Medizinrecht

Entzug der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit

Aktenzeichen  S 38 KA 1276/15

Datum:
15.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2017, 126633
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V § 95 Abs. 6
StPO § 257c
Ärzte-ZV § 27
GG Art. 12
BMV-Ä § 15 Abs. 2
ZPO § 411a

 

Leitsatz

1. Tatsachenfeststellungen aus rechtskräftigen Urteilen von Strafgerichten können von den Zulassungsgremien ihrer Entscheidung nach § 95 Abs. 6 SGB V zugrunde gelegt werden, es sei denn, es werden seitens der Klägerin neue wesentliche Gesichtspunkte vorgetragen oder die Tatsachenermittlungen erweisen sich nachträglich als offenkundig fehlerhaft. (Rn. 27 – 31)
2. Eine Verständigung unter den Verfahrensbeteiligten nach § 257c StPO im Rahmen eines strafgerichtlichen Verfahrens, deren Bestandteil ein Geständnis ist, schließt die Verwertung der dort getroffenen Tatsachenermittlungen in anderen Verfahren nicht aus. (Rn. 31)
3. Bei der Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung handelt es sich um eine Grundpflicht und eine der tragenden Säulen des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems. (Rn. 35)
4. Der Entzug der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ist verschuldensunabhängig. Es kommt lediglich darauf an, ob objektiv eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegt. (Rn. 38)
5. Eine bestehende oder drohende Unterversorgung rechtfertigt nicht das Tätigwerden einer Ärztin/eines Arztes, die/der die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt. (Rn. 40)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Gegenstand der Klage ist nicht der Ausgangsbescheid des Zulassungsausschusses, sondern der Bescheid des Berufungsausschusses, da dieser seinerseits die Voraussetzungen für den Zulassungsentzug umfassend zu überprüfen hat. Dieser Bescheid des Berufungsausschusses ist sowohl formell, als auch materiell rechtmäßig.
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Beteiligten wurden hierzu angehört. Ein Einverständnis der Beteiligten ist nicht erforderlich. Außerdem hatte die Klägerin nach Niederlegung des Mandats durch ihre ehemalige Prozessbevollmächtigte am 23.03.2017 ausreichend Gelegenheit, sich wiederum anwaltlich vertreten zu lassen.
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Zulassung ist § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV. Danach ist die Zulassung zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt.
Gröblich ist eine Pflichtverletzung i.S.v. § 95 Abs. 6 S. 1 SGB V dann, wenn die gesetzliche Ordnung der vertragsärztlichen Versorgung durch das Verhalten des Arztes in erheblichem Maße verletzt wird und das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, so dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann (stRSP des BSG; vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2015, Az. B 6 KA 36/15 B).
Hier liegt eine gröbliche Pflichtverletzung vertragsärztlicher Pflichten vor. Die Klägerin hat 44 betäubungsmittelabhängigen Patienten durch insgesamt 100 Verordnungen jeweils 5-10 Fentanylpflaster verordnet, ohne dass die entsprechende Indikation gegeben war. Des Weiteren wurden in den Quartalen 1/2013 und 2/2013 vielfach Leistungen (GOP´s 01732, 01745, 01746 und 35110) abgerechnet, die nicht abrechnungsfähig waren, weil deren Leistungsinhalt nicht vollständig erbracht wurde. Ferner hat die Klägerin Versichertenkarten von Patienten eingelesen, obwohl parallel dazu eine Behandlung nicht stattfand.
Die erstgenannten Pflichtverstöße waren bereits Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens und eines Strafverfahrens vor dem Landgericht Deggendorf, das mit rechtskräftigem Urteil (Landgericht Deggendorf – Erste Große Strafkammer – vom 05.12.2014, Az.1 KLs 10 Js 1709/13 verbunden mit 1 KLs 5 Js 6500 /13) abgeschlossen wurde.
