Medizinrecht

Popularklage gegen die Fünfzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) vom 23.11.2021

Aktenzeichen  Vf. 60-VII-21

Datum:
7.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38287
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
15. BayIfSMV § 2 Abs. 2, § 3, § 4, § 5, § 10 Abs. 2, § 11 Nr. 2, Nr. 4, § 14, § 15
IfSG § 28 Abs. 1, § 28a, § 28c S. 3, § 32 S. 1
SchAusnahmV § 7
BV Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 100, Art. 101, Art. 108, Art. 118 Abs. 1, Art. 124 Abs. 1, Art. 166 Abs. 2
VfGHG Art. 26 Abs. 1,  Art. 55 Abs. 1 S. 2
GG Art. 31, Art. 80 Abs. 4

 

Leitsatz

Keine Außervollzugsetzung von Vorschriften der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. (Rn. 2 – 3 und 10 – 11)
1. Die angegriffenen Schutzmaßnahmen der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung können in Anbetracht der dem Verordnungsgeber zukommenden Einschätzungsprärogative bei Bewertung der Gefahrenlage und Ausgestaltung des Schutzkonzepts jedenfalls nicht als offensichtlich verfassungswidrig qualifiziert werden; vielmehr dürfte der verfolgte, verfassungsrechtlich legitime Zweck, Leben und Gesundheit zu schützen sowie – als Zwischenziel – ein funktionsfähiges Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten, angesichts der aktuellen pandemischen Lage die teils massiven Grundrechtseingriffe durch die in Rede stehenden Schutzmaßnahmen rechtfertigen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Angesichts der deutlichen Unterschiede im Hinblick auf das Risiko, sowohl sich selbst mit dem SARS-CoV-2-Virus zu infizieren als auch das Virus weiter zu verbreiten und dadurch unmittelbar oder mittelbar zur Überlastung des Gesundheitssystems beizutragen, dürfte die Ungleichbehandlung von Ungeimpften und Nicht-Genesenen gegenüber Geimpften und Genesenen in der aktuellen pandemischen Situation unter Berücksichtigung der Impfquote verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ebenso dürften die Kontakt- und Zugangsbeschränkungen nach den Vorschriften der BayIfSMV, die nach Personengruppen und bereichsspezifisch nach typisiertem Infektionsrisiko differenzieren und eine zusätzliche Testpflicht für Geimpfte und Genesene (2G plus) in Lebensbereichen regeln, trotz der mit ihnen verbundenen erheblichen Grundrechtseingriffe dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügen und auch sonst verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. (Rn. 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die zusätzlichen Beschränkungen der BayIfSMV für die Gastronomie (kein gastronomisches Angebot zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr; in geschlossenen Räumen Musikbeschallung und -begleitung nur als Hintergrundmusik) begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgewiesen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich in der Hauptsache mit seiner Popularklage konkret gegen § 2 Abs. 2, §§ 3 bis 5, § 10 Abs. 2, § 11 Nrn. 2 und 4, §§ 14 und 15 der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 23. November 2021 (BayMBl Nr. 816, BayRS 2126-1-19-G), die durch Verordnung vom 3. Dezember 2021 (BayMBl Nr. 841) geändert worden ist. Ferner beantragt er neben der Feststellung der Verfassungswidrigkeit die vorläufige Außervollzugsetzung der §§ 2 bis 5, 10, 11, 14 und 15 15. BayIfSMV.
1. Die Verordnung, mit der die Schutzmaßnahmen gegen die andauernde CoronaPandemie fortgeführt und teils erheblich verschärft werden, ist gestützt auf § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1, §§ 28 a, 28 c Satz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) i. V. m. § 11 bzw. § 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) und auf § 9 Nr. 5 der Delegationsverordnung (DelV). Sie ist gemäß ihrem § 18 am 24. November 2021 in Kraft getreten und tritt mit Ablauf des 15. Dezember 2021 außer Kraft.
Die angegriffenen Vorschriften lauten in ihrer aktuell geltenden Fassung:
§ 2 Maskenpflicht
(1) 1In Gebäuden und geschlossenen Räumen einschließlich geschlossener öffentlicher Fahrzeugbereiche, Kabinen und Ähnlichem gilt die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske (Maskenpflicht). …
(2) 1Unter freiem Himmel besteht Maskenpflicht bei Veranstaltungen nach § 4.  (Fussnote:(Abs. 1 gilt nicht für berufliche und dienstliche Tätigkeiten sowie für eh))Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 6 gilt entsprechend.
§ 3 Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und Nichtgenesene
(1) 1Der gemeinsame Aufenthalt im öffentlichen Raum, in privat genutzten Räumen und auf privat genutzten Grundstücken ist Personen, die nicht im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) geimpft oder genesen sind, nur gestattet
1. mit den Angehörigen des eigenen Hausstands sowie
2. zusätzlich höchstens zwei Angehörigen eines weiteren Hausstands.
2Die zu diesen Hausständen gehörenden Kinder, die noch nicht zwölf Jahre und drei Monate alt sind, sowie Personen, die im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV geimpft oder genesen sind, bleiben für die Gesamtzahl außer Betracht.  (Fussnote:(renamtliche Tätigkeiten in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen ein Zusammenwirken mehrerer Personen zwingend erforderlich ist.))Ehegatten, Lebenspartner und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelten als ein Hausstand, auch wenn sie keinen gemeinsamen Wohnsitz haben.
§ 4
Geimpft, genesen und zusätzlich getestet (2G plus)
(1) Der Zugang zu öffentlichen und privaten Veranstaltungen außerhalb privater Räumlichkeiten, zu Sportstätten, praktischer Sportausbildung, dem Kulturbereich mit Theatern, Opern, Konzerthäusern, Bühnen, Kinos, Museen, Messen, Tagungen, Kongressen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Objekten der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, zoologischen und botanischen Gärten, außerdem zu Freizeiteinrichtungen einschließlich Bädern, Thermen, Saunen, Solarien, Fitnessstudios, Seilbahnen und Ausflugsschiffen, Führungen, Schauhöhlen und Besucherbergwerken, Freizeitparks, Indoorspielplätzen, Spielhallen und -banken, Wettannahmestellen, dem touristischen Bahn- und Reisebusverkehr und infektiologisch vergleichbaren Bereichen darf nur durch Besucher erfolgen, soweit diese
1. im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV geimpft oder genesen oder noch nicht zwölf Jahre und drei Monate alt sind und
2. zusätzlich über einen Testnachweis nach Abs. 6 verfügen oder Abs. 7 unterfallen.
(2) Im Rahmen des Abs. 1 gilt:
1. In Gebäuden, geschlossenen Räumlichkeiten, Stadien oder anderweitig kapazitätsbeschränkten Stätten dürfen maximal 25% der Kapazität genutzt werden.
2. Die zulässige Höchstteilnehmerzahl bestimmt sich vorbehaltlich Nr. 1 nach der Anzahl der vorhandenen Plätze, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Plätzen gewahrt ist.
