Medizinrecht

Herkunftsland Nigeria, nachgeborene Tochter, Beschränkung auf Abschiebungsverbote, keine Gefahr der Genitalverstümmelung, Atemwegserkrankung, Behandelbarkeit und Zugänglichkeit einer Behandlung, Risiko für einen möglicherweise schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung nicht ausreichend nachgewiesen

Aktenzeichen  W 10 K 20.30949

Datum:
12.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9361
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Das Gericht konnte durch die Einzelrichterin entscheiden, nachdem dieser das Verfahren durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist, § 76 Abs. 1 AsylG.
Die zulässige Klage, über die nach § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden durfte, ist unbegründet. Die Klägerin hat zum maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung des Bundesamts zu ihren Gunsten. Der streitgegenständliche Bescheid vom 21. Juli 2020 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Ablehnung der Asylanerkennung sowie der Zuerkennung internationalen Schutzes (Ziffern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheids) ist bereits unanfechtbar geworden.
1. Der Klägerin steht kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu.
a) Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
aa) § 60 Abs. 5 AufenthG verweist auf die EMRK, soweit sich aus dieser zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse ergeben. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung unterworfen werden. Insbesondere genügt nach der Rechtsprechung des EGMR der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen erheblich beeinträchtigt würde, nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen. Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten nicht, Fortschritte in der Medizin sowie Unterschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht auszugleichen (EGMR, U.v. 27.5.2008 – Nr. 26565/05, N./Vereinigtes Königreich – NVwZ 2008, 1334 Rn. 44). Etwas anderes gilt nur in außergewöhnlichen Ausnahmefällen. Ein Ausnahmefall, in dem humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen, liegt beispielsweise dann vor, wenn die Versorgungslage im Herkunftsland völlig unzureichend ist (vgl. EGMR, a.a.O. Rn. 42; U.v. 28.6.2011 – Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681; U.v. 13.10.2011 – Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 – NJOZ 2012, 952).
Zwar ist dem Gericht bekannt, dass das Leben der Menschen in Nigeria von problematischen wirtschaftlichen Verhältnissen, einer schwierigen Versorgungslage und hoher Arbeitslosigkeit geprägt ist. Etwa zwei Drittel der nigerianischen Bevölkerung lebt in extremer Armut (vgl. EASO, a.a.O., S. 16). Der größte Teil der Bevölkerung ist von informellem Handel und Subsistenzwirtschaft abhängig. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist ungleichmäßig zwischen einer kleinen Elite, die von dem Ölreichtum des Lands profitiert, und der Masse der Bevölkerung verteilt. Viele Menschen haben keinen oder nur erschwerten Zugang zu Wasser und Strom. Ein staatlich organisiertes Hilfsnetz für Mittellose existiert ebenso wenig wie kostenlose medizinische Versorgung, die allen nigerianischen Staatsangehörigen zugänglich ist. Mittellose Personen sind regelmäßig auf die Unterstützung der Familie angewiesen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 17, 23 ff.). Allerdings kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 17; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria vom 23.11.2020, S. 77). Insgesamt liegt keine derart unzureichende Versorgungslage vor, die einen besonderen Ausnahmefall im genannten Sinne begründet, zumal die allgemeine Versorgungslage zwar deutlich hinter europäischen Standards zurückbleibt, sich insbesondere in den Großstädten aber tendenziell verbessert.
bb) Vor diesem Hintergrund ist das Gericht auch in Anbetracht der persönlichen Situation der Klägerin davon überzeugt, dass ihre Eltern unter Überwindung von Anfangsschwierigkeiten die Möglichkeit haben werden, sich und ihrer Familie eine Existenzgrundlage aufzubauen und so jedenfalls ihre elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Das Gericht nimmt hierzu auf die Ausführungen in den Urteilen vom 31. Oktober 2019 in den Verfahren der Eltern und des Bruders der Klägerin (W 10 K 18.31616, W 10 K 19.30767) Bezug, wonach die Eltern in der Lage sein werden, die Existenz der Familie – gerade auch unter Berücksichtigung der damals noch ungeborenen Klägerin – zu sichern. Im Urteil im Verfahren W 10 K 18.31616 ist hierzu Folgendes ausgeführt:
„Auch wenn staatliche Unterstützungsleistungen nicht gewährt werden, ist das Gericht auch in Anbetracht der persönlichen Situation der Kläger davon überzeugt, dass diese unter Überwindung von Anfangsschwierigkeiten die Möglichkeit haben werden, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen und so jedenfalls ihre elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Die Klägerin zu 1) hat nach ihren Angaben zwar nicht die Schule besucht, sie hat aber eine eineinhalbjährige Berufsausbildung zur Friseurin gemacht und war als solche auch bereits tätig. Ihr war es sogar möglich, von ihrem Verdienst aus dieser Tätigkeit Ersparnisse zurückzulegen, mit denen sie ihre Ausreise zumindest teilweise finanzieren konnte. Es ist somit nicht ersichtlich, dass es der Klägerin zu 1) als junger Frau ohne gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht möglich sein wird, Fuß zu fassen