Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis, medizinisch-psychologische Untersuchung, Alkoholkonsum während längerer Abstinenz nach überwundener Alkoholabhängigkeit (Lapsus), hinreichend gesicherte Diagnose einer Alkoholabhängigkeit

Aktenzeichen  11 CS 22.467

Datum:
28.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 9289
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. e

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 6 S 22.76 2022-02-02 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Vorlage seines Führerscheins.
Am 13. März 2021 wurde der Antragsteller aufgrund einer Anordnung der Polizei gemäß Art. 5 Abs. 1, Art. 12 des Bayerischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (BayPsychKHG) im Bezirkskrankenhaus Schloss Werneck untergebracht. Die bei dem Einsatz befragte Ehefrau des Antragstellers hatte der Sachverhaltsschilderung der Polizeiinspektion Schweinfurt zufolge angegeben, ihr Mann leide seit ca. vier Jahren an mittelschweren Depressionen, Anpassungsstörungen und Alkoholmissbrauch und habe zwei Burnouts gehabt. Er habe sich ein Küchenmesser an den Hals gehalten und gesagt, er könne es „gleich beenden“. Er habe das Messer aber sofort wieder aufgeräumt und sich auf die Couch gesetzt. Mehr sei nicht passiert.
Auf Aufforderung der Führerscheinstelle des Landratsamts Schweinfurt legte der Antragsteller einen Arztbrief des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin des Bezirks Unterfranken vom 14. März 2021 mit folgenden Diagnosen vor: Psychische und Verhaltensstörung durch Alkohol: Akute Intoxikation (akuter Rausch), F10.0 sowie Verdacht auf rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, F33.1. Außerdem reichte er ein Attest des ihn behandelnden Arztes Dr. K. vom 21. Juni 2021 ein, wonach bei ihm seit Februar 2017 eine rezidivierende depressive Störung vorliege, die seit März 2020 mit Trazodon behandelt werde. Zusätzlich liege ein Zustand nach schädlichem Gebrauch von Alkohol (F10.1 G) bei Abhängigkeitssyndrom durch Alkoholgebrauch (F10.2 G) mit aktuell nach langer Abstinenz stattgehabtem Relaps im März 2021 mit eintägiger psychiatrisch-stationärer Behandlung bei akuter Alkoholtoxikation (akuter Rausch) sowie Zustand nach Rehabilitationsmaßnahmen bei Alkoholabhängigkeit vor.
Daraufhin forderte das Landratsamt den Antragsteller mit Schreiben vom 28. Juli 2021 gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auf, um (zunächst) zu klären, ob eine Erkrankung nach Anlage 4 Nr. 7 FeV die Fahreignung in Frage stelle. Nach Vorlage eines positiven Gutachtens werde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgrund der Alkoholabhängigkeit angeordnet werden.
Der Antragsteller legte ein Gutachten der TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 9. September 2021 vor, das aufgrund der Untersuchung sowie mehrerer vorgelegter Unterlagen (Attest Dr. K.S. vom 9.8.2021, Medikamentenplan Dr. K. vom 3.8.2021, Entlassungsberichte der Klinik für Psychiatrie Werneck über einen stationären Aufenthalt vom 13. bis 14.3.2021 und der SRH Medinet Burgenlandklinik Naumburg über einen stationären Aufenthalt vom 23.1. bis 5.3.2020) zu dem Ergebnis kam, dass keine Erkrankung vorliege, die die Fahreignung nach Anlage 4 Nr. 7.5 FeV in Frage stelle. Es sei von einer rezidivierenden depressiven Störung auszugehen, ohne dass sich Hinweise auf eine (sehr) schwere depressive Symptomatik in der Vergangenheit fänden. Bei stabiler Dosierung von Trazodon über einen langen Zeitraum seien keine relevanten Nebenwirkungen zu erwarten. Aufgrund der Fragestellung sei dem schädlichen Gebrauch von Alkohol bei Abhängigkeitssyndrom mit langer Abstinenz nicht weiter nachgegangen worden.
Mit Schreiben vom 28. September 2021 forderte das Landratsamt den Antragsteller gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e i.V.m. Anlage 4 Nr. 8.4 FeV auf, bis zum 29. November 2021 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Frage vorzulegen, ob Alkoholabhängigkeit nicht mehr bestehe. Nachdem der Antragsteller zwar sein Einverständnis mit der Begutachtung erklärt, innerhalb der Frist aber kein Gutachten vorgelegt hatte, entzog ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 15. Dezember 2021 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Ablieferung des Führerscheins. Da der Antragsteller das Gutachten nicht fristgerecht beigebracht habe, werde daraus auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen.