3. Für Veranstaltungen gilt:
a) Während der gesamten Veranstaltung ist grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen Personen, die nicht dem eigenen Hausstand angehören, einzuhalten.
b) § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 findet keine Anwendung.
c) Für Besucher von öffentlichen und privaten Veranstaltungen außerhalb privater Räumlichkeiten entfallen die Maskenpflicht und abweichend von Buchst. a auch der Mindestabstand, solange sie am Tisch sitzen.
4. Für Messen gilt abweichend von Nr. 1 eine tägliche Besucherobergrenze von 12 500 Personen.
5. Sollen mehr als 1 000 Personen zugelassen werden, hat der Veranstalter das nach § 7 Abs. 1 nötige Infektionsschutzkonzept der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorab und unverlangt vorzulegen.
6. Für Sport- und Kulturveranstaltungen mit mehr als 1 000 Personen gilt außerdem:
a) Eintrittskarten dürfen nur personalisiert verkauft werden.
b) Verkauf, Ausschank und Konsum alkoholischer Getränke ist untersagt.
c) Offensichtlich alkoholisierten Personen darf der Zutritt nicht gewährt werden.
7. Zu großen überregionalen Sportveranstaltungen sind Zuschauer nicht zugelassen; es erhalten nur Personen Zutritt zur Sportstätte, die
a) für den Wettkampf- oder Trainingsbetrieb oder die mediale Berichterstattung erforderlich sind und b) die in Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 oder Abs. 4 genannten Zulassungsvoraussetzungen erfüllen.
(3) Abweichend von Abs. 1 können zugelassen werden:
1. Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können und dies vor Ort insbesondere durch Vorlage eines schriftlichen ärztlichen Zeugnisses im Original nachweisen, das den vollständigen Namen und das Geburtsdatum enthält, bei Vorlage eines Testnachweises nach Abs. 6 Nr. 1,
2. minderjährige Schülerinnen und Schüler im Sinne von Abs. 7 Nr. 2 zur eigenen Ausübung sportlicher, musikalischer oder schauspielerischer Aktivitäten.
(4) 1Für Anbieter, Veranstalter, Betreiber, Beschäftigte und ehrenamtlich Tätige der von Abs. 1 erfassten Betriebe und Veranstaltungen mit Kundenkontakt gilt Abs. 1 Nr. 1 entsprechend. 2Soweit Personen nach Satz 1 im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV weder geimpft noch genesen sind, müssen sie an mindestens zwei verschiedenen Tagen pro Woche über einen negativen Testnachweis nach Abs. 6 Nr. 1 verfügen. 3§ 28b Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) bleibt unberührt.  (Fussnote:(Anbieter, Veranstalter und Betreiber sind zur zweiwöchigen Aufbewahrung der eigenen Testnachweise sowie zur Überprüfung der vorzulegen-)) den Impf-, Genesenen- und Testnachweise durch wirksame Zugangskontrollen samt Identitätsfeststellung in Bezug auf jede Einzelperson verpflichtet.
(6) Soweit in dieser Verordnung für die Nutzung oder die Zulassung zu bestimmten Einrichtungen, Betrieben oder Bereichen ein Nachweis hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Testnachweis) vorgesehen ist, ist ein schriftlicher oder elektronischer negativer Testnachweis auf Grundlage
1. eines PCR-Tests, PoC-PCR-Tests oder eines Tests mittels weiterer Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik, der vor höchstens 48 Stunden durchgeführt wurde,
2. eines PoC-Antigentests, der vor höchstens 24 Stunden durchgeführt wurde, oder
3. eines vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassenen, unter Aufsicht vorgenommenen Antigentests zur Eigenanwendung durch Laien (Selbsttests), der vor höchstens 24 Stunden durchgeführt wurde, zu erbringen, der im Übrigen den Bestimmungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung entspricht.
(7) Getesteten Personen stehen gleich:
1. Kinder bis zum sechsten Geburtstag,
2. Schülerinnen und Schüler, die regelmäßigen Testungen im Rahmen des Schulbesuchs unterliegen,
3. noch nicht eingeschulte Kinder.
(8) Zu Gottesdiensten und Versammlungen im Sinne des Art. 8 des Grundgesetzes bestehen für nicht geimpfte oder nicht genesene Personen im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV keine durch diesen Paragraphen begründeten Zugangsbeschränkungen.
§ 5 Geimpft oder genesen (2G)
(1) Im Hinblick auf geschlossene Räume darf der Zugang zu
1. der Gastronomie, dem Beherbergungswesen, den Hochschulen, Bibliotheken und Archiven, zu außerschulischen Bildungsangeboten einschließlich der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Musikschulen, Fahrschulen und der Erwachsenenbildung und infektiologisch vergleichbaren Bereichen, Veranstaltungen von Parteien und Wählervereinigungen und
2. Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist und die keine medizinischen, therapeutischen oder pflegerischen Leistungen sind, vorbehaltlich speziellerer Regelungen dieser Verordnung nur durch Besucher erfolgen, soweit diese im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV geimpft oder genesen oder noch nicht zwölf Jahre und drei Monate alt sind.
(2) 1§ 4 Abs. 3 bis 5 gilt entsprechend.  (Fussnote:(Jahresmärkte, insbesondere Weihnachtsmärkte, sind untersagt.))In der Gastronomie, in der Beherbergung und bei Dienstleistungen nach Abs. 1 Nr. 2 kann abweichend von § 4 Abs. 4 Satz 2 anstelle der Testnachweise nach § 4 Abs. 6 Nr. 1 an jedem Arbeitstag ein Testnachweis nach § 4 Abs. 6 Nr. 2 oder 3 erfolgen.
(3) Abweichend von Abs. 1 können zugelassen werden:
1. Personen im Rahmen der Durchführung von Prüfungen sowie für zwingend erforderliche und unaufschiebbare nichttouristische Beherbergungsaufenthalte bei Vorlage eines Testnachweises nach § 4 Abs. 6 Nr. 1,
2. minderjährige Schülerinnen und Schüler im Sinne von § 4 Abs. 7 Nr. 2 in der Gastronomie sowie im Beherbergungswesen,
3. Personen im Rahmen der Durchführung laufender Prüfungsblöcke, die bereits vor dem 24. November 2021 begonnen haben.
(4) Zum Handel und zu den nicht von Abs. 1 erfassten Dienstleistungsund Handwerksbetrieben sowie zu Wahllokalen und Eintragungsräumen bestehen für nicht geimpfte oder nicht genesene Personen im Sinne des § 2 Nr. 2 und 4 SchAusnahmV keine durch diesen Paragraphen begründeten Zugangsbeschränkungen.
§ 10 Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Märkte
§ 11 Gastronomie
Für gastronomische Angebote gilt ergänzend zu den allgemeinen Regelungen:
2. Gastronomische Angebote dürfen zwischen 22 Uhr und 5 Uhr nicht zur Verfügung gestellt werden (Sperrstunde).
4. In geschlossenen Räumen ist Musikbeschallung und -begleitung nur als Hintergrundmusik zulässig, soweit es sich nicht um nach dieser Verordnung zulässige Veranstaltungen handelt.
§ 14 Sonstige Einzelregelungen
(1) Das Feiern auf öffentlichen Plätzen und Anlagen sowie Volksfeste sind untersagt.
(2)  (Fussnote:(Alle Veranstaltungen, Einrichtungen und Betriebe, die den §§ 4 und 5))Der Konsum von Alkohol ist auf den öffentlichen Verkehrsflächen der Innenstädte und an sonstigen öffentlichen Orten unter freiem Himmel, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, untersagt.  (Fussnote:(unterfallen, sind untersagt; dabei gilt insbesondere:))Die konkret betroffenen Örtlichkeiten sind jeweils von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde festzulegen.
(3) Clubs, Diskotheken, Bordellbetriebe und vergleichbare Freizeiteinrichtungen sind geschlossen.
§ 15 Regionaler Hotspot-Lockdown
(1) Überschreitet in einem Landkreis oder in einer kreisfreien Stadt die Zahl an Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen (7-Tage-Inzidenz) den Wert von 1000, gilt Folgendes:
a) Versammlungen, soweit es sich nicht um solche nach § 9 handelt, Ansammlungen sowie öffentliche Festivitäten sind untersagt.
b) Der Betrieb und die Nutzung von Sporthallen, Sportplätzen, Fitnessstudios, Tanzschulen und anderen Sportstätten ist untersagt; unberührt ist aa) der Wettkampf- und Trainingsbetrieb der Berufssportler sowie der Leistungssportler der Bundes- und Landeskader, soweit die Anwesenheit von Zuschauern ausgeschlossen ist und Zutritt zur Sportstätte nur solche Personen erhalten, die für den Wettkampfoder Trainingsbetrieb oder die mediale Berichterstattung erforderlich sind, sowie bb) der Schulsport.
c) Gastronomiebetriebe jeder Art sind untersagt; zulässig ist aa) die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken, wobei der Verzehr vor Ort untersagt ist, sowie bb) der Betrieb von nicht öffentlich zugänglichen Betriebskantinen, wenn gewährleistet ist, dass zwischen allen Gästen, die nicht zu demselben Hausstand gehören, ein Mindestabstand von 1,5 m eingehalten wird.
d) Untersagt sind Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist und die keine medizinischen, therapeutischen oder pflegerischen Leistungen oder Friseurleistungen sind.
e) Übernachtungsangebote dürfen von Hotels, Beherbergungsbetrieben, Schullandheimen, Jugendherbergen, Campingplätzen und allen sonstigen gewerblichen oder entgeltlichen Unterkünften nur für zwingend erforderliche und unaufschiebbare nichttouristische Aufenthalte zur Verfügung gestellt werden; Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken sind untersagt.
f) Außerschulische Bildungsangebote einschließlich der beruflichen Aus-, Fort und Weiterbildung sowie Musikschulen, Fahrschulen und der Erwachsenenbildung sind mit Ausnahme von Prüfungen in Präsenz untersagt.
g) An den Hochschulen finden mit Ausnahme von Prüfungen keine Präsenzveranstaltungen statt; praktische und künstlerische Ausbildungsabschnitte sowie Veranstaltungen, die besondere Labor- oder Arbeitsräume an den Hochschulen erfordern, sind abweichend von Satz 1 zulässig, wenn sichergestellt ist, dass zwischen allen Beteiligten grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m eingehalten wird.
h) Bibliotheken und Archive sind geschlossen.
i) Geschlossen sind alle Kulturstätten, insbesondere:
aa) Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Objekte der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und vergleichbare Kulturstätten,
bb) Theater, Opern, Konzerthäuser, Kinos, Bühnen und ähnliche Einrichtungen,
cc) zoologische und botanische Gärten.
j) Verboten sind alle Freizeiteinrichtungen und -veranstaltungen, insbe sondere:
aa) Freizeitparks und vergleichbare ortsfeste Freizeiteinrichtungen; Freizeitaktivitäten dürfen gewerblich weder unter freiem Himmel noch in geschlossenen Räumen angeboten werden.
bb) Stadt- und Gästeführungen, Berg-, Kultur- und Naturführungen sowie Führungen in Schauhöhlen und Besucherbergwerken sind untersagt.
cc) Der Betrieb von Seilbahnen, der Fluss- und Seenschifffahrt im Ausflugsverkehr sowie von touristischen Bahnverkehren und Flusskreuzfahrten ist untersagt.
dd) Die Öffnung und der Betrieb von Badeanstalten, Hotelschwimmbädern, Thermen und Wellnesszentren sowie Saunen ist untersagt; § 12 bleibt unberührt.
ee) Der Betrieb von Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und vergleichbaren Freizeiteinrichtungen ist untersagt.
2. Abweichend von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ist sicherzustellen, dass die Zahl der gleichzeitig im Ladengeschäft anwesenden Kunden nicht höher ist als ein Kunde je 20 m².  (Fussnote:(1Die zuständige Kreisverwaltungsbehörde macht unverzüglich amtlich bekannt, sobald in ihrem Gebietsbereich die vom Robert Koch-Institut im Internet veröffentlichte 7-Tage-Inzidenz den Wert von 1 000 überschreitet. 2In diesem Fall finden ab dem nächsten auf die Bekanntmachung folgen-)) den Tag die in Abs. 1 vorgesehenen Regelungen Anwendung. 3Die Kreisverwaltungsbehörde macht in gleicher Weise bekannt, sobald der Wert von 1 000 an fünf aufeinanderfolgenden Tagen nicht mehr überschritten wurde. 4Satz 2 gilt in diesem Fall entsprechend für das Ende der in Abs. 1 vorgesehenen Maßnahmen.
Mit Inkrafttreten am 8. Dezember 2021 wird der angegriffene § 10 (Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Märkte) mit Folgeanpassungen von § 5 (Geimpft oder Genesen (2G)) dahingehend geändert, dass die Öffnung von Ladengeschäften mit Kundenverkehr für Handelsangebote, die nicht der Deckung des täglichen Bedarfs dienen, nur unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 und der Absätze 3 und 5 von § 4 zulässig sein wird – grundsätzliches 2G-Erfordernis für Kunden dieser Geschäfte.
2. Der Antragsteller macht mit seiner Antragsschrift vom 24. November 2021 und den Schriftsätzen vom 2. und 5. Dezember 2021 im Wesentlichen geltend, die angegriffenen Bestimmungen verletzten die Grundrechte der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV), des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 101 i. V. m. Art. 100 BV), auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 100, 101 BV), der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit (Art. 108 BV), auf Gleichbehandlung (Art. 118 Abs. 1 BV) und Arbeit (Art. 166 Abs. 2 BV) sowie des Schutzes der Familie (Art. 124 Abs. 1 BV). Die Änderungsverordnung vom 3. Dezember 2021 ändere die Beschwerdegegenstände nicht wesentlich ab.
