Medizinrecht

Dienstunfall bei Umzug von Chemiesammlung in Schule

Aktenzeichen  W 1 K 19.40

Datum:
26.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 11227
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG Art. 46
VwGO § 67 Abs. 6 S. 4, § 102 Abs. 2, § 154 Abs. 1, § 167

 

Leitsatz

1. Ein die Unfallfürsorge begründender Dienstunfall ist nicht gegeben, wenn eine Intoxikation der beamteten Lehrerin anlässlich ihrer Mithilfe beim Umzug der Chemiesammlung in neue Räume äußerst unwahrscheinlich, wenn nicht ausgeschlossen erscheint. (Rn. 14 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dienstunfallfürsorge ergibt sich hier auch nicht aus der spezifischen Dienstbezogenheit in dem Sinn, dass die toxischen Stoffe im Zusammenhang mit der Dienstverrichtung, dh bei ihrer Lehrtätigkeit als Chemielehrerin im Unterricht aufgenommen wurden. (Rn. 22 – 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens eines Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 26.05.2020 entschieden werden, § 102 Abs. 2 VwGO. Die Klägerin wurde sowohl in der Ladung, die gemäß § 67 Abs. 6 S. 4 VwGO an die damaligen Bevollmächtigten zu richten war, als auch in gerichtlichen Schreiben vom 19.05. und 22.05.2020 darauf hingewiesen, dass eine Aufhebung und Verlegung des Termins vom 26.05.2020 nicht erfolgen wird und auch bei ihrem Ausbleiben verhandelt und entschieden werden kann. Sie hat gleichwohl weder einen triftigen Grund mitgeteilt, warum sie das Mandat mit ihren bisherigen Bevollmächtigten gekündigt hat, noch hat sie sich beim Termin vertreten lassen.
Die Klägerin begehrt bei verständiger Würdigung ihres nur schriftsätzlich gestellten Antrags sowohl die Anerkennung ihrer Erkrankung als Folge eines Dienstunfalls gemäß Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG als auch als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG i.V.m. der Berufskrankheiten-Verordnung. Ihr Antrag bleibt indes unter jedem Gesichtspunkt erfolglos.
1. Hinsichtlich der Vorkommnisse vom August/September 2009 liegt ein Dienstunfall im Sinne des Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG nicht vor. Danach ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
Ein solches plötzliches Ereignis kann aber weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellt werden, da es insoweit an der Feststellbarkeit eines konkreten, zeitlich fixierbaren Vorkommnisses mangelt, bei dem die Klägerin mit einer bestimmten oder bestimmbaren Chemikalie plötzlich in Berührung gekommen ist, die geeignet gewesen wäre, die von ihr geltend gemachten Erkrankungen (Neuropathie, CFS = myalgische Enzephalomyelitis auf dem Boden einer MCS = Multiple Chemikaliensensitivität) auszulösen.
Die Kammer konnte sich aufgrund des Akteninhalts sowie nach dem Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme keine Überzeugung davon bilden, dass die Klägerin vor Schuljahresbeginn im September 2009 anlässlich des Umzugs der Chemiesammlung in neue Räume am Gymnasium K. Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist, die als Dienstunfallereignis im o.g. Sinne aufgefasst werden könnten. Soweit die Klägerin in der Klagebegründung ausgeführt hat, sie habe über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen fünf bis sechs Stunden täglich das Zubehör der Chemiesammlung aus Umzugskartons ausräumen, die Behältnisse säubern und in die dafür vorgesehenen Schränke einräumen müssen, wobei Chemikalienbehälter zum Teil noch mit Flüssigkeiten gefüllt und in den Kartons ausgelaufen gewesen seien, wobei nicht alle Chemikalien gekennzeichnet gewesen seien, so dass sie unmittelbaren Kontakt zu verschiedenen Chemikalien gehabt habe, wurde diese Einlassung durch die angehörten Zeugen nicht nur nicht bestätigt, sondern widerlegt.