und eine wirtschaftliche Existenzgrundlage aufzubauen, um den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn sowie ihre weiteren Kinder zu erwirtschaften, auch wenn sie nicht auf ein familiäres Netzwerk in Nigeria zurückgreifen könnte. Auch der vorgelegte vorläufige Entlassungsbericht des Klinikums Fürstenfeldbruck vom 4. April 2018 enthält keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu 1). Dass sie sich alleine in einer ihr unbekannten Umgebung behaupten kann, hat sie darüber hinaus durch ihre alleinige Reise nach Europa bewiesen, während der sie zudem nach ihren Angaben schwanger war (vgl. VG München, U.v. 9.11.2018 – M 21 K 17.42545 – juris Rn. 30). Des weiteren gibt es in Nigeria zahlreiche Tätigkeiten, die mit der Mutterrolle verbunden werden können und auch keiner besonderen Aus- oder Vorbildung bedürfen, da sie im Wege der Berufspraxis erlernt werden können. Erforderlich und ausreichend ist insoweit zudem, dass die Kläger durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem notwendigen Lebensunterhalt Erforderliche erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, die nicht den überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 1.2.2007 – 1 C 24.06 – NVwZ 2007, 590; OVG NW, U.v. 17.11.2008 – 11 A 4395/04.A – juris Rn. 47). Durch ihre in Europa gesammelten Erfahrungen befindet sich die Klägerin zu 1) zudem in einer vergleichsweise guten Position, da sie und ihre Kinder von diesen auch zukünftig in Nigeria profitieren können. Das Gericht hat daher keine Zweifel daran, dass es der Klägerin zu 1) nicht nur mit dem Kläger zu 2), sondern auch mit dem ungeborenen Kind bzw. den etwaigen weiteren zwei Kindern in Nigeria gelingen wird, die Existenz der Familie zu sichern, selbst wenn unter Umständen nur ein Leben am Rand des Existenzminimums möglich wäre.
Dies gilt umso mehr, als davon auszugehen ist, dass die Kläger nur mit dem im Bundesgebiet lebenden Lebensgefährten der Klägerin zu 1), der jedenfalls der Vater ihres ungeborenen Kindes ist, als Familienverband nach Nigeria zurückkehren müssten. Der Lebensgefährte der Klägerin zu 1) ist jung, gesund und arbeitsfähig und wird daher für die Kläger und gegebenenfalls weitere Kinder sorgen können. Es gibt im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beziehung beendet werden könnte. Vielmehr wird aus den Angaben der Klägerin zu 1) und ihres Lebensgefährten – der beispielsweise nicht nur angegeben hat, er habe die Klägerin zu 1) bereits in Nigeria rituell geheiratet, sondern auch, er sei der Vater des Klägers zu 2) und er wolle sich um seine Familie kümmern – sowie aus dem gesamten Verhalten des Lebensgefährten der Klägerin zu 1) deutlich, dass er seine Familie unterstützen möchte und dies auch tut, auch wenn er nach der Aussage der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung gar nicht der Vater des Klägers zu 2) ist. Die Klägerin zu 1) hat in ihren Ausführungen deutlich gemacht, wie sehr er sich um sie kümmert. Daher geht das Gericht davon aus, dass eine tatsächlich gelebte Schicksals- und Beistandsgemeinschaft zwischen der Klägerin zu 1), ihrem Lebensgefährten, dem Kläger zu 2) sowie künftig dem ungeborenen – gemeinsamen – Kind gelebt wird und sich daran auch in absehbarer Zeit nichts ändert. Dass die Beziehung möglicherweise irgendwann enden könnte, ist zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation.
Darüber hinaus liegen dem Gericht Erkenntnisse über internationale Bemühungen vor, in Nigeria Zentren für Rückkehrer und Migrationsberatungszentren weiter auszubauen. So wurden etwa 2018 in Benin City und Lagos entsprechende Einrichtungen eröffnet (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 24; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Nigeria, Stand: 12.4.2019, S. 56). Überdies steht es den Klägern frei, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen oder sich an karitative Einrichtungen vor Ort zu wenden, um Unterstützung und Starthilfe zu erhalten und erste Anfangsschwierigkeiten gut überbrücken zu können. So können nigerianische ausreisewillige Personen Leistungen aus dem REAG-Programm sowie aus dem GARP-Programm erhalten, die Reisebeihilfen im Wert von 200,00 EUR und eine Starthilfe im Umfang von 1.000,00 EUR beinhalten; eine zweite Starthilfe in Höhe von 1.000,00 EUR wird sechs bis acht Monate nach der Rückkehr im Heimatland persönlich ausgezahlt. Darüber hinaus besteht das Reintegrationsprogramm ERRIN. Die Hilfen aus diesem Programm umfassen Beratung nach der Ankunft, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, Unterstützung bei einer Existenzgründung, Grundausstattung für die Wohnung sowie die Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und karitativen Einrichtungen. Die Unterstützung wird als Sachleistung gewährt. Der Leistungsrahmen für rückgeführte Einzelpersonen beträgt dabei bis zu 2.000,00 EUR und im Familienverbund bis zu 3.300,00 EUR (https://www.returningfromgermany.de/de/programmes/erin). Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich die Kläger nicht darauf berufen können, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – juris; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es den Klägern möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Nigeria freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen.“
Die erkennende Einzelrichterin hält an dieser Einschätzung auch unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnismittel sowie der derzeitigen Corona-Pandemie fest.
Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln bzw. allgemein zugänglichen Quellen gibt es in Nigeria im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt 163.581 bestätigte Corona-Fälle. Davon sind 154.005 Personen genesen. Außerdem gibt es „lediglich“ 2.058 Todesfälle, wobei Nigeria eine zunehmend realistischere Kurve aufweist, auch wenn bei den Angaben die Dunkelziffer nach wie vor hoch sein und die Zahl der an dem Virus Infizierten bzw. Gestorbenen deutlich höher liegen mag (Stand: 9.4.2021; vgl. etwa Nigeria Centre for Disease Control https://covid19.ncdc.gov.ng/ oder https://www.worldometers.info/coronavirus/country/nigeria/; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie, Die Gesundheitssysteme in den Top-10-Herkunftsländern (im Folgenden: Länderinformation COVID-19-Pandemie) vom Juni 2020, S. 27 ff.; BFA, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage (im Folgenden: Kurzinformation zu COVID-19) vom 9.7.2020, S. 1, 3, 12 sowie vom 10.6.2020, S. 2; EASO Special Report: Asylum Trends and COVID-19 vom 11.6.2020, S. 10, 14 ff.). Jedoch ist Nigeria im internationalen Vergleich weniger von COVID-19 betroffen, auch wenn es landesweit ansteigende Infektionszahlen verzeichnet. Zudem ist der nigerianische Staat nicht untätig geblieben, wobei in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedliche Maßnahmen getroffen werden (vgl. Auswärtiges Amt, Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise, Abruf am 9.4.2021, Stand: 29.3.2021, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/205788; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 27 ff.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 12 sowie vom 23.3.2020, S. 2). Einzelne Bundesstaaten haben Bewegungsbeschränkungen und Auflagen innerhalb der Bundesgrenzen verhängt. Im Hauptstadtbezirk sowie in Lagos gilt eine grundsätzliche nächtliche Ausgangssperre von 0:00 bis 4:00 Uhr. Im öffentlichen Raum gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Bars und Nachtklubs sind geschlossen. Menschenansammlungen mit mehr als 50 Personen bleiben grundsätzlich untersagt. Die Behörden können die Einhaltung der Maskenpflicht und von Bewegungsbeschränkungen jederzeit überprüfen, Verstöße sanktionieren und Temperaturmessungen an öffentlichen Orten durchführen. Bei der Einreise sind Vorgaben etwa zu negativen Tests bzw. Quarantäne zu beachten (vgl. Auswärtiges Amt, Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise, a.a.O.; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie, S. 28 f.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 10.6.2020, S. 1 ff., 7 ff.).
Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation in Nigeria aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie verschlechtert und wohl mehr als die Hälfte der geplanten Staatseinnahmen verloren gehen (vgl. Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie, S. 28 f.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 6 sowie vom 10.6.2020, S. 3, 8 f.; EASO Special Report: Asylum Trends and COVID-19 vom 11.6.2020, S. 15), hält es das Gericht zum jetzigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht für hinreichend beachtlich wahrscheinlich, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse derart negativ entwickeln werden, dass von einer grundsätzlich abweichenden Beurteilung ausgegangen werden kann. Für den Eintritt einer dahingehenden Verschlechterung der humanitären Verhältnisse in Nigeria fehlen dem Gericht zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) greifbare Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass gerade hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie ein Gegensteuern des nigerianischen Staats erkennbar ist. So wurden verschiedene Maßnahmen zur Koordinierung und Unterstützung des „Nigeria Centre for Disease Control“ ergriffen. Ebenso gibt es Konjunkturpakete, um die Auswirkungen für Haushalte und Betriebe zu lindern; außerdem wurden Nahrungsmittel und Saatgut verteilt. Die Flughäfen Abuja und Lagos sind wieder für den regulären internationalen Flugverkehr geöffnet. Allerdings ist der zur Einreise berechtigte Personenkreis derzeit beschränkt. Die nigerianischen Landesgrenzen sind offiziell wieder geöffnet, wobei beim Grenzübertritt mit Behinderungen zu rechnen ist. Geschäfte, Banken, Märkte, Hotels und Unternehmen sind unter Einhaltung von strengen Hygienemaßnahmen geöffnet. In manchen Bundesstaaten dürfen Restaurants nur im Außenbereich bewirten. Bei der Lebensmittelversorgung ist es zu keinen überdurchschnittlichen Engpässen gekommen, auch wenn in manchen Bereichen ein erheblicher Preisanstieg verzeichnet wurde. Darüber hinaus sind internationale Organisationen und internationale NGOs auch in Nigeria mit Unterstützung und Hilfsmaßnahmen zur Eindämmung und Abfederung der Pandemie aktiv (vgl. Auswärtiges Amt, Nigeria: Reise- und Sicherheitshinweise, a.a.O.