, d.h. mit der Frage des Vorliegens eines Abhängigkeitssyndroms beim Kläger hätte auseinandersetzen müssen.
1.1.3.2 Die vom Kläger vorgelegten Laborbefunde vom 23. August 2016 und 31. Mai 2017 hat der Gutachter Dr. R. seiner Bewertung zugrunde gelegt (vgl. Seite 36 f. des Gutachtens). Es ist nicht ersichtlich, dass und inwiefern diese der gutachterlichen Annahme einer infolge des Rückfalls des Klägers durch den Konsum von MDMA, Metamphetamin und Kokain in den Monaten vor der gutachterlichen Untersuchung am 4. Juli 2017 nicht bzw. jedenfalls nicht mehr ausreichenden Stabilisierung der im Februar 2015 manifesten und noch nicht (vollständig) überwundenen Abhängigkeitserkrankung des Klägers entgegenstehen bzw. diese auch nur in Zweifel ziehen sollen. Soweit der Kläger geltend macht, dass der Nachweis von derartig geringen Mengen von Suchtstoff, wie sie bei der Untersuchung am 4. Juli 2017 festgestellt worden seien, allein nicht die Wertung einer nicht genügenden Stabilisierung tragen könne, da vereinzelte Rückfälle denknotwendig zu einer Suchterkrankung „mit lebenslanger Disposition“ gehörten, stellt das Zulassungsvorbringen den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigenaussagen lediglich eine fachlich nicht näher begründete laienhafte Einschätzung gegenüber, ohne die Verwertbarkeit oder die fachlichen Feststellungen des Gutachtens – wie gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geboten – qualifiziert infrage zu stellen. Hinzukommt, dass nicht nachvollziehbar ist, dass die vom Kläger vorgelegten Befunde vom 23. August 2016 und vom 31. Mai 2017 über Analysen von Haaren mit einer Länge jeweils von 4,0 cm eine vollständige Abstinenz von mindestens Anfang 2016 bis Ende Mai 2017 belegen sollen. Auch wenn sich die Befunde jeweils auf einen Zeitraum von sechs Monaten beziehen würden – der gerichtlich beauftragte Gutachter Dr. R. hat den Befund einer am 4. Juli 2017 entnommenen, 4,5 cm langen Haarprobe auf einen Zeitraum von sechs Monaten bezogen (Seite 36 des Gutachtens) -, besteht jedenfalls eine Nachweislücke für die Zeit von Mitte August bis Ende November 2016.
Ebenso wenig vermag der Einwand, das gerichtlich in Auftrag gegebene Gutachten habe ausdrücklich festgestellt, dass nicht angegeben werden könne, ob beim Kläger zum Zeitpunkt der Begutachtung am 4. Juli 2017 (erneut) von einer Abhängigkeit, d.h. einem manifesten Abhängigkeitssyndrom ausgegangen werden könne, das Gutachten qualifiziert in Frage zu stellen. Denn das Gutachten hat seine Annahme der fehlenden gesundheitlichen Eignung des Klägers nicht auf ein aktuell manifestes Abhängigkeitssyndrom des Klägers im Sinne von ICD-10 F15.2 gestützt, sondern auf die wegen des (erneuten) Substanzkonsums in den Monaten vor der Begutachtung am 4. Juli 2017 aktuell fehlende ausreichende Stabilisierung des bei ihm zum Zeitpunkt der Begutachtung im Februar 2015 eindeutig diagnostizierten Abhängigkeitssyndroms.