Auf die dort getroffenen Tatsachenfeststellungen hat der Beklagte Bezug genommen und sie verwertet. Dies ist rechtlich unbedenklich. Zwar besteht keine Bindungswirkung. Tatsachenfeststellungen aus rechtskräftigen Urteilen von Strafgerichten können aber von dem Berufungsausschuss zugrunde gelegt werden, es sei denn es werden seitens der Klägerin neue wesentliche Gesichtspunkte vorgetragen, oder, die Tatsachenermittlungen erweisen sich nachträglich als offenkundig fehlerhaft (SG Marburg, Urteil vom 24.05.2017, Az. S 12 KA 137/17; vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 02.12.2016, Az. 12 ME 142/16) . Für eine offenkundige Fehlerhaftigkeit gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Das Landgericht Deggendorf hat seine Entscheidung zum einen auf ein Gutachten des Sachverständigen B., aber auch auf das Eingeständnis der Klägerin gestützt. Nach § 411a ZPO, der nach § 202 SGG auch in sozialgerichtlichen Verfahren gilt, kann die schriftliche Begutachtung durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens auch aus einem anderen Verfahren ersetzt werden. Die Klägerin kann auch nicht erfolgreich mit ihrem Argument gehört werden, es habe sich um einen Deal zwischen dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und ihr nach § 257c StPO gehandelt und sie habe nur deshalb Pflichtverletzungen eingeräumt, um weiterhin als Vertragsärztin tätig werden zu können. Denn die Verständigung nach § 257c StPO unter den Verfahrensbeteiligten, deren Bestandteil ein Geständnis sein soll, bezieht sich nur auf den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens und betrifft nur die Rechtsfolgen (§ 257c Abs. 2 S. 1 StPO). Dies schließt die Verwertung der dort getroffenen Tatsachenermittlungen in anderen Verfahren nicht aus. Ferner konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass die im Rahmen ihres Geständnisses eingeräumten Pflichtverletzungen evtl. in anderen Verfahren außerhalb des Strafrechts herangezogen und gewürdigt werden; dies, selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Klägerin offenbar die deutsche Sprache nicht vollständig beherrscht. Denn sie wurde im Strafverfahren vor dem Landgericht Deggendorf auch anwaltschaftlich vertreten.
Im Übrigen ist es nicht Aufgabe der Sozialgerichte, ein strafrechtliches Urteil zu korrigieren. Neue wesentliche Gesichtspunkte wurden auch von der Klägerseite nicht vorgetragen. Insbesondere genügt es nicht, zu behaupten, es müsse davon ausgegangen werden, dass einzelne Zeugen bei Gericht durchaus hätten bestätigen können, dass im Rahmen obiger Genehmigungen Untersuchungen und Leistungen erfolgt seien, auch wenn sie von den Versicherten gegebenenfalls nicht tatsächlich wahrgenommen wurden.
Auch trifft es nicht zu, es seien keine tatsächlichen Feststellungen getroffen worden, außerdem stehe das Ausmaß nicht fest. In dem Strafurteil wurden über mehrere Seiten Fälle mit Namen genannt, in denen das Landgericht Deggendorf von einem strafrechtlichen Verhalten der Klägerin ausgegangen ist.
Die Pflichtverletzungen sind auch als gröblich anzusehen, so dass das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen, auch zu den Krankenkassen tiefgreifend und nachhaltig gestört ist, so dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zugemutet werden kann.
Die Klägerin hat gegen die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen. Hierbei handelt es sich um eine Grundpflicht und eine der tragenden Säulen des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems. Diese Pflicht ist aus der Überlegung heraus entwickelt worden, dass nur ein geringer Teil der Abrechnungen überprüft werden kann. Voraussetzung für die Verschreibung von Fentanylpflastern ist eine entsprechende Indikation, wie sie auch in der Fachinformation zu diesem Medikament genannt ist. Für die Verschreibung ist Voraussetzung, dass eine ausreichende Ausgangsuntersuchung erfolgte, gegebenenfalls Fremdbefunde angefordert und die Untersuchungsergebnisse dokumentiert wurden. Nach § 15 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) dürfen Verordnungen vom Vertragsarzt nur ausgestellt werden, wenn er sich persönlich vom Gesundheitszustand des Patienten überzeugt hat oder wenn ihm der Zustand aus der laufenden Handlung bekannt ist. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann davon abgewichen werden. Die Klägerin hat hier eindeutig gegen § 15 Abs. 2 BMV-verstoßen. Als zugelassene Vertragsärztin ist sie zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich (§ 95 Abs. 3 S. 1 und 3 SGB V). Ist generell eine Verordnung nur dann möglich, wenn sich der Arzt persönlich vom Gesundheitszustand überzeugt hat, gilt dies erst recht und in besonderem Maße für Medikamente wie Fentanylpflaster aus der Gruppe der Betäubungsmittel. Bei Fentanyl handelt es sich um ein BTM-Medikament und ein wirksames Opioid der ersten Wahl, das bis zu 80-mal stärker wirkt als Morphin. Kontraindikationen gibt es insbesondere bei akuten Schmerzen. Außerdem soll Fentanylpflaster nur bei opioidtoleranten Patienten verordnet werden. Berichtet wird auch über erhebliche Gesundheitsgefährdungen bei Verwendung von Fentanylpflastern, unerwünschte Reaktionen bei Überdosierung wie Bewusstseinsstörung, Somnolenz, Atemdepression, Atemstillstand, Herz-und Kreislaufversagen. Bekannt ist darüber hinaus auch eine missbräuchliche Anwendung von Fentanylpflastern in der Drogenszene. Dabei wird der Wirkstoff aus dem Pflaster herausgelöst und intravenös injiziert bzw. es wird das Pflaster zerkaut (vgl. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 109, Heft 14, 06.04.2012; Pharmazeutische Zeitung online, Ausgabe 16/2013). Der Verordnung zwingend vorauszugehen hat daher eine eingehende Untersuchung und enge Indikationsstellung. Die Verschreibung von Fentanyl ist daher äußerst restriktiv zu handhaben. Verstößt der Behandler dagegen, ist von einer gröblichen Pflichtverletzung auszugehen. Auf eine Unkenntnis der Klägerin im Behandlungs-/Verordnungszeitraum kommt es nicht an. Abgesehen davon war das Problem zu diesem Zeitpunkt bereits in Ärztekreisen bekannt, wie sich aus der o.g. Veröffentlichung im Deutschen Ärzteblatt ergibt.
Die Entziehung der Zulassung nach § 95 Abs. 6 SGB V stellt eine schwerwiegende Sanktion und einen Eingriff in die Berufsausübung nach Art. 12 GG dar, der einem Eingriff in die Berufswahl nahekommt. Denn im Hinblick auf den generell hohen Anteil der Patienten, die gesetzlich versichert sind, sind die Auswirkungen einer Einziehung der vertragsärztlichen Zulassung erheblich, auch wenn grundsätzlich die Möglichkeit privatärztlicher Behandlung besteht, was voraussetzt, dass die Approbation nicht widerrufen wurde (BVerfG, Beschluss vom 26.09.2016, Az. 1 BvR 1326/15; BVerfGE 11,30). Ein Eingriff in das Grundrecht ist nur zulässig, wenn dies auf gesetzlicher Grundlage unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geschieht. Eine solche Grundlage ist in § 95 Abs. 6 SGB V vorhanden. Nur geeignete Ärzte sollen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen können. Bei nach Zulassung eingetretener Nichteignung sieht der Gesetzgeber vor, dass demjenigen Arzt, der die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, die Zulassung entzogen wird. Sinn und Zweck ist es, eine Gefährdung des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems zu verhindern. Es handelt sich hierbei um Gemeinwohlbelange, die grundsätzlich einen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen.
Allerdings müssen auch die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit eingehalten sein. Dies bedeutet, der Entzug der Zulassung muss bei Abwägung des vom Vertragsarzt gesetzten Eingriffsanlasses im Verhältnis zur Eingriffstiefe angemessen sein (BSG, Urteil vom 21.03.2012, B 6 KA 22/11 R; BSG, Beschluss vom 11.02.2015, Az. B 6 KA 37/15 B). Angesichts von Art und Umfang der Pflichtverletzungen erscheint es nicht ausreichend, lediglich disziplinarrechtliche Maßnahmen nach § 81 Abs. 5 SGB V in Verbindung mit § 18 der Satzung der KVB zu ergreifen. Dies hat das Gericht bereits im Antragsverfahren unter dem Aktenzeichen S 39 KA 872/15 ER (Beschluss vom 25.01.2016) zum Ausdruck gebracht. Anlass für eine andere Beurteilung besteht nicht, zumal die oben genannte Entscheidung rechtskräftig ist und von der Klägerseite auch keine neuen entscheidungserheblichen Gesichtspunkte in das Hauptsacheverfahren eingeführt wurden.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass der Entzug der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit verschuldensunabhängig ist (BSG, Urteil vom 20.10.2004, Az. B 6 KA 67/03 R). Es kommt lediglich darauf an, ob objektiv eine gröbliche Pflichtverletzung vorliegt. Die Klägerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, bei Kollegen bzw. ihrem Praxisvorgänger seien bestimmte Verhaltensweisen, die ihr jetzt zum Vorwurf gemacht würden, üblich bzw. üblich gewesen. Ebenso wenig ist der Hinweis der Klägerin zu berücksichtigen, Ausbildung und Handhabung in Deutschland seien unterschiedlich zu denen in ihrem Herkunftsland Ungarn. Wer, wie die Klägerin als Vertragsärztin zugelassen ist, muss sich an die im Geltungsbereich verbindlichen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen halten. Selbst wenn zugelassene Kolleginnen und Kollegen ähnlich abrechnen sollten, gilt hier der Grundsatz keine Gleichheit im Unrecht (BVerfGE 50, 142/166). Was den