Medizinrecht

Beschwerde, Erkrankung, Attest, Berufung, Betreuung, Erledigung, Rechtskraft, Mitwirkung, Einwilligungsvorbehalt, LSG, Termin, Dritter, Mitteilung, Teilnahme

Aktenzeichen  S 10 KR 15/20

Datum:
20.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 53530
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf Aufhebung des Beschlusses vom 18.06.2020 wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 28.04.2020 zu einem Erörterungstermin am 25.05.2020 um 11.30 Uhr in Würzburg vor dem erkennenden Gericht geladen. Das persönliche Erscheinen des Klägers war angeordnet. Die Ladung war mit dem Hinweis versehen, dass gegen den Kläger ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,- EUR festgesetzt werden kann, falls er ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Die Ladung ist dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 30.04.2020 zugegangen.
Zum Termin am 25.05.2020 ist der Kläger nicht erschienen. Auch nachträglich äußerte sich der Kläger trotz entsprechender Anhörung in der Niederschrift des Termins nicht.
Das Gericht hat deshalb mit Beschluss vom 18.06.2020 gegen den Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 150,- EUR festgesetzt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers zum Bayer. LSG blieb erfolglos (Beschluss vom 05.10.2020, Az.: L 2 KR 306/20 B).
Nachdem seine Klage zwischenzeitlich mit Urteil vom 25.02.2021 abgewiesen worden ist, wendet sich der Kläger mit Schreiben vom 09.04.2021 und unter Vorlage zweier Atteste der Psychologischen Psychotherapeutin Pohle vom 21.01.2020 und 28.01.2021 an das Gericht und begehrt die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses.
II.
Nach §§ 106 Abs. 3 Nr. 7, 202 SGG i.V.m. § 141 Abs. 3 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zu einem Erörterungstermin angeordnet und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Dagegen unterbleibt gem. § 381 Abs. 1 S. 1 ZPO die Festsetzung eines Ordnungsmittels, wenn das Ausbleiben rechtzeitig genügend entschuldigt wird. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so unterbleibt die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft, § 381 Abs. 1 S. 2 ZPO. Erfolgt eine genügende Entschuldigung oder die Glaubhaftmachung nachträglich, so wird gem. § 381 Abs. 1 S. 3 ZPO die getroffene Anordnung unter den Voraussetzungen des § 381 Abs. 1 S. 2 ZPO aufgehoben.
Nachdem die vom Kläger nunmehr geltend gemachten Umstände gesundheitlicher Art grundsätzlich auch schon im Rahmen der Beschwerde zum Bayer. LSG hätten vorgebracht werden können (und das Attest vom 28.01.2021 gegenüber dem vorherigen Attest vom 21.01.2020 auch keine substanziell neuen Erkenntnisse bringt), stellt sich die Frage, ob diese Umstände überhaupt noch Berücksichtigung finden können oder ob hier nicht die Rechtskraft der Entscheidung des Bayer. LSG vom 05.10.2020 entgegensteht.
Unabhängig hiervon sind die eingereichten Atteste vom 21.01.2020 (gerichtet an das Arbeitsgericht Bamberg) und vom 28.01.2021 (ohne Adressaten) aber auch schon als solches nicht geeignet, eine Aufhebung des bereits verhängten Ordnungsgeldes zu rechtfertigen.
So ist im Attest vom 28.01.2021 – im Wesentlichen identisch zum Inhalt des Attests vom Vorjahr – die Rede davon, dass der Kläger auch weiterhin unter einer psychischen Störung leide, durch die er seit längerem in seiner Leistungsfähigkeit und Belastbarkelt deutlich eingeschränkt sei. Mit der Erledigung von Schriftverkehr, Finanzen und Terminen sei er auf Grund seiner Störung weitgehend überfordert, eine gesetzliche Betreuung sei eingerichtet. Der Kläger fühle sich nicht in der Lage, die für Güteverhandlungen erforderlichen Papiere vorzubereiten und leide deshalb unter starken Ängsten. Wegen der ausgeprägten psychischen Destabilisierung sei er weiterhin nicht In der Lage, an Verhandlungsterminen teilzunehmen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob auf Grund der vorstehenden Mitteilung die Nichtteilnahme am Erörterungstermin am 25.05.2020 als solches ausreichend entschuldigt ist.
Denn es darf nicht vergessen werden, dass der Kläger nach dem Wortlaut von § 381 ZPO ja nicht nur einen entschuldigenden Grund für die Nichtteilnahme am Termin belegen muss, sondern es bedarf auch noch einer zusätzlichen Begründung, warum dieser entschuldigende Grund nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt werden konnte.
Das Attest vermag jedenfalls nicht überzeugend zu begründen, warum dem Kläger die rechtzeitige Mitteilung seiner Verhinderung an der Teilnahme am Termin unzumutbar gewesen sein soll.
Insofern darf darauf hingewiesen werden, dass der Kläger – ohne erkennbare Mitwirkung Dritter – durchaus dazu in der Lage war,
– im Januar 2020 Klage zu erheben,
– im Juli 2020 Beschwerde gegen den Ordnungsgeldbeschluss zu erheben,
– im März 2021 Berufung gegen das Urteil des erkennenden Gerichts vom 25.02.2021 einzulegen und
– im Juli 2021 selbige Berufung auch wieder zurückzunehmen.
Der Kläger kann also durchaus prozessrechtliche Erklärungen selbstständig und in schriftlicher Form abgeben.
Zusammen mit dem Umstand, dass aus der Mitteilung des Betreuers vom 13.11.2020 nicht hervorgeht, dass der Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung geschäftsunfähig wäre und/oder dass ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden wäre, spricht somit nichts dafür, dass dem Kläger die rechtzeitige Mitteilung seiner Verhinderung an der Teilnahme am Erörterungstermin unzumutbar gewesen wäre.
Aus den genannten Gründen bleibt der Ordnungsgeldbeschluss vom 18.06.2020 daher aufrechterhalten.


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