Über die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg noch nicht entschieden. Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. Februar 2022 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig, soweit er sich gegen die Zwangsgeldandrohung wende, da sich diese durch die Abgabe des Führerscheins bereits erledigt habe. Im Übrigen sei der Antrag unbegründet. Die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des nicht beigebrachten Gutachtens sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Für die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens habe aufgrund der diagnostizierten Alkoholerkrankung und der festgestellten Alkoholisierung am 13. März 2021 im Sinne eines möglichen Rückfalls in die Alkoholabhängigkeit hinreichender Anlass bestanden. Es sei auch nicht verantwortbar, den Antragsteller, der seine abstinente Lebensweise möglicherweise aufgegeben habe, vorläufig bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, die sich nur gegen den angeordneten Sofortvollzug für die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins richtet und der der Antragsgegner entgegentritt, lässt der Antragsteller ausführen, das Verwaltungsgericht habe die Erfolgsaussichten der Klage zu Unrecht verneint und bei der Interessenabwägung wesentliche Aspekte außer Betracht gelassen, die der Antragsteller vorgetragen habe. Für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens habe kein hinreichender Anlass bestanden. Wenn die vorliegenden Diagnosen ausreichen würden, um eine Alkoholerkrankung des Antragstellers annehmen zu können, stelle sich die Frage, wieso sich der Gutachter des TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG in seinem Gutachten vom 9. September 2021 nicht in der Lage gesehen habe, dies zu beurteilen. Hätten die Diagnosen so deutlich vorgelegen, hätte er sich hierzu äußern können und müssen. Die Alkoholabhängigkeit stehe nicht fest. Zur Abklärung hätte es daher zunächst eines ärztlichen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV bedurft. Aber selbst wenn eine Alkoholabhängigkeit des Antragstellers angenommen werden könne, sei der Wert der angeblichen Alkoholisierung von 1,35 ‰ am 13. März 2021 mit Vorsicht zu genießen. Es sei nicht ersichtlich, wie dieser Wert festgestellt worden sei. Eine Blutentnahme habe nicht stattgefunden. Zudem könne aufgrund des alkoholbedingt enthemmten Verhaltens des Antragstellers darauf geschlossen werden, dass er nicht wieder in die Alkoholabhängigkeit zurückgefallen sei. Ansonsten wäre er bei einem Wert von 1,35 ‰ wohl nicht in einen solchen emotionalen Ausnahmezustand verfallen und hätte sich unter Kontrolle gehabt. Im Rahmen der Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bisher nicht durch Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen sei. Der Promillewert sei nicht derart hoch, dass von einem sehr hohen Alkoholkonsum ausgegangen werden könne. Er sei der alleinige Fahrer in der Familie und müsse seine Frau zur Arbeit fahren.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen wäre.
1. a) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat (§ 2 Abs. 4 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes [StVG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.3.2003 [BGBl I S. 310, 919], im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.4.2021 [BGBl I S. 822], § 11 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13.12.2010 [Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980], im maßgeblichen Zeitpunkt ebenfalls zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.4.2021 [BGBl I S. 822]). Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens anordnen (§ 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 bis Abs. 6 FeV). Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr zu Recht geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn sie ihn hierauf bei der Anordnung hingewiesen hat (§ 11 Abs. 8 FeV).
Die Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik richtet sich nach den insoweit geltenden speziellen Regelungen in § 13 und Anlage 4 Nr. 8 FeV. Ungeeignet ist, wer von Alkohol abhängig ist (Anlage 4 Nr. 8.3 FeV), und zwar unabhängig davon, ob der Betreffende bereits mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden ist (vgl. BVerwG, B.v. 21.10.2015 – 3 B 31.15 – DAR 2016, 216 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 11.9.2018 – 11 CS 18.1708 – juris Rn. 11 m.w.N.). Bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat damit zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge, ohne dass es hierfür weiterer Abklärung bedarf (BayVGH, B.v. 12.6.2019 – 11 ZB 19.627 – juris Rn. 13; B.v. 19.7.2019 – 11 ZB 19.977 – juris Rn. 11). Die Wiedererlangung der Fahreignung setzt voraus, dass Abhängigkeit nicht mehr besteht (Entwöhnungsbehandlung) und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist (Anlage 4 Nr. 8.4 FeV).
b) Im Fall des Antragstellers sind das Landratsamt und das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine Alkoholabhängigkeit zumindest in der Vergangenheit vorlag.
Dies ergibt sich aus dem vom Antragsteller vorgelegten Attest des ihn behandelnden Arztes Dr. K. vom 21. Juni 2021, in dem unter anderem ein Zustand nach schädlichem Gebrauch von Alkohol (F10.1 G) bei Abhängigkeitssyndrom durch Alkoholgebrauch (F10.2 G) mit aktuell nach langer Abstinenz stattgehabtem Relaps im März 2021 mit eintägiger psychiatrisch-stationärer Behandlung bei akuter Alkoholtoxikation (akuter Rausch) sowie ein Zustand nach Rehabilitationsmaßnahmen bei Alkoholabhängigkeit diagnostiziert werden. Dabei steht der ICD-Code F10.2 (Abhängigkeitssyndrom) mit dem Zusatz ‚G‘ für eine gesicherte Diagnose. Auch dem Gutachten des TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 9. September 2021 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller dort ein ärztliches Attest vom 9. August 2021 vorgelegt hat, in dem unter anderem ein schädlicher Gebrauch von Alkohol bei Abhängigkeitssyndrom mit langer Abstinenz und die Anbindung an eine ambulante Suchtberatung bescheinigt werden.