1.1.4 Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an den Nachweis der gesundheitlichen Eignung für die Ausübung des ärztlichen Berufs überspannt und außerdem nicht definiert, unter welchen Voraussetzungen eine Stabilisierung als ausreichend anzusehen sei, weshalb die Annahme der nicht ausreichenden Stabilisierung die Klageabweisung nicht tragen könne, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Dem Gutachten des Sachverständigen Dr. R. ist insoweit zu entnehmen, dass nach einer vom Kläger im Rahmen der Exploration behaupteten über zweijährigen Abstinenz von einer willkürlichen Kontrolle des Konsumwunsches ausgegangen und die Wiedererlangung der Approbation befürwortet werden könne (Seite 38 des Gutachtens). Überdies ist ausgeführt, auch zwei Jahre nachgewiesene Betäubungsmittelabstinenz sprächen nicht für die Überwindung einer Abhängigkeit, sondern nur für eine ausreichende Stabilisierung, was sich vorliegend leider nicht erfüllt habe (Seite 49 des Gutachtens). Einer weitergehenden allgemeinen Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen ein in der Vergangenheit manifestes Abhängigkeitssyndrom als ausreichend stabilisiert anzusehen ist, bedurfte es nicht. Denn für die Beurteilung des Sachverständigen war insbesondere maßgebend, dass der Kläger einerseits ausweislich einer am 4. Juli 2017 entnommenen Haarprobe trotz abgeschlossener Therapie wenige Monate vor der gerichtlich veranlassten psychiatrischen Untersuchung erneut MDMA, Metamphetamin und Kokain konsumiert hatte, er andererseits das Ausmaß seiner Suchterkrankung im Rahmen der Exploration bagatellisierte und sich nicht aufrichtig in seinem Lebenszusammenhang positionierte (Seite 38 und 44 des Gutachtens).
Das Verwaltungsgericht hat sich die ohne Weiteres nachvollziehbaren und mit dem Zulassungsvorbringen auch nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Ausführungen des Sachverständigen zu eigen gemacht und seinem Urteil zugrunde gelegt. Entgegen der Annahme des Klägers hat das Verwaltungsgericht damit die Anforderungen an die für die Ausübung des ärztlichen Berufs vorausgesetzte gesundheitliche Eignung im Sinn des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO ersichtlich nicht überspannt.
1.1.5 Der Kläger trägt des Weiteren vor, dass sein Zustand seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts deutlich stabilisiert sei. Hierzu habe maßgeblich beigetragen, dass durch die nach seinem Suizidversuch vom 21. September 2017 betriebene umfassende Untersuchung die Diagnose eines adulten ADHS-Syndroms habe gesichert werden können. Die daraufhin begonnene medikamentöse Behandlung zeitige sehr positive Wirkungen bei ihm. Er sei seit jenem Suizidversuch auch wieder vollständig abstinent. Die deutliche Stabilisierung seines Zustands sei im Rahmen eines Berufungsverfahrens angemessen zu würdigen. Schon dies spreche für die Notwendigkeit der Zulassung der Berufung, da ihm andernfalls verwehrt würde, seine Eignung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit nach dem aktuellen Stand bewerten zu lassen.
Das diagnostizierte ADHS-Syndrom stehe im Übrigen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft in einem Kausalzusammenhang mit Suchterkrankungen; als Stichwort sei hier das „Modell der fehlgeleiteten Selbstmedikation“ angesprochen. In Konsequenz dazu habe der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums … … … der … Universität M* … auch nicht etwa ein Abhängigkeitssyndrom, sondern lediglich einen „sekundär schädlichen Gebrauch eines Stimulans“ diagnostiziert. Mithin spreche die bereits begonnene Therapie des ADHS-Syndroms deutlich dafür, dass auch die (unterstellte) Suchtproblematik des Klägers in den Griff zu bekommen sein werde.
Das rechtfertigt ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
Zwar sind bei der Entscheidung über den Zulassungsantrag Veränderungen der Sach- bzw. Rechtslage, die sich nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben haben und auf die in der fristgerechten Begründung des Zulassungsantrags abgestellt wird, zu berücksichtigen. Sie können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung begründen, sofern ihnen, wie bei einer Ruhensanordnung, nach materiellem Recht Bedeutung für die Beurteilung des geltend gemachten prozessualen Anspruchs zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 15.12.2003 – 7 AV 2.03 – juris Rn. 8 f.; BayVGH, B.v. 22.10.2015 – 22 ZB 15.1584 – juris Rn. 16 ff.). Allerdings werden vorliegend die seit der angegriffenen Entscheidung angeblich eingetretene deutliche Stabilisierung des Gesundheitszustands des Klägers, die angeblich positiven Wirkungen der nicht näher spezifizierten medikamentösen Therapie seines ADHS-Syndroms und seine angeblich seit seinem Suizidversuch vom 21. September 2017 wieder bestehende Abstinenz ohne jegliche ärztliche Stellungnahme und ohne sonstigen einen objektiven Anhaltspunkt hierfür gebenden Befund schlicht behauptet. Die angeblich seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingetretene Stabilisierung des gesundheitlichen Zustands des Klägers und die damit in der Sache behauptete Wiederherstellung seiner gesundheitlichen Eignung für den ärztlichen Beruf bedürfte, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen, entsprechend qualifizierter (amts- oder fach-)ärztlicher Feststellungen (vgl. BayVGH, B.v.20.1.2016 – 21 ZB 15.2074 – juris Rn. 14).