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 9, 13 sowie vom 10.6.2020, S. 3, 8 f.; Nigeria Centre for Disease Control vom 8.6.2020, https://ncdc.gov.ng/news/253/100-days-of-nigeria-covid-19-response; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 28 f.; https://reliefweb.int/report/nigeria/nigeria-humanitarian-fund-allocation-covid-19-and-humanitarian-response, vom 16.6.2020; https://www.theafricare-port.com/26444/coronavirus-recession-in-nigeria-likely-despite-measures-in-place/, vom 20.4.2020; AllAfrica vom 3.7.2020, https:// allafrica.com/stories/202007030189.html; TheConversation vom 21.6.2020, https://theconversation.com/nigerias-post-covid-19-recovery-plan-has-some-merit-but-it-misses-the-mark-140974). Darüber hinaus hat der Internationale Währungsfonds Soforthilfen für Nigeria in Höhe von 3,4 Milliarden US-Dollar gewährt (vgl. IWF vom 28.4.2020, https://www.imf.org/en/News/Articles/2020/04/28/pr20191-nigeria-imf-executive-board-approves-emergency-support-to-address-covid-19). Das Gericht geht zudem davon aus, dass gerade der für viele Nigerianer als Einnahmequelle bedeutende informelle Sektor nach der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen auch der Klägerin und ihrer Familie wieder zur Verfügung stehen wird. In der zweiten Jahreshälfte 2020 ist bereits ein Wiederanziehen der Konjunktur feststellbar und für 2021 wird ein Wirtschaftswachstum von 2,2% erwartet (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria vom 23.11.2020, S. 5 f., 69; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 28 f.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 10.6.2020, S. 3 ff., 8 f.).
Gegebenenfalls können die Klägerin und ihre Familie auf private Hilfsmöglichkeiten oder Hilfsorganisationen zurückgreifen, sodass sie nicht völlig mittellos wären und sich in Nigeria etwa auch mit Medikamenten, Desinfektionsmitteln oder Gesichtsmasken versorgen könnten. Zudem könnten ihnen bei Bedarf diese Dinge für eine Übergangszeit mitgegeben werden (vgl. OVG NW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris; BayVGH, B.v. 10.10.2019 – 19 CS 19.2136).
cc) Aus der vorgetragenen drohenden Genitalverstümmelung ergibt sich ebenfalls kein Abschiebungsverbot, da eine entsprechende Gefahr nicht ausreichend konkret dargelegt wurde.
aaa) Aus den vorliegenden Erkenntnismitteln ergibt sich, dass weibliche Genitalverstümmelung in vielen Regionen Nigerias verbreitet ist. Auch wenn die Beschneidungspraxis rückläufig ist und inzwischen in einigen Bundesstaaten unter Strafe gestellt ist, so handelt es sich dabei gleichwohl um eine Tradition der nigerianischen Gesellschaft, die nach wie vor insbesondere in ländlichen Regionen im Südwesten und in der Region Süd-Süd praktiziert wird (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria vom 23.11.2020, S. 51 f.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 5.12.2020 (Lagebericht Nigeria), S. 16). Dagegen gilt die Durchführung der weiblichen Genitalverstümmelung beispielsweise in Lagos als absolute Ausnahme (vgl. Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, weibliche Genitalverstümmelung – Formen, Auswirkungen, Verbreitung, Asylverfahren, April 2010, S. 44). Die Beschneidung dient unter anderem der Kontrolle der weiblichen Sexualität sowie der Sicherstellung der wirtschaftlichen Zukunft der Frau und erfolgt zuweilen auch aus hygienischen, gesundheitlichen oder religiösen Gründen. Zur Verbreitung der weiblichen Genitalverstümmelung gibt es unterschiedliche Zahlen, die von 18,4% bis zu 60% reichen (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria, S. 52; Bundesamt, Frauen in Nigeria, November 2006, S. 15; Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, weibliche Genitalverstümmelung – Formen, Auswirkungen, Verbreitung, Asylverfahren, April 2010, S. 11; ACCORD, Nigeria, Frauen, Kinder, sexuelle Orientierung, Gesundheitsversorgung, 21.6.2011, S. 6 ff.). Auch das Alter, in dem die Beschneidung erfolgt, reicht vom frühen Säuglings- und Kindesalter bis zum Erwachsenenalter und ist abhängig von der jeweiligen Herkunftsregion und Volksgruppe.
Die Gefahr einer Genitalverstümmelung der Klägerin wurde jedoch nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass Außenstehende die Eltern der Klägerin zwingen könnten, ihre Tochter beschneiden zu lassen. Zwar haben die Eltern der Klägerin im Verwaltungsverfahren bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, das soziale Umfeld in Nigeria fordere generell die Beschneidung eines Mädchens, es sei in ihrer Kultur ein Muss und Voraussetzung für eine Heirat. Dieser sehr pauschale und unsubstantiierte Vortrag widerspricht jedoch deutlich dem bereits geschilderten differenzierten Eindruck, welchen das Gericht aus den Erkenntnismitteln gewonnen hat. Insoweit ist jedenfalls in einer Großstadt, in welcher die Lebenswirklichkeit weniger von traditionellen Vorstellungen beherrscht wird als beispielsweise in ländlichen Gegenden, nicht davon auszugehen, dass das soziale Umfeld mit Erfolg die Beschneidung eines Mädchens fordern würde. Die Mutter der Klägerin konnte trotz wiederholter Nachfrage auch keinen konkreten Akteur benennen, von dem die Gefahr ausgehen könnte. Es bleibt somit die lediglich theoretische Möglichkeit einer Genitalverstümmelung der Klägerin in Nigeria. Unabhängig davon hat die Mutter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie sei nicht beschnitten. Es sei versucht worden, ihre Eltern seien aber dagegen gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die Einzelrichterin davon überzeugt, dass es auch den Eltern der Klägerin gelingen wird, diese bei einer Rückkehr nach Nigeria vor einer Beschneidung zu schützen.
Darüber hinaus ergibt sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln, dass beim Volk der Edo (bzw. Bini), dem die Eltern der Klägerin nach ihren Angaben angehören, die Beschneidung zwischen dem 7. und 14. Tag nach der Geburt durchgeführt wird, bei Erwachsenen nicht mehr. Dabei ist sogar zweifelhaft, ob bei den Edo überhaupt noch Beschneidung stattfindet (vgl. Bundesamt, Informationszentrum Asyl und Migration, weibliche Genitalverstümmelung – Formen, Auswirkungen, Verbreitung, Asylverfahren, April 2010, S. 44). Des weiteren spricht auch der Umstand, dass die Eltern der Klägerin aus Benin City, also aus einer städtisch geprägten Region stammt, gegen die Gefahr einer Genitalverstümmelung, da Mädchen in städtischen Gebieten weniger wahrscheinlich einer Genitalverstümmelung ausgesetzt sind als Mädchen in ländlichen Gebieten (vgl. EASO, Country of Origin Report: Nigeria – Country Focus, Juni 2017, S. 39). Im Hinblick darauf sowie auf die rückläufigen Zahlen würde zudem selbst eine eigene Beschneidung der Mutter der Klägerin noch nicht darauf schließen lassen, dass auch der Klägerin bei einer Rückkehr nach Nigeria eine Beschneidung droht.
bbb) Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Klägerin die Gefahr einer Genitalverstümmelung drohen würde, ist nach Ansicht des Gerichts jedenfalls keine landesweit bestehende Gefahr anzunehmen.
Der Klägerin ist es möglich und zumutbar, sich mit ihrer Familie in einem anderen Teil Nigerias aufzuhalten. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln über die Lage im Bundesstaat Nigeria sowie einschlägiger Rechtsprechung besteht grundsätzlich in den meisten Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung, Repressionen Dritter sowie Fällen massiver regionaler Instabilität durch Umzug in einen anderen Teil des Lands auszuweichen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 17). Dies gilt auch für Frauen oder Mädchen, die von Genitalverstümmelung bedroht sind (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria, S. 52). Die Eltern der Klägerin stammen eigenen Angaben zufolge aus dem Bundesstaat Edo und sind christlichen Glaubens. Die Familie kann sich daher beispielsweise in eine der zahlreichen Großstädte, insbesondere Abuja oder in den christlich geprägten Südwesten des Lands, nach Lagos oder Ibadan, begeben, wo sie sich dem Schutz von Nichtregierungsorganisationen für Frauen anvertrauen kann (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation, S. 51 ff.). In der Millionenstadt Lagos gilt die Durchführung der weiblichen Genitalverstümmelung als absolute Ausnahme (vgl. obige Ausführungen). Die Klägerin und ihre Familie genießen Freizügigkeit in ganz Nigeria, so dass sie ihren Wohn- und Aufenthaltsort grundsätzlich frei bestimmen können. Wenn sie nicht von sich aus den Kontakt zu ihren Familien aufnehmen, ist es unwahrscheinlich, dass sie außerhalb ihrer Heimatregion aufgefunden werden, zumal Nigeria inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner hat, eine Fläche von 925.000 Quadratkilometern aufweist und dabei nicht über ein funktionsfähiges Meldesystem verfügt. Daher ist eine landesweite Verfolgung nicht zu erwarten, erst recht nicht von Privatpersonen (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria, S. 78 f.). Wie bereits dargelegt, werden die Eltern der Klägerin auch in der Lage sein, die Existenz der Familie zu sichern, selbst wenn sie nicht auf ein soziales Netz in Nigeria zugreifen können.
b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Insbesondere ergibt sich ein solches – auch unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie – nicht aus ihrer persönlichen gesundheitlichen Situation.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei ist unerheblich, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird, die Regelung stellt alleine auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab, unabhängig davon, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – BVerwGE 99, 324). Es gilt der Gefahrenmaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
aa) Wie bereits dargestellt, ist die Versorgungslage in Nigeria problematisch. Die allgemeine schlechte wirtschaftliche Lage in Nigeria kann aber kein generelles Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen, da es sich hierbei um eine allgemeine Gefahr handelt, die einen Großteil der nigerianischen Bevölkerung betrifft, mit der Folge, dass grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG eingreift. Gleiches gilt für die derzeitige COVID-19-Pandemie. Ausgehend von den oben dargestellten Maßstäben kann alleine in wenigen besonders gelagerten Einzelfällen eine mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehende Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit angenommen werden, welche die allgemeine Gefahr zu einem Abschiebungsverbot verdichtet.
Im Fall der Klägerin kann eine derartige Extremgefahr nicht prognostiziert werden. Auch insoweit gilt, wie bereits ausgeführt, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass es ihrer Familie möglich sein wird, die Lebensgrundlage – auch unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie – durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern.
bb) Auch aus der vorgetragenen gesundheitlichen Situation der Klägerin folgt nichts anderes.
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen kann ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, angenommen werden. Erforderlich ist, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u. a. – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris Rn. 8). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Insbesondere muss medizinische Versorgung im Herkunftsland nicht mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig sein, § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG muss der Ausländer eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.
cc) Unabhängig davon, ob die vorgelegten Atteste diesen Anforderungen genügen und die dort geschilderten gesundheitlichen Probleme noch bestehen, ergeben sich aus ihnen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Hierzu wird zunächst auf die entsprechenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 21. Juli 2020 verwiesen. Das Gericht geht mit dem Bundesamt insbesondere davon aus, dass der Klägerin in Anbetracht ihrer persönlichen Umstände eine dem maßgeblichen Standard in ihrem Herkunftsland (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG) entsprechende Behandlung ihrer Erkrankungen zugänglich wäre und ihre Eltern auch die notwendigen Medikamente beschaffen könnten.
Zwar liegt das nigerianische Gesundheitssystem nach manchen Stellungnahmen sogar noch unter dem afrikanischen Durchschnitt (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (im Folgenden: SFH), Nigeria: Behandlung von psychischen Erkrankungen, Auskunft der Länderanalyse vom 10.11.2017, S. 2 ff.), wenngleich in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt worden sein sollen, welche insbesondere auf die Zunahme der Anzahl privater Praxen und Kliniken mit gut ausgebildeten Ärzten zurückgeführt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 24). Signifikant für den schlechten Versorgungsstandard ist, dass Nigeria im Jahr 2015 in der weltweiten Bewertung der Gesundheitssysteme durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den viertletzten Platz (197 von 200) einnahm (vgl. SFH Flüchtlingshilfe, a.a.O.) Zum einen bestehen hinsichtlich der Zugänglichkeit der Versorgung große Unterschiede zwischen vermögenden und weniger vermögenden Personen, zum anderen erhalten die meisten Personen – selbst bei Zahlungsfähigkeit – nicht die benötigten Gesundheitsdienstleistungen (vgl. SFH, a.a.O.). Das staatliche Gesundheitssystem ist bei einem jährlichen Anteil von fünf bis sechs Prozent des Staatshaushaltes (Stand 2015) chronisch unterfinanziert, weshalb Korruption dort weit verbreitet ist (vgl. SFH a.a.O., S. 3 ff.). Des Weiteren können Streiks in öffentlichen Krankenhäusern die Versorgung zusätzlich einschränken (vgl. SFH a.a.O., S. 4). Nigeria kennt keinen umfassenden Krankenversicherungsschutz, welcher die erforderliche medizinische Versorgung auch im Falle von Erwerbs- bzw. Vermögenslosigkeit abdeckt. Die bestehende allgemeine Kranken- und Rentenversicherung greift nur für Beschäftigte im sog. formellen Sektor (d.h. demjenigen Teil der Volkswirtschaft, welcher im Gegensatz zur informellen Wirtschaft durch formalisierte Beschäftigungsverhältnisse geprägt ist, also statistisch – im Bruttoinlandsprodukt – und steuermäßig erfasst wird und in den Geldkreislauf eingebunden ist). Die meisten Nigerianerinnen und Nigerianer arbeiten hingegen als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, a.a.O.; SFH a.a.O., S. 4 ff.), weshalb ihnen eine Krankenversicherung nicht zugänglich ist. Leistungen der Krankenversicherung kommen damit nur etwa 10% der Bevölkerung Nigerias zugute (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, a.a.O.). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor, allerdings in der Regel unter europäischem Standard. Es bestehen sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden. Auch in staatlichen Krankenhäusern müssen die Behandlungen jedoch selbst bezahlt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, a.a.O.; SFH, a.a.O., S. 4 ff.).
Die Medikamentenversorgung ist nicht frei von Mängeln. Zwar gibt es in Nigeria fast alle geläufigen Medikamente zu kaufen, die Qualität der auf dem freien Markt verfügbaren Produkte ist jedoch zweifelhaft, da viele Fälschungen im Umlauf sind. Entscheidend ist jedoch wie auch bei der sonstigen medizinischen Versorgung, ob der Patient die benötigten Medikamente bezahlen kann (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, S. 25; SFH, a.a.O. S. 3, 4). Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient muss sich daher, auch im Krankenhaus, die erforderlichen Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Nigeria, a.a.O.; SFH, a.a.O.).
Auch in Anbetracht dieser Schwierigkeiten sowie der bereits dargestellten allgemein ungünstigen wirtschaftlichen Lage und der persönlichen Umstände der Klägerin ist es ihr mithilfe ihrer Eltern möglich und zumutbar, sich in Nigeria die notwendige Behandlung zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass ihr eine dem maßgeblichen Standard in seinem Herkunftsland (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG) entsprechende Behandlung zugänglich wäre.
dd) Eine abweichende Sichtweise ist auch nicht aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie angezeigt.
§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt das Vorliegen einer zielstaatsbezogenen Gefahr voraus, die den Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betrifft. Eine unmittelbare Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheidet allerdings dann aus, wenn die Gefahr eine Vielzahl von Personen im Herkunftsland in gleicher Weise betrifft, so z.B. allgemeine Gefahren im Zusammenhang mit Hungersnöten oder Naturkatastrophen, § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG. Diese allgemeinen Gefahren sind stattdessen bei Aussetzungsanordnungen durch die obersten Landesbehörden nach § 60 Abs. 7 Satz 5 i.V.m. § 60a Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigen. Gleichwohl kann ein Ausländer nach der Rechtsprechung des BVerwG im Hinblick auf die im Herkunftsland herrschenden Existenzbedingungen trotz Fehlens einer politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz beanspruchen, wenn er im Fall der Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Extremgefahr für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre. Dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG, dem betroffenen Ausländer im Wege verfassungskonformer Auslegung Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09, NVwZ 2011, 48 Rn. 14 f.). Wann sich allgemeine Gefahren zu einem Abschiebungsverbot verdichten, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Es muss sich aber jedenfalls um Gefahren handeln, die nach Art, Ausmaß und Intensität von erheblichem Gewicht sind. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2001 – 1 C 5.01 – BVerwGE 115, 1 ff. m.w.N.; BayVGH. U.v. 17.2.2009 – 9 B 08.30225 – juris m.w.N.; für den Fall einer schlechten Lebensmittelversorgung, die den Betroffenen im Fall der Rückkehr nach seiner speziellen Lebenssituation in die konkrete Gefahr des Hungertods bringen würde vgl. etwa: BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 -; BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 -; BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 -; BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 -; BayVGH, U.v. 16.1.2014 – 13a B 13.30025 -, alle juris). Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen.
Eine solche extreme, konkrete Gefahrenlage ist für die Klägerin im Hinblick auf die Verbreitung des „Coronavirus“ auch vor dem Hintergrund des erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeitsgrads für das Gericht nicht erkennbar.
Zunächst es insoweit festzustellen, dass die Klägerin mangels entgegenstehender Anhaltspunkte nicht mit dem neuartigen SARS-CoV-2 („Coronavirus“) infiziert ist bzw. nicht an der hierdurch hervorgerufenen Lungenerkrankung COVID-19 leidet.
Auch der allgemeine Umstand, dass die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankungen zu einer Risikogruppe für einen möglicherweise schwerwiegenden Krankheitsverlauf bei einer COVID-19-Erkrankung gehören könnte, führt zu keiner abweichenden Sichtweise. Denn für die Beurteilung ist auf die tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen. Erforderlich ist, durch die Benennung bestimmter begründeter Informationen, Auskünfte, Presseberichte oder sonstiger Erkenntnisquellen, zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür aufzuzeigen, dass der Betreffende etwa zu einer Risikogruppe gehört und in seinem speziellen Einzelfall mit einer Ansteckung, einschließlich eines schweren Verlaufs, zu rechnen ist. Anzugeben ist dabei weiter, wie viele Personen im Zielland konkret infiziert sind, einen schweren Verlauf haben und gestorben sind, ob landesweit eine betreffende Gefahr besteht bzw. konkret an dem Ort, an den der Betreffende zurückkehrt und auch welche Schutzmaßnahmen der Staat mit welcher Effektivität getroffen hat (vgl. OVG NW, B.v. 23.6.2020 – 6 A 844/20.A – juris). An einem entsprechenden substantiierten Vorbringen der Klägerin fehlt es.
Darüber hinaus stellt auch die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe eine medizinische Frage dar und muss deshalb mit entsprechenden ärztlichen Attesten nachgewiesen werden (vgl. allgemein zu den Anforderungen an ein solches Attest VG Würzburg, B.v. 3.12.2020 – W 8 E 20.1838 – juris Rn. 32 ff.), was sich letztlich schon aus der Pflicht zur Vorlage qualifizierter ärztlicher Atteste nach § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG ergibt. Dies gilt umso mehr, als dass auch das Robert-Koch-Institut selbst auf seiner Homepage (vgl. Robert Koch-Institut, Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html, Stand: 29.10.2020) darauf hinweist, dass eine generelle Einstufung in eine Risikogruppe nicht möglich ist und eine individuelle Risikofaktoren-Bewertung im Sinne einer medizinischen Begutachtung erforderlich ist. Die konkrete Einstufung der tatsächlichen Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung verlangt daher eine medizinische Einzelfallbewertung des konkret-individuellen Risikos. Das konkrete Risiko muss mittels eines ärztlichen Attests, welches auch gerade das erhöhte Risiko eines möglicherweise schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung begründet und bescheinigt, nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden.
Ein solches qualifiziertes ärztliches Attest, welches die Zugehörigkeit der Klägerin zu einer Risikogruppe im obigen Sinne nachweist, wurden nicht vorgelegt. Die in den Akten befindlichen ärztlichen Unterlagen verhalten sich nicht zu COVID-19. Eine konkrete außergewöhnliche Gefahrenlage im obigen Sinne ist damit gerade auch unter Berücksichtigung des erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeitsgrads nicht erkennbar, zumal auch in Nigeria die Möglichkeit besteht, das Ansteckungsrisiko durch zumutbare Eigenschutzmaßnahmen (z.B. Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Meiden von Menschenansammlungen, Desinfektion) zu minimieren und darüber hinaus mit der Verabreichung von Schutzimpfungen gegen das SARS-CoV-2-Virus begonnen wurde (vgl. Bundesamt, Briefing Notes vom 22.3.2021, S. 10).
Die Klägerin muss sich daher auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie, wie hinsichtlich etwaiger anderer Erkrankungen, wie etwa Malaria, HIV, Masern, Cholera, Lassa-Fieber, Meningitis oder Tuberkulose, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung und eines schweren Verlaufs teilweise um ein Vielfaches höher liegt als bei dem „Coronavirus“ (vgl. Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 25 f.; EASO Special Report: Asylum Trends and COVID-19 vom 11.6.2020, S. 14 f.; vgl. zu Malaria OVG NW, U.v. 24.3.2020 – 19 A 4470/19.A – juris; VG Karlsruhe, U.v. 26.2.2020 – A 4 K 7158/18 – juris), im Bedarfsfall auf die Möglichkeiten des – zugegebenermaßen mangelhaften – nigerianischen Gesundheits- und Sozialsystems verweisen lassen, § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG (vgl. Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 25 f.; BFA, Länderinformation der Staatendokumentation: Nigeria vom 23.11.2020, S. 69 ff. und 73 ff.; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 5.12.2020, S. 23 ff.). Des Weiteren ist festzuhalten, dass die Ansteckungsgefahr mit dem „Coronavirus“ auch in Nigeria nicht in allen Landesteilen gleich hoch ist. Vielmehr gibt es erhebliche regionale Unterschiede beim Risiko, angesteckt zu werden (vgl. Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 27 f.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 10.6.2020, S. 5 f., 8 sowie vom 23.3.2020, S. 2).
ee) Wie schon ausgeführt hat das Gericht weiter keine triftigen Anhaltspunkte, geschweige denn konkrete Belege, dass sich die Lebensverhältnisse und die humanitären Lebensbedingungen in Folge der COVID-19-Pandemie in Nigeria in der Weise verschlechtert hätten oder alsbald verschlechtern würden, dass generell für jeden Rückkehrer eine extreme Gefahr im oben zitierten Sinn mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen würde. Gerade angesichts der regionalen Unterschiede und dem unterschiedlichen Vorgehen der einzelnen Bundesstaaten bestehen weiterhin ausreichende Möglichkeiten, sich ein Existenzminimum zu erwirtschaften, so dass eine Rückkehr nach Nigeria zumutbar ist. Bei der Nahrungsmittel- und Wasserversorgung kommt es zudem zu keinem Mangel, der über das übliche Maß hinausgehen würde (vgl. BFA, Kurzinformation der Staatendokumentation Afrika, COVID-19 – aktuelle Lage vom 9.7.2020, S. 13). So wie Restriktionsmaßnahmen zurückgenommen werden, werden die Möglichkeiten für die tägliche Arbeit voraussichtlich ansteigen und den Zugang auch zu Non-Food-Artikeln verbessern (vgl. FEWS-NET, Nigeria Food Security Outlook Update, August 2020).
Nach alledem gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich die Wirtschafts- und Versorgungslage der Bevölkerung trotz internationaler humanitärer Hilfe, trotz Gegensteuerns des nigerianischen Staats und trotz lokaler Hilfsbereitschaft infolge der Pandemie derart verschlechtern würde, dass die Eltern der Klägerin nicht mehr in der Lage wären, den Lebensunterhalt für die Familie sicherzustellen (ebenso VG Würzburg, B.v. 1.7.2020 – W 8 S 20.30762; VG Cottbus, B.v. 29.5.2020 – 9 L 226/20.A – juris; U.v. 29.5.2020 – 9 K 112/19.A – juris). Das Gericht verkennt – auch unter Berücksichtigung der COVID-19-Pandemie – nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Nigeria. Diese betreffen jedoch nigerianische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.
2. Letztlich bestehen auch an der Rechtmäßigkeit der Ausreiseaufforderung und der auf § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG beruhenden Abschiebungsandrohung nach Nigeria keine Bedenken. Dies gilt auch im Hinblick auf die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) sind weder ersichtlich, noch vorgetragen. Da die Klägerin das Bundesgebiet nur gemeinsam mit ihren Familienangehörigen verlassen müsste (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylG), ist nicht ersichtlich, weshalb die von der Beklagten gesetzte Frist unangemessen sein könnte, zumal die Asylanträge der Eltern und des Bruders der Klägerin bestandskräftig abgelehnt worden sind.
Die Einzelrichterin nimmt ergänzend Bezug auf die Begründung des angefochtenen Bescheids, folgt ihr und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben