Medizinrecht

Kassenarztrecht: Keine Behandlung Erwachsener durch niedergelassenen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin

Aktenzeichen  L 12 KA 3/19

Datum:
15.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42738
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V § 106d Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Grenzen für die Ausübung der fachärztlichen Tätigkeit bestimmt sich nach der Gebietsdefinition in der maßgeblichen Weiterbildungsordnung. (Rn. 36)
2. Für einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin ist die Behandlung von Erwachsenen wegen Fachfremdheit nach der in den streitgegenständlichen Quartalen geltenden Weiterbildungsordnung grundsätzlich ausgeschlossen. (Rn. 37 – 38)
1. In der vertragsärztlichen Versorgung können Ärzte für fachfremde Leistungen grundsätzlich keine Vergütung beanspruchen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots – erbracht und abgerechnet worden sind. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 20 KA 674/17 2018-10-10 SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 10. Oktober 2018, S 20 KA 674/17, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Entscheidung konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG)
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klagen zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Die von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütungen der für über 18 Jahre alte Patienten abgesetzten Leistungen. In der vertragsärztlichen Versorgung können Ärzte für fachfremde Leistungen grundsätzlich keine Vergütung beanspruchen (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2006, – B 6 KA 75/04 R). Der Kläger ist Kinder- und Jugendmediziner mit Schwerpunkt Neuropädiatrie und verfügt über eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich Neuropädiatrie. Ebenso wie Vertragsärzte darf auch der Kläger als ermächtigter Krankenhausarzt nicht in sein Fachgebiet fallende Leistungen grundsätzlich nicht abrechnen (vgl. Pawlita, jurisPK SGB V, § 95 Rn 41 m.w.N.; vgl. auch Teil I Allgemeine Bestimmungen, I 2.3 EBM).
Dies gilt für die hier streitgegenständlichen Quartale auch dann, wenn die Patienten an bestimmten Krankheitsbildern (zB Down-Syndrom, Mukoviszidose, cerebrale Anfallsleiden) leiden und keine – ausnahmsweise – Abrechnungsgenehmigung seitens der Krankenkasse vorlag.
Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellungen, deren Rechtmäßigkeit hier im Streit stehen, ist § 106d Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V (in der Fassung vom 16.07.2015). Danach stellt die KÄV die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts – mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots – erbracht und abgerechnet worden sind (vgl. BSG Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 33/16 R – SozR 4-2500 § 106a Nr. 17 Rn. 19; BSG Urteil vom 2.4.2014 – B 6 KA 20/13 R – SozR 4-2500 § 117 Nr.6 Rn. 13, jeweils mwN).
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Ärzte für fachfremde Leistungen grundsätzlich keine Vergütung beanspruchen können (s BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 8, jeweils Rn. 4, mwN). Die Heilberufs- bzw. Kammergesetze der Länder und die auf der Grundlage von Ermächtigungen in diesen Gesetzen von den Ärztekammern der Länder erlassenen Weiterbildungsordnungen normieren die Verpflichtung derjenigen Ärzte, die – wie der Kläger – eine Gebietsbezeichnung führen, ihre Tätigkeit auf dieses Fachgebiet zu beschränken. Für den Kläger folgt diese Verpflichtung aus § 2 Abs. 2 Satz 2 der WBO der Ärztekammer Bayern idF vom 01.01.2016. Danach bestimmt die Gebietsdefinition die Grenzen für die Ausübung der fachärztlichen Tätigkeit. Die Bindung an die Grenzen seines Fachgebietes gilt für den Arzt auch in seiner Tätigkeit als Vertragsarzt. Welche ärztlichen Leistungen zu einem bestimmten Fachgebiet gehören oder aber außerhalb dieses Gebiets liegen und deshalb als fachfremd zu behandeln sind, beurteilt sich in erster Linie nach der jeweiligen Gebietsdefinition in der WBO.
Das Gebiet Kinder- und Jugendmedizin (Abschnitt B Nummer 14 WBO) war in der in den streitigen Quartalen geltenden WBO wie folgt beschrieben:
„Definition:
Das Gebiet Kinder und Jugendmedizin umfasst die Erkennung, Behandlung, Prävention, Rehabilitation und Nachsorge aller körperlichen, neurologischen, psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Entwicklungsstörungen und Behinderungen des Säuglings, Kleinkindes, Kindes und Jugendlichen vom Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränatale Erkrankungen, Neonatologie und der Sozialpädiatrie.“
Damit sind Leistungen für Erwachsene nicht Gegenstand der Weiterbildung von Ärzten für Kinder- und Jugendmedizin (so auch SG München, Urteil vom 11.12.2017, – S 28 KA 615/15). Für die Abgrenzung des Fachgebietes der Kinder- und Jugendmedizin ist nicht die angewandte Methode oder ein Organsystem maßgebend, sondern der behandelte Personenkreis, nämlich Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Dass damit Erwachsene von der Behandlung durch Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin grundsätzlich ausgeschlossen werden, wird durch die Ergänzung „von Beginn bis zum Abschluss seiner somatischen Entwicklung einschließlich pränataler Erkrankungen“ betont (BSG, Beschluss vom 28.10.2015, – B 6 KA 12/15 B – juris, Rn. 12; Sächsisches LSG, Beschluss vom 24.09.2010, – L 1 KA 1/10 B ER – juris Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des BSG haben Schwerpunktbezeichnungen oder Zusatzbezeichnungen keinen Einfluss auf die Beurteilung der Fachfremdheit einer Leistung; ebenso wenig hat eine Spezialisierung innerhalb eines Fachgebiets generell einen Einfluss auf die Fachgebietsgrenzen und die Fachfremdheit einer Leistung (BSG, aaO, Rn. 15, 16). Im Übrigen können auch Sicherstellungsgesichtspunkte nicht gegen die Fachfremdheit angeführt werden (vgl. BSG, aaO, Rn. 17).
An der Bindung der Ärzte an die Grenzen ihres Fachgebietes bei der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung hat sich durch den vom Klägerbevollmächtigten zitierten Kammerbeschluss des BVerfG vom 01.02.2011 (1 BvR 2383/10 – juris) nichts geändert. Das Sächsisches Landessozialgericht führt in seinem Urteil vom 10. Dezember 2014 – L 8 KA 17/13, juris – hierzu zutreffend aus: „Nach diesem Beschluss sind berufsrechtliche Sanktionen der Ärztekammern nicht schon bei systematischer, sondern erst bei überwiegend gebietsüberschreitender Tätigkeit mit Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar (a.a.O. Rn. 20 ff.). Hieraus folgt indessen – worauf das BVerfG selbst hingewiesen hat (a.a.O. Rn. 28) – für die vertragsärztliche Tätigkeit nichts (so auch Hahn/Sendowski, NZS 2011, 728, 731 f.). Das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hat schon immer höhere Anforderungen an die Qualifikation von Leistungserbringern gestellt als das Berufsrecht. So ist diesem wie dem sonstigen öffentlichen Wirtschaftsrecht ein ärztliches Kuriermonopol fremd, während das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung seit jeher alle Leistungen, die eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende ärztliche Sachkunde erfordern, den Ärzten vorbehält (vgl. BSG, Urteil vom 01.03.1979 – 6 RKa 13/77 – juris Rn. 15 ff. = BSGE 48, 47; Urteil vom 12.05.1993 – 6 RKa 21/91 – juris Rn.23 = BSGE 72, 227). Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil in der vom Naturalleistungsprinzip geprägten gesetzlichen Krankenversicherung das öffentliche Interesse sich nicht darauf beschränkt, die Patienten bei der Behandlung vor Schäden zu bewahren, sondern auch darauf gerichtet ist, die medizinische Versorgung der Versicherten nach den dabei angewandten Methoden und der Qualifikation der dabei tätigen Personen möglichst wirksam und wirtschaftlich sicherzustellen (BVerfG, Beschluss vom 10.05.1988 – 1 BvR 111/77 – juris Rn. 21 ff. = BVerfGE 78, 155). Während die Bindung der Ärzte an die Grenzen ihres Fachgebiets im Berufsrecht allein dem Qualifikationserhalt dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 01.02.2011 – 1 BvR 2383/10 – juris Rn. 22 und 25), verfolgt sie im Vertragsarztrecht mit der Sicherung der Qualität der Versorgung selbst sowie deren Wirtschaftlichkeit im Interesse der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung weitergehende Ziele, die die Konzentration der Leistungen bei speziell qualifizierten Ärzten verfassungsrechtlich rechtfertigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.07.2004 – 1 BvR 1127/01 – juris Rn. 25 = SozR 4-2500 § 135 Nr. 2; Kammerbeschluss vom 08.07.2010 – 2 BvR 520/07 – juris Rn. 14 = SozR 4-2500 § 135 Nr. 16).“
Der erkennende Senat hat diesen überzeugenden Erwägungen nichts hinzuzufügen und verweist daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG verdeutlichen die bundesrechtlichen Regelungen des Vertragsarztrechts zur Zulassung (§ 18 Abs. 1 Satz 2 und § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV), zur Bedarfsplanung (§ 101 Abs. 1 SGB V und § 12 Abs. 3 Ärzte-ZV) und zu Zulassungsbeschränkungen (§ 103 Abs. 2 Satz 3 SGB V) in ihrer Zusammenschau, dass der (Bundes-) Gesetzgeber von einer nach einzelnen ärztlichen Fachgebieten gegliederten ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 7 S. 27 f; Nr. 9 S. 35; BSGE 84, 290, 292 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 21 S. 86; SozR 4-2500 § 95 Nr. 5 Rn. 8). Ein auch in der vertragsärztlichen Versorgung gegliedertes Facharztwesen kann aber seine Funktion nicht erfüllen, wenn jeder Facharzt Leistungen auf jedem ärztlichen Gebiet ohne Einschränkungen erbringen und abrechnen kann. Deshalb enthalten die genannten Regelungen des SGB V und der Ärzte-ZV zugleich den bundesrechtlichen Grundsatz, dass Leistungen außerhalb des eigenen Fachgebiets nicht vergütungsfähig sind (vgl. BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 34 f). Aus der (auch) vertragsarztrechtlichen Beschränkung der Tätigkeit auf das Fachgebiet, für das der Arzt als Vertragsarzt zugelassen ist, folgt zugleich zwingend, dass es für die Einhaltung der Fachgebietsgrenzen und für die Beurteilung der Fachfremdheit auf die persönliche Qualifikation des Arztes nicht ankommt. Dem steht die Notwendigkeit zu einer sachgerechten und klaren Abgrenzung der einzelnen ärztlichen Disziplinen entgegen. Daher spielt es für die Frage der Abrechenbarkeit der abgesetzten Leistungen auch keine Rolle, dass der Kläger sicher in besonderem Maße für die Behandlung des hier betroffenen Personenkreises qualifiziert ist und sowohl für die Patienten als auch deren Angehörige eine Weiterbehandlung durch den Kläger über das 18. Lebensjahr hinaus grundsätzlich wünschenswert wäre.
Auch aus der Änderung der WBO kann der Kläger keine weitergehenden Rechte für die hier im Streit stehenden Quartale herleiten. In der ab dem 01.05.2019 geltenden WBO (WBO der Ärztekammer Bayern idF vom 01.05.2019) wurde die Gebietsdefinition der Kinder- und Jugendmedizin erweitert. Nunmehr reicht die Betreuung des Patientenklientels auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendmedizin bis zur Transition in eine qualifizierte Weiterbetreuung und wurde um den Begriff des „Heranwachsenden“ ergänzt. Damit hat die für das Weiterbildungsrecht zuständige Ärztekammer Bayern auf die auch vom Kläger geschilderten Schwierigkeiten für bestimmte Patienten, einen qualifizierten Weiterbehandler nach Eintritt der Volljährigkeit zu finden, reagiert. In den streitigen Quartalen 4/2016 bis 2/2017 waren für den Kläger jedoch noch die Vorgaben der WBO idF vom 01.01.2016 maßgeblich, die eine entsprechende Öffnung nicht enthielten.
Auch das Argument, die betroffenen Patienten würden in verfassungswidriger Weise von der adäquaten Versorgung ausgeschlossen, verfängt nicht. Der Kläger selbst hat eine Reihe von Abrechnungsgenehmigungen für Einzelfälle vorgelegt, in denen die Krankenkassen auf Antrag der Betroffenen eine Weiterbehandlung durch den Kläger genehmigt haben. Dies zeigt, dass im Einzelfall durchaus die Möglichkeit einer Weiterbehandlung – wenn auch erst nach einem mit zusätzlichem Aufwand verbundenen Prozedere von Antragstellung und Genehmigung durch die Krankenkassen – bestand. Dass ein entsprechender Antrag in den abgesetzten Fällen gestellt und negativ verbeschieden wurde, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger in den hier streitgegenständlichen Quartalen nicht mehr berufen. Denn ein etwaiges Vertrauen ist – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – jedenfalls mit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids für das Quartal 1/2015 vom 27.04.2016 erschüttert worden ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger aufgrund entsprechender Hinweise des Beklagten auch Kenntnis von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Beschluss vom 28.10.2015, – B 6 KA 12/15 B. Der Kläger hatte spätestens ab diesem Zeitpunkt Kenntnis davon, dass die Beklagte ihre bis dahin praktizierte – und im Übrigen von den Beteiligten unterschiedlich geschilderte – Kulanzregelung nicht mehr fortführen wollte. Auch das in Bezug genommene Schreiben der Beklagten vom 04.07.2018 an einen anderen Vertragsarzt vermag hieran nichts zu ändern, da dieses Schreiben ohnehin nur Wirkung unter den (dort) Beteiligten entfalten könnte. Soweit der Klägerbevollmächtigte darauf verweist, dass der Widerspruchsbescheid vom 27.04.2016 rechtswidrig sei, vermag dies die Erschütterung des Vertrauens für die hier streitigen Quartale nicht zu ändern. Denn die Rechtswidrigkeit der sachlich-rechnerischen Richtigstellung für das Quartal 1/15 bezog sich nur darauf, dass wegen Vertrauensschutz eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für das Quartal 1/15 nicht zulässig war. Zudem entfaltet ein einmal geschaffener Vertrauenstatbestand nicht für alle Zukunft Schutzwirkungen, da er wieder entfallen kann. Ein solcher Wegfall ist etwa denkbar, wenn sich die Sach- oder Rechtslage maßgeblich ändert oder wenn die KÄV den Betroffenen gegenüber deutlich macht, dass sich Zweifel an der Richtigkeit der Auslegung einer Leistungslegende ergeben oder verstärkt haben, und sie die betroffenen Vertragsärzte zB durch Rundschreiben oä entsprechend informiert bzw. den Abrechnungsbescheiden deutliche Hinweise auf die Zweifel beifügt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 – B 6 KA 3/01 R -, BSGE 89, 90-104, SozR 3-2500 § 82 Nr. 3, SozR 3-5533 Nr. 115, SozR 3-5540 § 45 Nr. 3). Die Beklagte hat spätestens mit dem Widerspruchsbescheid vom 27.04.2016 deutlich gemacht, dass sie die bisherige Abrechnungspraxis gerade nicht mehr wissentlich duldet. Das Vertrauen in eine Abrechnung der abgesetzten Leistungen für weitere Quartale nach dem Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2016 (Postversand 04.05.2016) ist daher erschüttert. Zudem wurden beginnend mit dem Quartal 1/2015 die entsprechenden Fälle durchgehend abgesetzt und der Kläger auf die Unzulässigkeit seiner Abrechnung hingewiesen.
Eine Härtefallregelung kommt nicht in Betracht. Eine Härtefallregelung, mit der die explizit in Abschnitt B, Nummer 14 der Weiterbildungsordnung getroffene Regelung systematisch abgeändert wird, ist auch aus Sicht des Senats nicht zulässig. Sowohl die Beklagte als auch der Zulassungsausschuss, wie dieser auch mit Bescheid vom 09.12.2015 berücksichtigt hatte, sind an die Fachgebietsgrenzen gebunden und können diese nicht aus Sicherstellungsgesichtspunkten systematisch ausweiten (BSG, Beschluss vom 28.10.2015, B 6 KA 12/15 B, juris Rn. 17). Zudem wurden offensichtlich bereits in der Vergangenheit in Einzelfällen auf Antrag Abrechnungsgenehmigungen durch die Krankenkassen erteilt, nach denen der Kläger einzelne Patienten auch über das 18. Lebensjahr hinaus behandeln durfte. Dass dieses Vorgehen für alle Beteiligten mit einem gegenüber einer Härtefallregelung höheren Aufwand verbunden und Unsicherheiten ausgesetzt ist, ist bzw. war vom Kläger hinzunehmen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben