Medizinrecht

Beihilfeleistungen, Stationäre Krankenhausbehandlung, Privatkrankenhaus, Belegklinik

Aktenzeichen  24 ZB 21.888

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3145
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBhV Art. 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2, S. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 17 K 18.4744 2021-02-12 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 1.305,52 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt weitere Beihilfeleistungen in Höhe von 1.305,52 Euro für einen stationären Krankenhausaufenthalt vom 12. bis 15. Juni 2018 in der A. … Privatklinik München.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2018 setzte das Landesamt für Finanzen (im Folgenden: Landesamt) hinsichtlich der Rechnung der A. … Klinik vom 20. Juni 2018 über 5.543,08 Euro bei einem Beihilfesatz der Klägerin von 50 Prozent eine Erstattung von 1.523,49 Euro fest.
Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2018 zurück. Die A. … Klinik erfülle zwar die Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 SGB V, sei aber nicht nach § 108 SGB V zugelassen. Bei Indikationen, die bei einer Behandlung in einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus vom DRG-Fallpauschalenkatalog erfasst seien, könnten Kosten für allgemeine Krankenhausleistungen nur bis zum Betrag aus dem Produkt der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG mit der Bewertungsrelation gemäß Teil a des DRG-Fallpauschalenkatalogs unter Ansatz der jeweiligen mittleren Verweildauer, bei Krankenhäusern, die vergleichbar einer Belegklinik geführt würden, mit der Maßgabe, dass die Bewertungsrelation gemäß Teil b des DRG-Fallpauschalenkatalogs anzusetzen sei, erstattet werden. Gesondert berechnete Wahlleistungen für Unterkunft könnten nur bis zur Höhe von 1,5 v.H. der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG berücksichtigt werden. Der beihilfefähige Betrag ergebe sich aus dem Produkt der entsprechenden Bewertungsrelation Teil b von 0,825 bei dem auf der Krankenhausrechnung mitgeteilten DRG I27D und dem Bundesbasisfallwert von 3.553,98 Euro für 2018 und betrage daher 2.932,03 Euro. Die Unterbringung im Zweibettzimmer stelle keine Wahlleistung dar und sei daher nicht beihilfefähig. Die Beihilfe sei daher um 57,47 Euro zu hoch angesetzt worden. Auf die Rückforderung werde verzichtet, wenn der Widerspruchsbescheid bestandskräftig werde.
Das Verwaltungsgericht München hat die Klage gegen den Bescheid vom 27. Juni 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2018 mit Urteil vom 12. Februar 2021 abgewiesen. Die Begrenzung der Beihilfeleistungen bei Behandlungen in einer Privatklinik verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Die Einzelrichterin folge der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 22.2.2019 – 14 BV 17.1251 – juris) zur Vorgängerreglung des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV in der hier maßgeblichen Fassung. Der Verwaltungsgerichtshof habe dort festgestellt, die Beihilfe gehöre nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und eine Deckelung wäre nur dann unzulässig, wenn im Einzelfall eine für eine beihilfeberechtigte Person medizinisch notwendige Behandlung ausschließlich in einer Privatklinik erfolgen könne. Dies sei hier nicht der Fall. Es liege auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Der der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV zugrundeliegende Aspekt der Verwaltungsvereinfachung sei angesichts der Komplexität des DRG-Fallpauschalensystems und des Pflegesatzsystems legitim. Auch die Beschränkung auf die mittlere Verweildauer und der Bezug auf die Bewertungsrelation gemäß Teil b des DRG-Fallpauschalenkatalogs bei Krankenhäusern, die vergleichbar einer Belegklinik geführt würden, begegne keinen Bedenken. Bei Teil a würden bei der Kalkulation auch ärztliche Leistungen und erforderliche Sachmittel erfasst und es erfolge in der Regel keine gesonderte Abrechnung ärztlicher Leistungen. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 15.8.2013 – 2 S 1085/13 – juris) sei nicht vergleichbar, da sie eine Deckelung der Erstattung von Aufwendungen bei einer Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung betreffe. Ein Beihilfeberechtigter habe keinen Anspruch darauf, im Hinblick auf die ärztlichen Aufwendungen als Privatpatient behandelt zu werden. Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht aus § 7 Abs. 3 Satz 4 BayBhV. Der Versand eines Rundschreibens und die rügelose Erstattung durch private Krankenversicherungen stelle keinen Vertragsschluss i.S.d. Regelung dar. Auch die Fürsorgepflicht verlange nicht, dass Aufwendungen in Krankheitsfällen vollständig abgedeckt würden oder dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar seien.