Vorwurf der Klägerin betrifft, die Beigeladene zu 1 habe ihre Fürsorgepflicht verletzt und hätte frühzeitig einschreiten müssen, entbehrt dieser jeglicher Grundlage. Wie die Beigeladene zu 1 unbestritten vorträgt, fanden immerhin mehr als 100 Kontakte zwischen der Klägerin und der KVB statt. Daraus ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die Beigeladene zu 1 die Klägerin durchaus oft und umfassend beraten hat und sich auch des hohen Beratungsbedarfs bewusst war. Zum anderen übersieht die Klägerin, dass sie es ist, die nach Auffassung des Landgerichts Deggendorf gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen und in betrügerischer Weise abgerechnet hat.
Ferner kann sich die Klägerin nicht auf Wohlverhalten berufen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Bundessozialgericht die frühere sog. Wohlverhaltensrechtsprechung mit Urteil vom 17.10.2012 aufgegeben hat (BSG, Urteil vom 17.10.2012, Az. B 6 KA 49/11 R; BSG, Beschluss vom 22.03.2016, Az. B 6 KA 69/15 B). Es geht um die Berücksichtigung des Verhaltens nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens. Die bisherige Rechtsprechung, die dies bejahte, hat weiterhin nur in den Fällen Bestand, in denen die Entscheidung des Berufungsausschusses vor Veröffentlichung der BSG-Entscheidung erging. Dies ist hier nicht der Fall. Ein etwaiges pflichtgemäßes Verhalten des Vertragsarztes nach der Entscheidung des Berufungsausschusses kann nur in einem neuen Verfahren auf Wiederzulassung gewürdigt werden.
Kein entscheidungserheblicher Aspekt ist schließlich auch der Gesichtspunkt der Unterversorgung, der von der Klägerseite in dem Sinne vorgetragen wurde, durch die weitere Tätigkeit der Klägerin lasse sich eine Unterversorgung im Planungsbereich vermeiden. Eine bestehende oder drohende Unterversorgung rechtfertigt nicht das Tätigwerden einer Ärztin/eines Arztes, der nicht die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt. Hinzu kommt, dass im Planungsbereich keine Unterversorgung, sondern vielmehr eine Überversorgung mit einem Versorgungsgrad von 121,3% für die Arztgruppe der Hausärzte besteht und deshalb vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Sperre nach § 103 Abs. 1 SGB V angeordnet wurde.
Soweit angedeutet wurde, es sei an die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gedacht, ergeben sich hierfür jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Denn das Strafverfahren müsste nach §§ 359 ff. StPO wieder aufgenommen werden und außerdem zu Gunsten der Klägerin erfolgreich abgeschlossen sein. Hierzu ist nichts bekannt und auch nichts vorgetragen worden. Nur die Stellung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens hat keine Auswirkungen auf das Verfahren über die Entziehung der Zulassung (BSG, Beschluss vom 05.05.2010, Az. B 6 KA 32/09 R). Erst, wenn das Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich zugunsten der Klägerin abgeschlossen wäre, könnten daraus gewonnene neue Erkenntnisse und Tatsachen zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen.
Was die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Beklagten betrifft, ist auch diese als rechtmäßig anzusehen. Das Gericht hat hierzu seinen Beschluss zum Antragsverfahren (SG München, Beschluss vom 27.01.2016, Az. S 39 KA 872/15 ER) bereits umfassend begründet. Im Einzelnen hat es u.a wie folgt ausgeführt:
„Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Verhalten der Antragstellerin Patienten gefährdet hat und nicht auszuschließen ist, dass künftig eine erneute Gefährdung der Gesundheit von Versicherten eintritt. Die sorglose nicht indizierte Verordnung von Fentanylpflastern mit der Förderung einer bereits bestehenden Sucht trotz der möglichen Gefährdung der Gesundheit der Patienten einzig um des finanziellen Vorteils willen, zeigt eindrucksvoll, dass das Wohl der Patienten nicht im Vordergrund steht, sondern hinter die finanziellen Bedürfnisse der Antragstellerin zurücktritt… Schutzmaßnahmen, die gewährleisten könnten, dass eine Gefährdung von Patienten ausgeschlossen wird, sind nicht möglich.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Im Übrigen macht das Gericht von der Regelung in § 136 Abs. 3 SGG Gebrauch. Danach kann das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
Aus den genannten Gründen war zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.


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