Solche liegen mit dem Arztbrief des Prof. Dr. F. (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum … … … der … Universität M* …*) vom 14. Oktober 2017 nicht vor. Er enthält keine Aussage zu der Frage, ob der Kläger im Hinblick auf die festgestellte Suchterkrankung in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des ärztlichen Berufs geeignet ist. Ihm lässt sich allerdings entnehmen, dass der Kläger vor seinem am 21. September 2017 unternommenen Suizidversuch mit Kokain im Rahmen einer dreitätigen Extremparty erneut Crystal Meth konsumiert hatte, was angesichts der Vorgeschichte gegen die erforderliche gesundheitliche Eignung des Klägers spricht. Es ist innerhalb der maßgebenden Frist zur Begründung des Zulassungsantrags fachlich nichts Konkretes dafür vorgebracht worden, dass der Kläger diese Eignung nach der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. R. wiedererlangt haben könnte.
Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist es dem Kläger ohne das angestrebte Berufungsverfahren auch nicht verwehrt, seine Eignung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit nach dem aktuellen Stand bewerten zu lassen. Der Kläger kann vielmehr zu jeder Zeit in geeigneter Weise, zum Beispiel durch Vorlage aktueller ärztlicher Befunde oder eines weiteren Gutachtens, gegenüber dem Beklagten darlegen, dass seine gesundheitliche Eignung für die Ausübung des Arztberufs wiederhergestellt ist, und hierdurch die Aufhebung der Ruhensanordnung (§ 6 Abs. 2 BÄO) initiieren. Die mit gerichtlichen Schreiben vom 21. Juli 2020 und vom 18. September 2020 ausdrücklich angebotene Möglichkeit, Ausführungen zum aktuellen Gesundheitszustand des Klägers im Hinblick auf seine Eignung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit zu machen, wurde gerade deshalb eingeräumt.
1.1.6 Schließlich rügt der Kläger, dass das Verwaltungsgericht durch die Formulierung, dass es sich „mit Blick auf den aktuellen Konsum“ nicht gehalten sehe, „Möglichkeiten einer berufsschonenderen Gefahrenkontrolle“ zu prüfen, einen eigenen Ermessensfehler und zugleich einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begangen habe. Es verbiete sich, beim Stichwort „Patientengefährdung“ gleichsam reflexartig die extreme Lösung eines Approbationsentzugs oder vollständigen Tätigkeitsverbots zu wählen, ohne eine abwägende Betrachtung vorzunehmen und dabei auch die Interessen des Arztes und nicht zuletzt auch die konkrete Gefährdungslage zu betrachten und zu würdigen. Der Umstand, dass weder der Beklagte noch das Verwaltungsgericht den Sofortvollzug der Ruhensanordnung veranlasst hätten, spreche dafür, dass die behauptete und dem Kläger vorgeworfene (abstrakte) Patientengefährdung von den zuständigen Behördenmitgliedern selbst nicht angenommen worden sei. Fehle es an einer tatsächlichen Patientengefährdung, könne auch keine Rede davon sein, dass der Kläger in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des ärztlichen Berufs ungeeignet sei.
Auch hieraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
Dies ist nicht nur dadurch bedingt, dass dem Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über die vom Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 29. Mai 2015 erhobene Klage kein Ermessen zusteht und ein solches auch nicht angenommen hat, so dass es keinen Ermessensfehler begangen haben kann, und das Verwaltungsgericht zudem nicht befugt ist, die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzuordnen oder zu einer solchen Anordnung zu verpflichten.
