Medizinrecht

Erkrankung an Multipler Sklerose – Auswirkungen auf den Straßenverkehr

Aktenzeichen  RO 8 S 17.1542

Datum:
30.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30405
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
StVG § 3 Abs. 1 S. 1, S. 3
FeV § 11, § 46 Abs. 1 S. 1, § 47 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Ein Gutachten darf von der Fahrerlaubnisbehörde nicht ungeprüft übernommen, sondern muss einer eigenen kritischen Würdigung unterzogen werden. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Durchführung einer Fahrverhaltensprobe dient dazu, festzustellen, ob sich ein festgestellter Teilleistungsmangel im realen Verkehr auswirkt und ob er möglicherweise kompensiert werden kann. Eine Fahrverhaltensprobe ist daher nur veranlasst, wenn die Kompensation eines Teilleistungsmangels in Betracht kommt (vorliegend verneint). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis aller Klassen und die Verpflichtung zur Ablieferung seines Führerscheins beim Landratsamt A.-S. (LRA).
Der am … 1963 geborene Antragsteller ist Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, B, BE, L, M, T, C1 und C1E.
Laut Ermittlungsbericht der Verkehrspolizeiinspektion … vom 6. Mai 2017 befuhr der Antragsteller am 25. April 2017 mit seinem Pkw die B … in Richtung H. Von einem anderen Verkehrsteilnehmer wurde gemeldet, dass der Antragsteller mit unsicherer, schlangenlinienartiger Fahrweise fahre. Darauf wurde der Antragsteller am OBI Parkplatz in L. einer Polizeikontrolle unterzogen. Es seien keine drogen- oder alkoholbedingten Ausfallerscheinungen festgestellt worden. Ein freiwilliger Atemalkoholtest mit dem Dräger Handmessalkomaten habe eine Atemalkoholkonzentration von 0.00 mg/l ergeben. Der Antragsteller habe angegeben, dass er an Multipler Sklerose leide und öfter Probleme beim Führen von Kraftfahrzeugen habe, was sich in einer für andere Verkehrsteilnehmer unsicher wirkenden Fahrweise äußere. Er sei in dieser Hinsicht jedoch sehr sensibel und vorsichtig und würde bei besonders schlechtem Gesundheitszustand kein Fahrzeug auf öffentlichem Verkehrsgrund führen. Durch die kontrollierenden Polizeibeamten sei eine unsichere Fahrweise nicht abschließend festgestellt worden, da der Antragsteller erst am OBI Parkplatz angetroffen wurde.
Das LRA forderte deshalb den Antragsteller mit Schreiben vom 15. Mai 2017 dazu auf, bis 11. Juli 2017 ein ärztliches Gutachten über seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Feststellung von Art und Umfang möglicher gesundheitlicher Einschränkungen vorzulegen. Die Anordnung wurde damit begründet, dass aufgrund der Erkrankung des Antragstellers an Multipler Sklerose eine Erkrankung vorliege, die Auswirkungen auf den Straßenverkehr und auf die Verkehrssicherheit anderer Verkehrsteilnehmer haben könne. Zur Ausräumung von Zweifeln an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen werde die Begutachtung nach pflichtgemäßem Ermessen angeordnet. Eine Begutachtung sei geeignet, die körperlichen Einschränkungen des Antragstellers hinsichtlich ihrer Relevanz für die Verkehrstauglichkeit festzustellen. Die Anordnung sei erforderlich, da sie das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers im Vergleich zu anderen Maßnahmen am wenigsten beeinträchtige. Aufgrund des Risikos, welches von körperlich beeinträchtigten Personen ausgehe, müssten die persönlichen Interessen hinter der öffentlichen Verpflichtung zum Erhalt der Sicherheit im Straßenverkehr zurückstehen. Durch das Gutachten sollten folgende Fragen geklärt werden:
„1a. Liegt bei dem Untersuchten einer Erkrankung vor, die nach Nr. 6 der Anlage 4 FeV die Fahreignung in Frage stellt?
1b. Wenn ja: ist der Untersuchte (wieder) in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 vollständig gerecht zu werden?