Die damalige Schulleiterin hatte bereits in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 18.11.2017 gegenüber dem Landesamt für Finanzen ausgeführt, beim Umzug in die neuen Fachräume sei die Mithilfe der KollegInnen erforderlich geworden. Beim Umzug der Chemiesammlung habe es sich um geschlossene Gefäße bzw. Flaschen gehandelt. Diese seien nach Zwischenlagerung sachgerecht in die neuen Fachräume transportiert und dort in die eigens installierten Schränke eingeräumt worden. Ausgelaufene Substanzen seien ihr nicht bekannt, Chemikalien seien nicht unbeschriftet gewesen. Es seien keine Stoffe gelagert worden, die in Schulen nicht zulässig seien. Bereits vor dem Umzug seien alle kritischen Stoffe vom Fachbetreuer, dem Sicherheitsbeauftragten und einer externen Fachkraft auf der Basis der verbindlichen Negativliste fachgerecht entsorgt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin noch nicht am Gymnasium gewesen. Da keine Gefährdungsgrundlage durch unzulässige Stoffe vorhanden gewesen sei, seien auch Vorkehrungen wie Atemschutz oder ähnliches nicht notwendig gewesen. Diese Einlassung hat die Zeugin auch in der mündlichen Verhandlung widerspruchsfrei bestätigt unter Hinweis darauf, dass für die Durchführung des Umzugs der Fachbetreuer, der Zeuge S., verantwortlich gewesen sei.
Dieser hat in seiner Anhörung vor Gericht angegeben, anlässlich des Umzugs der Chemiesammlung habe er bereits im Juni/Juli 2009 die Chemikalien inventarisiert, alte Chemikalien, bei denen etwa die Gefäße beschädigt gewesen seien oder die nicht mehr genau identifiziert hätten werden können, über eine Entsorgungsfirma entsorgt und den Rest in einem Kellerraum im alten Trakt gelagert. Sie hätten an der Schule eine Inventarliste für die Chemikalien, die allerdings dauernd aktualisiert werde, so dass er nicht mehr genau sagen könne, welche Chemikalien damals vorhanden gewesen seien. Allerdings würden sie sich insoweit nach der sogenannten RISU-Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht richten, die genau bestimme, welche Chemikalien für den Chemieunterricht vorgehalten werden dürfen. Dort gebe es auch eine Negativliste. Der Umzug selbst habe dann vor Schuljahresbeginn innerhalb eines Nachmittags stattgefunden. Es habe sich um eine konzertierte Aktion gehandelt, an der mehrere Lehrer beteiligt gewesen seien. Die Chemikalien seien auf einen fahrbaren Tisch mit Rand geladen, über den Aufzug in den vierten Stock gebracht und dort wieder entladen worden. Hierbei sei er stets als Verantwortlicher anwesend gewesen und es sei zu keinen Zwischenfällen oder Unfällen oder etwa zu einem Bruch irgendwelcher Gefäße gekommen. Während des Umzugs habe er mit der Klägerin unten beim Aufladen auf die Tische gearbeitet. Sie sei eigentlich die gesamte Zeit in seiner Nähe gewesen.
Die von der Klägerin als Zeugin benannte Diplomchemikerin Dr. G., die als Chemielehrerin ebenfalls an dem Umzug teilnahm, führte in der mündlichen Verhandlung aus, die ganze Aktion sei vom Fachbetreuer S. sehr gut vorbereitet gewesen. Es sei darum gegangen, die in Flaschen und Kisten eingeräumten Chemikalien zu transportieren. Es habe sich durchweg um verschlossene Gefäße gehandelt, nachdem die Chemikalien, die nicht mehr des Umzugs würdig gewesen seien, bereits vorher entsorgt worden wären. In den Flaschen hätten natürlich verschiedene Salzen, Laugen und Säuren gelagert. Alle Gefäße seien unverletzt gewesen, es hätten sich aber wie üblich teilweise Ablagerungen auf den Flaschen gebildet, die aber nichts Besonderes dargestellt hätten. An eine Verschmutzung, gar mit Bauschutt, könne sie sich nicht erinnern. Man habe sich an diesen Flaschen vom bloßen Anfassen auch nicht vergiftet. Selbstverständlich habe man sich hinterher die Hände gewaschen. Wenn man ihr die Angaben der Klägerin vorhalte, könne sie nur sagen, sie sei selbst empfindlich gegen Chemikalien und schütze sich auch entsprechend. Damals bei dem Umzug sei dies allerdings außer dem Tragen eines Arbeitskittels nicht nötig gewesen; sie habe auch keinerlei Schäden dabei erlitten. Sie könne sich auch nicht erinnern, dass es nach dem Umzug zu irgendwelchen Besonderheiten gekommen sei. Der Umzug sei insgesamt sehr gut vorbereitet worden; die Schränke seien danach eingeräumt worden, ohne dass sie sich an Weiteres erinnern könne.
