Medizinrecht

Beihilfe für zahnmedizinische Behandlungen

Aktenzeichen  M 17 K 18.2000

Datum:
25.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2637
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GOZ § 4 Abs. 3, § 5 Abs. 2, § 9, § 10 Abs. 3
BayBhV § 7 Abs. 1, § 14

 

Leitsatz

1. § 14 BayBhV, der bestimmt, dass bei einer zahnärztlichen Behandlung Aufwendungen für Material- und Laborkosten sowie gesondert abrechenbare Praxiskosten nur zu 40% beihilfefähig sind, ist mit höherrangigem Recht vereinbar. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zahnärztliche Leistungen sind gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BayBhV grundsätzlich nur beihilfefähig bis zum 2,3-fachen Gebührensatz (Schwellenwert) des Gebührenrahmens der GOZ. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gebühren, die den Schwellenwert überschreiten, sind nur beihilfefähig, wenn die Überschreitung durch Besonderheiten des konkreten Behandlungsfalles gerechtfertigt ist. Der den Ausschlag für die Schwellenwertüberschreitung gebende vermehrte Aufwand muss auf eine beim betreffenden Patienten bestehende außergewöhnliche Konstitution zurückzuführen sein; rein verfahrensbezogene Besonderheiten genügen nicht. (Rn. 19 und 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die für die Überschreitung des Schwellenwerts erforderliche Begründung darf nicht allgemein gehalten sein, sondern muss genügend Anhaltspunkte für einen Vergleich enthalten, bei dem deutlich wird, dass die Behandlungsschritte einen ungewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen, der deutlich über demjenigen lag, der durch die Regelspanne abgegolten wird. Allein wertende Schlussfolgerungen genügen grundsätzlich nicht, die Begründung muss auch einen nachvollziehbaren Tatsachenkern enthalten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten vom 19. Juli 2018 und 14. Oktober 2018 im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden konnte, hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Bescheid vom 4. Dezember 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 28. März 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. statt aller BVerwG, U.v. 2.4.2014 – 5 C 40.12 – NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Die Aufwendungen gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird. Für die vorgenommene zahnärztliche Untersuchung und Behandlung entstehen Aufwendungen mit jeder Inanspruchnahme des Arztes (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Juni 2018, Bd. 2 Anm. 12 zu § 7 Absatz 2 BayBhV). Bei den streitgegenständlichen Behandlungen im Oktober und November 2017 bestimmt sich die Beihilfefähigkeit daher nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 362), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung – BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 24. Juli 2017 (GVBl S. 418).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe für die nur zum Teil als beihilfefähig anerkannten Auslagen des behandelnden Zahnarztes nach §§ 3, 4, 9 GOZ und 10 GOÄ.
Nach § 14 BayBhV, der mit höherrangigem Recht vereinbar ist (BayVGH, B. v. 7.2.2018 – 14 ZB 17.1297 – juris Rn. 8 ff.), sind die bei einer zahnärztlichen Behandlung nach Anlage 1 Abschnitt C Nrn. 2150 bis 2320, Abschnitte F und K GOZ entstandenen Aufwendungen für Material- und Laborkosten nach § 9 GOZ (u.a. Edelmetalle und Keramik) sowie die nach § 4 Abs. 3 GOZ gesondert abrechenbaren Praxiskosten nur zu 40 v.H. beihilfefähig. Vom Gesamtbetrag der in den zahnärztlichen Rechnungen nach §§ 3, 4, 9 GOZ und 10 GOÄ gemachten Auslagen in Höhe von 242,41 € (Rechnung vom …) bzw. 5.537,79 € (Rechnung vom …) konnte daher nur ein Betrag in Höhe von 96,96 € (40% von 242,41 €) und 2.215,12 € (40% von 5.537,79 €) anerkannt werden. Dem Kläger wurde daher in Bezug auf diese Aufwendungen seitens der Beihilfestelle eine korrekt berechnete Beihilfe in Höhe von 1.618,46 € (70 v.H. von 2.312,08 €) gewährt. Ein Anspruch auf eine weitere Beihilfe besteht nicht.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 122,35 € (70 v.H. des bisher nicht als beihilfefähig anerkannten Betrags in Höhe von 174,79 € – Rechnung vom …) bzw. 514,52 € (70 v.H. des bisher nicht als beihilfefähig anerkannten Betrags in Höhe von 735,03 € – Rechnung vom …) für die nur zum Teil als beihilfefähig anerkannten Honorarforderungen der behandelnden Zahnärzte. Der Beklagte hat insoweit zu Recht darauf verwiesen, dass die Begründungen der behandelnden Zahnärzte hinsichtlich der in der Rechnung vom … abgerechneten GOÄ-Nrn. 1, 5, 5004 und GOZ-Nrn. 0090, 0100, 2290, 3030, 3190, 3100, 9040 und 9050 sowie hinsichtlich der in der Rechnung vom … … … abgerechneten GOZ-Nrn. 9050, 5170, 8010, 8020, 8050, 2030, 2270, 2200, 5000, 5070 und 2210 die Überschreitung des 2,3fachen Gebührensatzes nicht rechtfertigen.