2. Liegt eine ausreichende Compliance (u.a. Krankheitseinsichtigkeit, kein Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen inklusive Alkohol, regelmäßig überwachte Medikamenten- bzw. Cannabiseinnahme [Hinweise auf – ggf. selbstinduzierte Unter- oder Überdosierung] vor und wird diese auch umgesetzt (Adhärenz)?
3. Sind Beschränkungen und/oder Auflagen erforderlich, um den Anforderungen an das Führen eines Kraftfahrzeuges (je Fahrerlaubnisklassengruppe) weiterhin gerecht zu werden? Ist bzw. sind insbesondere (eine) fachlich einzelfallbegründete Auflage(n) nach Anlage 4 (z.B. ärztliche Kontrollen) erforderlich? In welchem zeitlichen Abstand und wie lange? Was soll regelmäßig kontrolliert und attestiert werden? Sind die Ergebnisse der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen; wenn ja, warum?
4. Ist eine fachlich einzelfallbegründete (je Fahrerlaubnisklassengruppe) Nachuntersuchung i.S. einer erneuten [Nach-]Begutachtung erforderlich? In welchem zeitlichen Abstand?“
Der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, dass das LRA von einer fehlenden Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen müsse, wenn der Antragsteller die angeordnete Begutachtung verweigere bzw. das angeordnete Gutachten nicht fristgemäß vorlege.
Der Antragsteller legte ein beim LRA am 2. August 2017 eingegangenes Gutachten der p.-m. GmbH, N. vom 26. Juli 2017 vor. Laut Gutachten plane der Antragsteller auf die Fahrerlaubnisklassen C1 und C1E zu verzichten. Der Antragsteller habe im ärztlichen Gespräch insbesondere von einer Verschlechterung der Gehfähigkeit berichtet. Er befinde sich in regelmäßiger krankengymnastischer und ergotherapeutischer Behandlung. Die Untersuchung durch die begutachtende Ärztin habe einen guten Allgemeinzustand gezeigt, die Beweglichkeit der Extremitäten, die Sensibilität, vegetative Zeichen und Koordinationsversuch seien unauffällig gewesen. Das Gleichgewicht sei nicht prüfbar gewesen. Bezüglich Wahrnehmung, Gedächtnis und Konzentrationsvermögen seien keine Störungen ersichtlich gewesen. Im Rahmen der Begutachtung seien Leistungstests durchgeführt worden, die die Grundkomponenten des Fahrverhaltens als komplexen Steuerungsprozess ansprechen. Dabei müsse der Fahrer Informationen über Straße und Umgebungsbedingungen, über andere Verkehrsteilnehmer, das eigene Fahrzeug und die eigene Befindlichkeit in schneller und handlungsadäquater Weise verarbeiten. Dafür seien eine Vielzahl von unterschiedlichen Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungs-, Steuerungs- und Speicherprozessen notwendig. Die Effizienz des gesamten Handlungsprozesses hänge dabei von dem Zusammenspiel aller Teilprozesse ab. Dabei sei von einem Kompensationsmodell auszugehen, in dem Schwächen in einzelnen Leistungsbereichen durch andere Leistungsbereiche ausgeglichen werden können. Die Darstellung der Testergebnisse erfolge in Prozenträngen, wobei ein Prozentrang aussage, wieviel Prozent aller Personen einer vergleichbaren Gruppe niedrigere Messwerte erzielen. Die beste Leistung habe den Prozentrang 100, die schwächste den Prozentrang 0. Eine ausreichende Leistungsfähigkeit liege bei Inhabern der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 (Klassen A, A1, B, BE, M, L und T) in der Regel bei Erreichen eines Prozentrangs von 16 und mehr vor. Bei Inhabern der Fahrerlaubnis der Gruppe 2 (Klassen C, C1, C1E, CE, D, D1, D1E und DE) müsse in der Mehrzahl der Verfahren ein Prozentrang von 33 oder mehr erreicht werden und es dürfe ein Prozentrang von 16 in keinem Testverfahren unterschritten werden.