Aus den übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen, die neben der damaligen Schulleiterin von zwei FachkollegInnen der Klägerin stammen, lässt sich nur der Schluss ziehen, dass eine Intoxikation der Klägerin anlässlich des Umzugs der Chemiesammlung in neue Räume im September 2009 am Gymnasium K. äußerst unwahrscheinlich, wenn nicht ausgeschlossen erscheint. Die von der Klägerin behauptete Situation mit ausgelaufenen Chemikalien und beschädigten und verschmutzten Verpackungen konnte keine der angehörten ZeugInnen bestätigen. Insbesondere haben die ZeugInnen nachvollziehbar angegeben, alte, unbrauchbare und beschädigte Chemikalien (Verpackungen) seien bereits ausgesondert und entsorgt worden, als die Klägerin der Schule noch gar nicht zugewiesen war. Auch die Belastung der Verpackungen mit PCBhaltigem Bauschutt, wie von der Klägerin behauptet, ist nach den Zeugenaussagen und dem Akteninhalt, insbesondere den sich in den Akten befindlichen Raumluftmessungen, nahezu ausgeschlossen: Keine(r) der ZeugInnen konnte überhaupt eine Verschmutzung der Behältnisse mit Bauschutt bestätigen, eine PCB-Belastung wurde zudem für den entsprechenden Schulbereich nie objektiv festgestellt. Die gesamte von der Klägerin geschilderte Situation ist auch deshalb völlig unglaubhaft, weil die Klägerin weder sofort noch zeitnah, sondern erst nach langer Zeit hiervon berichtet hat. Den ZeugInnen haben die Schilderungen der Klägerin in keiner Weise bestätigt.
Der Körperschaden, auf den sich die Klägerin hinsichtlich der bei ihr nach eigenen Angaben erstmals im Herbst 2009 aufgetretenen Symptomatik (in den Akten befindet sich keine ärztliche Stellungnahme aus dieser Zeit) beruft, beruht damit nicht auf einem plötzlichen Ereignis. Soweit die Klägerin neben der behaupteten, aber nicht feststellbaren Intoxikation die Ausdünstungen aus den Verdunklungsrollos bzw. die neubaubedingten Ausdünstungen im Schulgebäude, insbesondere den Chemie- und Biologieräumen beruft, könnte die Erkrankung allenfalls darauf beruhen, dass die Klägerin über einen längeren Zeitraum im Schulgebäude des Gymnasiums K. Schadstoffbelastungen ausgesetzt war. Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG scheidet jedoch bei der Herleitung des Schadens aus schädlichen Dauereinwirkungen aus (BayVGH, U.v. 17.05.1995 – 3 B 94.3181 -, juris).