Hinzu kommt auch, dass der Beklagte die mit der Ruhensanordnung – ein Approbationsentzug ist nicht streitgegenständlich – für den Kläger verbundene Gefahr des Arbeitsplatzverlusts und die mit dem faktischen Berufsverbot einhergehenden finanziellen und sozialen Folgen (Schriftsatz vom 21. März 2016) und damit sein Interesse, weiter als Arzt tätig sein zu dürfen, in seine Ermessensentscheidung einbezogen hat (Bescheid Seite 7). Daher ist nicht erkennbar, inwiefern das Verwaltungsgericht insoweit einen Ermessenfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO hätte annehmen müssen. Außerdem hat das Verwaltungsgericht seiner Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ruhensanordnung die durch das nicht ausreichend stabilisierte Abhängigkeitssyndrom des Klägers bedingte Gefährdungslage für die ihm anvertrauten Patienten zugrunde gelegt. Insoweit hat es auf die aus seiner Sicht nachvollziehbaren Ausführungen des gerichtlich beauftragten Gutachters Bezug genommen (UA S. 9). Dieser hat die Wirkungsweise der vom Kläger konsumierten Amphetamine und auch des Kokains erläutert und dabei die sich daraus ergebende Gefahr von Fehlern (auch) bei seiner Tätigkeit als Arzt – u.a. infolge von Kritiklosigkeit und Selbstüberschätzung – dargelegt (Seite 48 f. des Gutachtens). Die (angebliche) bisherige Beanstandungsfreiheit der ärztlichen Tätigkeit des Klägers und die (angebliche) Orientierung derselben strikt am Patientenwohl stellen die gutachterlich beschriebene, mit der ärztlichen Tätigkeit eines an einem nicht hinreichend stabilisierten Abhängigkeitssyndrom leidenden Arztes verbundene Gefährdungslage nicht qualifiziert in Frage. Angesichts der vom Gutachter beschriebenen Wirkungsweise der vom Kläger konsumierten Substanzen liegt es außerdem auf der Hand, dass auch in dem für die Entscheidung über den Zulassungsantrag maßgeblichen Zeitpunkt – wie für die Anordnung des Ruhens der Approbation erforderlich (vgl. BVerfG, B.v. 4.10.2006 – 1 BvR 2403/06 – juris Rn. 16; B.v. 19.12.2007 – 1 BvR 2157/07 – juris Rn. 34; BVerwG; U.v. 10.9.2020 – 3 C 13.19 – juris Rn. 22) – bei der Ausübung des ärztlichen Berufs durch den Kläger eine konkrete Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut – die Patientengesundheit – bestand und ihm gerade deshalb die gesundheitliche Eignung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO abzusprechen war. Dass der Beklagte mit dem Erlass der auf die Verhinderung einer Patientengefährdung abzielenden Ruhensanordnung nicht gleichzeitig auch deren sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat, war zwar inkonsequent und beeinträchtigte zudem ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung wegen deren aufschiebender Wirkung die Effektivität der an sich beabsichtigten Gefahrabwehr. Auf die Rechtmäßigkeit des vorliegend streitgegenständlichen Bescheids vom 29. Mai 2015 wirkt sich dies jedoch nicht aus, weil eine unterbliebene Sofortvollzugsanordnung das tatsächliche Vorliegen der für eine Ruhensanordnung erforderlichen Gefährdungslage unberührt lässt.
1.2 Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Kläger hat hierzu in der Sache nichts über das zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Ausgeführte vorgetragen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich daraus nicht.
1.3 Die Berufung ist auch nicht wegen der Sache nach geltend gemachter, der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
1.3.1 Hierzu wird vorgetragen, dass die Wendung vom „aktuellen Konsum“ ersichtlich fehlerhaft sei, da das Verwaltungsgericht zum Zeitpunkt des Urteils keineswegs über das aktuelle Konsumverhalten des Klägers informiert gewesen sei. Hätte es dieses aufgeklärt, wäre es anschließend nicht nur über die ADHS-Diagnostik im Bilde gewesen, sondern hätte auch erfahren, dass der Kläger seit seinem Suizidversuch vollständig abstinent sei. Statt seiner Amtsermittlungspflicht umfassend zu genügen, habe das Verwaltungsgericht lieber darauf gedrängt, eine mündliche Verhandlung zu vermeiden und ein (vorgefertigtes) Urteil noch an jenem Tag zu verkünden, an dem die Beteiligten dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung zugestimmt hätten.