Bei dem durchgeführten Adaptiven Tachistoskopischen Verkehrsauffassungstest in der Testvariante für Rechtsverkehr (ATAVT/S1) werde die visuelle Beobachtungsfähigkeit, die Überblicksgewinnung, die visuelle Orientierungsleistung und die Auffassungsgeschwindigkeit getestet. Dabei sei bei der Hauptvariablen Überblicksgewinnung, die ein Maß für die Genauigkeit und Geschwindigkeit der visuellen Beobachtungsfähigkeit und Überblicksgewinnung sowie der visuellen Orientierungsleistung darstelle, ein Prozentrang von 8 erreicht worden.
Bei dem durchgeführten Wiener Determinationstest (DT/S1) werde die reaktive Belastbarkeit, Aufmerksamkeit und Reaktionsgeschwindigkeit bei fortlaufend geforderten schnellen und unterschiedlichen Reaktionen auf rasch wechselnde optische und akustische Reize gemessen. Ausgewertet worden sei die Hauptvariable „Richtige“, die die Fähigkeit messe, bei einer längeren Folge einfacher Reaktionsaufgaben rasch und richtig zu reagieren. Dabei habe der Antragsteller einen Prozentrang von 7 erreicht.
Bei dem durchgeführten Test zur Erfassung der Aufmerksamkeit und Konzentration (Cognitrone/S11) werde mit einem psychologischen Testverfahren die Aufmerksamkeit und Konzentration erfasst. Dabei sei die Hauptvariable Mittlere Zeit „korrekte Zurückweisung“ ausgewertet worden, die die selektive Aufmerksamkeit in Form der notwendigen Energie zur Einhaltung eines bestimmten Genauigkeitsniveaus messe. Dabei sei ein Prozentrang von unter 16 ein Hinweis auf ein geringes Ausmaß an selektiver Aufmerksamkeit bzw. Konzentration. Der Antragsteller habe dabei einen Prozentrang von 22 erreicht.
Für die Erstellung des Gutachtens wurden laut dem vorgelegten Gutachten weitere Befunde behandelnder Ärzte herangezogen. Nach einem Befund von PD Dr. W. (Neurologie) vom 4. April 2017 habe der Antragsteller u.a. von einem weiteren Fortschreiten der Symptomatik berichtet. Er sei nun kontinuierlich auf einen Rollator angewiesen und es hätten sich wiederholt Stürze aufgrund der bestehenden Gangunsicherheit ereignet. Nach dem angeführten Befund von Dr. S. (Neurologie) vom 20. Juni 2017 habe der Patient von einer seit einer Woche starken Verschlechterung der Gang- und Standsicherheit berichtet. Der Patient sei aufgeklärt worden, dass seine Fahrtauglichkeit bereits beeinträchtigt sei und deshalb gegebenenfalls eine Fahrverhaltensbeobachtung durchgeführt und auf Handbetrieb umgerüstet werden solle. Die Durchführung eines MOCA-Tests habe einen Hinweis auf das Vorliegen eines „mild kognitive impairment“ ergeben. Nach dem angeführten Befund von Dr. G. (Allgemeinmedizin) vom 13. Juli 2017 hätten sich keine Hinweise auf Erkrankungen im Bereich Herz-Kreislauf, Blut, Niere, endokrine Störungen (Zucker und Schilddrüse) oder psychische Erkrankungen ergeben.
Die Begutachtungsstelle kam unter Interpretation der Befunde zu dem Ergebnis, dass nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung Kapitel 3.9.2 bei dem Antragsteller eine Multiple Sklerose vorliege, die gemäß Punkt 6.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung einschränken könne. Der Antragsteller trete sehr positiv im Stimmungsbild auf und beklage sich nicht, trotz der erheblichen Einschränkungen insbesondere im Gangbild. Die Einschränkungen der Beine und Arme seien nur schwer zu kompensieren. Hier wäre über ein Fahrzeug mit spezieller Umrüstung nachzudenken. Es bestünden auch geringgradige kognitive Einschränkungen. Würden die motorischen und kognitiven Defizite alleine bestehen, sei eine Kompensation noch möglich. Auf die bereits bestehenden Einschränkungen sei bereits fremdbefundlich hingewiesen worden. Im Untersuchungsgespräch habe keine Minderung der Auffassungsgabe oder Mnestik festgestellt werden können. Die Leistungstestung habe jedoch ergeben, dass der Antragsteller nicht mehr in der Lage sei, die erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentration zu erbringen. Eine mittelfristige Leistungssteigerung sei nicht zu erwarten, da es sich bei der Erkrankung des Antragstellers um einen fortschreitenden Prozess handele. Der Antragsteller sei nicht mehr in der Lage den Anforderungen an die Fahrtauglichkeit der Gruppe 1 gerecht zu werden. In den zur Überprüfung der verkehrsbedeutsamen Leistungsfunktionen eingesetzten Testverfahren habe der Antragsteller keine ausreichenden Ergebnisse erzielt.
Zur Beantwortung der Fragen des LRA führte die Begutachtungsstelle abschließend in dem vorgelegten Gutachten aus, dass bei dem Antragsteller eine Erkrankung vorliege, die nach Nr. 6 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung in Frage stelle. Der Antragsteller sei nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vollständig gerecht zu werden.
Mit Schriftsatz vom 2. August 2017 teilte das LRA den Eingang des Gutachtens und die anstehende Entziehung der Fahrerlaubnis mit und gab dem Antragsteller bis 16. August 2017 Gelegenheit, sich zur Angelegenheit zu äußern.
Nach vorheriger Anhörung entzog das LRA mit Bescheid vom 17. August 2017 dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen (Ziffer 1). Der Antragsteller wurde verpflichtet, seinen Führerschien innerhalb von sieben Tagen beim LRA abzuliefern (Ziffer 2). Für den Fall, dass die Verpflichtung zur Ablieferung der Fahrerlaubnis nicht fristgerecht erfüllt werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR angedroht (Ziffer 3). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wurde angeordnet (Ziffer 4). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Mit am 29. August 2017 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 17. August 2017 erhoben (Az. RO 8 K 17.1543). Mit am selben Tag beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Zur Begründung führt der Bevollmächtigte des Antragstellers u.a. aus, dass der Bescheid vom 17. August 2017 rechtwidrig sei und den Antragsteller in seinen Rechten verletze. Die Schlüssigkeit und Plausibilität des Gutachtens sei inzident zu prüfen. Das Gutachten sei widersprüchlich. So komme das Gutachten bei der zusammenfassenden Bewertung der Befunde zu dem Ergebnis, dass insbesondere Einschränkungen im Gangbild des Antragstellers vorlägen, anderseits aber eine Kompensation in Form eines Fahrzeuges mit spezieller Umrüstung möglich wäre. Bezüglich der kognitiven Einschränkungen werde nicht berichtet, worin diese im Einzelnen bestünden. Hinsichtlich des Hinweises, dass fremdbefundlich auf Einschränkungen hingewiesen worden sei, sei fraglich, ob damit zum Ausdruck gebracht werden solle, dass die kognitiven Defizite alleine fremdbefundlich erhoben oder ungeprüft und unkritisch von der Begutachtungsstelle übernommen worden seien. Jedenfalls bestünden beim Antragsteller keine kognitiven Einschränkungen. Der Antragsteller nehme seit 1981 beanstandungslos am Straßenverkehr teil, sei niemals straßenverkehrsrechtlich in Erscheinung getreten und Inhaber eines Führerscheins aller Fahrerlaubnisklassen. Die Entziehung sämtlicher Fahrerlaubnisklassen verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da laut dem Gutachten eine Kompensation der motorischen Einschränkungen mit einem speziell umgerüsteten Fahrzeug möglich sei und die kognitiven Einschränkungen lediglich auf einer Fremddiagnose des Dr. S. basierten. Eine weniger einschneidende Maßnahme sei eine Auflage, wonach der Antragsteller lediglich Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen B, B1 und BE mit einem speziell für Behinderte ausgerüstetem Fahrzeug führen dürfe. Auch sei eine Fahrprobe geboten gewesen, um eine aussagekräftige individuelle Einschätzung der Fahrbeeinträchtigung des Antragstellers zu erlangen. In Zweifelsfällen sei auch nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung eine Fahrprobe zur Einschätzung heranzuziehen.