Er ist der Ansicht, die Fünfzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verstoße gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, zumal sich aus dem Infektionsschutzgesetz seit der letzten Änderung überhaupt nicht mehr ergebe, welche Maßnahmen bei welchem Infektionsgeschehen ergriffen werden sollten. Die Verordnung sei bereits fehlerhaft bekannt gemacht worden, weil zwischen der Veröffentlichung auf der Verkündungsplattform Bayern am 23. November 2021 gegen 21:30 Uhr und dem Inkrafttreten am 24. November 2021 um 0:00 Uhr zu wenig Zeit gelegen habe, um sich auf die neuen Vorschriften einzustellen, die im Übrigen unter mehreren Gesichtspunkten dem Bestimmtheitsgebot nicht genügten. Zudem sei der Landtag nicht ausreichend beteiligt worden. Die bundesrechtliche Vorgabe des § 28 a Abs. 3 Satz 4 IfSG sei nicht beachtet worden, weil als einzige Kenngröße in § 15 15. BayIfSMV auf die 7-Tage-Inzidenz abgestellt werde. Die Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften unter der Prämisse, dass Letztere verstärkt zum Infektionsgeschehen und der Überlastung des Gesundheitssystems beitragen, sei „in dieser Pauschalität“ nicht haltbar. Die angeordnete Maskenpflicht unter freiem Himmel (§ 2 Abs. 2 15. BayIfSMV) und das Verbot von Jahresmärkten, insbesondere Weihnachtsmärkten (§ 10 Abs. 2 15. BayIfSMV), seien unverhältnismäßig.
Ebenfalls unverhältnismäßig seien die Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und Nicht-Genesene nach Maßgabe von § 3 15. BayIfSMV, die in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingriffen, inhaltlich zu unbestimmt seien, zur Preisgabe sensibler Daten zwängen und Alleinstehende unzulässig benachteiligten. Entsprechendes gälte für die 2G plus- und 2G-Regelungen in den §§ 4 und 5 15. BayIfSMV. Diese privilegierten zudem minderjährige Schüler in ungerechtfertigter Weise gegenüber vergleichbaren Personengruppen (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 und § 5 Abs. 3 Nr. 2 15. BayIfSMV) und verletzten das Bildungs- und Kulturstaatsprinzip durch die Beschränkung des Zugangs zu Hochschulen und anderen Kulturstätten auf Geimpfte oder Genesene. Die Sperrstunde und das Musikverbot gemäß § 11 Nrn. 2 und 4 15. BayIfSMV verstießen ebenso gegen das Übermaßverbot wie das Verbot öffentlicher Feiern, das Alkoholverbot und die pauschalen Betriebsschließungen nach Maßgabe von § 14 15. BayIfSMV. Auch die Vorschrift zum regionalen Hotspot-Lockdown (§ 15 15. BayIfSMV) missachte mit ihren massiven Eingriffen in grundlegende Freiheitsrechte das Übermaßverbot. Der Verordnungsgeber habe die schwerwiegenden „Kollateralschäden“ außer Betracht gelassen. Das Grundrecht auf Leben, auf dessen Schutz die Verordnung abziele, sei kein „Super-Grundrecht“, sondern gewährleiste wie jedes Grundrecht einen Anspruch auf angemessenen Schutz. Gerade wenn andere Rechte von Verfassungsrang aber wesentlich bedroht seien, könne eine Abwägung nicht immer zugunsten des Grundrechts auf Leben ausfallen. Die durch die Schutzmaßnahmen bewirkten Grundrechtseingriffe wögen so schwer, dass sie nicht hinter den Gefahren für Leib und Leben zurückträten.
3. Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung wurden am Ver fahren beteiligt. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teils für unzulässig und im Übrigen für unbegründet.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
1. Der Verfassungsgerichtshof kann auch im Popularklageverfahren eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund dringend geboten ist (Art. 26 Abs. 1 VfGHG). Wegen der weitreichenden Folgen, die eine einstweilige Anordnung im Popularklageverfahren in der Regel auslöst, ist an die Voraussetzungen, unter denen sie erlassen werden kann, ein strenger Maßstab anzulegen. Aufgrund des Wesens der Popularklage dürfen konkrete Maßnahmen zugunsten einzelner von einem Rechtssatz betroffener Personen nicht erlassen werden; vielmehr kommt auch im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nur eine Regelung infrage, die generell den Vollzug vorläufig aussetzt. Die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift vorgetragen werden, haben im Regelfall außer Betracht zu bleiben. Nur wenn bereits offensichtlich ist, dass die Popularklage aus prozessualen oder sachlichen Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, kommt eine einstweilige Anordnung von vornherein nicht in Betracht. Umgekehrt kann der Erlass einer einstweiligen Anordnung dann geboten sein, wenn die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Vorschrift offensichtlich ist. Ist der Ausgang des Popularklageverfahrens dagegen als offen anzusehen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Popularklage aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Popularklage aber der Erfolg zu versagen wäre. Bei dieser Abwägung müssen die für eine vorläufige Regelung sprechenden Gründe so gewichtig sein, dass sie im Interesse der Allgemeinheit eine einstweilige Anordnung zur Abwehr schwerer Nachteile unabweisbar machen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 28.6.2021 – Vf. 73-VII-20 – juris Rn. 19).
2. Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine vorläufige Außervollzugsetzung der in Rede stehenden Vorschriften nicht vor.
a) Nach dem gegenwärtigen Stand und im Hinblick auf die aktuell geltenden Vorschriften ist nicht davon auszugehen, dass die Popularklage in der Hauptsache erfolgreich sein wird.
aa) Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an ihrer Zulässigkeit.
Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört gemäß Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird (dazu im Einzelnen etwa VerfGH vom 4.5.2012 VerfGH 65, 73/81; vom 29.10.2020 BayVBl 2021, 83 Rn. 19). Diesem Darlegungserfordernis dürfte die Popularklage wohl nicht genügen. Der Antragsteller erläutert zwar, inwiefern jede einzelne von ihm angegriffene Vorschrift der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Grundrechte verletzen soll. Er lässt indes ganz überwiegend außer Betracht, dass diese Verordnung auf einer bundesrechtlichen Ermächtigung beruht, nämlich auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, § 28 a IfSG.
Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sind allein die Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht Normen des – vorrangigen (Art. 31 GG) – Bundesrechts. Die Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof beschränkt sich daher im Wesentlichen darauf, ob der Verordnungsgeber die ihm durch das Infektionsschutzgesetz des Bundes eröffneten Spielräume überschritten oder unter Verletzung von Grundrechten der Bayerischen Verfassung ausgefüllt hat und darauf, ob eine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verankerten Rechtsstaatsprinzips vorliegt (vgl. VerfGH vom 1.2.2021 – Vf. 98-VII-20 – juris Rn. 16 m. w. N. zur Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung; vom 9.2.2021 – Vf. 6-VII-20 – Rn. 40, 60). Dazu enthält die Popularklage keine ausreichenden Darlegungen. Einen offenkundigen und schwerwiegenden Verstoß der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gegen die bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage, deren Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz nicht in Frage steht, zeigt der Antragsteller nicht substanziiert auf. Das gilt insbesondere auch mit Blick auf die vom bayerischen Verordnungsgeber in Anspruch genommene bundesrechtliche Übergangsfrist des § 28 a Abs. 9 Satz 1 IfSG. Dem Vorbringen, die Verordnung verletze § 28 a Abs. 3 Satz 4 IfSG, weil sie in § 15 Abs. 1 auf die 7-TageInzidenz als einzige Kenngröße abstelle, weist unter keinem Blickwinkel auf einen Verstoß gegen die Bayerische Verfassung hin. Das ergibt sich schon daraus, dass Bundesrecht ausdrücklich die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen als weiteren Indikator vorsieht, den die Länder landesweit oder regional verwenden können (vgl. § 28 a Abs. 3 Sätze 5 bis 8 IfSG). Ob die Popularklage gleichwohl zumindest teilweise zulässig ist, kann aus den nachfolgenden Gründen dahinstehen.
bb) Die Popularklage ist – ihre Zulässigkeit unterstellt – jedenfalls nicht offensichtlich begründet.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber bei Erlass der angegriffenen Vorschriften die bundesrechtlich eröffneten Spielräume überschritten oder unter Verletzung von Grundrechten der Bayerischen Verfassung ausgefüllt hat. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass er seine verfassungsrechtliche Pflicht zur strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit bei Fortschreibung und Verschärfung der Infektionsschutzmaßnahmen mit ihren – teilweise schwerwiegenden – Grundrechtseingriffen verletzt hat.
(1) Die Annahme des Antragstellers, das Normsetzungsverfahren sei rechtsfehlerhaft, weil der Zeitraum zwischen Bekanntmachung und Inkrafttreten zu kurz gewesen und der Landtag „erneut nur symbolisch“ beteiligt worden sei, kann nicht überzeugen.
Die Form der Bekanntmachung im elektronisch geführten Bayerischen Ministerialblatt ist nicht zu beanstanden (vgl. Nr. 2.2, Nr. 6 VeröffBek), auch wenn die Verordnung mit Blick auf die Ordnungswidrigkeitentatbestände des § 17 15. BayIfSMV bewehrt ist (vgl. BayVGH vom 11.5.2020 – 20 NE 20.843 – juris Rn. 16). Da sie – wenn auch kurz, so doch jedenfalls – vor ihrem Inkrafttreten am 24. November 2021 bekannt gemacht worden ist, kommt ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot rückwirkender Strafgesetze (Art. 104 Abs. 1 BV) nicht in Betracht. Auch das besondere Bestimmtheitsgebot für bußgeldbewehrte Vorschriften (vgl. VerfGH vom 8.6.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 14) ist nicht offenkundig verletzt. Die Betroffenen konnten die Geltung der bußgeldbewehrten Vorschriften trotz der geringen Zeitspanne zwischen Veröffentlichung und Inkrafttreten in zeitlicher Hinsicht (noch) hinreichend sicher vorhersehen, zumal eine Verschärfung der Schutzmaßnahmen Tage zuvor angekündigt und angesichts des dynamischen Pandemieverlaufs zu erwarten war. Die vom Antragsteller als unklar bemängelten Begriffe, wie nichteheliche Lebensgemeinschaft, Lebenspartner, zwingender Grund oder private Veranstaltungen außerhalb privater Räumlichkeiten, sind hinreichend bestimmt; ihr Inhalt lässt sich mit den gängigen Auslegungsmethoden ermitteln (vgl. BVerfG vom 19.11.2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 153 ff., 163 f., 256 ff.).
Ein Verfassungsverstoß kann ebensowenig darin erblickt werden, dass der Bayerische Landtag nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, Infektionsschutzmaßnahmen im Rahmen der bundesrechtlichen Ermächtigung nach Art. 80 Abs. 4 GG statt durch Rechtsverordnung durch Gesetz zu regeln oder gemäß § 28 a Abs. 9 Satz 2 IfSG nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite die bayerische Rechtsverordnung aufzuheben. Zu grundrechtseinschränkenden Regelungen ist nicht nur der parlamentarische Gesetzgeber befugt, sondern auch der aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage tätig werdende Verordnungsgeber, wie der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit früheren Fassungen der Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen bereits mehrfach dargelegt hat (vgl. z. B. VerfGH vom 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 18). An der hinreichenden Bestimmtheit der aktuellen bundesrechtlichen Ermächtigung, auf die die Fünfzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung gestützt ist, bestehen keine ernsthaften Zweifel.
(2) Nach gegenwärtigem Stand ist nicht erkennbar, dass die angegriffenen Vorschriften aufgrund ihres Regelungsinhalts offensichtlich verfassungswidrig wären.
Bei der Beurteilung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Verhinderung der Verbreitung der Krankheit COVID-19 ist allgemein zu berücksichtigen, dass der Staat wegen seiner verfassungsrechtlichen Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit zum Handeln grundsätzlich nicht nur berechtigt, sondern auch verfassungsrechtlich verpflichtet ist (vgl. VerfGH vom 8.5.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 121; vom 16.11.2020 – Vf. 90-VII-20 – juris Rn. 23; vom 30.12.2020 – Vf. 96-VII-20 – juris Rn. 21; BVerfG vom 13.5.2020 – 1 BvR 1021/20 – juris Rn. 8; vom 19.11.2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 174 ff.). Zwar lässt sich nicht jegliche Freiheitsbeschränkung damit rechtfertigen, dass sie dem Schutz der Grundrechte Dritter diene. Vielmehr hat der Staat stets einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Freiheit der einen und dem Schutzbedarf der anderen zu schaffen (vgl. BVerfG vom 13.5.2020 – 1 BvR 1021/20 – juris Rn. 8). Für eine Rechtfertigung von Grundrechtseingriffen sprechen angesichts der Gefahren, die ein ungehindertes Infektionsgeschehen für Leib und Leben der Menschen und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems mit sich bringen kann, aber gute Gründe (vgl. z. B. VerfGH vom 17.12.2020 – Vf. 110-VII-20 – juris Rn. 26; vom 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 21; BVerfG vom 11.11.2020 – 1 BvR 2530/20 – juris Rn. 11).
Die verfassungsrechtliche Prüfung der beanstandeten Regelungen muss im Blick behalten, dass sie vor dem Hintergrund einer seit Oktober 2021 deutlich ansteigenden, exponentiell wachsenden Infektionsdynamik und einer regional teils stark ansteigenden Krankenhausbelegung mit COVID-19-Patienten und einer steigenden Zahl von Todesfällen erlassen wurden (vgl. Begründung der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, BayMBl 2021 Nr. 827, im Folgenden: Verordnungsbegründung). Aufgrund der Corona-Pandemie hatte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration ab 11. November 2021 – erneut – das Vorliegen einer Katastrophe im Freistaat Bayern gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayKSG festgestellt (Bekanntmachung vom 10. November 2021 BayMBl Nr. 790). Am 23. November 2021 hat der Bayerische Landtag festgestellt, dass für das Gebiet des Freistaates die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) besteht und daher § 28 a Abs. 1 bis 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) mit Wirkung vom 24. November 2021 für den Freistaat anwendbar sind (Bekanntmachung vom 24. November 2021 BayMBl Nr. 826). Am selben Tag lag die 7-Tage-Inzidenz der Meldefälle in Bayern mit 644,9 weit über dem Bundesdurchschnitt von 399,8. Bayernweit wurden 4.514 Patienten, bei denen eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, stationär behandelt, 970 COVID-19-Fälle intensivmedizinisch. Die Situation auf den Intensivstationen war durch eine bayernweit insgesamt äußerst hohe Auslastung sowie regional drohende oder bereits eingetretene Überlastung gekennzeichnet. Daher war erstmalig in der Pandemie die bundesweite „Kleeblattstruktur“ aktiviert worden, um in einem geordneten Verfahren Patientenverlegungen in andere, weniger belastete Bundesländer zu ermöglichen. Das Robert Koch-Institut (RKI), dem der Bundesgesetzgeber in § 4 IfSG eine besondere Rolle eingeräumt hat und dessen Einschätzung im Bereich des Infektionsschutzes besonderes Gewicht beizumessen ist (vgl. VerfGH vom 26.3.2020 NVwZ 2020, 624 Rn. 16; vom 28.9.2021 – Vf. 8-VII-20 – juris Rn. 54; vgl. auch BVerfG vom 19.11.2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 191) stuft in seiner Risikobewertung vom 24. November 2021 die aktuelle Entwicklung als sehr besorgniserregend ein und befürchtet, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und von Todesfällen kommen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten zeitnah überschritten werden (www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; jsessionid=A21816CD100D170 CAD5E233229160B9F.internet072?nn=2386228).
Vor diesem Hintergrund können die angegriffenen Schutzmaßnahmen der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, auch wenn sie im Vergleich zu den Vorgängervorschriften erhebliche Verschärfungen mit teils massiven Grundrechtseingriffen enthalten, in Anbetracht der dem Verordnungsgeber zukommenden Einschätzungsprärogative bei Bewertung der Gefahrenlage und Ausgestaltung des Schutzkonzepts (vgl. VerfGH vom 21.10.2020 – Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 21; vom 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 24; vgl. auch BVerfG vom 19.11.2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 177 ff., 185 ff., 204 ff., 217 ff., 232 ff.) jedenfalls nicht als offensichtlich verfassungswidrig qualifiziert werden. Vielmehr dürfte der vom Verordnungsgeber im Rahmen der bundesrechtlichen Ermächtigung verfolgte, verfassungsrechtlich legitime Zweck, Leben und Gesundheit zu schützen sowie – als Zwischenziel – ein funktionsfähiges Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten, angesichts der aktuellen pandemischen Lage die teils massiven Grundrechtseingriffe durch die in Rede stehenden Schutzmaßnahmen rechtfertigen.
(a) Mit dem Einwand, die „Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften“ sei „in dieser Pauschalität“ nicht haltbar, weil die Impfung keine sterile Immunität vermittle und auch Geimpfte, zumal angesichts der schon nach einigen Monaten nachlassenden Impfwirkung, sich infizieren und infektiös werden könnten, hält der Antragsteller dem Verordnungsgeber seine eigene Einschätzung und Gefahrenbewertung entgegen, ohne damit einen Verfassungsverstoß aufzuzeigen.
Nach den Erkenntnissen des RKI belegen Daten aus Zulassungsstudien wie auch aus Untersuchungen im Rahmen der breiten Anwendung, dass die in Deutschland zur Anwendung kommenden COVID-19-Impfstoffe SARS-CoV-2-Infektionen (symptomatisch und asymptomatisch) in einem erheblichen Maß verhindern, die Virusausscheidung bei geimpften infizierten Personen kürzer als bei ungeimpften ist, und in der Summe das Risiko, dass Menschen trotz Impfung PCRpositiv werden und das Virus übertragen, auch unter der Deltavariante deutlich vermindert ist (vgl. im Einzelnen: RKI, COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), Gesamtstand 2.12.2021, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html). Gleiches gilt für Personen, die eine gesicherte SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, die weniger als sechs Monate zurückliegt (vgl. RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand 26.11.2021, www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html). Eine andere Bewertung gebieten derzeit auch die sogenannten Impfdurchbrüche nicht. Diese zeigen lediglich, dass (ebenso wie andere Schutzmaßnahmen auch) eine Impfung keinen vollständigen, einhundertprozentigen Schutz bietet. Gemessen an der Zahl der insgesamt geimpften Personen und der insgesamt neu infizierten Personen ist der Anteil der sog. Impfdurchbrüche aber gering und stellt die Effektivität der Corona-Schutzimpfung nicht grundlegend infrage. Nach Bewertung der Datenlage durch das RKI besteht eine ausgeprägte Wirksamkeit der COVID-19- Impfung in Bezug auf die Verhinderung einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung sowie einer mit COVID-19 assoziierten Hospitalisierung. Es kann weiterhin für vollständig geimpfte Personen aller Altersgruppen von einer anhaltend hohen Impfeffektivität gegen schwere Verläufe (Hospitalisierung, Intensivbehandlung oder Tod) und einem sehr guten Schutz gegen Hospitalisationsbedürftigkeit oder tödlichen Verlauf ausgegangen werden. Es zeigt sich weiterhin für ungeimpfte Personen aller Altersgruppen ein deutlich höheres Risiko für eine COVID-19-Erkrankung, insbesondere für eine schwere Verlaufsform (vgl. im Einzelnen: Wöchentlicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vom 2.12.2021, www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/ Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-11-25.pdf).
Angesichts dieser deutlichen Unterschiede im Hinblick auf das Risiko, sowohl sich selbst mit dem SARS-CoV-2-Virus zu infizieren und daran zu erkranken als auch das Virus weiter zu verbreiten und dadurch unmittelbar oder mittelbar zur Überlastung des Gesundheitssystems beizutragen, dürfte die vom Antragsteller bemängelte Ungleichbehandlung von Ungeimpften und Nicht-Genesenen gegenüber Geimpften und Genesenen in der aktuellen pandemischen Situation unter Berücksichtigung der Impfquote verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Gesamtkonzept des Verordnungsgebers den Geimpften und Genesenen ebenfalls Beschränkungen auferlegt, wenn auch in abgestufter Weise (vgl. insbesondere §§ 4, 14, 15 15. BayIfSMV). Dass grundsätzlich zur Wahrung des Übermaßverbots eine Differenzierung und unterschiedliche Abwägung hinsichtlich genesener oder vollständig geimpfter Personen einerseits und nicht vollständig Geimpften sowie Nicht-Genesenen andererseits stattfinden kann oder sogar muss, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 19. November 2021 hervorgehoben (Az. 1 BvR 781/21 u. a., juris Rn. 201, 235 f.). Im Übrigen wollte der Bundesgesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung und der Gesetzesberatungen mit der Ermächtigungsgrundlage in § 28 a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG den Bundesländern für die in § 28 a Abs. 1 Nrn. 4 bis 8 und 10 bis 16 IfSG genannten Betriebe, Gewerbe, Einrichtungen, Angebote, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen insbesondere auch sogenannte 2G-Regelungen ermöglichen, also die Vorgabe, dass ausschließlich ein Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen ist und daran anknüpfend eine Beschränkung des Zugangs angeordnet werden kann (vgl. BT-Drs. 20/15 vom 8. November 2021 S. 30 und BT-Drs. 20/89 vom 17. November 2021 S. 11, 13).
(b) Ebenso dürften aus diesen Gründen die Kontakt- und Zugangsbeschränkun gen nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 15. BayIfSMV, die nach diesen Personengruppen und bereichsspezifisch nach typisiertem Infektionsrisiko differenzieren und bis hin zu einer zusätzlichen Testpflicht für Geimpfte und Genesene (2G plus) in weiten Lebensbereichen reichen, trotz der mit ihnen verbundenen erheblichen Grundrechtseingriffe dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügen und auch sonst verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein (vgl. allgemein zu Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen BVerfG vom 19.11.2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 105 ff.; zum Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum auf verschiedenen Ebenen der Verhältnismäßigkeitsprüfung BVerfG a. a. O. Rn. 177 ff., 185 ff., 204 ff., 217 ff., 232 ff.; zum 2-G-Modell OVG Bautzen vom 19.11.2021 – 3 B 411/21 – juris Rn. 50 ff.). Das gilt angesichts der derzeit erheblichen Gefahrenlage insbesondere auch mit Blick auf die in diesen Vorschriften enthaltenen Zugangsbeschränkungen für den Kultur- und Bildungsbereich und die damit verbundenen Eingriffe insbesondere in die Grundrechte der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit (Art. 108 BV) oder der Berufsfreiheit (Art. 101 BV). Auch diese dürften durch den mit ihnen verfolgten Zweck des Lebens- und Gesundheitsschutzes in der gegenwärtigen Lage gerechtfertigt sein. Gegen die Belastungen von Betroffenen in diesen Lebensbereichen kann auch nicht erfolgreich eingewandt werden, dass andere Lebensbereiche weniger stark reguliert würden, da dadurch Belastungen auf Dritte verschoben würden (vgl. BVerfG a. a. O. Rn. 212; vom 19.11.2021 – 1 BvR 971/21, 1 BvR 1069/21 – juris Rn. 131 f.).
(c) Die Ausweitung der Pflicht zum Tragen einer FFP-2-Maske auf bestimmten Veranstaltungen unter freiem Himmel (§ 2 Abs. 2 15. BayIfSMV) begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Verordnungsgeber darf bei dem gegenwärtigen Pandemiegeschehen, zumal mit Blick auf die eher geringe Eingriffsintensität der Maskenpflicht, davon ausgehen, dass bei größeren Menschenansammlungen auch im Freien ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, das durch Tragen einer Maske in zumutbarer Weise verringert werden kann (vgl. zum Risiko vor allem einer direkten Infektion auch im Freien nach fachwissenschaftlichen Erkenntnissen BVerfG vom 19.11.2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 193, 209).
(d) Aus diesem Grund stellt sich auch das Verbot von Jahresmärkten, insbesondere von Weihnachtsmärkten (§ 10 Abs. 2 15. BayIfSMV), nicht als offensichtlich verfassungswidrig dar. Die Annahme des Verordnungsgebers, die derzeitige pandemische Lage lasse ein zufälliges Zusammenkommen von vielen Personen mit zahlreichen zusätzlichen Kontakten auch dann nicht zu, wenn es im Freien erfolge, dürfte die Eingriffe insbesondere in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 101 BV) rechtfertigen.
(e) Die vom Antragsteller weiter angegriffenen zusätzlichen Beschränkungen für die Gastronomie in § 11 Nrn. 2 und 4 15. BayIfSMV, wonach gastronomische Angebote zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr nicht zur Verfügung gestellt werden dürfen (Sperrstunde) und in geschlossenen Räumen Musikbeschallung und -begleitung nur als Hintergrundmusik zulässig ist, soweit es sich nicht um nach der Verordnung zulässige Veranstaltungen handelt, begegnen ebenfalls keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Damit soll nach der Verordnungsbegründung das erhöhte Infektionsrisiko verhindert werden, das fortschreitender und den Charakter einer Feier annehmender Aufenthalt in der Gastronomie bei typisierender Betrachtung mit sich bringt. Diese Erwägungen halten sich im Rahmen des dem Verordnungsgeber zustehenden Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums und dürften auch unter Berücksichtigung der weiter zunehmenden wirtschaftlichen Belastungen der Betreiber dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügen. Das gilt in entsprechender Weise für die in § 14 15. BayIfSMV – erneut – ausgesprochene Untersagung von Feiern auf öffentlichen Plätzen und Anlagen sowie Volksfesten (Abs. 1), die Untersagung von Alkoholkonsum auf bestimmten öffentlichen Flächen (Abs. 2) und die Schließung von Clubs, Diskotheken, Bordellbetrieben und vergleichbaren Freizeiteinrichtungen (Abs. 3). Soweit der Antragsteller insbesondere hierzu meint, dass in verschiedener Weise mildere Mittel in Betracht kämen, die Maßnahmen also nicht erforderlich wären, berücksichtigt er weder den Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers noch, dass insoweit die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung in jeder Hinsicht eindeutig feststehen müsste (vgl. BVerfG vom 19.11.2021 -1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 203 f.).
(f) Die Regelungen des § 15 15. BayIfSMV zu einem regionalen Hotspot-Lockdown, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt die Zahl an Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen den Wert von 1.000 überschreitet, sind ebenfalls nicht offensichtlich verfassungswidrig. Sie untersagen und beschränken zwar in erheblichem Umfang Veranstaltungen und Einrichtungen mit massiven individuellen wie gesellschaftlichen Folgen wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und psychischer Art. Vor dem Hintergrund einer regional teilweise bereits eingetretenen deutlichen Überlastung des Gesundheitssystems in Bayern wiegt aber der mit der Regelung verfolgte Schutz von Leib und Leben in Regionen, in denen das pandemische Geschehen ein besonders hohes Ausmaß erreicht und dementsprechend in absehbarer Zeit vor Ort eine weiter steigende Zahl von erkrankten und behandlungsbedürftigen Infizierten zu erwarten ist, deutlich schwerer. Dabei ist die automatische Anknüpfung der Geltung in betroffenen Landkreisen oder kreisfreien Städten allein an die 7- Tage-Inzidenz verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass die 7-Tage-Inzidenz im April 2021 nach sachverständiger Bewertung als sensibles Frühwarnzeichen aufgefasst werden durfte, wobei sowohl der Wert an sich als auch seine Steigerungsrate wertvolle Schlüsse über das zu erwartende Infektionsgeschehen gestatteten, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 19. November 2021 (Az. 1 BvR 781/21 u. a. – juris) näher dargelegt (Rn. 198 ff.). § 28 a Abs. 3 Satz 5 IfSG benennt auch in seiner aktuellen Fassung diesen Wert ausdrücklich als (weiteren) Indikator, der als Maßstab für weitergehende Schutzmaßnahmen herangezogen werden kann. Dass trotz des Impffortschritts weiterhin ein relevanter Zusammenhang zwischen diesem Wert und – mit zeitlicher Verzögerung – der Zahl der Hospitalisierungen und der Behandlungen auf den Intensivstationen besteht, entspricht der Einschätzung des RKI in den aktuellen Lageberichten (vgl. dazu sogleich unter b)); es ist auch angesichts der tatsächlichen Entwicklung des Pandemiegeschehens und der Belastung der Krankenhäuser und Intensivstationen, wie sie in den letzten Wochen für verschiedene Bundesländer und Gebiete mit unterschiedlichen 7-Tage-Inzidenzen festgestellt und berichtet wurde, ohne Weiteres plausibel.
(g) Wenn der Antragsteller im Regelungskonzept der Fünfzehnten Bayerischen In fektionsschutzmaßnahmenverordnung unter verschiedenen Gesichtspunkten „Folgerichtigkeit“ vermisst und etwa eine unzulässige Privilegierung von Schülerinnen und Schülern gegenüber Studierenden durch § 4 Abs. 7 Nr. 2 und § 5 Abs. 3 Nr. 2 15. BayIfSMV bemängelt, zeigt das weder einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) noch eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgebots auf. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in früheren Entscheidungen zu Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen hervorgehoben hat, darf der Normgeber besonders bei Massenerscheinungen, die sich – wie das gegenwärtige Pandemiegeschehen – auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen. Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. etwa VerfGH vom 17.12.2020 – Vf. 110-VII-20 – juris Rn. 34; vom 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 39).
b) Bei der demnach gebotenen Folgenabwägung überwiegen die gegen den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe.
Erginge die beantragte einstweilige Anordnung nicht und hätte die Popularklage im Hauptsacheverfahren Erfolg, wären alle Untersagungen und Beschränkungen mit ihren vom Antragsteller beschriebenen, grundrechtsrelevanten und durchaus massiven, überwiegend irreversiblen Belastungen für eine Vielzahl von Menschen zu Unrecht erfolgt. Erginge aber die beantragte einstweilige Anordnung und hätte die Popularklage im Hauptsacheverfahren keinen Erfolg, würde dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem erheblichen Ansteigen von Infektionen und daraus resultierenden weiteren Belastungen des Gesundheitssystems führen, mithin zu einer gravierenden Gefahr für Leib und Leben der unmittelbar oder mittelbar Betroffenen, obwohl dem durch die in Streit stehenden Schutzmaßnahmen in verfassungsrechtlich zulässiger Weise hätte entgegengewirkt werden können.
Dass wirksame Maßnahmen zur Verhinderung eines Anstiegs der Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und damit zugleich zur Eindämmung der Erkrankung COVID-19 dringend erforderlich sind, zeigt die aktuelle Lagebeschreibung und -einschätzung des RKI. Im Lagebericht vom 6. Dezember 2021 (www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Dez_2021/2021- 12-06-de.pdf? _blob=publicationFile) wird für Bayern eine 7-Tage-Inzidenz von 526,4 Fällen je 100.000 Einwohner angegeben, die weiterhin deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 441,9 liegt. Die 7-Tage-Inzidenz der hospitalisierten Fälle liegt bei 7,02 (Bundesdurchschnitt: 5,32).
Im wöchentlichen Lagebericht vom 2. Dezember 2021 (www.rki.de/DE/Content/ InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Wochenbericht/Wochenbericht_2021-12-02.pdf? _blob=publicationFile) stuft das RKI die aktuelle Entwicklung als sehr besorgniserregend ein und befürchtet, dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden. In der 47. Kalenderwoche sei ein Anstieg um 14% gegenüber der Vorwoche auf 479 COVID-19 Fälle/100.000 Einwohnern beobachtet worden. Im gleichen Zeitraum habe sich der Anteil positiv getesteter Proben auf 21,2% erhöht (Vorwoche: 19,7). Der starke Anstieg der 7-Tage-Inzidenz in den letzten Wochen habe sich in der vergangenen Woche nicht fortgesetzt. Dies könne einerseits ein erster Hinweis auf eine sich leicht abschwächende Dynamik im Transmissionsgeschehen aufgrund der deutlich intensivierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung sein. Es könnte aber regional auch auf die zunehmend überlasteten Kapazitäten im Öffentlichen Gesundheitsdienst und die erschöpften Laborkapazitäten zurückzuführen sein. Der hohe Infektionsdruck in der Bevölkerung bleibe bei den auch für die 47. Kalenderwoche verzeichneten Inzidenzwerten unverändert bestehen. Dies ziehe einen weiteren Anstieg der schweren Krankheitsverläufe und der Todesfälle nach sich und mache das Auftreten von Impfdurchbrüchen wahrscheinlicher.
Eine vorläufige Außerkraftsetzung einzelner oder aller angegriffener Verordnungsbestimmungen würde im Übrigen die praktische Wirksamkeit des vom Verordnungsgeber verfolgten Gesamtkonzepts in einem Ausmaß beeinträchtigen, das dem Gebot zuwiderliefe, von der Befugnis, den Vollzug einer in Kraft getretenen Norm auszusetzen, wegen des erheblichen Eingriffs in die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen (vgl. zu Folgenabwägungen im Zusammenhang mit „Coronamaßnahmen“ bereits VerfGH vom 26.3.2020 NVwZ 2020, 624 Rn. 13; vom 24.4.2020 NVwZ 2020, 785 Rn. 23; vom 8.5.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 26; vom 15.5.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 14; vom 8.6.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 22; vom 3.7.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 21; vom 12.8.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 23; vom 21.10.2020 – Vf. 26-VII-20 – juris Rn. 25; vom 29.10.2020 – Vf. 81-VII-20 – juris Rn. 19; vom 16.11.2020 – Vf. 90-VII-20 – juris Rn. 41; vom 17.12.2020 – Vf. 110-VII-20 – juris Rn. 37; vom 30.12.2020 – Vf. 96-VII-20 – juris Rn. 35; vom 29.1.2021 – Vf. 96-VII- 20 – juris Rn. 48; vom 1.2.2021 – Vf. 98-VII-20 – juris Rn. 22; vom 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 48; vom 28.6.2021 – Vf. 73-VII-20 – juris Rn. 28; vgl. auch BVerfG vom 11.11.2020 – 1 BvR 2530/20 – juris Rn. 16).
c) Auch bezüglich der bereits verkündeten, aber erst am 8. Dezember 2021 in Kraft tretenden Neuregelungen in §§ 5 und 10 15. BayIfSMV durch § 2 der Verordnung zur Änderung der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 3. Dezember 2021 – grundsätzliche Erstreckung des 2G-Erfordernisses auf Ladengeschäfte mit Kundenverkehr für Handelsangebote, die nicht der Deckung des täglichen Bedarfs dienen, – ist eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit der Regelungen bei summarischer Prüfung im Eilverfahren nicht feststellbar. Auch insoweit rechtfertigt eine Folgenabwägung keine vorläufige Außervollzugsetzung.
III.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


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