Medizinrecht

Infektionsschutz: Nachweis der medizinischen Kontraindikation gegenüber Masern-Schutzimpfung

Aktenzeichen  3 EO 805/20

Datum:
20.10.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 3. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2021:1020.3EO805.20.00
Normen:
§ 20 Abs 9 S 1 Nr 2 Alt 2 IfSG
§ 20 Abs 12 IfSG
§ 33 Nr 1 IfSG
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Das ärztliche Zeugnis im Sinne von § 20 Abs 9 S 1 Nr 2 Alt 2 IfSG muss wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf Plausibilität hin zu überprüfen (im Anschluss an: Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. Juli 2021 – 25 CS 21.1651 – m.w.N.).(Rn.18)

2. Bestehen berechtigte Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit eines vorgelegten ärztlichen Nachweises einer medizinischen Kontraindikation ist das zuständige Gesundheitsamt befugt diese zu prüfen.(Rn.24)

Verfahrensgang

vorgehend VG Meiningen, 10. November 2020, 2 E 1144/20 Me, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 10. November 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehung einer Verfügung des Antragsgegners, nach der ihm mangels Nachweis einer Schutzimpfung gegen Masern bzw. einer medizinischen Kontraindikation gegen eine solche Impfung der Besuch des Schulhorts untersagt wird.
Der 2014 geborene Antragsteller besucht die erste Klasse der Staatlichen Grundschule … und strebt eine Betreuung im schuleigenen Hort an. Der Vater des Antragstellers zeigte im September 2020 bei der Schulleitung eine Impfunfähigkeitsbescheinigung eines Dr. … von den Privatärztlichen Praxen … … vor, ohne diese auszuhändigen. Die Schulleitung informierte daraufhin das Gesundheitsamt des Antragsgegners. Nach einem Gespräch mit dem Vater des Antragsstellers stellte die Amtsärztin am 21.09.2020 ein Attest aus, welches die Richtigkeit der Impfbefreiung durch Dr. … wegen bestimmter äußerer Umstände und auf Grundlage eigener Anamnese anzweifelte und feststellte, dass keine medizinischen Gründe gegen eine Impfung sprächen. Der Antragsgegner untersagte daraufhin mit Bescheid vom 02.10.2020 dem Antragsteller den Hortbesuch bis zur vollständigen Klärung des Sachverhalts.
Gegen den Bescheid legte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 13.10.2020 Widerspruch ein.
Am gleichen Tag hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht Meiningen um vorläufigen Rechtsschutz ersucht, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10.11.2020 abgelehnt hat. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die Anordnung § 20 Abs. 12 Satz 3 IfSG sei. Die Untersagungsvoraussetzungen seien gegeben. Es sei datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Schulleitung das Gesundheitsamt informiert habe. Der Vater des Antragstellers sei auch vom Gesundheitsamt zu einem Vorsprachetermin geladen worden. Die Voraussetzung für eine Befreiung von der Impfung als Bedingung zum Besuch des Hortes sei nicht glaubhaft gemacht. Das vorgelegte ärztliche Attest sei nicht geeignet, eine Kontraindikation nachzuweisen. Es wiederhole den gesetzlichen Wortlaut, ohne die Umstände zu benennen, die einer Impfung konkret entgegenstünden. Eine notwendige Plausibilitätsprüfung könne nicht stattfinden. Zweifel erweckten im Übrigen die pauschalen Angaben im Attest. Die Glaubhaftigkeit leide auch daran, dass keine Angaben zu Erkrankungen oder Vorbelastungen des Antragstellers genannt würden, die durch das Robert-Koch-Institut als Kontraindikationen für eine Impfung ausgewiesen würden. Solche Kontraindikationen hätten sich in der Vergangenheit auch bei den vorschulischen Untersuchungen des Antragstellers nicht ergeben. Überdies bestünden Zweifel, da allein im Amtsbezirk des Antragsgegners 20 gleichlautende Atteste desselben in Bayern ansässigen Arztes von Schülern vorgelegt und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen diesen aufgenommen worden seien. Mangels Nachweis fiele auch die Interessenabwägung gegen den Antragsteller aus. Das öffentliche Interesse am Gesundheitsschutz aufgrund der Masernschutzimpfung überwöge das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
Gegen diesen ihm am 12.11.2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 24.11.2020 beim Verwaltungsgericht Meiningen Beschwerde eingelegt und diese am 10.12.2020 gegenüber dem Oberverwaltungsgericht begründet.
Mit der Beschwerde macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend, es sei eine hinreichende Bescheinigung zum Impfstatus wegen einer vom Arzt festgestellten absoluten Kontraindikation vorgelegt worden. Die Datenübermittlung der Betreuungseinrichtung an das Gesundheitsamt sei datenschutzrechtlich zu beanstanden. Das Gesundheitsamt des Antragsgegners habe seinen Vater auch unzureichend zu einem Nachweis entsprechend der gesetzlichen Anforderung aufgefordert. Der vorgelegte Nachweis sei auch nicht inhaltlich zu überprüfen gewesen. Angesichts der Fallzahlen der Maserninfektionen bestünde auch kein besonderes Vollzugsinteresse.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 10. November 2020 die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2020 anzuordnen.
Der Antragsgegner wendet sich gegen die Beschwerde und verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 147, 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ausgehend von den vom Antragsteller dargelegten Gründen – nur diese sind grundsätzlich Gegenstand der Prüfung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts durch den Senat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) – ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2020 abgelehnt.
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht bereits überwiegendes dafür, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen Interessensabwägung zutreffend von der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ausgegangen ist.
Rechtsgrundlage der angegriffenen Untersagung der Betreuung des Antragstellers im Schulhort der Grundschule H… ist § 20 Abs. 12 Satz 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG), gegen dessen Verfassungsmäßigkeit jedenfalls keine evidenten Zweifel bestehen (BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2020 – 1 BvR 469/20, 1 BvR 470/20 – juris; vgl. im Übrigen zur Vereinbarkeit einer Impfpflicht und der Untersagung des Besuchs von Bildungseinrichtungen bei deren Nichtbefolgung mit Art. 8 EMRK: EuGHMR, Entscheidung vom 8. April 2021 – Beschwerden Nr. 47621/13 u. a.: Vavřička u. a. ./. Tschechische Republik – ECLI:CE:ECHR:2021:0408JUD004762113, Juris).
Danach kann das Gesundheitsamt eine Person, die trotz der Aufforderung nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt hat, untersagen, dass sie den Betrieb einer in § 20 Abs. 8 Satz 1 IfSG genannten Einrichtung betritt. Nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG haben (unter anderem) Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 3 IfSG betreut werden, dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweiligen Einrichtungen befinden, auf Anforderung einen Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG vorzulegen. Nach Nr. 2 dieser zuletzt genannten Norm haben diese Personen (der Leitung der jeweiligen Einrichtung vor Beginn ihrer Betreuung) ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen, dass bei Ihnen eine Immunität gegen Masern vorliegt oder sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können.
Der Antragsteller, der einen Schulhort und mithin eine Gemeinschaftseinrichtung i. S. d. § 33 Nr. 1 IfSG im Bezirk des Antragsgegners besuchen will, hat den danach notwendigen Nachweis bislang nicht erbracht.
Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass das vom Antragsteller vorgelegte Attest nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein ärztliches Zeugnis im Sinne der genannten Bestimmung entspricht. Der Senat schließt sich zu den insoweit geltenden Anforderungen den Ausführungen des Bayerischen VGH in seinem Beschluss vom 7. Juli 2021 an (Az. 25 CS 21.1651, juris Rn. 14 ff.):
„a) Das ärztliche Zeugnis im Sinne von § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 IfSG darf sich nicht damit begnügen, den Gesetzeswortlaut zum Bestehen einer medizinischen Kontraindikation zu wiederholen. Es muss vielmehr wenigstens solche Angaben zur Art der medizinischen Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, das ärztliche Zeugnis auf Plausibilität hin zu überprüfen (SächsOVG, B.v. 5.5.2021 – 3 B 411/20 – juris Rn. 21 ff.; VG Meiningen, B.v. 10.11.2020 – 2 E 1144/20 – juris Rn. 26 f.; Gebhard in Kießling, IfSG, 2. Aufl. 2021, § 20 Rn. 50; a.A. ohne Begründung Aligbe, ARP 2020, 227, 228). Hierfür sprechen neben dem Zweck der Regelung, eine ausreichend hohe Impfquote zu erreichen und hierfür u.a. dem Gesundheitsamt eine Grundlage für das weitere Vorgehen (z.B. in einem Beratungsgespräch nach § 20 Abs. 12 Satz 2 IfSG) zu geben, auch systematische Erwägungen, denn das IfSG unterscheidet auch an anderer Stelle die schlichte Bescheinigung vom Nachweis durch ein ärztliches Zeugnis (vgl. etwa § 43 Abs. 1 Satz 2 IfSG). Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt diese Annahme. So führt die Begründung des Entwurfs für ein Masernschutzgesetz zu den Kosten der Reform wörtlich aus (BT-Drs. 19/13452 S. 19):
„Wenn Bürgerinnen und Bürger ihren Pflichten durch Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses über das Bestehen einer medizinischen Kontraindikation zur Befreiung von einer Masern-Impfung nachkommen, fallen für das Einholen einer solchen Bescheinigung nach Nummer 75 des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (ausführlicher schriftlicher Krankheits- und Befundbericht (einschließlich Angaben zur Anamnese, zu dem(n) Befund(en), zur epikritischen Bewertung und gegebenenfalls zur Therapie)) mit einem Faktor von maximal 2,3 je nach ärztlichem Ermessen Kosten zwischen 7,50 und 17 Euro an.“
Die von den Antragstellern angeführte Begründung der Entschließung des Bundesrats vom 28. Mai 2021 (BR-Drs. 426/21 S. 2), wonach nach geltendem Recht „auf den ärztlichen Bescheinigungen zur Befreiung von der Masernimpfplicht lediglich Angaben zur zeitlichen Dauer der Kontraindikation, nicht aber Angaben zum medizinischen Grund enthalten sein“ dürften, kann der Senat vor diesem Hintergrund sowohl terminologisch als auch inhaltlich nicht nachvollziehen.“
Das vom Antragsteller vorgelegte ärztliche Zeugnis des Dr. …, Privatärztliche Praxen … …_, vom 3. September 2020 genügt ersichtlich diesen Anforderungen nicht. Das Attest begnügt sich mit der pauschalen Feststellung, dass die Freistellung von Impfungen aufgrund medizinischer Kontraindikation für den Antragsteller ab sofort und zeitlich unbegrenzt für jede Art von Impfstoff bestehe. Eine Plausibilitätskontrolle ist aufgrund der fehlenden Substantiierung der Feststellung nicht möglich. Es bleibt offen, aufgrund welcher Umstände eine solche Kontraindikation, die als Ausnahme des gesetzlichen Regelfalls der Impfung gegen eine Maserninfektion zu begründen ist, anzunehmen ist. Das vorgelegte Attest nimmt keinen Bezug auf die konkrete gesundheitliche Situation des Antragstellers, sondern enthält nur auf einem standardisierten Vordruck allgemeine Aussagen, nach denen der Antragsteller „ohne Gefahr für seine/ihre Gesundheit oder sein/ihr Leben nicht geimpft werden kann“ und entsprechend „aufgrund medizinischer Kontraindikation von der Impfpflicht freizustellen“ sei. Das – im Übrigen im behördlichen Verfahren nur vorgezeigte und erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegte – Attest konnte in dieser Fassung vom Antragsgegner nicht auf seine Plausibilität oder Authentizität geprüft werden.
Soweit der Antragsteller nunmehr im Beschwerdeverfahren geltend macht, es sei zwischen einer relativen und absoluten Kontraindikation zu unterscheiden, lässt – ungeachtet der Frage der medizinischen Erheblichkeit dieser Unterscheidung im vorliegenden Fall – das dem Antragsgegner vorgelegte Attest nicht erkennen, auf welche Form einer Kontraindikation es sich bezieht.
Ungeachtet dieses Mangels, der der Tauglichkeit des Dokuments als Nachweis im Sinne der infektionsschutzrechtlichen Rechtsgrundlage bereits entgegensteht, gibt die uneingeschränkte Impfbefreiung, die das Attest bescheinigt, überdies Anlass zu erheblichen Zweifeln an der inhaltlichen Richtigkeit des Zeugnisses.
Dabei ist der Antragsgegner durchaus befugt, diese Richtigkeit bei berechtigten Zweifeln zu prüfen. Dies ergibt sich sowohl aus der allgemeinen Amtsermittlungspflicht der Behörden im Verwaltungsverfahren (§ 24 ThürVwVfG), als auch unschwer aus den besonderen infektionsschutzrechtlichen Regelungen. Um die durch Art. 1 Nr. 8 e) des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) in § 20 Abs. 8 bis 14 IfSG eingeführten infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen durchzusetzen sowie die Aufgabe der Gesundheitsbehörden im Hinblick auf das in § 20 Abs. 9 Satz 6 IfSG angeordnete Betreuungsverbot sicherzustellen und damit der Zielstellung des Gesetzes gerecht zu werden, kann der Antragsgegner nicht darauf beschränkt sein, eine ihm vorgelegte ärztliche Bescheinigung allenfalls in formeller Hinsicht zu beanstanden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der Bescheinigung begründen (so auch mit Verweis auf eine Rechtsprechung des BAG bei vergleichbaren Sachverhalten: OVG Sachsen, Beschluss vom 5. Mai 2021 – 3 B 411/20 – juris Rn. 21, 25).
Solche Zweifel an der Richtigkeit des streitgegenständlichen Attestes sind hinreichend begründet. So wird – wie ausgeführt – der Grund für die attestierte grundlegende Impfunfähigkeit für alle Arten von Impfstoffen nicht genannt. Zudem erscheint eine weder zeitlich noch inhaltlich spezifizierte Impfunfähigkeit deswegen als unwahrscheinlich, weil bei der vorhergehenden Einschulungsuntersuchung und dem Gespräch mit dem Vater des Antragstellers keine solche Vorerkrankung oder ähnliches festgestellt werden konnte, welche eine Unverträglichkeit mit Masernimpfstoff bzw. sonstigen Vaczinen begründet hätte. Der Antragsgegner weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass gegen die Glaubhaftigkeit des ärztlichen Zeugnisses spricht, dass eine Vielzahl (20) solcher Zeugnisse durch den in Bayern praktizierenden Arzt für Schüler und Schülerinnen auch in seinem Amtsbezirk ausgestellt wurden, ohne dass erkennbar ist, dass eine körperliche Untersuchung der Betroffenen stattgefunden hat. Jedenfalls fehlt offenbar eine Stellungnahme des den Antragsteller vor Ort behandelnden Kinderarztes.
Bestanden mithin erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des vorgelegten Zeugnisses, war der Antragsgegner veranlasst, eine amtsärztliche Untersuchung durchzuführen. Gegen die Richtigkeit des Attestes des Amtsarztes des Antragsgegners vom 21. September 2020, dem eine Anamnese des Antragstellers zu Grunde lag und das zum Ergebnis kommt, dass eine medizinische Kontraindikation nicht festzustellen ist, wird weder vom Antragsteller in der Sache etwas eingewandt, noch sind – jedenfalls im summarischen Verfahren – Fehler erkennbar.
Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, dass die Fristsetzung des Antragsgegners zur Vorlage eines entsprechenden Attestes unzureichend war. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Der Vater des Antragstellers wurde mit E-Mails vom 16. und 17. September 2020 vom Gesundheitsamt des Antragsgegners aufgefordert, bis zum Zeitpunkt seiner Anhörung am 21. September 2020 ein Attest und weitere medizinische Dokumente vorzulegen. Die Fristsetzung ist insbesondere im Hinblick auf die vom Vater des Antragstellers betonte Dringlichkeit der Angelegenheit angemessen. Eine schnelle Klärung zur Impfsituation entsprach dabei nicht nur seinem Interesse, möglichst umgehend den Hort besuchen zu können, sondern auch dem der ungestörten Ordnung des laufenden Schul- und Hortbetriebes. Das bei dem Anhörungstermin vorgezeigte – nicht überreichte – Attest genügte aber, wie ausgeführt, nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein Attest im Sinne der gesetzlichen Vorschriften.
Soweit die Beschwerdebegründung weiterhin ausführt, die Schulleitung habe zu Unrecht das Gesundheitsamt des Antragsgegners informiert, übersieht dies bereits, dass dem Gesundheitsamt nach § 20 Abs. 12 IfSG eine eigenständige Zuständigkeit und Befugnis zukommt, im Rahmen dessen sie berechtigt ist, die entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln. Ungeachtet dessen, dass der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung nicht ansatzweise ausführt, welche datenschutzrechtliche Bestimmungen verletzt wurden, ist nicht ohne weiteres erkennbar, dass selbst eine solche Verletzung durch den Schulleiter unterstellt, dies zu einer Rechtswidrigkeit der Maßnahme des Antragsgegners führt. Der Senat hat im Übrigen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass vorliegend die Weitergabe von Informationen im Rahmen der vom Infektionsschutzgesetz vorgesehenen Unterrichtungen zwischen der Schulleitung und dem zuständigen Gesundheitsamt nicht zu beanstanden ist. Vielmehr verpflichtet und berechtigt § 20 Abs. 9 Satz 4 IfSG die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung zur Meldung an das Gesundheitsamt, wenn ein Nachweis nicht vorgelegt wird. Eine solche Meldung war veranlasst, da das ärztliche Zeugnis der Schule weder im Original noch in Kopie überlassen wurde. Im Übrigen begründeten die aufgezeigten Mängel des Attestes hinreichend Verdachtsmomente, die zur Unterrichtung des Gesundheitsamtes berechtigten.
Auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Interessensabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO vermag die Beschwerdebegründung nicht zu erschüttern. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Überwiegen des öffentlichen Durchsetzungsinteresses gegenüber dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers vollumfänglich an. Allein der Hinweis des Antragstellers auf ein minimales Infektionsrisiko steht nicht dem gesetzgeberischen Willen entgegen, umfassend den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Maserninfektionen durchzusetzen. Die Schutzbedürftigkeit der anderen betreuten Personen überwiegt – insofern dem Normzweck folgend – das Interesse des Antragstellers an der Betreuung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.
Hinweis:Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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