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Amberg-Sulzbach vom 17. August 2017 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Für den Antragsgegner beantragt das LRA, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung wird u.a. angeführt, der Bescheid vom 17. August 2017 sei rechtmäßig. Gemäß § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Das vorgelegte Gutachten komme nach der Bewertung der erhobenen Befunde und des durchgeführten Leistungstests zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller aufgrund seiner Erkrankung mit Multipler Sklerose nicht mehr in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vollständig gerecht zu werden. Die Feststellungen des Gutachtens seien schlüssig und nachvollziehbar dargestellt. Das Gutachten enthalte keine offenkundigen handwerklichen Mängel. Es seien sämtliche Fahrerlaubnisklassen zu entziehen gewesen, da das Gutachten zu dem Ergebnis komme, dass der Antragsteller nicht mehr in der Lage sei, den Anforderungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 und damit auch nicht den Anforderungen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Auflagen, Beschränkungen oder eine Fahrprobe hätten keine Auswirkungen, da der Antragsteller den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen nicht mehr vollständig gerecht werde. Der Antragsteller habe seinen Führerschein am 24. August 2017 abgeliefert, weshalb die Zwangsgeldandrohung hinfällig sei. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 17. August 2017 und den Akteninhalt verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis (Ziffer 1 des Bescheids) und der Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (Ziffer 2 des Bescheids) wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Androhung von Zwangsgeld (Ziffer 3 des Bescheids) anzuordnen. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO entfällt die aufschiebende Wirkung, soweit dies durch Bundesgesetz oder Landesgesetz vorgeschrieben ist, oder soweit die sofortige Vollziehung durch die den Verwaltungsakt erlassende Behörde besonders angeordnet wird. Hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 17. August 2017 hat die erlassende Behörde die sofortige Vollziehung angeordnet. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Die aufschiebende Wirkung entfällt außerdem gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Die Androhung von Zwangsgeld in Ziffer 3 des Bescheids vom 17. August 2017 ist gemäß Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. In diesem Fall kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung anordnen.
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids des LRA hat keinen Erfolg.
a. Das LRA hat das besondere Interesse an der Anordnung des Sofortvollzugs hinreichend begründet.
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist bei behördlicher Anordnung des Sofortvollzugs gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Die schriftliche Begründung soll dem Betroffenen ermöglichen, seine Rechte wirksam wahrnehmen und die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels abschätzen zu können. Außerdem dient die Begründungspflicht dazu, der Behörde den Ausnahmecharakter einer Vollzugsanordnung vor Augen zu führen und die Behörde zu der Prüfung zu veranlassen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollzugsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Es bedarf daher einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung, die nicht lediglich formelhaft sein darf.
An den Inhalt der Begründung sind dabei keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 36). In solchen Fällen ist die Behörde daher nicht verpflichtet, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft. Insbesondere, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht, zu dem auch das Fahrerlaubnisrecht zählt (vgl. BayVGH, B. v. 8.9.2015 – CS 15.1634 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Die vorliegende Begründung im Bescheid vom 17. August 2017 erfüllt diese Voraussetzungen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde hinreichend mit dem Interesse der allgemeinen öffentlichen Sicherheit und dem Risiko, welches ein Kraftfahrzeugführer mit fehlender Eignung für andere Verkehrsteilnehmer und sich selber darstellt, begründet. Das öffentliche Interesse überwiege vorliegend das persönliche Interesse des Antragstellers, da eventuelle finanzielle Nachteile und private und berufliche Einschränkungen ausgleichbar wären, während ein Unfallbeteiligter bleibende Schäden davontragen oder sogar den Tod finden könnte. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt im Übrigen keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigene Interessenabwägung durchgeführt.
b. Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt.
Maßgeblich für diese Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Führt eine im vorläufigen Rechtschutz gebotene summarische Prüfung dazu, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich Erfolg haben wird, so wird regelmäßig das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegen. Wird der Hauptsacherechtsbehelf umgekehrt nach der gebotenen summarischen Prüfung erfolglos bleiben, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen, kann der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt werden, ohne dass es einer zusätzlichen Interessenabwägung bedarf. Denn der Bürger hat grundsätzlich kein schutzwürdiges privates Interesse daran, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vollzug dringlich ist oder nicht (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 11 CS 08.3273 – juris Rn. 14). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen offen, so verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
c. Nach summarischer Prüfung wird die Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 17. August 2017 aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis aller Fahrerlaubnisklassen rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde jemandem, der sich als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen. Ein Ermessen besteht dabei nicht. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderung zum Führen eines Kraftfahrzeuges nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung ausgeschlossen wird.
Aus dem vorgelegten Gutachten der p.-m. GmbH vom 26. Juli 2017 ergibt sich, dass bei dem Antragsteller eine Erkrankung der neuromuskulären Peripherie nach Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV vorliegt, da er an einer fortgeschrittenen Erkrankung mit Multipler Sklerose leidet. Aufgrund dieser Erkrankung ist der Antragsteller nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet und ihm daher nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen. Eine bedingte Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen konnte nach den Feststellungen des Gutachtens nicht mehr angenommen werden.
Das vorgelegte Gutachten vom 26. Juli 2017 legt schlüssig und nachvollziehbar dar, dass aufgrund der Erkrankung mit Multipler Sklerose die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besteht.
Dabei kommt es vorliegend auf die Rechtmäßigkeit der Gutachtensanordnung nicht an, da der Antragsteller das angeforderte Gutachten vorgelegt hat (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1982 – 7 C 69/81 – juris Rn. 20). Die Verwertbarkeit eines der Fahrerlaubnisbehörde bekannt gewordenen negativen Fahreignungsgutachten hängt nicht von der Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung ab (BayVGH, B.v. 28.10.2013 – 11 CS 13.1746 – juris Rn. 8). Das Ergebnis des Gutachtens schafft eine neue Tatsache, die selbständige Bedeutung hat und keinem Beweisverwertungsverbot unterliegt (BVerwG, U.v. 28.4.2010 – 3 C 2/10 – juris Rn. 19).
Das Gutachten darf von der Fahrerlaubnisbehörde nicht ungeprüft übernommen werden, sondern muss einer eigenen kritischen Würdigung unterzogen werden (Geiger NZV 2007, 491). Das Gutachten muss daher gemäß § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Nr. 2 Buchst. a der Anlage 15 zur FeV in allgemeinverständlicher Sprache abgefasst sowie nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Dabei können auch die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung herangezogen werden, die zwar keine Rechtsqualität besitzen, aber als Niederschlag sachverständiger Erfahrung von Gewicht sind (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2008 – 3 C 32/07 – juris Rn. 16).
Die Bezugnahme auf Fremdbefunde steht aus Sicht des Gerichtes der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit nicht entgegen. Der Befund von PD Dr. W. (Neurologie) stammt vom 5. April 2017, der Befund von Dr. S. (Neurologie) stammt vom 10. Juni 2017, der Befund von Dr. G. (Allgemeinmedizin) vom 13. Juli 2017. Somit handelt es sich um aktuelle Befunde, die jeweils mit genauem Ergebnis im Gutachten aufgeführt werden. Insbesondere der Befund von Dr. S. (Neurologie) führt aus, dass das Vorliegen einer kognitiven Beeinträchtigung durch den sog. MOCA-Test erhoben wurde und gibt eine detaillierte Beurteilung mit dem Hinweis, dass die Fahrtauglichkeit bereits beeinträchtigt sei. Damit ist eine gutachterliche Verwertung der Fremdbefunde möglich. Nach dem Befund von Dr. S. bestanden zum Zeitpunkt der vorgenommenen Untersuchung motorische Beeinträchtigungen in Form einer Gang- und Standataxie sowie Hinweise auf kognitive Beeinträchtigungen (mild kognitive impairment). Der Antragsteller sei hinsichtlich der Beeinträchtigung seiner Fahrtauglichkeit aufgeklärt worden.
Hinsichtlich motorischer Einschränkungen wurde durch die begutachtende Ärztin im Rahmen der Anamnese ein nicht prüfbarer Gleichgewichtssinn erhoben. Eine Minderung der Auffassungsgabe oder Mnestik konnte durch die begutachtende Ärztin nicht festgestellt werden. Die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich aber, wie das Gutachten bei der Bewertung der Befunde aus Sicht des Gerichts schlüssig und nachvollziehbar feststellt, bereits aus den Ergebnissen der durchgeführten Leistungstestung. Die Bewertung der Befunde kommt zu dem Ergebnis, dass bereits die Leistungstestung, die durch die begutachtende Ärztin durchgeführt wurde, gezeigt habe, dass der Antragsteller nicht mehr ausreichend sicher in der Lage sei, die erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentration zu erbringen (Seite 13 des Gutachtens vom 26. Juli 2017). Der Antragsteller habe bei den Testverfahren keine ausreichenden Ergebnisse erzielt. Da es sich bei der Erkrankung des Antragstellers um einen fortschreitenden Prozess handele, sei eine mittelfristige Leistungssteigerung nicht anzunehmen. Diese Bewertung der Befunde ist aus Sicht des Gerichtes nachvollziehbar und schlüssig, da der Antragsteller laut dem vorgelegten Gutachten vom 26. Juli 2017 bei der Testung der Überblicksgewinnung durch den Adaptiven Tachistoskopischen Verkehrsauffassungstest in der Testvariante für Rechtsverkehr (ATAVT/S1) einen Prozentrang von 8 erreicht habe, sowie bei der Testung der reaktiven Belastbarkeit durch den Wiener Determinationstest (DT/S1) ein Prozentrang von 7 erreicht habe. Nach dem Gutachten liege eine ausreichende Leistungsfähigkeit in der Regel dann vor, wenn bei Inhabern der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 1 (Klassen A, A1, B, BE, M, L und T) ein Prozentrang von 16 oder mehr erreicht werde. Inhaber der Fahrerlaubnisklassen der Gruppe 2 (Klassen C, C1, C1E, CE, D, D1 D1E und DE) müssten laut dem Gutachten in der Mehrzahl der Verfahren einen Prozentrang von 33 oder höher erreichen und in keinem Testverfahren einen Prozentrang von 16 unterschreiten.
Der Annahme der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des vorgelegten Gutachtens stehen auch nicht die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung Kap. 3.9.2 entgegen. Danach kann die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 nur im Einzelfall und abhängig vom Ausprägungsgrad der Störungen durch eine nervenärztliche oder neurologische Untersuchung nachgewiesen werden. Ein solcher Nachweis liegt nach dem nachvollziehbaren Ergebnis des vorgelegten Gutachtens vom 26. Juli 2017 jedoch nicht vor.
Der Entziehung der Fahrerlaubnis steht auch nicht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen. Insbesondere ist die Durchführung einer Fahrverhaltensprobe nicht veranlasst. Die Durchführung einer Fahrverhaltensprobe dient dazu, festzustellen, ob sich ein festgestellter Teilleistungsmangel im realen Verkehr auswirkt und ob er möglicherweise kompensiert werden kann (BayVGH, B.v. 17.3.2008 – 11 ZB 07.495 – juris Rn. 9). Eine Fahrverhaltensprobe ist daher nur veranlasst, wenn die Kompensation eines Teilleistungsmangels in Betracht kommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das vorgelegte Gutachten führt dazu aus, dass die motorischen und kognitiven Einschränkungen eine Kompensation dann zulassen würden, wenn sie alleine bestünden. Da nach den Feststellungen des Gutachtens motorische und kognitive Einschränkungen vorliegen, besteht eine solche Kompensationsmöglichkeit nicht. Jedenfalls ist nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen des Gutachtens davon auszugehen, dass aufgrund der Ergebnisse der durch die begutachtende Ärztin durchgeführten Leistungstestung der Antragsteller die erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentration nicht erbringen kann. Insbesondere aufgrund der nicht ausreichenden Ergebnisse bei der Überprüfung der verkehrsbedeutsamen Leistungsfunktionen kam die begutachtende Ärztin zu dem Schluss, dass eine Fahreignung nicht bestehe. Insoweit war daher die Durchführung einer Fahrverhaltensprobe nicht angezeigt.
