Medizinrecht

Ruhen der Approbation als Arzt, Sofortvollzug, Zweifel an der gesundheitlichen Eignung, Verdacht auf Betäubungsmittelmissbrauch, Verdacht einer Suchterkrankung, Verdacht auf psychische Erkrankung, Überforderungs- bzw. Überlastungssyndrom, Untersuchungsanordnung, Verweigerung einer fachärztlichen Untersuchung, Anforderungen an den Begutachtungsauftrag, Verwertbarkeit von Informationen aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren

Aktenzeichen  M 16 S 21.2113

Datum:
30.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40059
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BÄO § 6 Abs. 1 Nr. 3
BÄO § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
BtMG § 13 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das für sofort vollziehbar erklärte Ruhen seiner Approbation als Arzt.
Dem Antragsteller wurde mit Wirkung zum 18. September 1996 vom Regierungspräsidium S. die Approbation als Arzt erteilt. Er ist Facharzt für Innere Medizin und betreibt seit 2007 eine Hausarztpraxis für Innere Medizin, Naturheilverfahren und Sportmedizin in München.
Anlässlich einer routinemäßigen Apothekenkontrolle am 25. September 2019 und daran anschließenden weiteren Ermittlungen (insbesondere einer entsprechenden Anhörung des Antragstellers) erstattete die Landeshauptstadt München mit Schreiben vom … Februar 2020 Strafanzeige (Az.: … … …) gegen den Antragsteller wegen des Verdachts auf Verschreiben von Betäubungsmitteln ohne ärztliche Begründetheit (§ 29 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG) in acht Fällen und setzte hiervon auch die Regierung von Oberbayern in Kenntnis. Der Antragsteller hatte sich in der Zeit vom 22. Juli 2019 bis 13. November 2019 selbst sieben Betäubungsmittelrezepte über insgesamt 40g Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von mindestens 22% ausgestellt (vgl. Rezepte vom 22.7.2019, 29.7.2019, 7.8.2019, 16.9.2019, 14.10.2019, 7.11.2019 und 13.11.2019) und zudem am 15. Oktober 2019 von seiner Ärztin ein Betäubungsmittelrezept über 5g Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von 22% erhalten. Gegenüber der Landeshauptstadt München sicherte der Antragsteller sodann mit Schreiben vom 7. Februar 2020 zu, für sich selbst ab sofort keine Betäubungsmittel der Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes mehr zu verschreiben. Das Strafverfahren wurde mit Verfügung vom 17. April 2020 von der Staatsanwaltschaft gemäß § 31a Abs. 1 BtMG (unter Hinweis auf die geringe, offenbar zum gelegentlichen Eigenverbrauch verschriebene Menge und fehlende Anhaltspunkte für eine Fremdgefährdung) eingestellt. Eine in diesem Zusammenhang und wohl auf Veranlassung der Führerscheinstelle des Landratsamts Landsberg am Lech vorgenommene Untersuchung des Leistungsvermögens nach Nr. 2 der Anlage 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung absolvierte der Antragsteller am 23. Juli 2020 erfolgreich.
Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgericht Landsberg am Lech vom … August 2020 (Az.:  … … … …) wurde gegen den Antragsteller wegen vorsätzlichem, unerlaubtem Führen einer Schusswaffe (Mitführen einer Schreckschusswaffe Colt Government 1911 im PKW am 3.7.2020) eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen zu je 100,- Euro verhängt.
Am 11. Dezember 2020 wurden wegen des Verdachts der unerlaubten Verschreibung von Betäubungsmitteln auf Grundlage eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses des Amtsgerichts München vom … Oktober 2020 (Az.: … … … im Verfahren … … …) die Praxisräume des Antragstellers nach Patientendokumentationen betreffend zwei Patienten durchsucht. Nach den Ausführungen des Landgerichts München I im Beschluss vom … Februar 2021 (Az.:  … …) bestand nach dem Ermittlungsstand zum Zeitpunkt des Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses ein Anfangsverdacht dahingehend, dass der Antragsteller einem der beiden Patienten (geb. 5.6.1991) im Zeitraum vom 2. Juli 2020 bis zum 13. Juli 2020 drei Mal medizinisches Cannabis mit jeweils 5g und einer Dosis von ca. 0,3g verschrieben habe, und dahingehend, dass der Antragsteller dem anderen der beiden Patienten (geb. 12.10.1998) im Zeitraum vom 6. Juli 2020 bis 29. Juli 2020 mindestens zwei Mal medizinisches Cannabis mit jeweils 10g und einer Dosis von ca. 0,3g (zwei- bis dreimal täglich) verordnet habe, das dieser auch als Joint rauchen dürfe, ohne dass die Anwendung der verschriebenen Betäubungsmittel begründet gewesen sei. Mangels ausreichender Begründung im Beschluss des Amtsgerichts vom … Oktober 2020 betreffend den zuletzt genannten Patienten wurde der Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss insoweit vom Landgericht aufgehoben (Nr. 3 des Beschlusstenors) und festgestellt, dass die Durchsuchung insoweit rechtswidrig war (Nr. 2 des Beschlusstenors). Hinsichtlich des anderen Patienten wurde die Beschwerde des Antragstellers gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss hingegen als unbegründet verworfen (Nr. 1 des Beschlusstenors).
Erstmals mit Schreiben vom 23. Juli 2020 wandte sich die Regierung von Oberbayern wegen des Sachverhalts um die vom Antragsteller selbst eingenommenen Cannabisblüten und darauf gestützte Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur Ausübung des Arztberufs an diesen und forderte ihn zur Beantwortung einiger Fragen sowie zur Vorlage bestimmter Blutwerte und einer aktuellen Haaranalyse auf. Dieser Aufforderung kam der Antragsteller mit Schreiben vom 28. Juli 2020 und 17. September 2020 nach. Wegen fortbestehenden Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers wurde dieser sodann von der Regierung von Oberbayern mit Schreiben vom 30. Oktober 2020 zur weiteren Aufklärung (des Verdachts auf einen Betäubungsmittelmissbrauch nach ICD-10: F19 bzw. auf eine Suchterkrankung und zum Ausschluss einer Komorbidität mit anderen psychischen Erkrankungen, insbesondere einem Überforderungs- bzw. Überlastungssyndrom) aufgefordert, mit dem …-S.-Klinikum gemeinnützige GmbH in W. am Inn einen Termin zur fachärztlichpsychiatrischen Begutachtung zu vereinbaren sowie (mittels weiterer Haaranalyse) die THC-COOH-Konzentration bestimmen zu lassen. Die sodann vom Antragsteller für den 22. Januar 2021 vereinbarte Untersuchung sagte der Bevollmächtigte des Antragstellers kurzfristig vor Beginn der Untersuchung ab. Das …-Klinikum gab angesichts der in diesem Zusammenhang getätigten Äußerungen den Gutachtensauftrag zurück. In der Folgezeit wurde der Antragsteller wiederholt unter Fristsetzung aufgefordert, sich mit einer medizinischen Begutachtung (zuletzt in Form einer fachärztlich psychiatrischen und fachärztlich neurologischen Begutachtung wegen zusätzlichen Verdachts auf ein schweres chronisches Schmerzsyndrom nach ICD-10: R52) einverstanden zu erklären, so dass ein neuer, geeigneter Gutachter beim … Klinikum München-… beauftragt werden kann (vgl. Gesprächsnotizen vom 25.1.2021 und 1.2.2021 sowie Schreiben vom 3.2.2021, 23.2.2021 und 24.2.2021). Für den Fall der Weigerung wurde – wie schon im Schreiben vom 30. Oktober 2020 – die Anordnung des Ruhens der Approbation angekündigt.
Mit Bescheid vom 24. März 2021, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 1. April 2021, ordnete die Regierung von Oberbayern das Ruhen der Approbation des Antragstellers als Arzt an (Nr. 1 des Bescheidstenors) und verpflichtete diesen, das Original seiner Approbationsurkunde und sämtliche in seinem Besitz befindlichen Ablichtungen davon an die Regierung zu übergeben oder zu übersenden (Nr. 2 des Bescheidstenors). In Nr. 3 des Bescheids verfügte die Regierung von Oberbayern die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids. Für den Fall der Nichtbeachtung der Verfügungen unter Nr. 2 des Bescheids innerhalb von zwei Wochen nach deren Vollziehbarkeit wurde dem Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,- EUR angedroht (Nr. 4 des Bescheidstenors). Nr. 5 des Bescheids betrifft die Verwaltungskosten.
Zur Begründung der Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des Arztberufs werden neben den Erkenntnissen aus den o.g. Strafverfahren insbesondere das vom Antragsteller vorgelegte Ergebnis der Haaranalyse zur THC-Konzentration von 1,1 ng/mg (vgl. Gutachten der FTC GmbH München vom 8.9.2020), das Ergebnis der Blutuntersuchung zum CDT-Wert als Parameter für den Alkoholkonsum (Wert von 1,97% im negativen, aber medizinisch zu beobachtenden „Graubereich“, vgl. Bericht des Labors Staber vom 19.8.2020) und ein den Angaben des Antragstellers entnommenes Überlastungs- bzw. Überforderungssyndrom angeführt. Nach dem vorgelegten Gutachten lägen die Konzentrationen an THC im Vergleich zu anderen positiven Fällen im hohen Bereich. Die nachgeforderte Bestimmung der THC-COOH-Konzentration zur weiteren Aufklärung des Konsumverhaltens sei nicht vorgelegt worden. Auch die aktuelle Stellungnahme der behandelnden Ärztin vom 14. Februar 2021 beinhalte keine konkreten und nachvollziehbaren anamnetischen Informationen (wie Schmerzanamnese mit Schmerzintensität, Schmerzqualität, genauer Schmerzlokalisation, zeitlichem Verlauf), körperlichen Untersuchungsbefunde und vor allem Informationen über den bisherigen Therapieverlauf und bereits versuchter Therapieoptionen (mit Wirkungen und Nebenwirkungen) für die Nachvollziehbarkeit der Begründetheit der Verordnung von Cannabisblüten. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids vom 24. März 2021 verwiesen.
Gegen den Bescheid hat der Antragsteller fristgerecht Klage erhoben (Verfahren M 16 K 21.2109) und zudem mit undatiertem Schreiben, bei Gericht eingegangen am 19. April 2021, bzw. Schreiben vom 21. April 2021 (sinngemäß) beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnungen in Nrn. 1, 2 und 4 des Bescheids vom 24. März 2021 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Zur Begründung von Klage und Eilantrag wurden überwiegend die bereits gegenüber der Regierung von Oberbayern im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgetragenen Argumente wiederholt bzw. vertieft. So wurde insbesondere die Begründung der Untersuchungsanordnung (vor allem unter Berücksichtigung der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Berichte und Schreiben und der vorgelegten Laborergebnisse) als unzureichend bemängelt und Inhalt, Umfang und Art und Weise des Begutachtungsauftrags beanstandet. Die Untersuchung sei vor diesem Hintergrund zu Recht verweigert worden. Der Sachverhalt um die Betäubungsmittelrezepte an den Antragsteller selbst sei bereits durch die zuständigen Stellen (u.a. Referat für Umwelt und Gesundheit bei der Landeshauptstadt München und Staatsanwaltschaft München I) ausermittelt und die Verfahren anschließend eingestellt worden. Der interne medizinische Berater bei der Regierung von Oberbayern habe hingegen nicht die erforderliche Fachkompetenz, was sich in der Qualität seiner Stellungnahmen zeige. Zudem suche die Regierung von Oberbayern mit entsprechendem „Belastungseifer“ und unter Übergehung dienstrechtlicher und sonstiger Vorschriften nur nach den Antragsteller belastenden Gesichtspunkten, ohne die seit 2007 beanstandungsfreie Praxisführung zu berücksichtigen. Aus weiteren strafrechtlichen (Ermittlungs-)Verfahren würden Akteninhalte unzulässigerweise verwendet und zudem irreführend dargestellt. Der Vorwurf angeblicher Verbreitung von Verschwörungstheorien finde sich ungeprüft als gewichtiger Baustein der Begründung. Die weitreichenden unter anderem berufs- und existenzschädigenden Auswirkungen schon der Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung würden nicht hinreichend berücksichtigt werden. Mit dem schließlich für sofort vollziehbar erklärten Ruhen der Approbation werde die berufliche und finanzielle Existenz des Antragstellers und seiner Familie gefährdet. Erschwerend komme hinzu, dass der streitgegenständliche, „persönlichkeitsgeschützte Informationen“ enthaltende Bescheid ohne zwingende Veranlassung flächendeckend an Standesorganisationen und Berufsverbände geschickt worden sei. Die Regierung verkenne, dass ein nur punktueller Kontakt mit BtMGrelevanten Stoffen (über einen bereits abgeschlossenen Zeitraum hinweg) nur im Rahmen einer fachärztlich angeordneten Behandlung/Medikation – und keineswegs unkontrolliert – erfolgt sei. Ein Austausch mit der behandelnden, gerade im Bereich der Schmerztherapie kundigen und tätigen Ärztin (deren ergänzende Stellungnahme vom 11. April 2021 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt wurde), eine zweite Haarprobe oder ähnliche Maßnahmen wären als mildere Mittel in Betracht gekommen. Im Übrigen zeige auch die lange Verfahrensdauer bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides und das insoweit widersprüchliche Verhalten der Behörde, dass die Anordnung des Sofortvollzugs nicht gerechtfertigt sei.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
In Ergänzung zur Bescheidsbegründung weist die Regierung von Oberbayern darauf hin, dass auch die ärztliche Stellungnahme vom 11. April 2021 nicht die erforderlichen Angaben zur Therapie des Antragstellers mit Cannabinoiden enthalte und auch das aktuell gegen den Antragsteller geführte Strafverfahren (… … …) eine Leichtfertigkeit und Verantwortungslosigkeit des Antragstellers im Umgang mit Betäubungsmitteln befürchten lasse. Im Übrigen wird auf die Stellungnahmen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im Eil- und Klageverfahren sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaften und auch sonst zulässigen Anträge auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage haben in der Sache keinen Erfolg.
Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall. Gegenstand dieser Abwägung sind das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfes und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes. Im Rahmen der Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte Bedeutung erlangen, insbesondere, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfes offensichtlich erscheinen. Offensichtlich sind die Erfolgsaussichten, wenn das beschließende Gericht im Eilverfahren meint, bereits mit hinreichender Sicherheit den Ausgang in der Hauptsache, also vorrangig seine eigene Entscheidung, prognostizieren zu können. Bei offener Erfolgsprognose ist eine (reine) Interessenabwägung durchzuführen, bei der die überschaubaren Erfolgsaussichten in der Hauptsache gleichwohl mit einbezogen werden können (vgl. BVerfG, B.v. 11.6.2008 – 2 BvR 2062/07 – juris Rn. 12 ff.; Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 80 Rn. 372 ff. m.w.N.).
Auch dann, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, bedarf es in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde im Einzelfall nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses, das gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO von der Behörde schriftlich zu begründen ist. Der in der Anordnung der sofortigen Vollziehung liegende selbstständige Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ist nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. Er setzt voraus, dass überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 8.4.2010 – 1 BvR 2709/09 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 2.3.2020 – 21 CS 19.1736 – juris Rn. 18).
Nach vorstehenden Maßstäben begegnen weder die Anordnung des Ruhens der Approbation als Arzt (nachfolgend unter 1.) noch die Anordnung zu deren sofortiger Vollziehbarkeit (nachfolgend unter 2.) oder die Verfügungen im Hinblick auf die Approbationsurkunde (nachfolgend unter 3.) Bedenken.
1. Die auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Bundesärzteordnung (BÄO) gestützte Anordnung des Ruhens der Approbation als Arzt ist aller Voraussicht nach (auch weiterhin) rechtmäßig. Es handelt sich bei der Anordnung des Ruhens einer ärztlichen Approbation um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage ist daher derjenige der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, U.v. 10.9.2020 – 3 C.13.19 – juris Rn. 11 ff. zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BÄO; BayVGH, B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 15.2074 – juris Rn. 13 zur Anordnung des Ruhens einer Approbation als Psychologischer Psychotherapeut).
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BÄO kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn Zweifel bestehen, ob der Arzt in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs noch geeignet ist, und der Arzt sich weigert, sich einer von der zuständigen Behörde angeordneten amts- oder fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen.
1.1 An der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur Ausübung des ärztlichen Berufs bestehen hinreichende Zweifel.
Bei dem Tatbestandsmerkmal des Zweifels handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung voll zugänglich ist. Zweifel bestehen dann, wenn glaubhafte und schlüssige Hinweise oder jedenfalls plausible tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die Anlass zu der Annahme geben, dass der Arzt zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geeignet ist. Wegen der Gefährdung von Patienten dürfen die Anforderungen daran, wann hinreichende Verdachtsmomente bestehen, auch unter Berücksichtigung des Grundrechts aus Art. 12 GG nicht überspannt werden. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO werden besondere Anforderungen an die Verdichtung der Zweifel nicht gestellt. Eines „ernstlichen“ Zweifels (wie z.B. in § 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) oder „dringenden Verdachts“ (wie z.B. in § 112 StPO) bedarf es nicht, um der Aufsichtsbehörde ein rasches Eingreifen zur präventiven Abwehr konkreter Gefahren zu ermöglichen. Andererseits ist die Annahme von Zweifeln, die zur Anordnung einer ärztlichen Untersuchung berechtigen, nicht gerechtfertigt bei willkürlichem, aus der Luft gegriffenem Einschreiten der Behörde ohne Anlass, des Weiteren bei einer anonymen, nicht näher substantiierten Anzeige oder bei fadenscheinigen, in sich nicht schlüssigen Hinweisen (vgl. Erfordernis jedenfalls plausibler tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Einschränkung der gesundheitlichen Eignung nach NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 25 f. und OVG SH, B.v. 7.3.2018 – 3 MB 1/18 – juris Rn. 9; vgl. hierzu auch VGH BW, B.v. 15.12.2014 – 9 S 2073/14 – juris Rn. 22; Erfordernis glaubhafter und schlüssiger Hinweise nach OVG Hamburg, B.v. 28.2.2019 – 3 Bs 257/18 – juris Rn. 20 und OVG LSA, U.v. 5.11.1998 – A 1 S 376/98 – juris Rn. 33 ff.; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 18; Rehborn in Laufs/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage 2019, § 8 Die Approbation Rn. 85).
Solche tatsächlichen Anhaltspunkte, die das Maß einer unsubstantiierten, anonymen Anzeige oder eines in sich nicht schlüssigen Hinweises überschreiten, sind im Fall des Antragstellers gegeben. Die im streitgegenständlichen Bescheid insoweit dargelegten Punkte sind überwiegend nachvollziehbar.
1.1.1 Zweifel an der gesundheitlichen Eignung resultieren zum einen aus der Einnahme von Betäubungsmitteln (Cannabis) durch den Antragsteller.