2. Der streitgegenständliche Anspruch auf Anerkennung eines Dienstunfalls lässt sich auch nicht mit Erfolg auf Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG stützen. Nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG setzt die Anerkennung einer Erkrankung im Sinne der Anlage 1 der Berufskrankheitenverordnung (BKVO) vom 31.10.1997 (BGBl I S. 2623) als Dienstunfall voraus, dass der Beamte nach „der Art seiner dienstlichen Verrichtung“ der Gefahr einer solchen Krankheit besonders ausgesetzt (gewesen) ist. Es muss sich um eine Tätigkeit gehandelt haben, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich birgt. Dabei kommt es nicht auf den generellen Inhalt der Dienstaufgaben, sondern darauf an, ob die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung ihrer Art nach und im Besonderen nach den zur fraglichen Zeit tatsächlich bestehenden Verhältnissen und Begleitumständen die besondere Gefährdung mit sich gebracht hat (Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, Stand Feb. 2020, Erl. 254 zu § 31). Diese besondere Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG (und damit auch Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG) zwar nicht voraus, dass die durch die Art der dienstlichen Verrichtung hervorgerufene Gefährdung generell den Dienstobliegenheiten anhaftet. Vielmehr genügt es, wenn die eintretende Gefährdung der konkreten dienstlichen Verrichtung ihrer Art nach eigentümlich ist, allerdings nur dann, wenn sich die Erkrankung als typische Folge des Dienstes darstellt; maßgebend kommt es darauf an, ob die von dem Beamten zum Zeitpunkt der Erkrankung ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade an dieser Krankheit in sich birgt (stRspr. vgl. BVerwG, B. v. 15.05.1996 – 2 B 106/95 – juris).
Indem sich der Gesetzgeber in Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG dafür entschieden hat, auf die Art der dienstlichen Verrichtung abzustellen, sind für die Frage, ob der Beamte der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, gerade nicht die sonstigen dienstlichen Bedingungen ausschlaggebend, unter denen die Tätigkeit verrichtet wird. Zu diesen sonstigen dienstlichen Bedingungen zählt auch die Beschaffenheit der Diensträume bzw. hier des Schulgebäudes. Eine andere Interpretation der Vorschrift würde zur unzulässigen Ersetzung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der „Art der dienstlichen Verrichtung“ etwa durch das Tatbestandsmerkmal „dienstliche Verrichtung unter besonderen räumlichen Bedingungen“ führen. Die besondere Dienstbezogenheit der Erkrankung nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG begrenzt den Dienstunfallschutz wesentlich. Für die spezifische Dienstbezogenheit genügt es nicht, dass der Beamte nur „in Ausübung oder infolge“ des Dienstes erkrankt. Greift der eng umgrenzte Bereich des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG tatbestandlich nicht ein, kommt Dienstunfallfürsorge selbst dann nicht in Betracht, wenn die gesundheitsschädigende Dauereinwirkung der dienstlichen Sphäre entstammt. So ist nicht ersichtlich, dass Lehrer aufgrund der Art ihrer dienstlichen Tätigkeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung der Gefahr von Erkrankungen aufgrund des Aufenthaltes in schadstoffbelasteten Räumen ausgesetzt sind (OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 16.12.2008 – 21 A 2244/07 -, Rn. 7 ff., juris).
Dies gilt auch für Chemielehrer im Hinblick auf die von ihnen im Unterricht eingesetzten Stoffe. Insofern hat die Klägerin auch nicht dargelegt, dass sie aufgrund des üblichen Umgangs mit Chemikalien im Unterricht erkrankt sei. Soweit sie sich auf die BK Nrn. 1303 und 1304 (Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol bzw. durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder seine Homologe oder ihrer Abkömmlinge) beruft, bezieht sie sich darauf, dass in ihrer DNA am 16.04.2011 die Substanzen Resocinol, 2,4-Diaminophenol sowie Octoxynol gefunden worden seien. Sie hat allerdings nicht vorgetragen, dass es sich bei diesen Stoffen um solche handelt, mit denen sie als Chemielehrerin Umgang hatte; dass sie diese Stoffe im Zusammenhang ihrer Lehrtätigkeit aufgenommen hat, ist daher rein spekulativ; auch die Klägerin selbst hat wiederholt erklärt, es sei nicht mehr nachzuvollziehen, welchen Expositionen sie im Gymnasium K. ausgesetzt gewesen sei. Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge gehörte Fachbetreuer S. hat hierzu ausgeführt, es handele sich bei diesen Stoffen nicht um Stoffe, die im Chemieunterricht Verwendung finden würden. Dies richte sich nach der RISU-Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht (Empfehlungen der Kultusministerkonferenz; Beschluss der KMK vom 09.09.1994 i. d. F. vom 14. Juni 2019). Die Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass sie unter Verstoß gegen diese Richtlinien gearbeitet hat. Soweit die Klägerin die fehlende Funktionsfähigkeit der Abzugsschränke in den neuen Chemieräumen behauptet hat, konnte die Schulleiterin zwar bestätigen, dass insoweit Nachbesserungen notwendig wurden, es gibt aber wiederum keinen nachprüfbaren Hinweis darauf, dass gerade die Klägerin in ihrer Lehrtätigkeit von dieser fehlenden Funktionsfähigkeit überhaupt betroffen und schädlichen Einwirkungen ausgesetzt gewesen wäre. Wäre es tatsächlich zu einem entsprechenden Vorfall gekommen, wäre von der Klägerin als Chemielehrerin eine nachvollziehbare Schilderung der Ereignisse zu erwarten gewesen.
Soweit sich die Klägerin auf die Ausdünstungen der in die neuen Funktionsräume eingebauten Verdunklungsrollos bezieht, konnten die angehörten ZeugInnen zwar eine erhebliche Geruchsbelästigung bestätigen, die wohl auch noch immer anhält. Da es sich hierbei aber um die sonstigen dienstlichen Bedingungen handelt, die gerade nicht zu der Anerkennung einer Berufskrankheit führen können (BayVGH, U.v. 17.05.1995, a.a.O.), erübrigen sich insoweit weitere Ermittlungen, zumal die von dem Beklagten vorgelegten Untersuchungsberichte, u.a. des Instituts F… vom 10.12.2010, keine Hinweise auf eine Gesundheitsgefährdung durch die Ausdünstungen ergeben haben. Auch die ZeugInnen konnten von keinen (weiteren) Erkrankungen berichten, obwohl die Rollos nach wie vor eingebaut sind. Entsprechendes gilt auch für sonstige Baustoffe, die bei der Neuerrichtung der Funktionsräume des Gymnasiums K. 2009 eventuell Verwendung gefunden haben könnten. Da eine Anerkennung einer Berufskrankheit insoweit bereits aus Rechtsgründen ausscheidet, erübrigen sich weitere Ermittlungen durch das Gericht, etwa in Richtung der von der Klägerin schriftsätzlich gestellten Beweisanträge, mit denen sich die Kammer auch bereits in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt hat. Insbesondere erübrigen sich auch weitere Ermittlungen zu der Frage, an welchen Gesundheitsstörungen die Klägerin tatsächlich leidet.
In Anwendung der dargelegten Grundsätze hat der Beklagte die Erkrankung der Klägerin zu Recht nicht als Berufskrankheit anerkannt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin auch als Chemie-Lehrerin aufgrund der Art ihrer dienstlichen Tätigkeit in erheblich höherem Maße einer Gefährdung ausgesetzt gewesen ist.
Da bereits die spezifische Dienstbezogenheit zu verneinen war, bleibt dahingestellt, ob eine Erkrankung im Sinne der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung vorliegt (grundsätzlich verneinend für das bei der Klägerin festgestellte „multiple chemical sensitivity syndrom“ -MCSBayLSG, U.v. 01.02.2012 – L 18 U 165/08 – juris Rn. 37 ff.), sowie, ob ein spezifischer Kausalzusammenhang zwischen der Erkrankung und den Raumluftbedingungen im Schulgebäude besteht oder eine sogenannte Gelegenheitsursache hinsichtlich etwaiger anlagebedingten Vorerkrankungen der Klägerin in Betracht kommt.
Das von der Klägerin behauptete Verschulden des Beklagten an ihrer Erkrankung und den Beschwerden bei weiteren Lehrern und Schülern (die von den ZeugInnen gerade nicht bestätigt wurden) erlangt im Zusammenhang mit der angestrebten Anerkennung als Dienstunfall ebenfalls keine Bedeutung. Diese Frage stellte sich nur bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die darauf gestützt werden, dass bestimmte körperliche Beschwerden auf gesundheitsschädliche Dauereinwirkungen aufgrund der Raumluftbedingungen im Schulgebäude zurückzuführen sind.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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