Medizinrecht

Grober ärztlicher Behandlungsfehler wegen unterlassener Empfehlung, eine infizierte Knieprothese ausbauen zu lassen

Aktenzeichen  1 U 884/13

Datum:
28.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 119174
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 253 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 1, Abs. 2
ZPO § 286, § 287

 

Leitsatz

1 In der unterlassenen Empfehlung, eine mit dem Bakterium Enterococcus faecalis infizierte Kniegelenksprothese ausbauen zu lassen, kann ein grober ärztlicher Behandlungsfehler liegen.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Falle eines groben Behandlungsfehlers reicht es für die Begründung der Haftung des Arztes grundsätzlich aus, dass der Fehler generell geeignet ist, den konkret eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen, wobei der Wegfall der Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten nur dann in Betracht kommt, wenn – was zur Beweislast des Arztes steht – ein ursächlicher Zusammenhang völlig unwahrscheinlich ist (Anschluss BGH BeckRS 2011, 17992 Rn. 8). (redaktioneller Leitsatz)
3 Zumindest ab einer Wahrscheinlichkeit von 10% kann ein günstigerer Heilungsverlauf bei fehlerfreier Behandlung nicht mehr als “äußerst unwahrscheinlich” bewertet werden. Einiges spricht sogar dafür, die Beweislastumkehr auch bei einer geringeren prozentualen Wahrscheinlichkeit unter Bewertung des Einzelfalls nicht auszuschließen (vgl. auch OLG Köln BeckRS 2015, 14414 Rn. 5: über 5%). (redaktioneller Leitsatz)
4 Kommt es infolge eines Behandlungsfehlers bei einem 60jährigen Patienten zu einer dauerhaften völligen Versteifung des Knies, wäre der Bewegungsumfang des Knies aber auch ohne den Behandlungsfehler eingeschränkt geblieben, so kann – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – ein Schmerzensgeldbetrag von 50.000 € angemessen sein. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

9 O 23074/09 2013-01-16 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 16.01.2013, Az. 9 O 23074/09, abgeändert.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,00 Euro zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2009.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen materiellen Schaden aus Vergangenheit und in Zukunft zu ersetzen, der im Zusammenhang mit der ärztlichen Fehlbehandlung im Klinikum der L. M.- in der Zeit vom 12.01.2007 bis zum 02.05.2007 steht, soweit die Kosten nicht von einem Dritten oder Sozialversicherungsträger übernommen werden.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.031,00 € zzgl. 19% MwSt. zu zahlen.
V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Berufung erwies sich als begründet.
A. Der Klägerin war das beantragte Schmerzensgeld zuzusprechen, da die Beklagte die Klägerin unter Verletzung ihrer Pflichten aus dem Behandlungsvertrag grob fehlerhaft behandelt hat und nicht den Nachweis führen konnte, dass es völlig unwahrscheinlich ist, dass die Versteifung des Kniegelenkes auch bei einem Ausbau der infizierten Prothese um den 23.3.2007 nicht vermieden hätte werden können.
I. Der Senat ist davon überzeugt, dass es grob fehlerhaft war, dass die Ärzte der Beklagten der Klägerin nach der Feststellung der Infektion der Prothese am 22.3.2007 nicht zu einem Ausbau der Prothese geraten haben.
Der Senat hat die unfallchirurgischen Sachverständigen Dr. W. und Professor Dr. W. zur Klärung der Frage, ob den Ärzten der Beklagten ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, herangezogen.
Beide Sachverständigen stimmen überein, dass spätestens am 23. März 2007 eine Infektion der Prothese nachgewiesen und die Prothese nicht mehr zu erhalten war. Die Ärzte der Beklagten hätten als Reaktion auf das Ergebnis der Untersuchung vom 21.3.2007 nach übereinstimmender Bewertung der Sachverständigen den Ausbau der Prothese als die Therapie empfehlen müssen. Beide Sachverständige betrachten die unterbliebene Therapieempfehlung als völlig unverständlich.