Damit wird geltend gemacht, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt – konkret die aktuelle gesundheitliche Lage des Klägers – nach Vorlage des Arztbriefs der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums … … … der … Universität M* … vom 14. Oktober 2017 weiter hätte aufklären müssen. Das Vorliegen eines Verfahrensmangels im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Form eines Verstoßes des Verwaltungsgerichts gegen die Amtsermittlungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird jedoch nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Denn hierzu hätte, da der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, jedenfalls substantiiert ausgeführt werden müssen, weshalb sich dem Verwaltungsgericht aus seiner maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der vom Kläger angenommenen Richtung hätte aufdrängen müssen, da die Aufklärungsrüge kein Mittel darstellt, um – vermeintliche – Versäumnisse eines Prozessbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – juris Rn. 2; B.v. 5.3.2010 – 5 B 7.10 – juris Rn. 9 m.w.N.). Dass sich dem Verwaltungsgericht vorliegend eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, ist auf der Grundlage des zur Begründung des Zulassungsantrags Dargelegten nicht ersichtlich und auch nicht offensichtlich. Dies ergibt sich, wie unter 1.1.5 dargelegt, insbesondere auch nicht aus dem Arztbrief von Prof. Dr. F. vom 14. Oktober 2017.
1.3.2 Der Kläger macht zudem geltend, es mute befremdlich an, dass das Verwaltungsgericht sein Urteil an dem Tag gefällt habe, an dem die Beteiligten ihre letzten Schriftsätze eingereicht hätten, und so der Eindruck bestehe, die angegriffene Entscheidung habe unabhängig vom Vortrag der Beteiligten längst festgestanden.
Die damit erhobene Rüge eines Verfahrensmangels in Form eines Gehörsverstoßes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO) greift ebenfalls nicht durch.
Dies ergibt sich schon daraus, dass nicht, wie von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geboten, dargelegt wird, welchen konkreten Vortrag der Beteiligten das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt haben soll und inwiefern sich der angeblich übergangene Vortrag auf die Entscheidung ausgewirkt hätte (vgl. BVerwG, B.v. 23.9.2009 – 9 B 64.09 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 27.7.2005 – 1 ZB 05.30554 – juris Rn. 11). Allein aus dem geschilderten Verfahrensablauf ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht auch nur die jeweils unter dem 19. Dezember 2017 erfolgten letzten Äußerungen der Beteiligten vor seiner Entscheidung nicht mehr zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Dies gilt umso mehr, als im Tatbestand des angegriffenen Urteils der mit klägerischem Schriftsatz vom 19. Dezember 2017 übersandte Arztbrief der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums … … … der … Universität M* … vom 14. Oktober 2017 genannt wird, was indiziert, dass (auch) die „letzten“ Äußerungen der Verfahrensbeteiligten vom 19. Dezember 2017 insgesamt zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wurden.
Vor diesem Hintergrund ist ohne Darlegung von über den geschilderten Verfahrensablauf hinausgehenden besonderen Umständen des Einzelfalls (vgl. zur Notwendigkeit besonderer Umstände vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2011 – 5 B 23.11 – juris Rn. 9) nicht ersichtlich, dass die erst kurz vor der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung eingegangenen schriftlichen Äußerungen der Verfahrensbeteiligten bei der angegriffenen Entscheidung nicht mehr berücksichtigt wurden.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG, wobei sich der Senat an Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 orientiert hat. Wegen des nur vorläufigen Charakters der Ruhensanordnung und mangels anderweitiger Anhaltspunkte erscheint die Hälfte des dort vorgeschlagenen Mindeststreitwerts und damit ein Streitwert von 15.000,00 Euro angemessen (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 15.2074 – juris Rn. 20; B.v. 16.7.2020 – 21 CS 20.1192 – juris Rn. 35).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. Dezember 2017 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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