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Sie macht geltend, das Urteil weiche vom Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. August 2013 (2 S 1085/13) ab. Die dort aufgestellten Grundsätze seien auf den vorliegenden Fall übertragbar. Das Abstellen auf die Belegabteilungs-DRG beruhe darauf, dass sich das Krankenhaus das Geld für die Anstellung von Ärzten spare, sodass es nach Auffassung des Verordnungsgebers dem Beihilfeberechtigten ohne weiteres möglich sei, mit der Privatklinik eine Preisvereinbarung zu treffen, die dem Fallpauschalenkatalog entspreche und beim Scheitern der Verhandlungen ein öffentlich gefördertes Krankenhaus aufzusuchen. Eine solche Vorstellung sei lebensfremd. Zudem bestehe dann keine Möglichkeit, sich von seinem Arzt des Vertrauens behandeln zu lassen, wenn dieser keine Belegarztanerkennung nach Bundesmantelvertrag für Ärzte besitze. Im Übrigen fehle es der Regelung an einem sachlichen Grund. Hätte die Klägerin auf ihren Belegarzt verzichtet und sich in ein allgemeines Krankenhaus begeben, wären höhere Aufwendungen entstanden. Zudem habe die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten. Es handele sich um ein umfassendes Konglomerat an Normen und dem Rechtsstreit liege ein komplexer gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag zugrunde.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 4 VwGO) nicht.
1. Die Berufung ist nicht wegen einer Abweichung von dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. August 2013 (2 S 1085/13 – juris) zuzulassen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist kein (Divergenz-)Gericht im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Die dortige Formulierung „des Oberverwaltungsgerichts“ macht deutlich, dass es sich um eine Entscheidung des dem Verwaltungsgericht übergeordneten Oberverwaltungsgerichts handeln muss. Abweichungen von Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte rechtfertigen die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 45).
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor.
Der Hinweis darauf, es handele sich um ein Konglomerat verschiedener Normen und um einen komplexen gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrag, reicht dafür nicht aus, sondern es hätte herausgearbeitet werden müssen, aus welchen Gründen sich aus diesen Umständen besondere Schwierigkeiten ergeben. Darüber hinaus hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2018 der Übertragung auf die Einzelrichterin zugestimmt. Eine solche Übertragung ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO nur möglich, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Eine Rückübertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat sie nicht angeregt.
3. Selbst wenn man der Antragsbegründung die Geltendmachung von ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) entnehmen würde, obwohl dieser Zulassungsgrund nicht ausdrücklich erwähnt wird, sind solche Zweifel nicht hinreichend dargelegt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.).
Die Antragsbegründung führt aber nur unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. August 2013 (2 S 1085/13 – juris) aus, das Abstellen auf die Belegabteilungs-DRG beruhe auf lebensfremden Erwägungen und es sei nach der Hauptabteilungs-DRG abzurechnen. Sie setzt sich weder mit dem vom Verwaltungsgericht hinsichtlich dieses Urteils angestellten Erwägungen noch den ausführlichen und zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Februar 2019 (14 BV 17.1251 – juris) und zur Unterscheidung zwischen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBhV auseinander. Die Antragsbegründung verkennt, dass es sich im vorliegenden Fall nur um die Erstattung von allgemeinen Krankenhausleistungen handelt und die Aufwendungen auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte für die vom Belegarzt erbrachten Leistungen gesondert abgerechnet worden sind. Aus welchem Grund es deshalb eine Rolle spielen soll, dass sich Belegkrankenhäuser nach Ansicht der Klägerin die Anstellung von Ärzten ersparen, wird nicht weiter erläutert. Die Behauptung, eine Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus wäre teurer geworden, kann angesichts des Vortrags der Klägerin nicht nachvollzogen werden, da sie nicht darlegt, welche ärztlichen Leistungen durch ihren Belegarzt überhaupt erbracht und abgerechnet worden sind. Ebenso wird nicht erläutert, weshalb anstatt einer Abrechnung wie in einem Belegkrankenhaus nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 BayBhV – um ein solches es sich unstreitig bei der A. … Klinik handelt – im vorliegenden Fall eine Abrechnung nach der Hauptabteilungs-DRG nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV erfolgen sollte und damit ärztliche Leistungen doppelt abgerechnet und erstattet werden würden.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 3 GKG.
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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