1. Die Sachverständigen stimmen auch insoweit überein, dass bereits seit dem 13.12.2006 ein Infekt der Prothese bestanden hat. Die Untersuchung am 21.3.2007 ergab die weitere Besiedelung des Knies mit dem Bakterium Enterococcus faecalis. Der Sachverständige Dr. W. hat seine Ausführungen vor dem Landgericht, dass nach dem Befund vom 23.03.2007 klar war, dass ein Infektrezidiv vorliegt und man in diesem Moment mit der Patientin eine Operation zur Explantation planen musste, in der Anhörung vor dem Senat mit den Worten, dass jedenfalls mit dem 21.03.2007 klar war, dass eine chronische periprothetische Infektion vorlag, bestätigt. Auch der Sachverständige Prof. Dr. W. kam zu der gleichen Einschätzung und sprach sich für eine sofortige stationäre Aufnahme im Hinblick auf das am 23.03.2007 vorliegende Ergebnis der Punktionen vom 21.03.2007 aus. Insgesamt kann den Ausführungen der Sachverständigen entnommen werden, das zum einen eine periprothetische Infektion vorlag, die Prothese nicht erhalten werden konnte und zum anderen der Klägerin gegenüber eine Empfehlung auf Ausbau der infizierten Prothese ausgesprochen hätte werden müssen.
2. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Klägerin einen Prothesenausbau nicht gewünscht habe. Die Beklagte konnte insoweit den ihr obliegenden Beweis nicht führen. Die Klägerin hat vor dem Senat zudem glaubhaft versichert, dass, wenn ihr mitgeteilt worden wäre, die Prothese sei infiziert, sie einem Ausbau sofort zugestimmt hätte. Hinsichtlich der weiteren dokumentierten Äußerungen, dass die Patientin einen Prothesenausbau nicht wünsche, ist anzumerken, dass die Ärzte der Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einer Protheseninfektion ausgegangen sind. Vorliegend hätte die Therapieempfehlung dahingehend lauten müssen, dass bei Ausbau der infizierten Prothese die Chance auf eine erfolgreiche Infektsanierung günstiger sei und die Chance, dass eine Versteifung des Knies vermieden werden könne, bei Belassen der Prothese sich weiter vermindere.
3. Der Senat bewertet auf Grundlage der Ausführung der Sachverständigen es als grob fehlerhaft, dass nach der Punktion vom 21.3.2007 der Klägerin nicht empfohlen wurde, die infizierte Prothese ausbauen zu lassen. Diese unterlassene Empfehlung ist unter zwei Gesichtspunkten unverständlich. Zum einen war die infizierte Prothese nicht mehr zu erhalten und es gilt, wie der Sachverständige Dr. W. vor dem Senat ausgeführt hat, dass ein schwelender Infekt letztlich ein letales Risiko darstellt und dass ein Ausbau eine größere Chance auf die Sanierung des Infektes bietet. Zum anderen bestand auch nach den Ausführungen von Dr. W. grundsätzlich ein Zusammenhang zwischen der erhöhten Chance, den Infekt zu sanieren und einer spätereren prothetischen Versorgung (d.h. eine Versteifung des beides Kniegelenks zu vermeiden). Auch wenn die Chance einer weiteren prothetischen Versorgung des Knies nach den Ausführungen der Sachverständigen nicht sehr hoch bzw. als eher gering einzuschätzen war, wurde durch den unterlassenen Hinweis der Klägerin die Möglichkeit genommen, die geringe Chance einer weiteren Versorgung mit einer Prothese (allerdings, wie der Sachverständige Professor Dr. W. ausgeführt hat, mit eingeschränktem Funktionsumfang) wahrzunehmen. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass die Versteifung eines Kniegelenkes für einen Patienten mit erheblichen Einschnitten im Alltagsleben verbunden ist. Auch wenn die Heilungschancen nur als gering eingeschätzt werden konnten, ist es unverständlich, dass der Klägerin diese Chance genommen wurde.
II. Der grobe Behandlungsfehler führt zu einer Umkehr der Beweislast für den Primärschaden.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht es für die Begründung einer Haftung aus schweren Behandlungsfehlern grundsätzlich aus, dass der grobe Verstoß des Arztes generell geeignet ist, den konkreten Gesundheitsschaden zu vermeiden, wobei der Wegfall der Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten nur dann in Betracht kommt, wenn ein ursächlicher Zusammenhang völlig unwahrscheinlich ist, was freilich zur Beweislast des Arztes steht (BGH VersR 1989, 80; BGH NJW 2011,2508).
1. Den konkreten Gesundheitsschaden (Primärschaden) stellt hier die durch die Infektion eingetretene Unmöglichkeit einer weiteren prothetischen Versorgung des Knies und die daraus folgenden Notwendigkeit eine Versteifung des Knies dar.
2. Der Ausbau der Prothese war generell geeignet, die Infektion zu sanieren und eine weitere prothetische Versorgung des Knies zu ermöglichen.
3. Die Beklagte konnte nicht den ihr obliegenden Beweis führen, dass es völlig unwahrscheinlich ist, dass bei einem früheren Ausbau der Prothese ein anderer Krankheitsverlauf eingetreten wäre, d.h., dass eine Versteifung des Knies nicht vermieden hätte werden können.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll mit dem Kriterium „völlig unwahrscheinlich“ die Beweislasterleichterung des Patienten nach den Grundsätzen des groben Behandlungsfehlers begrenzt werden, sodass das Beweismaß „äußerst unwahrscheinlich“ weder mit dem Beweismaß nach § 286 ZPO, das einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit verlangt, noch mit dem Beweismaß des § 287 ZPO, das zur Überzeugungsbildung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügen lässt, gleichgesetzt werden kann.
Im Ergebnis läuft die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf hinaus, dass der Gegenbeweis bereits dann geführt ist, wenn ein Ursachenzusammenhang zwischen dem groben Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden äußerst unwahrscheinlich ist.
a) In der Rechtsprechung und in der Literatur wird eine Erfolgschance von ca. 10% nicht mehr als „äußerst unwahrscheinlich“ bewertet (vgl. Martis/Winkart Arzthaftungsrecht, 4. Auflage, (940 Rn. 255 mit weiteren Nachweisen). Das Oberlandesgericht Köln geht dann von einer äußersten Unwahrscheinlichkeit aus, sofern die Wahrscheinlichkeit eines anderen Kausalverlaufs bei 5% oder weniger liegt (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 27. Mai 2015 (5 U 194/14, – juris). Zum Teil wird betont, dass es nicht erforderlich ist, zur Feststellung der Unwahrscheinlichkeit eine Wahrscheinlichkeitsmessung vorzunehmen, da entsprechende Quantifizierungen naturgemäß mit Unsicherheiten verbunden sind und kaum nachvollziehbar begründet werden können, sondern dass es darauf ankommt, ob aus Sicht des Sachverständigen ein Kausalzusammenhang ausgeschlossen bzw. fast ausgeschlossen werden kann (OLG Koblenz Urteil vom 13.1.2016 (5 U 290/15 – juris).