Damit ist auch die Anordnung von Auflagen vorliegend nicht erforderlich, da aufgrund der bei der Begutachtung durchgeführten Leistungstestung die nicht bestehende Fahreignung festgestellt wurde und auch Auflagen nur dann in Betracht kommen, wenn Teilleistungsmängel kompensierbar sind.
d. Selbst wenn von offenen Erfolgsaussichten der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids vom 17. August 2017 auszugehen wäre, fiele die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der Schutz von Leib und Leben überwiegen vorliegend das private Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis zu nutzen. Der Antragsteller ist durch unsichere Fahrweise, verursacht durch seine Erkrankung an Multipler Sklerose, im öffentlichen Straßenverkehr aufgefallen. Bei der Erkrankung des Antragstellers handelt es sich um eine Krankheit, die gemäß Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV geeignet ist, die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu beeinträchtigen oder aufzuheben. Steht nicht abschließend fest, dass eine Erkrankung die Fahreignung unberührt lässt, so überwiegt das öffentliche Interesse, andere Verkehrsteilnehmer vor möglichen krankheitsbedingten Gefahren im Straßenverkehr zu schützen. Die auch verfassungsrechtlich bestehende Schutzpflicht, die der öffentlichen Gewalt gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für die Rechtsgüter Leben und Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmer obliegt, gebietet es, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache zu entziehen. Private Interessen des Antragstellers, die so schwer wiegen, dass sie das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz von Leib und Leben überwiegen, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Das Interesse des Antragstellers an Mobilität und Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ist grundsätzlich schützenswert. Jedoch hat es hinter das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und den Schutz von Leib und Leben zurückzustehen. Die daraus resultierenden Einschränkungen für den Antragsteller sind nicht so gravierend, dass sie eine andere Bewertung der Interessen rechtfertigen würden.
e. Nach summarischer Prüfung wird die Klage gegen Ziffer 2 des Bescheids vom 17. August 2017 aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben, weil die Verpflichtung, die Fahrerlaubnis innerhalb von 7 Tagen vorzulegen, rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Vorlage ist § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m.
§ 47 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach sind nach der Entziehung von einer deutschen Behörde ausgestellte nationale und internationale Führerscheine unverzüglich der entscheidenden Behörde vorzulegen. Die Verpflichtung zur Vorlage besteht nach § 47 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 FeV auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat. Vorliegend wurde die Fahrerlaubnis, wie oben dargelegt, rechtmäßig entzogen, weshalb nach summarischer Prüfung auch die Anordnung der Vorlage rechtmäßig ist. Jedenfalls ergibt auch eine Interessenabwägung, dass das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs und am Schutz von Leib und Leben die privaten Interessen des Antragstellers überwiegt.
2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheids vom 17. August 2017 hat keinen Erfolg.
Dahinstehen kann vorliegend, ob der Antrag hinsichtlich Ziffer 3 nicht insoweit bereits unzulässig ist, da sich aufgrund einer Vorlage der Fahrerlaubnis beim LRA die Zwangsgeldandrohung erledigt hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.4.2012 – 11 CS 12.650 – juris Rn. 13). Jedenfalls ist der Antrag unbegründet, da die maßgeblichen, in Art. 29, 31 und 36 VwZVG normierten Voraussetzungen für die Zwangsgeldandrohung vorliegen. Insbesondere wurde das Zwangsgeld schriftlich angedroht (vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 VwZVG) und eine ausreichende Frist zur Erfüllung der sich aus Nr. 2 des Bescheids ergebenden Verpflichtung gesetzt (vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes (500,- EUR) ist nicht zu beanstanden (vgl. Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Im Hinblick auf den Grundverwaltungsakt, mit dem die Zwangsgeldandrohung verbunden ist (vgl. Art. 36 Abs. 2 VwZVG), wird auf vorstehende Ausführungen Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben