Medizinrecht

Keine Zulassung der Berufung mangels Zulassungsgrund

Aktenzeichen  L 11 AS 264/18 NZB

Datum:
24.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 7254
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG § 103, § 144, § 145
GG Art. 103

 

Leitsatz

Die Berufung ist nicht zuzulassen, wenn keine entsprechenden Zulassungsgründe vorliegen.

Verfahrensgang

S 8 AS 1303/14 2016-03-23 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23.03.2016 – S 8 AS 1303/14 – wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Streitig ist im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde die Aufforderung, zu einem Meldetermin am 02.04.2015 zu erscheinen (Schreiben vom 09.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2015), sowie die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgrund des Nichterscheinens zu den Meldeterminen am 04.11.2014 und 25.11.2014 (Bescheide vom 03.12.2014 in der Fassung des Bescheides vom 04.12.2014 in Gestalt der Widerspruchbescheide vom 03.02.2015 und 02.04.2015). Nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Frage der Rechtmäßigkeit des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes (EGVA); hierüber ist im Rahmen des Verfahrens L 11 AS 456/16 vom Senat bereits in der Sache entschieden worden.
Die Klägerin bezieht seit Oktober 2006 durchgehend Alg II. Sie hat gegen den EGVA (Bescheid vom 27.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2014 für den Zeitraum vom 27.03.2014 bis 30.09.2014) Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) unter dem Aktenzeichen S 8 AS 1303/14 erhoben. Das SG hat dieses Verfahren mit den weiteren Klagen wegen der Meldeaufforderung zum 02.04.2015 (S 8 AS 438/15) und wegen der Sanktionen hinsichtlich der Meldeversäumnisse vom 04.11.2014 und 25.11.2014 (S 8 S 261/15) verbunden. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Klägerin mehrfach die verweigerte Akteneinsicht sowie die Manipulation der Akten durch den Beklagten gerügt; sie wolle eine vollständige Kopie der Akten. Nach Erhalt der Ladung zum Termin vom 23.03.2016 hat die Klägerin eine Terminverlegung begehrt, da ihr die Kosten für die Anreise zum Termin mangels Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das SG nicht vorgeschossen würden. Mit Urteil vom 23.03.2016 hat das SG die „Klage“ unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Beklagten abgewiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass hinsichtlich des EGVA, der lediglich bis 30.09.2014 Wirkung entfaltet habe, die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Den Rügen der Klägerin hinsichtlich der Aufklärung des Sachverhaltes wegen angeblicher Aktenmanipulationen seien nicht nachzugehen, denn es gebe keine Anhaltspunkte für willkürliches Verhalten des Beklagten. Eine Terminverlegung habe nicht erfolgen müssen, denn die Klägerin sei rechtzeitig zum Termin geladen worden, so dass sie auch in der Lage gewesen wäre, finanziell entsprechende Dispositionen zu treffen. Dieses Urteil könne mit der Berufung angefochten werden.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben (L 11 AS 456/16). Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 07.03.2018 wegen der Rechtmäßigkeit des EGVA zurückgewiesen; hinsichtlich der damit verbundenen Klagen wegen der Aufforderung, zum 02.04.2015 zu erscheinen, und wegen der zwei Minderungen hat der Senat die Berufungen als unzulässig verworfen, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteige nicht 750,00 €. Dabei seien die jeweiligen Werte des Beschwerdegegenstandes getrennt zu ermitteln, denn die Verbindung durch das SG sei willkürlich erfolgt.
Nach Hinweis des Senates mit Schreiben vom 14.02.2018 im Rahmen des Berufungsverfahrens auf die eventuelle Unzulässigkeit der Berufung hinsichtlich des Meldetermins und der beiden Minderungen hat die Klägerin mit Schreiben vom 17.02.2018 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Sie wolle vom Beklagten Auskünfte und Antworten auf Fragen sowie Akteneinsicht und eine ausreichende Vorbereitungszeit für einen Termin; es könnten Manipulationen vorgelegen haben. Ihre Identität werde eventuell von einer dritten Person missbraucht. Das Recht auf rechtliches Gehör sei ebenso verletzt wie ihr Akteneinsichtsrecht. Fahrtkosten zum Termin erster Instanz seien nicht übernommen worden. Aufklärungsbedürftig seien insbesondere Beziehungen zu ihren früheren Arbeitgebern/Geschäftspartnern aus den Jahren ab 2003. Die Maßnahmen und Aktionen des Beklagten würden ihre berufliche Situation verschlechtern; es würden ihr immer wieder fehlerhafte Tatsachen vom Beklagten vorgehalten werden. Damit aber sei ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt. Das Recht auf Akteneinsicht sei vom Beklagten zurückgewiesen und Auskunftsersuchen seien vom Beklagten verweigert worden. Der Beklagte hätte sich vor Gesprächen zu ihrer beruflichen Situation erst alle Unterlagen seit 2005 beschaffen müssen. Wegen Aufklärungsfehlern läge ein uneinheitliches Bild ihrer Beschäftigungsverhältnisse vor. Der Beklagte müsse die Kosten für Vorstellungsgespräche finanzieren. Das Erstgericht sei nicht amtspflichtgemäß mit der Sache befasst gewesen und hätte ihr persönliches Erscheinen anordnen müssen, damit sie einen Fahrtkostenzuschuss zum Termin bekommen hätte, in dem aufklärungsbedürftige Tatsachen zu ihrer beruflichen Situation hätten geklärt werden müssen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Akten aus dem Verfahren L 11 AS 456/16 Bezug genommen.
II.
Die von der Klägerin mit Schreiben vom 17.02.2018 nach Hinweis des Senates erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig (§§ 144, 145 und 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Sie ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgemäß, denn das SG hat eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrungerteilt (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 66 RdNr. 13d unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 14.12.2006 – B 4 R 19/06 R – veröffentlicht in juris). Das SG hat die Verfahren S 8 AS 261/15 und S 8 AS 438/15 willkürlich mit einem Verfahren betreffend die Rechtmäßigkeit eines EGVA verbunden. Damit ist die Berufungsfähigkeit für den jeweiligen Anspruch gesondert zu prüfen (vgl. die Ausführungen des Senates im Urteil vom 07.03.2018 – L 11 AS 456/16). Hinsichtlich der beiden Sanktionen und dem hinter der Frage der Rechtmäßigkeit der Meldeaufforderung zum 02.04.2015 stehenden Wert des Beschwerdegegenstandes wird unabhängig davon, ob diese zusammenzurechnen sind, ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 € nicht erreicht. Nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Frage der Rechtmäßigkeit des EGVA, denn hierüber ist bereits im Verfahren L 11 AS 456/16 mit Urteil vom 07.03.2018 in der Sache entschieden worden.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Vorliegend ist eine grundsätzliche Bedeutung bzw. ein Abweichen des SG von der obergerichtlichen Rechtsprechung für den Senat nicht ersichtlich. Dies wird auch von der Klägerin nicht geltend gemacht. Vielmehr macht sie das Vorliegen von Verfahrensfehlern geltend. Sie rügt zum einen die mangelnde Aufklärung durch das SG wie auch durch den Beklagten hinsichtlich ihrer beruflichen Situation zumindest seit 2005 und eine Aktenmanipulation durch den Beklagten. Zudem rügt sie, dass der Beklagte ihr keine Akteneinsicht in die – erst nach Aufklärung vollständigen – Akten gewährt hätte. Sie bemängelt ebenso die fehlende Anordnung des persönlichen Erscheinens durch das SG. Durch all dieses werde ihr Recht auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) verletzt.
Der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt tatsächlich jedenfalls nicht vor. Die Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit – und hat diese auch ausführlich schriftlich genutzt -, um ihre Sicht der Dinge darzustellen. Zudem hätte sein in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gehabt, sich entsprechend zu äußern. Dabei war allerdings vom SG das persönliche Erscheinen aus seiner Sicht zu Recht nicht angeordnet worden. Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist nämlich von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des SG auszugehen (vgl. dazu Leitherer a.a.O. § 160 RdNr. 16b zur Revision). Nach Auffassung des SG war jedoch für die Frage der im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde allein streitigen Meldeversäumnisse für den 04.11.2014 und 25.11.2014 sowie die Meldeaufforderung zum 02.04.2015 die Frage der beruflichen Situation der Klägerin seit 2005 für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten ohne Bedeutung und zudem lagen die ausführlichen Schilderungen der Klägerin bereits vor. Nachdem sich aus der Sicht des SG auch keine Hinweise auf eine Aktenmanipulation oder fehlende Aktenbestandteile ergeben haben, war die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht erforderlich. Somit liegt der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vor.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).


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