2.1. Zahnärztliche Leistungen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind. Die Angemessenheit beurteilt sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BayBhV insoweit ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) soweit die GOÄ den Zahnärzten nach § 6 Abs. 2 GOZ zugänglich ist. Soweit keine begründeten besonderen Umstände vorliegen, kann nur eine Gebühr, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreitet, als angemessen angesehen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BayBhV).
Nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ bildet für Leistungen nach dem Gebührenverzeichnis der GOZ der 2,3-fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten, das heißt die Schwierigkeit und der Zeitaufwand der einzelnen Leistung sowie die Umstände bei der Ausführung, dies rechtfertigen. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben (§ 5 Abs. 2 Satz 3 GOZ; ähnlich dazu § 5 Abs. 2 GOÄ und VV Nr. 5 und 6 zu § 7 Abs. 1 BayBhV i.d.F. der Bek. vom 26.7.2007, zuletzt geändert durch Bek. v. 07.08.2015, gültig ab 1.3.2016 bis 31.8.2017; FMBl 2015, 150 – StAnz 2015, Nr. 34). Das Überschreiten des 2,3fachen Gebührensatzes muss durch Besonderheiten des konkreten Behandlungsfalles gerechtfertigt sein (Amtl. Gesetzesbegründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 54).
Wenn die berechnete Gebühr das 2,3-fache des Gebührensatzes überschreitet, ist dies auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen. Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern (§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 GOZ; § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 GOÄ). Ein Nachschieben von gänzlich neuen Gründen ist nicht zulässig (VG München, U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5384 – juris Rn. 48). § 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ sieht lediglich eine nähere Erläuterung der bereits in der Rechnung vorgebrachten schriftlichen Begründung für die Schwellenwertüberschreitung vor, nicht jedoch eine Ergänzung der Begründung um neue, bislang nicht vorgetragene Gründe, die eine Besonderheit des jeweiligen Behandlungsfalls rechtfertigen sollen. Unzulässig sind damit verspätet vorgebrachte neue Erwägungen, die in der bisherigen, in der Rechnung enthaltenen Begründung keine Stütze finden. Zulässig sind nur solche Erwägungen, die an die bereits vorhandene Rechnungsbegründung ansetzen. Würde man zulassen, dass die behandelnden Ärzte zeitlich unbegrenzt solange neue Gründe für die vorgenommene Erhöhung des Gebührensatzes über den 2,3-fachen Satz hinaus anführen können, bis irgendwann eine insoweit tragfähige Begründung gefunden ist, liefe das darauf hinaus, dass eine abschließende Beurteilung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen immer wieder herausgeschoben würde. Für die Beihilfestellen wäre es praktisch nicht handhabbar, bei jeder nachträglich neu vorgebrachten Begründung ihren Beihilfebescheid wieder abändern zu müssen.
Zwar ist dem Zahnarzt bei der Bestimmung des Steigerungsfaktors durch § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares Ermessen eingeräumt (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2011 – 5 LA 237/10 – juris Rn. 21). Dieses besteht jedoch nur auf der Rechtsfolgenseite. Das Vorliegen von „Besonderheiten“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ auf der Tatbestandsseite unterliegt dagegen der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit (BVerwG, U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – NJW 1994, 3023, 3024; NdsOVG, B.v. 22.3.2018 – 5 LA 102/17 – juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – NJW 1994, 3023; vgl. auch BayVGH, B.v. 15.4.2011 – 14 ZB 10.1544 – juris Rn. 4) müssen Besonderheiten in diesem Sinn gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sein. Eine in jeder Hinsicht durchschnittliche Art und Weise der Behandlung kann ein Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes (Schwellenwert) nach § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ nicht rechtfertigen. Die Vorschrift hat Ausnahmecharakter und ist dementsprechend eng auszulegen. Diesem Ausnahmecharakter widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegender Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei einer Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung das Überschreiten des Schwellenwerts rechtfertigen würde. Erforderlich ist somit eine gerade in der Person des Betroffenen liegende Besonderheit. Der den Ausschlag für die Schwellenwertüberschreitung gebende vermehrte Aufwand muss auf eine beim betreffenden Patienten bestehende außergewöhnliche Konstitution