Der Senat folgt der Auffassung, dass zumindest ab einer Wahrscheinlichkeit von 10% ein günstigerer Heilungsverlauf bei fehlerfreier Behandlung nicht mehr als äußerst unwahrscheinlich bewertet werden kann. Vielmehr sind bei einer prozentualen Wahrscheinlichkeit von 10% durchaus ernsthaft sich bietende Heilungschancen vorhanden. Nach Auffassung des Senates spricht sogar einiges dafür, auch bei einem geringeren prozentualen Wahrscheinlichkeitsgrad unter Bewertung des Einzelfalls die Beweislastumkehr nicht auszuschließen. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall auch eine Heilungschance von 5% im Hinblick auf die Gefahr einer Knieversteifung für den Patienten eine durchaus relevante Heilungschance darstellt. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad eröffnet einem Patient eine Heilungschance, die er in der Regel wahrnehmen dürfte.
b) Die beiden Sachverständigen kommen zu unterschiedlichen Einschätzungen der Wahrscheinlichkeit eines günstigeren Heilungsverlaufs. Während der Sachverständige Professor Dr. W. für den maßgeblichen Zeitpunkt die Wahrscheinlichkeit einer Neuversorgung mit einer Prothese in einer Größenordnung von etwa 15% ansetzt, bemisst der Sachverständige Dr. W. die Chance nur im Bereich von 5%.
Die unterschiedlichen Auffassungen der Sachverständigen resultieren daraus, dass der Sachverständige Dr. W. von vornherein keine begründete Hoffnung sah, dass nach einer erfolgreichen Infektsanierung eine Prothese eingebaut werden hätte können. Professor Dr. W. geht dagegen davon aus, dass sich mit zunehmender Behandlungsdauer die Chancen auf eine Neuversorgung mit einer Prothese verschlechtert haben. Der Sachverständige Professor Dr. W. bezifferte zunächst in seinem schriftlichen Gutachten die Wahrscheinlichkeit für die Möglichkeit einer Prothesenversorgung mit eingeschränkter Streckfunktion bei Ausbau zeitnah zum 21.03.2007 auf 25%. In der Anhörung vor dem Senat erklärte der Sachverständige dazu, dass es sich insoweit um eine pauschale Betrachtung handelt, für den konkreten Fall jedoch maßgeblich ist, inwieweit eine Aussicht auf eine sinnvolle Neuversorgung mit einer Prothese bestanden hat. Er verwies darauf, dass im Operationsbericht vom 04.01.2007 beschrieben wurde, dass die Patellasehne schon vollständig nekrotisch und zerstört war, und verwies weiter darauf, dass dies durch einen späteren Operationsbericht in Frage gestellt wird, demzufolge die Patellasehne noch teilweise vorhanden gewesen war. Nach einer Erklärung der Beklagten durch Professor Dr. E. äußerte der Sachverständige Professor Dr. W., dass zugrundezulegen ist, dass die Patellasehne schon zum Jahreswechsel 2006/2007 verloren war und bei der Operation am 04.01.2007 versucht worden ist, im Sinne einer Behelfslösung den Reservestreckapparat anstatt der Patellasehne zu verwenden. Weiter erläuterte der Sachverständige, dass im Operationsbericht vom 03.05.2007 der vollständige Verlust des Streckapparats beschrieben wird. Er folgerte daraus, dass sich hinsichtlich des Streckapparats eine Verschlechterung in der Zeit zwischen 04.01. und dem 03.05.2007 eingestellt hat. Nach seiner Bewertung kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass eine um 5 oder 6 Wochen frühere Ausbauoperation der Klägerin noch die gelinde Chance auf eine neue Protheseversorgung nach Infektsanierung eröffnet hätte, wobei der Sachverständige die Chance für einen günstigeren Heilungsverlauf auf eine Größenordnung von etwa 15% beziffert. Die Angabe von 15% des Sachverständigen bezieht sich auf einen Ausbau um den 23.03.2007 herum. Die Angaben von 7% bzw. 8% betreffen die Zeiträume um den 05.04.2007 und zwischen dem 05.04. und 13.04.2007.
c) Auf Grundlage der Ausführungen der beiden Sachverständigen konnte die Beklagte nicht den Nachweis führen, dass durch den groben Behandlungsfehler sich die Heilungschancen nicht verschlechtert haben bzw. dies äußerst unwahrscheinlich ist.
Ungeachtet der Frage, ob nicht bereits vorliegend eine Wahrscheinlichkeit von 5% ausreicht und ob bei widerstreitenden Sachverständigengutachten dies zu Lasten der beweispflichtigen Beklagten geht, konnte die Beklagte den Nachweis nicht führen, weil der Senat den Ausführungen von Professor Dr. W. folgt. Der Sachverständige Professor Dr. W. hat im Gegensatz zu Dr. W. die beiden Operationsberichte (04.01.2007 und 03.05.2007) in seine Betrachtung einbezogen und nachvollziehbar dargelegt, dass sich aus den Berichten eine Verschlechterung des Zustandes des Knies und damit der Chancen einer prothetischen Neuversorgung, entnehmen lasse. Dass der Sachverständige Professor Dr. W. sehr sorgfältig die Wahrscheinlichkeit abgewogen hat, belegt auch, dass er von der in dem schriftlichen Gutachten angegebenen Wahrscheinlichkeit von 25% vor dem Hintergrund, dass die Patellasehne verloren war und nur noch eine Befestigung mittels des Reservestreckapparats erfolgen hätte können, abgerückt ist. Es bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte, dass der Sachverständige die Chance auf eine Neuversorgung zu hoch angesetzt hat.
III. Die Beklagte konnte daher den ihr obliegenden Gegenbeweis nicht führen. Es kann insoweit auf die Ausführungen unter II.3. verwiesen werden.
IV. Der Klägerin war ein Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) in Höhe von € 50.000,00 zuzusprechen.
Das Schmerzensgeld soll dem Verletzten einen angemessenen Ausgleich für diejenigen Schäden bieten, die nicht vermögensrechtlicher Art sind und zugleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass der Schädiger dem Geschädigten Genugtuung schuldet. Dabei steht – von Ausnahmen abgesehen – die Ausgleichsfunktion im Vordergrund mit der Folge, dass die Höhe des Schmerzensgeldes in erster Linie vom Umfang und von den Auswirkungen der körperlichen oder gesundheitlichen Schädigung selbst abhängt. Von Bedeutung sind damit die Schmerzen, die der Verletzte zu tragen hat, die Dauer des Schadens und die verletzungsbedingten Beeinträchtigungen solcher Funktionen, die sich, wenn sie gestört oder negativ betroffen werden, ungünstig auf die Lebensführung, die Lebensqualität und damit das persönliche Schicksal des Verletzten auswirken.
Unter Berücksichtigung aller Umstände hält der Senat ein Schmerzensgeld von € 50.000,00 zum Ausgleich der erlittenen Beeinträchtigungen für angemessen und ausreichend.
Der Senat hatte bei der Bemessung zu berücksichtigen, dass durch die Versteifung des Knies die Bewegungsfähigkeit der Klägerin erheblich eingeschränkt wurde. Es ergibt sich bereits aus der Versteifung an sich, dass die Klägerin dadurch in einer Vielzahl von Tätigkeiten und Freizeitaktivitäten behindert ist. Es handelt sich um einen gravierenden Einschnitt in die Lebensverhältnisse der zum Zeitpunkt der Kniegelenksversteifung ca. 60 Jahre alten Klägerin. Es ist jedoch schmerzensgeldsmindernd zu berücksichtigen, dass der Bewegungsumfang einer neuen Prothese gegenüber der infizierten Prothese eingeschränkt gewesen wäre und eine vollständige Wiederherstellung der prothetischen Versorgung nicht möglich war, sowie dass die Grunderkrankung, die Infektion des Knies, nicht behandlungsfehlerhaft ausgelöst wurde. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Folgeoperationen hält der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000,00 € für angemessen und ausreichend.
B. Der Feststellungsantrag erwies sich als begründet. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
C. Der Klägerin sind nach §§ 280; 249 BGB die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten zu erstatten.
D. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
E. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
F. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.


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