Medizinrecht

Hilfe zur Pflege

Aktenzeichen  B 8 K 18.880

Datum:
9.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53626
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BVG § 26c
OVG § 1 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 7 Abs. 2 des Opferentschädigungsgesetzes – OEG – (i.V.m. § 1 OEG i.V.m. § 26c des Bundesversorgungsgesetzes – BVG -) eröffnet, soweit der Kläger „Hilfe zur Pflege“ gem. § 26c BVG begehrt.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft, § 42 Abs. 1 VwGO. Das Begehren des Klägers ist in seinem Interesse dahingehend auszulegen, dass er sich nicht gegen den Bescheid vom 21.02.2018 wendet, soweit ihm darin „Hilfe zur Pflege“ dem Grunde nach zugesprochen wird, §§ 86 Abs. 2, 88 VwGO. Vielmehr geht es dem Kläger ersichtlich um die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung einer bestimmten Leistung. Im Übrigen fehlt es der Klage, soweit sie sich gegen den Bescheid richtet, an einer Beschwer des Klägers.
2. Dem Verpflichtungsbegehren des Klägers im Hinblick auf die von ihm begehrte „Hilfe zur Pflege“ kann jedoch in der Sache nicht entsprochen werden.
a. Die Zuständigkeit des Beklagten als Hauptfürsorgestelle zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch ergibt sich aus § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 und 2 OEG i.V.m. Art. 107 Abs. 2 Ausführungsgesetz zu den Sozialgesetzen – AGSG – (davor § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten – DVOEG – (gültig bis 31.07.2005) bzw. § 1 Abs. 1 DVOEG (gültig bis 31.12.2008)).
b. Ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG i.V.m. § 26c BVG besteht nicht.
Hilfe zur Pflege nach § 26c BVG ist nachrangig gegenüber Leistungen der Pflegeversicherung nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 des Sozialgesetzbuchs, Elftes Buch, Soziale Pflegeversicherung – SGB XI -. Weiter ist sie – im Ergebnis – auch nachrangig gegenüber Bezügen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, vgl. § 65 Abs. 1 Nr. 1 BVG, § 4 Abs. 2 und 4 OEG, § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII -.
„Hilfe zur Pflege“ als Leistung der Kriegsopferfürsorge i.S.v. § 25a BVG kann weiter nur erbracht werden, soweit der aus § 26c BVG anzuerkennende Bedarf nicht aus den übrigen Leistungen nach dem BVG – und ggf. dem sonstigen Einkommen und Vermögen – gedeckt werden kann. Insbesondere gehen nach § 26c Abs. 2 BVG die Leistungen nach § 35 BVG (Pflegezulage) vor, die der Kläger bereits bezieht.
Darüber hinaus ist die Entscheidung der Pflegekasse über den Pflegegrad und damit das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit im Rahmen der Ermittlung von „Hilfe zur Pflege“ bindend, § 26c Abs. 1 BVG i.V.m. § 62a des Sozialgesetzbuchs, Zwölftes Buch, Sozialhilfe – SGB XII -. Insofern genügt auch nicht ein etwaiger Verweis auf ein Gutachten vom 27.01.2017, das beim Kläger den Pflegegrad 3 feststellt, da nach einem Gutachten der Pflegeversicherung vom 22.08.2017 beim Kläger den Pflegegrad 2 zugrunde zu legen wäre.
Der Kläger hat vor diesem Hintergrund weder Tatsachen in hinreichend substantiierter Form dargelegt noch nachgewiesen, die der Ermittlung und Berechnung eines solchen Anspruchs auf Hilfe zur Pflege nach § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. § 26c BVG zugrunde gelegt werden könnten. Weder zu tatsächlich angefallenen bzw. anfallenden – und in seiner Kenntnissphäre liegenden – Pflegeaufwendungen noch zu in diesem Zusammenhang – als vorrangig zu behandelnde – bezogene Pflegeleistungen, trug der Kläger auch nach erneuter ausdrücklicher Aufforderung unter Fristsetzung des Gerichts ausreichend vor. Ein konkreter über die bereits erhaltenen Pflegeleistungen hinausgehender Mehraufwand der Pflege, der über die Hilfe zur Pflege nach § 26c BVG abgedeckt werden könnte, ist damit nicht ermittelbar. Die Angaben des Klägers, insbesondere, dass er mit Personen etwaige Verträge geschlossen habe, verbleibt – wie bereits im behördlichen Verfahren – ohne stichhaltige Nachweise und genügt nicht.
Bei der gerichtlichen Aufforderung zum Vortrag und Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen handelt es sich um eine Anordnung mit Fristsetzung hinsichtlich ergänzenden Klägervorbringens i.S.v. § 87b VwGO. Darüber und über die mögliche Folge einer Präklusion weiteren Vorbringens wurde der Kläger mit gerichtlichen Schreiben vom 30.07.2020 auch belehrt.
Die Frage, inwiefern der Kläger sein Einkommen im Übrigen einzusetzen hätte, § 1 Abs. 1 OEG i.V.m. § 25a Abs. 1 BVG i.V.m. § 25 c Abs. 3 BVG, kann daher offenbleiben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO. Nach § 188 Satz 2, 1. Halbsatz i.V.m. Satz 1 VwGO werden Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) nicht erhoben.
3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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