Medizinrecht

Rechtswidrige Begutachtensaufforderung zur Eignungsprüfung für Waffenbesitzkarte

Aktenzeichen  B 1 S 20.528

Datum:
15.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 46084
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 6 Abs. 1, § 45 Abs. 2
AWaffV § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 6
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Nr. 4, Abs. 3, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Für Bedenken an der körperlichen Eignung iSv § 4 Abs. 1 lit. b AWaffV kann hinsichtlich psychischer Erkrankungen auf die Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zurückgegriffen werden. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Schluss auf die Nichteignung des Waffenbesitzkarteninhabers aufgrund der Nichtvorlage eines nach § 6 Abs. 2 WaffG geforderten Gutachtens nach § 4 Abs. 6 AWaffV ist nur zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist. Dieser insbesondere im Fahrerlaubnisrecht entwickelte Grundsatz ist auf das Verfahren über die Erteilung oder Einziehung der Waffenbesitzkarten zu übertragen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Rechtsprechung im Fahrerlaubnisrecht folgend gilt auch für das Waffenrecht, dass die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage in der Begutachtensanordnung nicht durch das Ersetzen der Rechtsgrundlage in den Gründen der Antragserwiderung geheilt werden kann. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Fahrerlaubnisrecht gilt, dass die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht aber auf einen bloßen Verdacht bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden kann. Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Diese Rechtsprechung findet auf das Waffenrecht Anwendung. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 18. Mai 2020 wird bezüglich der Regelung in Nr. 1 des Bescheids angeordnet und bezüglich der Regelungen in Nr. 3 des Bescheids wiederhergestellt.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 6.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … geborene Antragsteller wendet sich im Rahmen des Eilrechtschutzes gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs seiner Waffenbesitzkarten und die sofortige Vollziehbarkeit der Verpflichtung zur Abgabe seiner Waffen.
Der Antragsteller ist Inhaber zweier Waffenbesitzkarten. Er beantragte beim Landratsamt … am 18. Juni 2019 die Verlängerung seines Jagdscheines. Der Sachbearbeiter des Landratsamts bemerkte dabei eine Lähmung des linken Arms des Antragstellers. Auf Nachfrage gab der Antragsteller an, dass er regelmäßig bei Ärzten in Behandlung sei. Die Lähmung bestehe seit zwei Jahren, die Ärzte hofften auf baldige Genesung (Vermerk des Sachbearbeiters).
Als sich die Ehefrau des Antragstellers am 13. August 2019 hinsichtlich der Verlängerung des Jagdscheines erkundigte, erfuhr das Landratsamt von dieser, dass der Antragsteller einen Schlaganfall gehabt habe, sowie, dass der Antragsteller „am Boden wäre“, wenn er seinen Jagdschein nicht bekomme, welchen er für Waffen benötige (Aktenvermerk).
Am 20. November 2019 führte das Landratsamt eine Aufbewahrungskontrolle der Waffen durch.
Das Landratsamt gab dem Kläger mit Schreiben vom 25. November 2019 auf, bis spätestens 6. Februar 2020 ein amtsärztliches Gutachten des Fachbereichs Gesundheitswesen oder ein Gutachten eines entsprechenden Facharztes, mit dem in den letzten fünf Jahren kein Behandlungsverhältnis bestanden habe, oder ein Gutachten des Medizinisch-Psychologischen Instituts des TÜV Süd beizubringen. Rechtsgrundlage hierfür sei § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 WaffG, § 18 Abs. 6 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG. Das Gutachten solle folgende Fragen beantworten:
„1. Ist Herr … körperlich und psychisch in der Lage mit Waffen und Munition sachgerecht und sicher umzugehen oder besteht die Gefahr, dass Herr … aufgrund in seiner Person liegender Umstände mit Waffen und Munition unvorsichtig oder unsachgemäß umgeht?
2. Liegen außer der halbseitigen Lähmung sonstige medizinische Gründe vor, die einer jagd-/waffenrechtlichen Erlaubnis entgegenstehen könnten (z.B. schwere Sehschwäche, Nachtblindheit, Farbuntüchtigkeit, Hirnverletzungen, schwere Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Anfallsleiden, Geisteskrankheiten, Schwerhörigkeit/Taubheit, sonstige schwere Erkrankungen?“
Sofern kein Gutachten vorgelegt werde, müsse von der Nichteignung ausgegangen werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 AWaffV). Die Verlängerung des Jagdscheins sei dann nicht möglich. Es bestehe die Möglichkeit, auch ohne Jagdschein im Besitz von Waffen zu bleiben, welche sich seit mindestens 10 Jahren im Eigentum des Antragstellers befänden.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2020 wurde der Antragsteller vom Landratsamt zum Widerruf der Waffenbesitzkarten angehört. Es wurde auf das Schreiben vom 25. November 2019 Bezug genommen, wonach die Beibringung eines amtsärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens gefordert worden sei. Ein Gutachten oder eine Einverständniserklärung sei nicht eingegangen. Die auf der Waffenbesitzkarte Nr. … eingetragenen Waffen dürften aufgrund von Altbesitz in seinem Besitz bleiben. Diese Rechtsansicht wurde mit Schreiben vom 22. April 2020 durch das Landratsamt korrigiert.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2020 (zugestellt am 20. Mai 2020) widerrief das Landratsamt dem Antragsteller die Waffenbesitzkarten Nrn. … und … (Nr. 1). Die Erteilung eines Jagdscheins wurde abgelehnt (Nr. 2). Es wurde angeordnet, dass die Waffenbesitzkarten innerhalb von 4 Wochen an das Landratsamt abzugeben seien (Nr. 3.1) und sämtliche erlaubnispflichtigen Waffen und Munition einem Berechtigten zu überlassen seien oder zur form-, frist- und entschädigungslosen Vernichtung beim Landratsamt abzugeben seien (Nr. 3.2). Die sofortige Vollziehung der Nr. 3 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 4). In Nr. 5 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250 EUR für die Nichterfüllung der Nr. 3.1 und in Nr. 6 ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR für die Nichterfüllung der Verpflichtung in Nr. 3.2. angedroht. Nach Ablauf der Frist in Nr. 3.2 sei die Waffenbehörde zudem befugt, sämtliche erlaubnispflichtige Waffen und deren Munition sicherzustellen bzw. sicherstellen zu lassen (Nr.7).
Die persönliche Eignung würden Personen nicht besitzen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG), wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen könnten. Hierunter fielen auch körperliche Gebrechen, die einen unsachgerechten Umgang mit der Waffe befürchten ließen. Die Beweglichkeit beider Arme müsse gewährleistet sein. Bei der Aufbewahrungskontrolle am 20. November 2019 habe sich gezeigt, dass das Öffnen des Tresors dem Antragsteller erhebliche Schwierigkeiten bereitet habe. Auch das Vorführen des Ladezustandes durch den Antragsteller sei nur durch immense Anstrengungen und größeren zeitlichen Aufwand möglich gewesen. Von einem kontrollierten Umgang mit Waffen habe man zu diesem Zeitpunkt nicht ausgehen können. Gem. § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 AWaffV sei von persönlicher Nichteignung auszugehen, sofern ein nach § 6 Abs. 2 WaffG gefordertes Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt werde. Gleiches gelte im Jagdrecht. Der Antragsteller habe weder ein Gutachten noch eine Einverständniserklärung zur Einleitung einer Begutachtung abgegeben.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 19. Juni 2020, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, ließ der Antragsteller Klage erheben und beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des Bescheids vom Landratsamt … vom 18. Mai 2020 anzuordnen, bzgl. Ziffer 3 des Bescheids sie wiederherzustellen.
Gründe, die auf eine Ungeeignetheit des Antragstellers schließen ließen, seien nicht ersichtlich. Die Vermutungswirkung des § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Abs. 3 Satz 1, Abs. 6 AWaffV liege nicht vor. Buchstabe b befasse sich mit Alkoholsucht und psychischen Erkrankungen. Soweit Buchstabe c gemeint gewesen sei, hätte ein Gutachten nicht angefordert werden dürfen, da Tatsachen bekannt sein müssten, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen können. Solche lägen hier nicht vor. Bei Behinderungen und körperlichen Mängeln sei der Einzelfall zu berücksichtigen. Es müsse feststehen, dass Waffen oder Munition nicht ohne Inanspruchnahme Dritter sicher gehandhabt werden können. Es sei nicht sicher, auf welche Tatsachen das Landratsamt abstelle, da weder am 18. Juni 2019 noch am 20. November 2019 die notwendigen Feststellungen getroffen worden seien, dass eine Waffe nicht sicher gehandhabt werden kann. Am 20. November 2019 seien lediglich die Tresortüren geöffnet worden, die Waffen seien nicht vorgeführt worden. Der Schluss, dass Schwierigkeiten beim Öffnen des Tresors automatisch zu Problemen bei der Handhabung der Waffe führen würden, sei falsch und basiere auf einer bloßen Vermutung. Die durchzuführenden Handgriffe würden sich nicht gleichen. Hinzu käme, dass nicht auf einen schnellen Umgang abzustellen sei. Im Bescheid sei eine genaue Gefährdungslage nicht ausgeführt worden, nur dass die Handgriffe längere Zeit in Anspruch genommen hätten. Eine konkrete Gefahr könne nicht erkannt werden. Für § 6 Abs. 2 WaffG sei zwischen der erstmaligen Erlaubnis und dem nachträglichen Wegfall zu unterscheiden. Da das bisherige Verhalten mit einzustellen sei, sei das Verfahren nach Abs. 2 nicht zwangsläufig anzuwenden. Eine Einzelfallbegründung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO liege nicht vor.
Das Landratsamt beantragte für den Antragsgegner mit Schreiben vom 29. Juni 2020,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Antragsteller bei der Waffenkontrolle am 20. November 2019 erhebliche zeitliche Verzögerungen beim Aufsperren des Waffenschrankes, dem Vorzeigen der Waffen und der Munition und beim Nachprüfen des Ladezustands seiner Waffe gezeigt habe. Zur rechtlichen Würdigung wurde auf den Bescheid Bezug genommen. Bezüglich der körperlichen Lähmungserscheinungen sei auszuführen, dass erforderlich sei, dass der Betroffene seine Jagdwaffe allein und selbständig nach den jagdlichen Erfordernissen und den Anforderungen des Tierschutzes sowie der Unfallverhütung handhaben könne. Er müsse ohne Inanspruchnahme fremder Hilfe einer dritten Person sein Jagdgewehr vor dem Schuss entsichern können und beim Zielen und bei der Schussabgabe das Gewehr manuell, d.h. mit den Händen fixieren können, dass eine hinreichende Treffsicherheit gewährleistet sei. Nach dem Schuss müsse er in der Lage sein, die Waffe sofort nachzuladen, ggf. einzustechen und – falls erforderlich – einen weiteren Schuss abzugeben. Da ein sofortiges Nachladen gewährleistet sein müsse, werde die Beweglichkeit beider Arme und der betreffenden Muskulatur sowie beider Schultergelenke und eine gewisse Kraft beider Arme vorausgesetzt. Dies sei beim Antragsteller nicht der Fall gewesen. Dass die zuverlässige Handhabung der Waffe nicht ausgeschlossen sei, reiche nicht aus, um von der persönlichen Eignung des Antragstellers auszugehen (VG Augsburg, B.v. 21.12.2007 – Au 4 S 07.1581). Der Antragsteller habe seit Jahren schwerwiegende Probleme in Bezug auf seinen Bewegungsapparat, sodass erhebliche Einschränkungen beim Laufen sowie eine einseitige Lähmung des Armes festzustellen seien. Bereits die mangelnde Funktionsfähigkeit des Armes sei entscheidend dafür, dass eine sichere Handhabung der Waffe nicht möglich sei. Alleine diese Tatsache rechtfertige die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Jagdscheins sowie den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse (VG Frankfurt (Oder), B.v. 2.10.2008 – 4 L 216/08). Auf einen expliziten Nachweis der Waffenhandhabung sei im Rahmen der Aufbewahrungskontrolle am 20. November 2019 verzichtet worden, nachdem die erhebliche Funktionseinschränkung des Armes des Antragstellers bereits augenscheinlich vorgelegen habe und es eine Herausforderung gewesen sei, den Waffenschrank zu öffnen. Die ordnungsgemäße Handhabung der Waffe stelle eine deutlich anspruchsvollere Handlung dar und verlange feinmotorisch und im Hinblick auf die einzusetzenden Kräfte ein höheres Maß an Körperbeherrschung als die Bedienung eines einfachen Schlosses.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Behördenakten und das Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
1. Das Gericht versteht den Eilantrag gemäß der Wortlautauslegung dahingehend, dass er sich ausschließlich gegen den sofortigen Vollzug der Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids (Widerruf der Waffenbesitzkarten) und gegen die Nr. 3 (Abgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarten und der Waffen und Munition) richtet (vgl. § 88 VwGO). Weitere Regelungspunkte werden mit dem Eilantrag nicht angegriffen und es wurde auch kein zusätzlicher Anordnungsantrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Verlängerung des Jagdscheins gestellt.
So verstanden ist der Eilantrag als Anordnungsantrag gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 WaffG (hinsichtlich der Nr. 1 der Verfügung) und als Wiederherstellungsantrag gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 3 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO (hinsichtlich der Nr. 3 der Verfügung) zulässig und begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Dabei sind im Rahmen der durch das Gericht zu treffenden eigenen Ermessensentscheidung das private Interesse des Antragstellers, bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache von der Vollziehung verschont zu bleiben, und das Interesse der Allgemeinheit am Sofortvollzug gegeneinander abzuwägen. Ausschlaggebend für das Ergebnis dieser Interessenabwägung sind dabei in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung, dass der Rechtsbehelf aller Wahrscheinlichkeit nach Erfolg haben wird, ist die aufschiebende Wirkung in der Regel anzuordnen oder wiederherzustellen. Erweist sich hingegen der angefochtene Verwaltungsakt voraussichtlich als rechtmäßig, ist der Antrag regelmäßig abzulehnen. Diese Prüfung ergibt im vorliegenden Fall, dass die Klage des Antragstellers nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage wahrscheinlich Erfolg haben wird. Nach dem Ergebnis der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist der Bescheid des Landratsamts … vom 18. Mai 2020 rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2. a) Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dabei handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine Erlaubnis voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung besitzt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WaffG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie 1. geschäftsunfähig sind, 2. abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind oder 3. aufgrund in der Person liegender Umstände mit Waffen und Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen können oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren können oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen, so hat die zuständige Behörde dem Betroffenen auf seine Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben (§ 6 Abs. 2 WaffG). Näheres hierzu ist in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) geregelt (§ 6 Abs. 4 WaffG).
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AWaffV hat derjenige, dem gegenüber die zuständige Behörde die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens angeordnet hat, auf eigene Kosten einen sachkundigen Gutachter mit der Begutachtung zu beauftragen. Für die Anordnung zur Gutachtensvorlage ist erforderlich (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AWaffV), dass begründete Zweifel an von ihm beigebrachten Bescheinigungen oder durch Tatsachen begründete Bedenken bestehen, dass er a) geschäftsunfähig oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, b) abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil ist oder c) auf Grund in seiner Person liegender Umstände mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren kann oder dass die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht.
Die Weigerung, sich untersuchen zu lassen, berechtigt – wie die nicht fristgerechte Vorlage des dem Antragsteller aufgegebenen Gutachtens – die Behörde nach § 4 Abs. 6 AWaffV zu dem Schluss auf die Nichteignung, wenn der Betroffene durch einen entsprechenden Hinweis auf diese mögliche Folge hingewiesen worden war (Absatz 6 Satz 2).
b) Für den Schluss auf die Nichteignung ist zunächst erforderlich, dass Bedenken an der persönlichen Eignung bestehen (Ausführungen unter aa). Zum anderen muss die Gutachtensaufforderung selbst gewissen Anforderungen entsprechen (Ausführungen unter bb), was vorliegend nicht erfüllt ist.
aa) Bedenken an der körperlichen Eignung im Sinne von § 4 Abs. 1 Buchst. b) AWaffV (wie vom Landratsamt in der Begutachtensaufforderung vom 25. November 2019 angenommen) liegen in der Person des Antragstellers nicht vor. Als Anknüpfungstatsachen waren dem Landratsamt lediglich bekannt, dass der Antragsteller einen Schlaganfall hatte und dass sein linker Arm gelähmt ist. Hierbei handelt es sich nicht um eine psychische Erkrankung im Sinne der Vorschrift.
Zu psychischen Erkrankungen kann auf die Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zurückgegriffen werden (Steindorf/N. Heinrich, 10. Aufl. 2015, AWaffV § 4 Rn. 6). Unter Nr. 7 dieser Anlage werden genannt: Psychische (geistige) Störungen: Organische Psychosen, chronische hirnorganische Psychosyndrome, schwere Altersdemenz und schwere Persönlichkeitsveränderungen durch pathologische Alterungsprozesse, schwere Intelligenzstörungen/geistige Behinderung, affektive Psychosen und schizophrene Psychosen. Der Antragsteller hatte einen Schlaganfall und keine der unter Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV aufgezählten Erkrankungen.
Es mögen zwar Hinweise auf eine Ungeeignetheit nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c AWaffV bestehen. Dies ist aber nicht entscheidungserheblich, da die Begutachtensaufforderung nicht auf diese Rechtsgrundlage gestützt wurde und die Aufforderung weitere Mängel enthält (Ausführungen unter bb). Dennoch möchte die Kammer an dieser Stelle auf Folgendes hinweisen: Die auf § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG festgelegten Kriterien, die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c) AWaffV erfasst sind, sind (soweit sie die geistige Eignung betreffen) solche persönlichen Umstände wie z.B. ein hohes Aggressionspotential, hohe Risikobereitschaft oder „niedrige Stressbewältigung“. Durch bisheriges Verhalten bekannt gewordene Unbeherrschtheit im Umgang mit Familienangehörigen oder Dritten (körperliche Misshandlung o. ä.; Verwicklung in Wirtshausschlägereien; Unfähigkeit zu verbaler Streitbereinigung), hohe Risikobereitschaft (Neigung zu riskantem, unüberlegtem Tun im Verhältnis zu Mitmenschen), mangelnde Fähigkeit, Stresssituationen situationsgerecht abzubauen; hierzu gehört die Unfähigkeit, den vorhandenen Stress zu erkennen und Strategien zu seiner Bewältigung zu entwickeln. In allen genannten Fällen kann die fachärztliche oder fachpsychologische gutachterliche Äußerung Klarheit bringen. Ein Fall missbräuchlichen Umgangs ist auch gegeben, wenn die konkrete Gefahr einer Fremd- oder Selbstgefährdung besteht (Steindorf/N. Heinrich, 10. Aufl. 2015, AWaffV § 4 Rn. 7, 8). Für das Vorliegen solcher oder vergleichbarer Verhaltensweisen finden sich beim Antragsteller in der Akte keine Hinweise.
Allein in Betracht kommt, dass möglicherweise wegen der Lähmung des Arms und des Schlaganfalls des Antragstellers Bedenken an der körperlichen Eignung des Antragstellers bestehen. Die Annahme der körperlichen Eignung setzt voraus, dass der Betreffende allein und selbstständig seine Jagdwaffe nach den jagdlichen Erfordernissen und den Anforderungen des Tierschutzes sowie der Unfallverhütung (vgl. UVV-Jagd) handhaben kann. Er muss insbesondere ohne die Inanspruchnahme der Hilfe einer dritten Person sein Jagdgewehr vor dem Schuss entsichern, ggf. einstechen und beim Zielen und bei der Schussabgabe manuell, d.h. mit beiden Händen so fixieren können, dass eine hinreichende Treffsicherheit gewährleistet ist. Nach dem Schuss muss er in der Lage sein, die Waffe sofort nachzuladen, ggf. einzustechen und – falls erforderlich – einen weiteren Schuss abzugeben, oder – je nach den Anforderungen der konkreten Situation – die Waffe zu sichern und ggf. zu entstechen (je nach Waffentyp nach vorherigem Brechen [Kipplaufwaffe]). Dies setzt eine Beweglichkeit beider Arme und der betreffenden Muskulatur sowie beider Schultergelenke und eine gewisse Kraft in beiden Armen voraus (VG Augsburg, B.v. 21. Dezember 2007 – Au 4 S 07.1581 – juris Rn. 31).
Die körperliche Nichteignung steht hierbei nach Aktenlage noch nicht fest (in diesem Fall wäre die Anordnung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen, da dann auch ohne Gutachten § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG zur Anwendung käme). Bei der Aufbewahrungskontrolle am 20. November 2019 forderte der Kontrolleur des Landratsamts vom Antragsteller nicht zugleich einen Nachweis der Waffenhandhabung. Dass bereits das Öffnen des Waffenschrankes Probleme verursachte, weist nicht automatisch darauf hin, dass dem Antragsteller ein Umgang mit der Waffe ebenso schwer fallen würde, zumal die genauen Schwierigkeiten des Antragstellers nach der Aktenlage nicht in einem Vermerk anschaulich gemacht wurden. Für eine erneute Gutachtensaufforderung, die auf die richtige Rechtsgrundlage gestützt wird und die auch im Übrigen formell und materiell rechtmäßig ist, würde dies aber ausreichen, da die körperliche Nichteignung nicht feststehen muss, sondern nur berechtigte Zweifel an der körperlichen Eignung bestehen müssen.
bb) Der Schluss auf die Nichteignung des Antragstellers auf Grund der Nichtvorlage eines nach § 6 Abs. 2 WaffG geforderten Gutachtens nach § 4 Abs. 6 AWaffV ist nur zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist. Dieser insbesondere im Fahrerlaubnisrecht entwickelte, (vgl. BVerwG, U.v. 13.11.1997 – 3 C 1.97 und U.v. 9.6. 2005 – 3 C 25.04 – jeweils juris), aber auch aus allgemeinen verfassungsrechtlichen Prinzipien ableitbare Grundsatz ist auf das Verfahren über die Erteilung oder Einziehung der Waffenbesitzkarten zu übertragen. Der Schluss von der Nichtbefolgung einer Untersuchungsanordnung auf die Nichteignung eines Jagdscheinbewerbers oder -inhabers/Waffenbesitzers hat seinen inneren Grund in der Verletzung der diesem nach § 6 Abs. 2 WaffG bzw. § 17 Abs. 6 BJagdG obliegenden Mitwirkungspflicht. Die Schlussfolgerung selbst ist ein Akt der Beweiswürdigung, der auf der Überlegung beruht, der Betroffene wolle einen Eignungsmangel verbergen. Diese Überlegung trägt nicht, wenn es für die verlangte Untersuchung entweder keinen begründeten Anlass gibt oder sie kein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel ist, um die konkret entstandenen Eignungszweifel aufzuklären. Hinzu kommt, dass die Untersuchungsanordnung mangels Regelung keinen Verwaltungsakt darstellt. Sie ist nicht auf die Setzung einer Rechtsfolge im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG gerichtet, sondern konkretisiert lediglich die Pflicht des Betroffenen, bei der vorbereitenden Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mitzuwirken. Die Anordnung ist als reine Verfahrenshandlung nicht isoliert angreifbar (§ 44a VwGO), sondern kann nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen eine daran anknüpfende jagdrechtliche/waffenrechtliche Maßnahme inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Ihr Adressat hat daher eigenständig zu prüfen, ob sie rechtmäßig und deswegen zu befolgen ist. Die Untersuchungsanordnung muss deshalb nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch bestimmten formellen Voraussetzungen genügen. Namentlich muss sie aus sich heraus verständlich sein (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 AWaffV). Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob die in ihr verlautbarten Gründe die behördlichen Eignungszweifel zu rechtfertigen vermögen. Nur auf der Grundlage dieser Information kann er nämlich sachgerecht einschätzen, ob er sich trotz der mit einer Untersuchung verbundenen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts und der Kostenbelastung der Begutachtung stellen will oder die mit der Verweigerung der Begutachtung verbundenen Risiken eingeht (OVG NRW, U.v. 21.2.2014 – 16 A 2367/11 – juris Rn. 39 ff.).
(1) Das zugrundegelegt, durfte der Antragsgegner nicht auf die fehlende persönliche Eignung des Antragstellers schließen, da die Anordnung bereits formell fehlerhaft ist. Der Antragsteller konnte der Begutachtensaufforderung nicht entnehmen, auf welche tatsächlichen Umstände die behördlichen Bedenken gründeten. So wurden als Rechtsgrundlage in der Anordnung vom 25. November 2019 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 WaffG, § 18 Abs. 6 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG und § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 AWaffV genannt. Gefordert wurde ein amtsärztliches Gutachten des Fachbereichs Gesundheitswesen oder ein Gutachten eines entsprechenden Facharztes oder ein Gutachten des Medizinisch-Psychologischen Instituts des TÜV Süd.
Bei den angesprochenen Vorschriften handelt es sich um Bedenken wegen Abhängigkeit von Alkohol oder berauschenden Mitteln, psychischer Erkrankung oder Debilität. Da diese Bedenken beim Antragsteller (wie unter aa) dargestellt) nicht vorliegen und das Landratsamt in der Anordnung selbst nur pauschal ausführt, dass „aufgrund Ihres derzeitigen körperlichen Zustands“ (ohne diesen weiter zu konkretisieren), die Beibringung eines medizinischen Gutachtens erforderlich sei, konnte dem Antragsteller zum Zeitpunkt der Aufforderung nicht klar sein, welche Bedenken bestanden und was konkret zu untersuchen ist. Lediglich in Nr. 2 der Aufforderung wird die halbseitige Lähmung des rechten Armes erwähnt. In Zusammenschau mit dem Bescheid (der ebenfalls nur auf die halbseitige Lähmung Bezug nimmt) scheint deutlich zu werden, dass sich die Bedenken nur auf die halbseitige Lähmung bezogen. Unklar bleibt dabei dann aber weiter, warum über die Frage der Bedenken hinsichtlich der Lähmung hinaus Fragen nach der psychischen Eignung (Frage Nr. 1) und hinsichtlich der weiteren körperlichen Bedenken (Sehschwäche, Farbuntüchtigkeit, HerzKreislauferkrankungen, Diabetes … – Frage 2) gestellt wurden. Sollten diese Fragen auf Grund des Schlaganfalls des Antragstellers gestellt worden sein, so ist dies dem Wortlaut des Schreibens in keiner Weise zu entnehmen und wäre zudem mit dem in Frage 2 angesprochenen Katalog, der auch „schwere Geisteskrankheiten“ umfasst, schlicht nicht in Einklang zu bringen. Die Aufforderung macht nach dem Wortlaut den Eindruck, dass der Antragsteller möglicherweise vollständig körperlich und geistig ungeeignet ist mit Waffen umzugehen, da sämtliche nur erdenkliche Krankheiten (sowohl psychisch als auch körperlich) abgefragt werden. Diese weitreichenden Bedenken bestanden nach Aktenlage aber gerade nicht.
Zum anderen wurde in der Anordnung die falsche Rechtsgrundlage zitiert. Das Landratsamt ging offensichtlich (was auch im Bescheid und in der Antragserwiderung Ausdruck findet) hinsichtlich der Bedenken von solchen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG und nicht von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG aus. Der Rechtsprechung im Fahrerlaubnisrecht folgend gilt nach Auffassung der Kammer auch für das Waffenrecht, dass die Angabe einer falschen Rechtsgrundlage in der Gutachtenanordnung nicht durch das Ersetzen der Rechtsgrundlage in den Gründen der Antragserwiderung geheilt werden kann. Hierdurch würde nämlich dem Recht eines Betroffenen, einer Gutachtenanforderung nicht Folge leisten zu müssen, von der er zutreffend erkannt hat, dass sie auf eine nicht einschlägige Befugnisnorm gestützt wurde, der Boden entzogen (BayVGH, B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 60).
Der Aufforderung ist zudem nicht eindeutig zu entnehmen, in welcher Fachrichtung die Überprüfung durch den Amtsarzt oder durch den Facharzt zu erfolgen hat. Soweit es lediglich um die Überprüfung körperlicher Gebrechen geht, ist ein Gutachten eines Medizinisch-Psychologischen Instituts nicht zielführend. Die Aufzählung, die sowohl die Möglichkeit dieser Untersuchung als auch allgemein eine Untersuchung durch den Amtsarzt oder einen Facharzt (welcher Fachrichtung wird nicht ausgeführt) beinhaltet, ist somit widersprüchlich und unbestimmt.
(2) Da wie ausgeführt wurde, nur Bedenken an der körperlichen Eignung in Bezug auf die Lähmung des Armes des Antragstellers bestanden (hinzu kommen eventuell noch die Auswirkungen eines erlittenen Schlaganfalls, was ggf. einer neurologischen Abklärung bedarf), ist die Beantwortung der Frage, ob der Antragsteller psychisch in der Lage ist, mit Waffen oder Munition umzugehen im Rahmen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung zum einen – rein fachlich – nicht möglich. Das Fordern einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung wäre zum anderen auf Grund der damit einhergehenden weitreichenden Untersuchung der Persönlichkeit des Antragstellers unverhältnismäßig, da eine reine medizinische Untersuchung z.B. durch einen Neurologen völlig ausreichend wäre.
Nach Aktenlage bestanden auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einiger der in Frage 2 angesprochenen Erkrankungen (z.B. Diabetes, Geisteskrankheiten oder sonstige schwere Erkrankungen). Hinsichtlich dieser Fragestellung geht die Begutachtensaufforderung „ins Blaue hinein“, da sämtliche nur erdenkliche Krankheiten abgefragt werden sollen. Im Fahrerlaubnisrecht gilt, dass die Beibringung des Gutachtens nur aufgrund konkreter Tatsachen, nicht auf einen bloßen Verdacht bzw. auf Mutmaßungen, Werturteile, Behauptungen oder dergleichen hin verlangt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13.01 – NJW 2002, 78 = juris Rn. 26; Siegmund in Freymann/Wellner jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 11 FeV Rn. 36). Ob die der Behörde vorliegenden Tatsachen ausreichen, ist nach den gesamten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen. Gleiches gilt für den genauen Grad der Konkretisierung, die die von der Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV festzulegende und mitzuteilende Fragestellung aufweisen muss (BVerwG, B.v. 5.2.2015 – 3 B 16.14 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 3.9.2015 – 11 CS 15.1505 – juris Rn. 13). Diese Rechtsprechung findet auf das Waffenrecht ebenfalls Anwendung. Da keine Anhaltspunkte für einige der in Frage 2 angesprochenen Erkrankungen vorlagen, ist die Gutachtensanordnung unverhältnismäßig, greift unzulässig in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein und ist damit materiell rechtswidrig. Sollte das Landratsamt mit der Aufzählung die Folgen des Schlaganfalls gemeint haben, so wäre explizit nach diesen Folgen zu fragen gewesen.
Da auf Grund der rechtswidrigen Gutachtensaufforderung der Schluss auf die Nichteignung durch Nichtvorlage des Gutachtens nicht möglich ist, aber zum Zeitpunkt des Bescheids auch nicht feststeht, dass der Antragsteller körperlich ungeeignet ist mit Waffen sachgerecht umzugehen, ist der Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers rechtswidrig (Nr. 1 des Bescheids).
c) Rechtsgrundlage bezüglich der Anordnung der Abgabepflichten in der Nr. 3 des Bescheids ist § 46 Abs. 1 und 2 WaffG. Nach den Regelungen setzt die Abgabeverpflichtung bezüglich der Erlaubnisse nach dem Waffengesetz und den aufgrund der Erlaubnisse erworbenen Waffen den Widerruf der Erlaubnis voraus. Da die rechtlichen Voraussetzungen für den Widerruf der Waffenbesitzkarten nicht vorliegen, erstreckt sich die Rechtswidrigkeit des Bescheids auch auf die Abgabeverpflichtung (Nr. 3 des Bescheids) und auf die Anordnung der Sicherstellung der Waffen (Nr. 7 des Bescheids).
3. Das Gericht weist darauf hin, dass durch die Wiederherstellung/Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage die in Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG genannte Vollstreckungsvoraussetzung für die Durchsetzung der Zwangsgeldandrohung nicht gegeben ist.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 1.5, 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). In der Waffenbesitzkarte … sind 4 Waffen, in der Waffenbesitzkarte … sind 7 Waffen eingetragen. Für die Berechnung des Streitwerts maßgeblich sind somit 10 Waffen (jeweils mit 750 EUR) zuzüglich des Auffangstreitwerts (für die Waffenbesitzkarten einschließlich einer Waffe). Dieser Wert ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren.


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