zurückzuführen sein; rein verfahrensbezogene Besonderheiten genügen dagegen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 15.04.2011 – 14 ZB 10.1544 – juris Rn. 4; VG des Saarlandes, U.v. 26.5.2017 – 6 K 468/16 – juris Rn. 21; VG Stuttgart, U.v. 3.1.2012 – 12 K 2580/11 – juris Rn. 37; VG München, U.v. 23.05.2013 – M 17 K 12.59 – BeckRS 2014, 56145, beck-online; a.A. noch: VGH BW U.v. 17.9.1992 – 4 S 2084/91 – juris Rn. 48). Zwar sollte es nicht so sein, dass der Arzt bzw. Zahnarzt für die Begründung der Schwellenwertüberschreitung mehr Zeit aufwenden muss als für die eigentliche Behandlung. Ausführliche ärztliche Berichte oder gar Gutachten können daher nicht verlangt werden. Allerdings muss sich aus der gegebenen Begründung entnehmen lassen, weshalb bei dem Patienten eine von der Masse der behandelnden Fälle abweichende Besonderheit vorlag und insbesondere, worin diese Besonderheit bestand (VG Hannover, GB v. 7.12.2009 – 13 A 2981/09 – juris Rn. 165). Die Begründung darf dabei nicht allgemein gehalten sein, sondern muss genügend Anhaltspunkte für einen Vergleich enthalten, bei dem deutlich wird, dass die Behandlungsschritte einen ungewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen, der deutlich über demjenigen lag, der durch die Regelspanne abgegolten wird (VG Saarlouis, U.v. 26.5.2017 – 6 K 468/16 – juris Rn. 21). Allein wertende Schlussfolgerungen genügen grundsätzlich nicht, die Begründung muss auch einen nachvollziehbaren Tatsachenkern enthalten (vgl. OVG NW, U.v. 3.12.1999 – 12 A 2889/99 – juris Rn. 41). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Begründung allein vom behandelnden Zahnarzt selbst gegeben werden kann. Die Klagepartei ist dazu als Adressat der Begründung weder berechtigt noch im Stande (VG Stuttgart, U.v. 21.9.2009 – 12 K 6383/07 – juris Rn. 64).
2.2. Unter Anwendung dieses Maßstabs auf den konkreten Fall ergibt sich, dass kein Anspruch auf Erstattung des den 2,3-fachen Schwellenwert übersteigenden Gebührensatzes der in den streitgegenständlichen Rechnungen der behandelnden Zahnärzte vom …… und … enthaltenen GOZ-Nrn. und GOÄ-Nr. besteht. Die im streitgegenständlichen Beihilfebescheid beanstandeten zahnärztlichen Begründungen sind allesamt nicht geeignet, den Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ entsprechend eine Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen.
Rechnung vom …
1. GOÄ-Nr. 0001 Beratung
Begründung: Erhöhter Zeitaufwand, aufgrund von ausführlicher umfangreicher OP-Aufklärung und die damit verbundenen Risiken.
Die Schwellenwertüberschreitung hinsichtlich der GOÄ-Nr. 0001 wurde nicht ausreichend begründet. Die Aufklärung über die Operation und die damit verbundenen Risiken sind Leistungsbestandteil der GOÄ-Nr. 0001. Auch ausführliche und umfangreiche Beratungen sind vom Schwellenwert noch abgedeckt, soweit nicht außergewöhnliche Besonderheiten in der Begründung angeführt sind. Mangels Zeitangabe in der Begründung besteht zudem kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beratung überdurchschnittlich lange gedauert hätte. Hinweise auf sonstige außergewöhnliche Umstände, die die Kommunikation mit dem Patienten gestört hätten, ergeben sich weder aus der Begründung noch wurden solche von Klägerseite vorgetragen. Worin bei der Beratung die Besonderheiten gerade bei der Behandlung des Klägers, abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle aufgetreten ist, wird aus der Begründung nicht ersichtlich. Eine Vielzahl von Behandlungsmaßnahmen ist per se nicht ungewöhnlich und rechtfertigt daher ohne außergewöhnliche Umstände keinen erhöhten Gebührensatz.
2. GOÄ-Nr. 0005 Symptombezogene Untersuchung
Begründung: Erhöhter Zeitaufwand, aufgrund von: Ausführliche und umfangreiche Planung und Diagnostik. Ausführliche Differenzialdiagnostik.
Die Behandlungsplanung ist nicht Teil der Untersuchung. Die Behandlungsplanung im eigentlichen Sinne legt sich der Zahnarzt im jeweiligen Fall selbst zurecht. Die Begründung enthält keine nähere Stellungnahme zu der in der Person des Klägers liegenden Besonderheiten, sondern begnügt sich mit einer pauschalen und allein wertenden Formulierung „ausführliche und umfangreiche“. Auch die angegebene Begründung „Ausführliche Differenzialdiagnostik“ reduziert sich auf eine allein wertende Schlussfolgerung ohne wesentlichen nachvollziehbaren Tatsachenkern (OVG NW, U.v. 3.12.1999 – 12 A 2889/99 – juris Rn. 41; VG Stuttgart, U.v. 21.9.2009 – 12 K 6383/07 – juris Rn. 30). Zudem wirkt die Begründung in ihrer Abstraktheit losgelöst vom Einzelfall standardmäßig formelhaft aufgesagt. Es wird nicht deutlich, inwieweit die Differenzialdiagnostik ausführlich gewesen sei.
3. GOÄ-Nr. 5004 (Panoramaschichtaufnahme der Kiefer)
Begründung: Erhöhter Zeitaufwand aufgrund digitaler Röntgentechnik – Zeitaufwändige Auswertung der Aufnahme.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494; VG München, U.v. 7.2.2019 – M 17 K 17.4947, UA Bl. 22). Die Anfertigung digitaler Röntgentechnik rechtfertigt die Überschreitung des Schwellenwerts nicht. Die Besonderheiten, die gemäß des jeweiligen § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ ein Überschreiten des Schwellenwerts rechtfertigen, setzen wie dargelegt voraus, dass sie gerade bei der Behandlung des jeweiligen Patienten abweichend von der großen Mehrzahl der Behandlungsfälle aufgetreten sind (BVerwG, U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – BVerwGE 95, 117-123 – juris). Die Anwendung der digitalen Radiografie ist jedoch unabhängig von den Besonderheiten der Behandlung gerade des Klägers (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2011 – 14 ZB 10.1544 – juris Rn. 4). Die digitale Röntgentechnik unterscheidet sich von der herkömmlichen lediglich dadurch, dass die Röntgenbilder nicht mehr auf analogen Röntgenfilmen, sondern digital aufgenommen werden (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Digitales_Röntgen). Inwiefern durch Verwendung dieser Technik ein zeitlicher Mehraufwand entstehen sollte, ist ohne weitere Erläuterung nicht nachvollziehbar, zumal die Verwendung dieser Technik mittlerweile allgemein üblich ist (VG München, U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5823 – Rn. 104).
4. GOZ-Nr. 0090 (Intraorale Infiltrationsanästhesie)
Begründung: Erhöhter Zeitaufwand, aufgrund von: Langsames Injizieren zur Schonung des Gewebes. Injektion palatinal. Zur Hämostase.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494). Das langsame Injizieren bei einer Anästhesie zur Schonung des Gewebes stellt die übliche und vorgeschriebene Vorgehensweise dar. Ein schnelles Injizieren ist auf jeden Fall zu vermeiden, da es zu Gewebszerreißungen mit den entsprechenden Folgen kommen kann. Es handelt sich um eine vollständig übliche Injektionstechnik. Eine langsame und schrittweise Injektion der Anästhesieflüssigkeit entspricht damit zahnärztlichem Standard und kann nicht für die Begründung eines besonderen Erschwernisses der konkreten Behandlung herangezogen werden (so auch VG München, U.v. 7.2.2019 – M 17 K 17.4947, UA Bl. 25 ff.; U.v. 14.8.2018 – M 17 K 17.5996 zu GOZ-Nr. 0090; U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5823 – juris Rn. 71 zu GOZ-Nr. 0100; VG Ansbach, U.v. 08.12.2010 – AN 15 K 09.01488 – juris Rn. 48 zu GOZ-Nr. 0090). Die bloße Angabe der Anwendung einer bestimmten (Behandlungs-)Technik ist zudem nicht ausreichend (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Band 2, A III, Stand 1.11.2018, § 6 BBhV Anm. 11 (6); NdsOVG, U.v. 13.11.2012 – 5 LC 222/11 – juris). Auch bei der Angabe „palatinal“ handelt es sich lediglich um eine Lagebezeichnung bzw. Richtungsangabe im Mund. Dabei bedeutet „palatinal“ soviel wie „den Gaumen betreffend“ oder „gaumenwärts“. Dass die Injektion zur Hämostase, also zur Blutstillung erfolgte, beschreibt zwar den Zweck, rechtfertigt jedoch mangels patientenbezogener Umstände ebenfalls keinen erhöhten 3,5-fachen Gebührensatz.
5. GOZ-Nr. 0100 (Intraorale Leitungsanästhesie)
Begründung: Erhöhter Zeitaufwand, aufgrund von: Langsames Injizieren zur Schonung des Gewebes. Starker Muskeltonus. … zur absoluten Schmerzausschaltung notwendig …
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494). Hinsichtlich der Begründung „Langsames Injizieren zur Schonung des Gewebes“ wird auf die Ausführungen zu GOZ-Nr. 0090 verwiesen. Die weitere Begründung „starker Muskeltonus“ ist für sich genommen keine überdurchschnittliche Schwierigkeit, sondern tritt in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle auf (OVG Lüneburg, B.v. 14.12.2011 – 5 LA 237/10 – juris Rn. 34). Mit einem starken Muskeltonus ist aufgrund der Stresssituation und instinktiven Abwehrhaltung bei zahnmedizinischen Eingriffen und wegen der starken Ausprägung der Kaumuskulatur regelmäßig zu rechnen. Veränderungen in der Muskelspannung im Kieferbereich sind daher nicht außergewöhnlich (VG Düsseldorf, U.v. 21.1.2014 – 26 K 2479/13 – juris Rn. 32). Der Hinweis „zur absoluten Schmerzausschaltung notwendig“ beschreibt lediglich den aus sich heraus selbstverständlichen Zweck der Anästhesieleistung und ist daher ebenfalls nicht geeignet, einen erhöhten Gebührensatz zu bergründen.
6. GOZ-Nr. 2290 (Entfernung einer Einlagefüllung, einer Krone, eines Brückenankers, Abtrennen eines Brückengliedes oder Steges oder Ähnliches):
Begründung: Die durchschnittlichen Verhältnisse übersteigende Umstände, aufgrund von: Stark ausgeprägte Wangenmuskulatur. Schwierige anatomische Verhältnisse. Besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse. Vorsichtiges Entfernen wegen Wiederverwendung.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494). Hinsichtlich der Begründung „einer stark ausgeprägten Wangenmuskulatur“ gelten die Ausführungen zum „starken Muskeltonus“ entsprechend (s.o. zu GOZ-Nr. 0100). Die Begründung „schwierige anatomische Verhältnisse“ stellt eine lediglich wertende Schlussfolgerung ohne wesentlichen nachvollziehbaren Tatsachenkern dar (OVG NW, U.v. 3.12.1999 – 12 A 2889/99 – juris Rn. 41; VG Stuttgart, U.v. 21.9.2009 – 12 K 6383/07 – juris Rn. 30). Auch diese pauschale Formulierung wirkt in ihrer Abstraktheit losgelöst vom Einzelfall standardmäßig formelhaft aufgesagt. Eine nähere Stellungnahme zu der in der Person der Betroffenen liegenden Besonderheiten, lässt die Begründung hingegen vermissen. Warum und inwiefern die anatomischen Verhältnisse sich gerade beim Kläger besonders schwierig darstellten, wird zudem nicht näher begründet und ist nicht nachvollziehbar, zumal die anatomischen Verhältnisse von Natur aus bei jedem Patienten zumindest geringfügig variieren. Eine besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse versteht sich von selbst und entspricht zahnärztlichem Standard. Dies gilt ebenso für das vorsichtige Entfernen wegen Wiederverwendung. Die Begründungen der Schwellenwertüberschreitung sind daher nicht ausreichend.
7. GOZ-Nr. 3030 (Entfernung eines Zahnes oder eines enossalen Implantats durch Osteotomie):
Begründung: Überdurchschnittlicher Schwierigkeitsgrad und mehr als durchschnittlicher Zeitaufwand aufgrund von: Sichtbehinderung Blutung. Besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse. Eingeschränkte Mundöffnung. Gefährdete Nachbarstruktur. Schwierige anatomische Verhältnisse.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (s.o.; vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494).
Blutungen stellen bei zahnärztlichen Eingriffen aufgrund der stark durchbluteten Mundschleimhaut den Regelfall dar. Auch eine damit einhergehende Sichtbehinderung ist für gewöhnlich gegeben. Dem wird bei zahnärztlichen Eingriffen durch Absorption mittels entsprechender Absaugapparatur begegnet. Besonderheiten des Einzelfalls, die ihn von der Mehrzahl der Behandlungsfälle außergewöhnlich unterscheiden würden, sind mit dieser Begründung nicht dargetan.
Der pauschale Hinweis auf eine eingeschränkte Mundöffnung, vermag einen erhöhten Gebührenfaktor nicht zu begründen. Dass das Vermögen, nach einer langen zahnmedizinischen Behandlung den Mund offen zu halten, zunehmend nachlässt, versteht sich von selbst (VG München, U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5384 – UA Bl. 7). Besonderheiten des Einzelfalls wären nur dann nachvollziehbar geltend gemacht worden, wenn der behandelnde Zahnarzt im Einzelfall konkret darlegt, warum etwa bei dem Kläger die Mundöffnung deutlich geringer als in der Mehrzahl der Fälle war.
Besonders gefährdete Nachbarstrukturen, so die weitere Begründung, sind im gesamten Mundraum nachweisbar. Dass bei einer zahnärztlichen Behandlung die Schädigungen von Nachbarstrukturen vermieden werden sollten, versteht sich von selbst. Es entspricht dem zahnärztlichen Standard zum Wohle des Patienten, dass der Eingriff auf eine entsprechend schonende Art und Weise zu erfolgen hat, um eine Verletzung der anatomischen Nachbarstrukturen zu verhindern. Für die Begründung eines besonderen Erschwernisses der konkreten Behandlung kann dieser Umstand nicht herangezogen werden (VG München, U.v. 7.2.2019 – M 17 K 17.4947, UA Bl. 29).
8. GOZ-Nr. 3190 (Operation einer Zyste durch Zystektomie in Verbindung mit einer Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion):
Begründung: Die durchschnittlichen Verhältnisse übersteigende Umstände, aufgrund von: Gefährdete Nachbarstruktur. Besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse. Sichtbehinderung Blutung. Schwierige anatomische Verhältnisse. Schwer zugänglicher Zahn/Bereich.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (s.o.; vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494).
Auch die Begründung „schwer zugänglicher Zahn/Bereich“ ist unzulänglich. Bei Behandlungen im mittleren oder hinteren Mundbereich kann allein die Lage der Behandlungsstelle kein Erschwernis, das eine Überschreitung des Schwellenwerts rechtfertigen soll, begründen. Ließe man zu, dass bei sämtlichen zahnärztlichen Behandlungen in – naturgemäß schwerer zugänglichen – hinteren Mundbereichen ein, gegenüber der Behandlung von leicht zugänglichen vorderen Bereichen erhöhter Gebührensatz angesetzt werden kann, wäre, da ein großer Teil der Zähne und Behandlungsregionen im schwerer zugänglichen hinteren Seitenmundbereich liegt, der Ansatz eines über den 2,3-fachen Gebührenfaktors hinausgehenden Faktors die Regel. Dies soll sie aber, wie oben dargestellt, gerade nicht sein. Vielmehr bildet daher der 2,3-fache Gebührensatz der GOZ den durchschnittlichen Aufwand für jeden beliebigen behandelten Zahn, unabhängig von seiner Lage, pauschaliert ab (VG München, U.v. 17.10.2018 – M 17 K 17.6139; U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5823 – juris Rn. 80). Regionen im hinteren Kieferbereich sind bei allen Patienten schwerer zugänglich als solche im vorderen Bereich. Individuell patientenbezogene Erschwernisse lassen sich dieser Begründung also nicht entnehmen, sie genügt daher nicht zu Rechtfertigung der Ansetzung eines erhöhten Gebührenfaktors.
9. GOZ-Nr. 3100 (Plastische Deckung im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer Periostschlitzung, je Operationsgebiet (Raum einer zusammenhängenden Schnittführung):
Begründung: Die durchschnittlichen Verhältnisse übersteigende Umstände, aufgrund von: Besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse. Sichtbehinderung Blutung. Eingeschränkte Mundöffnung. Gefährdete Nachbarstruktur. Schwierige anatomische Verhältnisse. Schwer zugänglicher Zahn/Bereich. … plastische Deckung – Mucoperiostlappen gebildet … Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (s.o.; vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494).
Soweit zudem zur näheren Erläuterung der Hinweis erfolgt: „plastische Deckung – Mucoperiostlappen gebildet“ genügt dies gleichfalls nicht für einen 3,5fachen Gebührensatz, da dieser Hinweis lediglich eine Beschreibung der Leistungserbringung darstellt und keine patientenbezogene Besonderheit aufzeigt.
10. GOZ-Nr. 9040 (Freilegen eines Implantats, und Einfügen eines oder mehrerer Aufbauelemente (z.B. Gingivaformers) bei einem zwei-phasigen Implantatsystems):
Begründung: Die durchschnittlichen Verhältnisse weitaus übersteigende Umstände, aufgrund von: Besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse. Schwierige anatomische Verhältnisse. Schwer zugänglicher Zahn/Bereich.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (s.o.; vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494).
11. GOZ-Nr. 9050 (Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase):
Begründung: Die durchschnittlichen Verhältnisse übersteigende Umstände, aufgrund von: Starker Muskeltonus. Schwierige anatomische Verhältnisse. Besondere Rücksichtnahme auf die gingivalen Verhältnisse.
Diese Begründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ (s.o.; vgl. VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494).
Rechnung vom ……
1. GOZ-Nr. 9050 (Entfernen und Wiedereinsetzen sowie Auswechseln eines oder mehrerer Aufbauelemente bei einem zweiphasigen Implantatsystem während der rekonstruktiven Phase):
Region 24, 26 am … …
Begründung: Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Schwierig herzustellende Parallelität bei mehreren Implantaten; Mehr als drei Wechselvorgänge über den Zeitraum der prothetischen Versorgung; Besonderer Aufwand bei der Fixierung der Aufbauteile zur Abformung; Erschwerte klinische Erreichbarkeit
Region 36, 46 am …
Begründung: Starker Speichelfluss; Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Besonderer Aufwand bei der Fixierung der Aufbauteile zur Abformung; Erschwerte klinische Erreichbarkeit
Region 24, 26, 36, 46 am …
Begründung: Starker Speichelfluss; Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Besonderer Aufwand bei der Fixierung der Aufbauteile zur Abformung; Erschwerte klinische Erreichbarkeit
Aus der Begründung „Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik“ werden die Patientenbezogenheit sowie die Besonderheit des Einzelfalls nicht hinreichend deutlich. Das Anfertigen einer hochwertigen und komplizierten Prothetik ist nicht außergewöhnlich und entspricht dem Leistungsinhalt.
Nicht ausreichend ist auch der Hinweis auf eine schwierige Parallelitätsfindung, da sie keinen Hinweis auf patientenspezifische Besonderheiten enthält (VG Köln, U.v. 19.7.2013 – 19 K 4076/12 – juris Rn. 58; VG München, U.v. 25.2.2019 – M 17 K 18.494).
Soweit als Begründung „Mehr als drei Wechselvorgänge über den Zeitraum der prothetischen Versorgung“ angeführt wurde, ist dies nach der unbestrittenen Stellungnahme des Beratungsarztes vom 19. Juni 2018, der das Gericht folgt, nicht nachvollziehbar. Im Zusammenhang mit der Versorgung seien lediglich zwei Sitzungen dokumentiert, die sich auf diese Ziffer beziehen würden. Die GOZ-Nr. 9050 sei am … … … und am … … … jeweils 1-mal pro Implantat berechnet worden. Es seien hier nicht einmal drei, sondern lediglich zwei Sitzungen dokumentiert, in denen der Ansatz erfolgt sei.
Warum die Fixierung der Aufbauteile zur Abformung einen besonderen Aufwand erforderte, wird in der Rechnung nicht dargetan und ist nicht nachvollziehbar. Patientenbezogene Besonderheiten werden nicht dargelegt. Auch diese Begründung ist daher nicht ausreichend, um eine Schwellenwertüberschreitung zu rechtfertigen.
Hinzu kommt, dass die vorgelegte Begründung „starker“ Speichelfluss und „erschwerte“ klinische Erreichbarkeit zu allgemein formuliert und objektiv zu wenig nachprüfbar sind, um Besonderheiten des Einzelfalls zu rechtfertigen. Was genau unter einem „starken“ Speichelfluss oder „erschwerter“ klinischer Erreichbarkeit zu verstehen ist, ist unklar. Eine patientenbezogene Darstellung, inwiefern und weshalb der Speichelfluss bei dem konkret behandelten Patienten, abweichend von der Mehrzahl er Fälle besonders stark war, die Erreichbarkeit besonders „erschwert“ war, lässt die Rechnung vermissen. Derart pauschale Hinweise vermögen einen erhöhten Gebührenfaktor bei sämtlichen Leistungsziffern nicht zu begründen (VG München, U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5384; U.v. 14.8.2018 – M 17 K 17.5996). Ein starker Speichelfluss stellt eine typische Stressreaktion auf eine zahnmedizinische Behandlung dar, deren Auftreten in der Mehrzahl der Behandlungsfälle zu erwarten ist. Hinzu kommt, dass sich ein vermehrter Speichelfluss leicht mit entsprechenden Absaugvorrichtung bewältigen lässt (so auch VG Hannover, Gerichtsbescheid vom 07.12.2009 – 13 A 2981/09 – juris Rn. 201).
Bei Behandlungen im mittleren oder hinteren Mundbereich kann allein die Erreichbarkeit der Behandlungsstelle kein Erschwernis, das eine Überschreitung des Schwellenwerts rechtfertigen soll, begründen (s.o. zu GOZ-Nr. 3190).
2. GOZ-Nr. 5170 – Anatomische Abformung des Kiefers mit individuellem Löffel bei ungünstigen Zahnbogen- und Kieferformen und/oder tief ansetzenden Bändern oder spezielle Abformung zur Remontage, je Kiefer:
OK (Oberkiefer)
Begründung: Schwierig herzustellende Parallelität bei mehreren Implantaten; Besonderer Aufwand bei der Fixierung der Aufbauteile zur Abformung; Erschwerte klinische Erreichbarkeit; Kiefergelenkprobleme bei langdauernder Sitzung
UK (Unterkiefer)
Begründung: Starker Speichelfluss; Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Erschwerte klinische Erreichbarkeit Auf die Ausführungen zu GOZ-Nr. 9050 wird diesbezüglich verwiesen.
Das Auftreten von Kiefergelenksproblemen bei langdauernder Sitzung ist ebenfalls regelmäßig gegeben. Dass das Vermögen, nach einer langen zahnmedizinischen Behandlung den Mund offen zu halten, zunehmend nachlässt, versteht sich ebenfalls von selbst. Auch nach den Ausführungen des Beratungsarztes vom 19. Juni 2018 würde dies keine besondere Erschwernis darstellen. Seien die Beschwerden extrem, sollte die Behandlung auf mehrere und verträglichere Sitzungen verteilt werden.
3. GOZ-Nr. 8010 – Registrieren der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers, auch Stützstiftregistrierung, je Registrat; GOZ-Nr. 8020 – Arbiträre Scharnierachsenbestimmung (eingeschlossen sind die arbiträre Scharnierachsenbestimmung, das Anlegen eines Übertragungsbogens, das Koordinieren eines Übertragungsbogens mit einem Artikulator); GOZ-Nr. 8050 – Registrieren von Unterkieferbewegungen zur Einstellung halbindividueller Artikulatoren und Einstellung nach den gemessenen Werten, je Sitzung
Begründung: Nicht konzeptionsgerechte Okklusion; Myoarthropathie
Dass die tatsächliche Situation beim Patienten einem der zahlreichen Okklusionskonzepte zur Stabilisierung prothetischen Zahnersatzes entspricht, kann praktisch nie erwartet werden. Eine nicht konzeptionsgerechte Okklusion stellt daher keine Abweichung von der Mehrzahl der Behandlungsfälle dar. Auch hier wurden also keine hinreichenden Gründe genannt, die eine Schwellenwertüberschreitung rechtfertigen (VG München, U.v. 14.8.2018 – M 17 K 17.5996 – UA S. 19). Das Vorliegen einer Myo-/Arthropathie genügt zudem nicht um eine außergewöhnliche patientenbezogene Besonderheit zu begründen, da nach Angabe der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik rund zwei Drittel der Bevölkerung Symptome von Myo-/Arthropathie aufzeigen (OVG NW, B.v. 23.3.2009 – 3 A 407/07 – juris Rn. 11; VG München, U.v. 7.2.2019 – M 17 K 17.4947 – UA S. 27).
4. GOZ-Ziffer 2030 (Besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten (z. B. Separieren, Beseitigen störenden Zahnfleisches, Stillung einer übermäßigen Papillenblutung), je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich) (Region 23):
Begründung: Sehr enger Sulkus beim Legen der Retraktionsfäden; Erschwerte Trockenlegung Nach den unbestrittenen Angaben des Beratungsarztes vom …, dem das Gericht auch hier folgt, stelle ein sehr enger Sulkus keine Erschwernis dar, wenn bei den zu liegenden Fäden solche mit einem geringeren Durchmesser gewählt werden. Die Fäden müssten entsprechend der anatomischen Situation ausgesucht verwendet werden.
Wie bereits oben dargestellt genügt die Begründung „starker Speichelfluss“ wie auch die damit verbundenen Erschwernisse bei der Trockenlegung nicht, um ein besonderes Behandlungserschwernis im Vergleich zu Mehrzahl der Behandlungsfälle zu begründen. Eine vermehrt Speichelproduktion ist eine typische Stressreaktion auf eine zahnmedizinische Behandlung.
5. GOZ-Nr. 2270 – Provisorium im direkten Verfahren mit Abformung, je Zahn oder Implantat, einschließlich Entfernung
Begründung: Erschwerte Retentionsgewinnung; Präparationsgrenze im sichtbaren Bereich
Warum die Retentionsgewinnung erschwert gewesen sein soll, wurde nicht begründet und ist daher nicht nachvollziehbar (VG München, U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5384 – UA S. 13). Nach den unbestrittenen Angaben des Beratungsarztes vom …, dem das Gericht auch hier folgt, stellt auch die Präparationsgrenze im sichtbaren Bereich bei einem Provisorium keine Erschwernis dar.
6. GOZ-Nr. 2200 – Versorgung eines Zahnes oder Implantats durch eine Vollkrone (Tangentialpräparation)
Begründung: Erschwerte Trockenlegung; Starker Speichelfluss; Erschwerter Zugang zum Behandlungsgebiet; Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik
Auf die Ausführungen zu GOZ-Nrn. 9050 und 2030 wird auch diesbezüglich verwiesen.
7. GOZ-Nr. 5000 – Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese: je Pfeilerzahn oder Implantat als Brücken- oder Prothesenanker mit einer Vollkrone (Tangentialpräparation)
Region 24
Begründung: Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Schwierig herzustellende Parallelität bei mehreren Implantaten; Kiefergelenkprobleme bei langdauernder Sitzung; Erschwerter Zugang zum Behandlungsgebiet
Region 26
Begründung: Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Schwierig herzustellende Parallelität bei mehreren Implantaten; Kiefergelenkprobleme bei langdauernder Sitzung; Erschwerte Retentionsgewinnung; Erschwerter Zugang zum Behandlungsgebiet
Auf die Ausführungen zu GOZ-Nrn. 9050 und 2030 wird auch diesbezüglich verwiesen.
8. GOZ-Nr. 5070 – Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese: Verbindung von Kronen oder Einlagefüllungen durch Brückenglieder, Prothesenspannen oder Stege, je zu überbrückende Spanne oder Freiendsattel
Begründung: Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Schwierig herzustellende Parallelität bei mehreren Implantaten; Kiefergelenkprobleme bei langdauernder Sitzung
Auf die Ausführungen zu GOZ-Nrn. 9050 und 2030 wird auch diesbezüglich verwiesen.
9. GOZ-Nr. 2210 – Versorgung eines Zahnes durch eine Vollkrone (Hohlkehl- oder Stufenpräparation)
Begründung: Konstruktionsbedingter zeitlicher und instrumenteller Mehraufwand bei der Anfertigung hochwertiger, komplizierter Prothetik; Kiefergelenkprobleme bei langdauernder Sitzung; Präparationsgrenze im sichtbaren Bereich; Subgingivale Präparation
Auf die Ausführungen zu GOZ-Nrn. 9050, 2030, 5170 und 2270 wird auch diesbezüglich verwiesen. Eine subgingivale (unterhalb des Zahnfleischrandes) Präparation gehört zum Leistungsinhalt.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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