Damit ist die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit hier hinreichend belastbar und bedurfte mangels entgegenstehender Anhaltspunkte keiner zusätzlichen Abklärung gemäß § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV durch ein ärztliches Gutachten. Anders wäre es, wenn der Betreffende in der Vergangenheit alkoholabhängig war und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er erneut alkoholabhängig geworden ist. Demgegenüber ist im Falle sogenannter Ausrutscher (einmaliger oder seltener Alkoholkonsum) während der Abstinenz nach dem Kriterium A 1.7 N der Beurteilungskriterien (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Beurteilungskriterien, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, S. 132) im Rahmen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu prüfen, ob sich diese Vorfälle mit der Erwartung einer langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise vereinbaren lassen (BayVGH, B.v. 3.8.2016 – 11 CS 16.1185 – juris Rn. 22; B.v. 4.4.2019 – 11 CS 19.619 – juris Rn. 20). Rechtsgrundlage für die Anordnung eines solchen Gutachtens ist § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV, der die Beibringung zwingend vorsieht, wenn sonst (also nicht nach § 13 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. a bis d FeV) zu klären ist, ob Alkoholmissbrauch oder Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht.
Von einer solchen Fallgestaltung ist das Landratsamt hier zu Recht, auch zu Gunsten des Antragstellers, ausgegangen. Bei Annahme einer feststehenden, nicht überwundenen Alkoholabhängigkeit hätte es ihm, wie ursprünglich vorgesehen, die Fahrerlaubnis ohne weitere Gutachtensanordnung entziehen müssen. Nachdem aber das von ihm vorgelegte Attest seines Arztes vom 21. Juni 2021 und wohl auch die vom Gutachter des TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG eingesehenen Bescheinigungen übereinstimmend von einer langen Abstinenz nach Alkoholabhängigkeit ausgegangen sind, bestand Anlass zur Abklärung, ob in dem Vorfall am 13. März 2021 ein Ausrutscher (einmaliger oder seltener Alkoholkonsum) aufgrund einer Ausnahmesituation während der Abstinenz nach dem Kriterium A 1.7 N der Beurteilungskriterien oder ein Rückfall in die überwundene Alkoholabhängigkeit zu sehen ist. Aufgrund der auf Erkrankungen nach Anlage 4 Nr. 7 FeV beschränkten Fragestellung, die aus Gründen der Verhältnismäßigkeit einem gestuften Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde entsprach (vgl. BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 17 m.w.N.), bestand für den zunächst beauftragten ärztlichen Gutachter auch keine Veranlassung oder Berechtigung, in seinem Gutachten vom 9. September 2021 näher auf die Fahreignung des Antragstellers im Zusammenhang mit dessen Alkoholkonsum einzugehen (vgl. § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV). Vielmehr bedurfte dies, wie vom Landratsamt bereits mit Schreiben vom 28. Juli 2021 angekündigt, der zusätzlichen Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, um aufzuklären, ob es sich um einen Lapsus gehandelt hat, der sich mit der Erwartung einer ansonsten langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise vereinbaren lässt.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergeben sich auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung und der auf die Nichtbefolgung der Anordnung gestützten Entziehung der Fahrerlaubnis daraus, dass der Alkoholgehalt von 1,35 ‰ im Blut des Antragstellers am 13. März 2021 nicht hinreichend gesichert wäre. Unstreitig hat der Antragsteller an diesem Tag erhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen und damit keine Abstinenz eingehalten. Er selbst hat die Menge bei der ärztlichen Untersuchung am 31. August 2021 gegenüber dem Gutachter mit „vier bis fünf Bier“ angegeben. Auch wenn dies wohl nicht zu einer BAK von 1,35 ‰ führen würde, kommt es nicht auf den genauen Wert an, sondern darauf, dass der Antragsteller überhaupt Alkohol konsumiert hat. Insoweit spielt es auch keine Rolle, ob er durch die konsumierte Menge in einen „emotionalen Ausnahmezustand verfallen“ ist oder wie sich der Alkoholkonsum an diesem Tag auf sein Verhalten ausgewirkt hat.
c) Im Rahmen der Interessenabwägung kann der Antragsteller auch nicht geltend machen, dass er auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei, um seine Frau mit dem Auto zu ihrem Arbeitsplatz fahren zu können. Eine stattgebende Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung scheidet aus, wenn der angegriffene Verwaltungsakt aller Voraussicht nach rechtmäßig ist und die Klage damit keine Aussicht auf Erfolg bietet. Dem Schutz der Allgemeinheit vor Verkehrsgefährdungen kommt angesichts der Gefahren durch die Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr besonderes Gewicht gegenüber den Nachteilen zu, die dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber in beruflicher oder in privater Hinsicht entstehen (vgl. BVerfG, B.v. 19.7.2007 – 1 BvR 305/07 – juris Rn. 6).
2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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