Der Antragsteller hatte sich in der Zeit vom 22. Juli 2019 bis 13. November 2019 (u.a. am 14.10.2019) selbst sieben Betäubungsmittelrezepte über insgesamt 40g Cannabisblüten (unterschiedlicher Sorten) mit einem THC-Gehalt von jeweils mindestens 22% ausgestellt und zudem am 15. Oktober 2019 von seiner behandelnden Ärztin ein Betäubungsmittelrezept über 5g Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von 22% erhalten. Die Angaben zur Dosierung reichten – soweit auf dem jeweiligen Rezept eine explizite Angabe gemacht wurde – von „1-2 x tgl. ca. 0,05 – 0,1g“ bis „1-2 x tgl. ca. 0,2g“.
Zwar ist es jedem Arzt grundsätzlich möglich, sich selbst ein in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) bezeichnetes Betäubungsmittel (wie Cannabis) zu verschreiben (in der Rechtsprechung allerdings kritisch gesehen, vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2015 – 20 ZB 15.927 – juris Rn. 4), die genannten Betäubungsmittel dürfen aber nur dann verschrieben werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist, § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG. Die Maßnahme ist nur dann begründet, wenn sie geeignet und notwendig ist, der Krankheit entgegen zu wirken oder zumindest ihre Auswirkungen zu lindern. Ist dieser Zweck auch „auf andere Weise“, d.h. ohne den Einsatz von Betäubungsmitteln, zu erreichen, ist die Anwendung nicht begründet, § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG. Die Höchstverschreibungsmenge (für einen Patienten innerhalb von 30 Tagen) beträgt bei Cannabis in Form getrockneter Blüten nach § 2 Abs. 1 Buchst. a Nr. 2a der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) 100.000mg (= 100g).
Anhaltspunkte für eine Höchtsmengenüberschreitung liegen nicht vor.
Schon das Referat für Gesundheit und Umwelt bei der Landeshauptstadt München kam aber unter Berücksichtigung der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Unterlagen (u.a. aktuellen Bestätigungen des behandelnden Orthopäden und des HNO-Arztes) zu Recht zu dem Schluss, dass die Begründetheit für die Verschreibung objektiv nicht ausreichend nachvollziehbar ist. Aus den Unterlagen würden nur Diagnosen hervorgehen, nicht hingegen anamnetische Informationen (z.B. Schmerzanamnese mit Schmerzintensität, Schmerzqualität, genauer Schmerzlokalisation, zeitlichem Verlauf), körperliche Untersuchungsbefunde, Informationen über den bisherigen Therapieverlauf (mit Wirkungen und Nebenwirkungen) und bereits versuchte Therapieoptionen sowie die Indikation für eine Therapie mit Cannabisblüten. Gründe für die Reichdauerüberschneidungen der Betäubungsmittelrezepte und die dadurch entstandene Vorratsverschreibung seien nicht angegeben worden. Warum sich der Antragsteller am 15. Oktober 2019 von seiner behandelnden Ärztin 5g Cannabisblüten verordnen ließ, obwohl er sich selbst einen Tag zuvor 5g Cannabisblüten verschrieb, gehe aus den vorliegenden Unterlagen nicht hervor. Laut dem fachorthopädischen Attest vom 26. November 2019 wurden beim Antragsteller eine chronische Lumboischialgie bds. bei Spondylolisthesis L4/5 (Stadium Meyerding 1) bei Spondylolyse LWK 4 sowie Bandscheibenläsion LWK 4/5 und multiplen Spondylarthrosen sowie älterer ventraler Deckplatten-Einsenkung bei LWK 1, chronisch rezidivierende thorakale Blockierungen bei Zustand nach Morbus Scheuermann mit Schmorl‘schen Knorpelknötchen, chronisch rezidivierende Zervikobrachialgie bds. bei suprascapulären Myogelosen bds. und multiplen positiven Triggerpunkten, ein Hohlrundrücken sowie eine geringe Hüftdysplasie bds. bei kleinen degenerativen Umbauten an der Hüftpfanne re. mit subchondralen Zysten diagnostiziert. Aufgrund der genannten Erkrankungen geht der Orthopäde von einer deutlichen Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit aus. Laut dem Arztbrief des behandelnden HNO-Arztes vom 18. November 2019 wurden beim Antragsteller zudem eine chronisch rezidivierende Sinusitis, rezidivierende Infekte der oberen Atemwege, eine Nasenatmungsbehinderung mit Privinismus, Schlafstörungen und Ronchopathie, ein Tinnitus beidseits mit lnnenohrschwerhörigkeit sowie eine chronische Otitis externa beidseits diagnostiziert.
Das sodann auf Aufforderung der Regierung von Oberbayern vom Antragsteller vorgelegte Gutachten über die Untersuchung von Haaren auf Drogen und ausgewählte Medikamentenwirkstoffe nennt als Ergebnis der Haaranalyse eine THC-Konzentration von 1,1 ng/mg (vgl. Gutachten der FTC GmbH München vom 8.9.2020). Überprüft worden sei laut Gutachten ein Zeitraum von etwa sechs Monaten vor der Haarprobennahme im August 2020. Die FTC GmbH bewertet die genannte Konzentration im Vergleich zu anderen positiven Fällen als im hohen Bereich liegend. Aus der THC-Konzentration könnten jedoch keine Rückschlüsse auf den Konsumverlauf oder die -intensität gezogen werden. Bevor ein regelmäßiger Konsum ausgeschlossen werde, empfahl die FTC GmbH daher, die THC-COOH-Konzentration bestimmen zu lassen. Der Aufforderung der Regierung von Oberbayern (erstmals mit Schreiben vom 30.10.2020), nunmehr auch die THC-COOH-Konzentration bestimmen zu lassen, kam der Antragsteller allerdings nicht nach. Schon allein vor dem Hintergrund der Aussagen und Empfehlungen im Gutachten der FTC GmbH erschließt sich dem Gericht nicht, wie der Antragsteller im Schreiben vom 17. September 2020 davon ausgehen konnte, dass „nach Einschätzung der Aussteller der Unterlagen“ „die Inhalte und Ergebnisse keine Auffälligkeiten ergeben, welche im Sinne einer Überprüfung relevant sein könnten“.
Der Antragsteller selbst wies in seinem Schreiben vom 17. September 2020 ferner darauf hin, dass das zweite Halbjahr 2019 und deutlich abgeschwächt das erste Halbjahr 2020 nicht vorhersehbare Sondersituationen mit unverhältnismäßiger, gesundheitlicher und körperlicher Belastung mit sich gebracht hätten („situationsbedingte Überlastung“ im zweiten Halbjahr 2019), welche zwischenzeitlich jedoch der Vergangenheit angehören würden. So sei die Praxis des Antragstellers seit Ende Juni 2019 unterbesetzt gewesen und sowohl das fehlende Personal als auch das damit einhergehende Organisationsdefizit hätten sich in unterschiedlicher Art und Weise zulasten der Person des Antragstellers geäußert. Da die Gesundheit des Antragstellers partiell schon etwas angeschlagen gewesen sei, hätten sich die latenten Beschwerden durch die körperliche und nervliche Zusatzbelastung deutlicher gezeigt. Dies habe dazu geführt, dass dann letztlich im dritten und vierten Quartal 2019 im Wege der bekannten Medikation Abhilfe gesucht worden sei. Erschwerend sei hinzugekommen, dass in dieser Zeit die behandelnde Ärztin immer nur kurzfristig für wenige Wochen in ihrer Praxis präsent gewesen sei, so dass der Antragsteller – jeweils nach telefonischer Rücksprache – die einschlägigen Rezepte in eigener Person für sich selbst ausgestellt habe. Seit Anfang 2020 habe der Antragsteller die Zeit dazu nutzen können, die schmerzursächlichen Probleme vorrangig an seinem Bewegungsapparat durch osteopathische und regelmäßige physiotherapeuthische Behandlung maßgeblich so zu reduzieren, dass eine Medikation grundsätzlich und insbesondere mit Betäubungsmitteln „zukünftig nicht mehr/allenfalls ausnahmebedingt erforderlich“ sein werde. Soweit im ersten Halbjahr 2020 überhaupt noch – jeweils ordnungsgemäß verordnet – vereinzelt eine Medikation erforderlich gewesen sei, so wegen der nicht vorhersehbaren Entwicklung im Zusammenhang mit Corona (namentlich dem erhöhten Patientenaufkommen, von der ärztlichen Behandlung unabhängigen Begleiterscheinungen und Auffälligkeiten der Patienten in der Praxis sowie „zeit- und nervraubenden Zusatzaktivitäten“ im Hinblick auf u.a. Desinfektion, Mindestabstand, Kontrollen etc.). Zudem seien organisatorische Maßnahmen getroffen worden bzw. geplant (wie eine Änderung der Sprechzeiten).
Aus diesen Angaben lässt sich zum einen entnehmen, dass der Antragsteller auch im Jahr 2020 „vereinzelt“ Betäubungsmittel in nicht näher konkretisierter Dosierung und über unbekannte Dauer eingenommen hat. Zum anderen konnten nach diesen Ausführungen des Antragstellers die „schmerzursächlichen Probleme“ nunmehr durch osteopathische und regelmäßige physiotherapeuthische Behandlung maßgeblich reduziert werden, so dass auch vor diesem Hintergrund hinterfragt werden muss, ob bzw. inwieweit dieses Ziel nicht von Anfang an auf andere Weise im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG hätte erreicht werden können.
Auch die Stellungnahmen der behandelnden Ärztin (Fachärztin für Anästhesie mit Schmerzpraxis) vom 14. Februar 2021 und 11. April 2021 geben hierüber keinen Aufschluss.
Im Schreiben vom 14. Februar 2021 finden sich wiederholt Ausführungen dazu, wie „irritiert“ die Ärztin „aus verschiedenen Gründen“ über die „bisherige Entwicklung der Sachlage“ (letztlich dem Umgang der Regierung von Oberbayern mit dem vorliegenden Fall) sei, so dass unabhängig davon, ob diese Formulierungen von der Ärztin selbst stammen oder sich von dieser durch entsprechende Unterschrift lediglich zu eigen gemacht wurden, schon Zweifel an deren Objektivität geweckt werden. Unabhängig davon bestätigt die Ärztin, dass die vom Antragsteller im Sommer 2019 an sich selbst ausgestellten Rezepte mit ihr abgesprochen gewesen seien und aufgrund der „akuten Schmerzsymptomatik eine Therapie dringend erforderlich“ gewesen sei. Über die Medikamentendosierung sei mit ihr telefonisch gesprochen worden und diese dann auch in den weiteren von der behandelnden Ärztin selbst ausgestellten Rezepten fortgesetzt worden. Von ihrer Seite gäbe es keinerlei fachlich nachvollziehbare Gründe zur Anordnung einer psychiatrischen Untersuchung. Die Behandlung mit medizinischen Cannabinoiden habe beim Antragsteller die beste und schnellste Wirkung und habe sich als gesundheitlich am wenigsten mit Nebenfolgen behaftet und schonend herausgestellt. Dies könne im Einzelnen („unter Maßgabe maßvoller Fristen“) auch genauer begründet werden, dazu würden aber im Vorfeld „zielführende Fragen, deren Sinn und Zweck auch ein fachliches Verständnis erkennen lassen“, erwartet werden. Über den Antragsteller würden – wie über alle anderen Patienten – geordnete Unterlagen geführt werden. Die gesundheitlichen Probleme des Antragstellers hätten beginnend ab Sommer 2020 nach und nach (maßgeblich aufgrund veränderter Lebensführung in Form einer multimodalen Schmerztherapie) abgenommen, weshalb auch die Medikation angepasst worden sei. In der Zeit von Oktober 2019 bis Dezember 2020 habe der Antragsteller einen „durchschnittlichen Medikamentenverbrauch von 5g im Monat“ gehabt. Dabei handle es sich für einen chronischen Schmerzpatienten mit Therapie durch medizinische Cannabinoide um einen ausgesprochen geringen Verbrauch.
In der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten ergänzenden Stellungnahme vom 11. April 2021 weist die behandelnde Ärztin unter Bezugnahme auf die „Beschlüsse“ des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK Bayern) in einer Fortbildung zur Verordnung von Cannabinoiden vom 23. Oktober 2019 und nicht vorgelegte ausführliche ärztliche Berichte darauf hin, dass es sich beim Antragsteller um „eine chronische Schmerzerkrankung, einhergehend mit Schlafstörung und Tinnitus“, „was sicherlich als temporär schwerwiegend einzustufen“ gewesen sei, gehandelt habe und andere Medikamente „aufgrund der erfahrenen Nebenwirkungen“ nicht zum Einsatz hätten kommen können. Alleine schon eine chronische Schlafstörung und ein Tinnitus würden eindeutig zu einer Einschränkung der Lebensqualität führen, so dass (nach § 31 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V) ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabis bestünde. Zur Therapie mit medizinischen Cannabinoiden würden ausreichende validierte Studien aus Kanada, Israel und den USA sowie aus Deutschland vorliegen. Zu den (behördlich als nicht nachvollziehbar deklarierten) Rezepten vom 14. und 15. Oktober 2019 werde darauf hingewiesen, dass es sich bei den Cannabisblüten „Bakerstreet“ und „Bedrocan“ um zwei völlig unterschiedliche Züchtungen mit sehr unterschiedlicher Wirkung handle. Eines der Medikamente sei in der Münchner Apotheke nicht lieferbar gewesen, sondern habe über eine andere Apotheke bezogen werden müssen. Dies habe dann selbstverständlich der Ausstellung von zwei Rezepten bedurft. Unter anderem die Behandlung von chronischen Schmerzen gehöre zu den anerkannten Indikationen für medizinisches Cannabis. Hätten jemals irgendwelche Zweifel an dem psychischen Gesundheitszustand des Antragstellers bestanden, wäre eine Verordnung aufgrund der Kontraindikationen für Cannabinoide wie Psychosen (Schizophrenie), schwerer Persönlichkeitsstörungen und Suchterkrankungen nicht möglich gewesen. Wie sich ausreichend gezeigt habe, sei die Therapie gerade aufgrund fehlender Nebenwirkungen sehr erfolgreich gewesen, so dass der Antragsteller „nur noch bei Bedarf, einer ohnehin schon sehr geringen und weiter sich reduzierenden Verbrauchsmenge, auf die Einnahme seiner Medikamente angewiesen“ sei.
Die behandelnde Ärztin verkennt, dass nicht grundsätzlich in Zweifel gezogen wurde, dass Cannabisblüten unter anderem in der Schmerztherapie erfolgreich und legal zur Anwendung kommen können. Beanstandet wurde sowohl vom Referat für Umwelt und Gesundheit bei der Landeshauptstadt München als auch später von der Regierung von Oberbayern (und das nach wie vor zu Recht), dass es unter anderem an einer begründeten und plausibel nachvollziehbaren Stellungnahme durch den behandelnden Arzt bzw. die behandelnden Ärzte mangelt, dass der beabsichtigte Zweck nicht auch auf andere Weise (als einer Therapie mit Cannabis) erreicht werden kann bzw. konnte (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG). Dass dies erforderlich ist, ergibt sich – losgelöst davon, dass der Vortrag wohl vordergründig § 31 Abs. 6 SGB V im Fokus hatte – auch aus den von der behandelnden Ärztin zitierten Fortbildungsunterlagen. Im ersten Fallbeispiel zur Prüfung eines Anspruchs von Versicherten auf Versorgung mit Cannabis („Kasuistik 1“: Mann mit chronischem Schmerzsyndrom) etwa wurden sowohl die bereits durchgeführten ambulanten und stationären Therapien (wie u. a. TENS-Therapie, Physiotherapie, Akupunktur etc.) als auch die bisherige Arzneimitteltherapie genannt, um glaubhaft zu machen, dass andere Therapiealternativen bereits weitgehend ausgeschöpft wurden (vgl. im Internet frei abrufbare Präsentation zum 72. Further Fortbildungstag Cannabis, „Droge – Medikament oder beides?“, Anwendung von Cannabinoiden aus Sicht des MDK Bayern, Dr. med. T. O., 23.10.2019, S. 34 ff.).
Im Hinblick auf die erstmals im Zusammenhang mit den Rezepten vom 14. und 15. Oktober 2019 abgegebene Erklärung, stellt sich der Kammer die Frage, aus welchem Grund nicht bereits zuvor von Seiten des Antragstellers auf den vermeintlichen Engpass bei der Apotheke hingewiesen wurde. Auf der anderen Seite scheint der Antragsteller aber auch nach den Ausführungen der behandelnden Ärztin letztlich beide Cannabissorten mit nicht näher dargelegter zeitlicher Verzögerung erhalten zu haben. Auch wurde darauf hingewiesen, dass es sich um zwei unterschiedliche Züchtungen mit sehr unterschiedlicher Wirkung handle. Ob dann auf die andere Züchtung nur wegen dem genannten Lieferengpass zurückgegriffen wurde, oder ob und aus welchem Grund tatsächlich eine Umstellung bei der Behandlung des Antragstellers erforderlich wurde, wird hingegen nicht erläutert. Wenig hilfreich ist insoweit auch der Hinweis, dass nach Genehmigung der Leistung bei der ersten Verordnung ein Wechsel zu anderen getrockneten Blüten keiner erneuten Genehmigung (durch die Krankenkasse) bedarf (§ 31 Abs. 6 Satz 4 SGB V). Obwohl es – wie oben aufgezeigt – hinsichtlich der Anforderungen nach SGB V und BtMG im Hinblick auf die Verschreibung von Cannabis zwar Überschneidungen gibt, heißt dies nicht, dass diese deckungsgleich sind (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 16.1.2020 – 11 CS 19.1535 – juris Rn. 23).
§ 31 Abs. 6 SGB V regelt, unter welchen Voraussetzungen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für die Verordnung von Arzneimitteln mit Cannabis, übernehmen. § 13 BtMG regelt einerseits die medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Betäubungsmitteln im Rahmen der ärztlichen Behandlung, schränkt aber andererseits zur Vermeidung des Missbrauchs und der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln die Therapiefreiheit des Arztes ein (vgl. Weber, BtMG, 5. Auflage 2017, § 13 Rn. 1 f.). Der Arzt hat nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG zu prüfen, ob das Betäubungsmittel erforderlich (indiziert) ist. Dies richtet sich nicht nur nach dem kurzfristigen Zweck, etwa der sofortigen Linderung starker Schmerzen, bei dem das Betäubungsmittel anderen Medikamenten häufig überlegen ist. Trotz der Eignung darf das Betäubungsmittel nicht verschrieben werden, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die Prüfung des Arztes hat sich daher auch auf andere, weniger gefährdende Heilmaßnahmen zu erstrecken. Ergibt sie, dass der Heilzweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, muss der Arzt aufgrund seiner beruflichen Pflicht, eine Gefährdung des Patienten möglichst zu vermeiden, von der Verschreibung des Betäubungsmittels Abstand nehmen. Neben dem gebotenen Fachwissen, der erforderlichen Untersuchung und einer sorgfältigen Diagnose gehört zu einer professionellen Anwendung von Betäubungsmitteln die Aufstellung eines Behandlungsplans. Der Arzt muss den Fortgang der Therapie ständig überwachen und kontrollieren. Die Untersuchungsergebnisse müssen ausführlich dokumentiert werden, da ohne Dokumentation eine sichere Diagnose und ein erfolgversprechender Therapieplan nicht möglich sind. Dies gilt auch für Behandlungen im Familienkreis, weil ansonsten die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch die zuständigen Behörden nicht gewährleistet werden kann. Hierbei sind alle ärztlichen Befunde und Entscheidungen, beginnend bei der Untersuchung und Indikationsstellung über die Festlegung des Therapieziels, des Behandlungsplans und der Dosierung (ggf. einschließlich der Gründe für eine Überschreitung der Verschreibungshöchstmengen) bis hin zur Kontrolle des Behandlungsverlaufs zu dokumentieren, § 10 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns, § 630f Bürgerliches Gesetzbuch (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 10.9.2015 – 20 ZB 15.927 – juris Rn. 6; Weber, BtMG, 5. Auflage 2017, § 13 Rn. 44 ff.; Hochstein in BeckOK BtMG, 11. Edition Stand: 15.6.2021, § 13 Rn. 19 ff. jeweils m.w.N.). Im Bereich des Fahrerlaubnisrechts wird im Hinblick auf eine Stellungnahme des behandelnden Arztes empfohlen, auf folgende Punkte einzugehen:
– Grunderkrankung (Diagnose entsprechend ICD 10) unter Einschluss bisheriger Behandlungsansätze und Gründe für die Wahl von Cannabinoiden, insbesondere Cannabisblüten als Medikation
– Angaben zur Verschreibung: Art des Medikaments bzw. Sorte der Blüten, Häufigkeit, Menge, Dosierungsanweisung
– bisheriger und geplanter weiterer Verlauf der Behandlung einschließlich Angaben über Adhärenz und Häufigkeit des Arzt-Patienten-Kontakts
– Aufklärung des Patienten über Risiken bei Teilnahme im Straßenverkehr
– Angaben zu relevanter Komorbidität und Ko-Medikation (vgl. DGVP (Hrsg.), Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, aktualisierte Fassung 15.8.2018, S. 8, im Internet frei abrufbar unter https://www.dgvpverkehrspsychologie.de).
In Anbetracht der genannten umfangreichen gesetzlichen Dokumentationspflichten ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund bislang die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Verschreibung von Medizinal-Cannabis nicht zusammengefasst und nachvollziehbar vorgetragen wurden. Von Seiten der Landeshauptstadt stand der Vorwurf der fehlenden Nachvollziehbarkeit der medizinischen Begründetheit der Verschreibungen bekanntermaßen bereits im November 2019 im Raum (vgl. Schreiben vom 12. November 2019), von Seiten der Regierung von Oberbayern wurde der Vorwurf im Juni 2020 aufgegriffen und der Antragsteller ab Juli 2020 diesbezüglich wiederholt angeschrieben. Seine Ärztin scheint der Antragsteller jedenfalls im Sommer bzw. im Oktober 2020 von dem Vorwurf in Kenntnis gesetzt und später auch von der Schweigepflicht gegenüber der Regierung entbunden zu haben (vgl. Schreiben der behandelnden Ärztin vom 14. Februar 2021). Selbst im gerichtlichen Verfahren, in dem zur Beseitigung etwaiger Zweifel an der gesundheitlichen Eignung die Vorlage einer die maßgeblichen Informationen enthaltenden Stellungnahme der behandelnden Ärztin (oder gegebenenfalls auch des Antragstellers selbst) nahegelegen hätte, blieb das tatsächlich vorgelegte ärztliche Schreiben hinter den genannten Anforderungen zurück.
Dass sich die Regierung von Oberbayern an den Antragsteller bzw. dessen Bevollmächtigten gewandt hat und nicht direkt an die behandelnde Ärztin, ist nicht zu beanstanden. Die über den Antragsteller vorgelegten Stellungnahmen der behandelnden Ärztin hat die Regierung von Oberbayern in ihre Prüfung einbezogen.
Zweifel an der gesundheitlichen Eignung für den Arztberuf bestehen nach der Rechtsprechung insbesondere bei tatsächlichen Anhaltspunkten für einen Betäubungsmittelmissbrauch (vgl. NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 27). Abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls können auch bei der ärztlich verordneten Anwendung von Cannabis Zweifel bestehen, ob der Arzt in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs (noch) geeignet ist. Dies gilt erst recht, wenn die Begründetheit der Verordnung des Betäubungsmittels – wie hier – nicht nachvollziehbar ist (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 ZB 17.311 – juris Rn. 24 zur gesundheitlichen Eignung bei einer Opioidtherapie).
Die gesundheitlichen Anforderungen des Arztberufs ergeben sich im Wesentlichen aus der Berufsordnung, vorliegend also aus der hier maßgeblichen von der Bayerischen Landesärztekammer erlassenen Berufsordnung. Danach setzen insbesondere die in den §§ 1 ff. BO aufgeführten Aufgaben des Arztes – allgemeine ärztliche Berufspflichten, Fortbildungsverpflichtungen und Pflichten gegenüber den Patienten (§§ 7 ff. BO) -, in deren Zentrum der Heilauftrag des Arztes bzw. die Tätigkeit des Arztes als Dienst an der menschlichen Gesundheit steht, neben der fachlichen Kompetenz notwendigerweise auch die psychische und physische Fähigkeit voraus, diese zu erfüllen. Die ärztliche Tätigkeit in Diagnose und Therapie und die damit verbundenen Risiken bzw. Gefahren für Leib und Leben anvertrauter Patienten verlangen vom behandelnden Arzt ein hinreichend hohes Maß an Konzentration und kognitiven Fähigkeiten sowie körperliche und psychische Belastbarkeit (vgl. VG München, U.v. 26.9.2017 – M 16 K 16.4035 – juris Rn. 23; VG Augsburg, U.v. 12.1.2017 – Au 2 K 15.1777 – juris Rn. 45).
Als häufige Nebenwirkungen der Einnahme von Medizinal-Cannabis werden aber gerade Schwindel, Müdigkeit, Gleichgewichts-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen, Desorientierung, Schläfrigkeit und Sehprobleme genannt. Die Einstellungs- und Umstellungsphase sei insbesondere beim Versuch mit verschiedenen Blütensorten gegenüber anderen Medikamenten deutlich verlängert (vgl. DGVP (Hrsg.), Fahreignungsbegutachtung bei Cannabismedikation, aktualisierte Fassung 15.8.2018, S. 5, im Internet abrufbar unter https://www.dgvpverkehrspsychologie.de).
Auch im vergleichsweise herangezogenen Fahrerlaubnisrecht (vgl. zur Möglichkeit sich hieran zu orientieren BayVGH, B.v. 19.5.2005 – 22 CS 05.51 – juris Rn. 23) bestehen Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung zum Führen von Fahrzeugen, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) hinweisen, § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV. Nr. 9 der Anlage 4 zur FeV befasst sich insoweit mit der Einnahme von Betäubungsmitteln. Bei der Einnahme von Cannabis ist für die Auswirkungen auf die Fahreignung zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme (Nr. 9.2.1 bzw. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV), Abhängigkeit (Nr. 9.3 der Anlage 4 zur FeV), missbräuchlicher Einnahme (Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV) und einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln (Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV) zu unterscheiden. Eine regelmäßige Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV liegt nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls dann vor, wenn täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert wird. Gelegentlicher Konsum von Cannabis i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Als Kriterien für ein Abhängigkeitssyndrom werden ein starker Wunsch bzw. Zwang, die Substanz einzunehmen, das Bestehen einer verminderten Kontrollfähigkeit im Umgang mit der Substanz, körperliche Entzugssyndrome beim Absetzen der Substanz, das Stattfinden einer Toleranzentwicklung, die anhaltende Vernachlässigung sozialer und beruflicher Aktivitäten sowie anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen genannt (vgl. hierzu Bundesärztekammer (Hrsg.), Medikamente – schädlicher Gebrauch und Abhängigkeit, Leitfaden für die ärztliche Praxis, S. 19, im Internet frei abrufbar unter: https://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/suchtmedizin/medikamenten abhaengigkeit/leitfaden/). Bei der Einnahme von ärztlich verordnetem MedizinalCannabis entfällt die Fahreignung grundsätzlich nicht schon nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV wegen regelmäßigen Cannabiskonsums. Die bestimmungsgemäße Einnahme von für einen bestimmten Krankheitsfall ärztlich verordnetem MedizinalCannabis unterfällt der Dauerbehandlung mit Arzneimitteln (Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV). Eine missbräuchliche Einnahme, d.h. ein regelmäßiger übermäßiger Gebrauch, der z.B. bei einer Einnahme des Medikaments in zu hoher Dosis oder entgegen der ärztlichen Verschreibung angenommen werden kann, beurteilt sich hingegen nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV. Eine missbräuchliche Einnahme ist nach dem Wortlaut der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV bei einem regelmäßigen übermäßigen Gebrauch anzunehmen. Regelmäßig ist hierbei jedoch nicht so zu verstehen wie in Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV, sondern es genügt, wenn der übermäßige Gebrauch nicht nur sporadisch vorkommt. Ein übermäßiger Gebrauch kann z.B. bei einer Einnahme des Medikaments in zu hoher Dosis oder entgegen der konkreten Verschreibung angenommen werden. Soll eine Dauerbehandlung mit Medizinal-Cannabis nicht zum Verlust der Fahreignung führen, setzt dies mit Blick auf Nr. 9.6.2 und Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV voraus, dass die Einnahme von Cannabis indiziert und ärztlich verordnet ist, das Medizinal-Cannabis zuverlässig nach der ärztlichen Verordnung eingenommen wird, keine dauerhaften Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit festzustellen sind, die Grunderkrankung bzw. die vorliegende Symptomatik keine verkehrsmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, die eine sichere Verkehrsteilnahme beeinträchtigt, und nicht zu erwarten ist, dass der Betroffene in Situationen, in denen seine Fahrsicherheit durch Auswirkungen der Erkrankung oder der Medikation beeinträchtigt ist, am Straßenverkehr teilnehmen wird. Die Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel ist in § 14 FeV geregelt (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – juris Rn. 14 ff.; BverwG, U.v. 26.2.2009 – 3 C 1.08 – juris Rn. 14 ff.; BayVGH, B.v. 30.3.2021 – 11 ZB 20.1138 – juris Rn. 12, 19; BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643 – juris Rn. 22; BayVGH, 16.1.2020 – 11 CS 19.1535 – juris Rn. 19 ff.; BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 B 18.2482 – juris Rn. 23 ff.).
Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass der Antragsteller wohl jedenfalls in der Zeit von Juli 2019 bis Dezember 2019 zwischen ein- bis dreimal täglich Cannabis in Form von Cannabisblüten unterschiedlicher Sorten und Menge eingenommen hat, in der Zeit von Januar 2020 bis Dezember 2020 jedenfalls einen „durchschnittlichen Medikamentenverbrauch von 5g im Monat“ hatte und auch danach die CannabisMedikation („bei Bedarf“, in „einer ohnehin schon sehr geringen und weiter sich reduzierenden Verbrauchsmenge“) fortgesetzt wurde, wobei die Angaben zu Dosierung und Häufigkeit insbesondere des aktuellen Bedarfs nicht näher konkretisiert wurden. Die Nachvollziehbarkeit der medizinischen Begründetheit der Verschreibungen fehlt – wie ausgeführt – nach wie vor.
1.1.2 Hinzu kommt, dass das Ergebnis der vom Antragsteller vorgelegten Blutuntersuchung zum CDT-Wert als Parameter für den Alkoholkonsum einen Wert von 1,97% ergab. Diesen stuft das untersuchende Labor als im „Graubereich“ liegend ein. Bei der Interpretation von CDT-Ergebnissen gelte nach aktuellem wissenschaftlichem Stand in der medizinischen Diagnostik ein Grenzwert von 1,7%. Bei Ergebnissen unterhalb dieser Grenze sei ein kritischer Alkoholkonsum als äußerst unwahrscheinlich einzustufen. Für forensische Zwecke werde ein Cutoff-Wert von 2% empfohlen. Im Fall der verwendeten HPLC-Analysemethode liege die Messunsicherheit bei rund 20%, so dass ein Intervall von 1,7 – 2,0% als „Graubereich“ gewertet werde. D.h. es sollte zwar eine medizinische Beobachtung erfolgen, das Ergebnis sei aber grundsätzlich als negativ zu werten (vgl. Bericht des Labors Staber vom 19.8.2020).
1.1.3 Weiter erschwerend kommt hinzu, dass der Antragsteller selbst in seinem Schreiben vom 17. September 2020 ausgeführt hat, dass sich im zweiten Halbjahr 2019 die latenten (wohl körperlichen) Beschwerden durch die körperliche und nervliche Zusatzbelastung deutlicher gezeigt hätten und Abhilfe im Wege der bekannten Medikation gesucht worden sei. Im ersten Halbjahr 2020 sei nur noch vereinzelt eine Medikation erforderlich gewesen wegen nicht vorhersehbaren Entwicklungen im Zusammenhang mit Corona, die neben der üblichen Behandlung auch eine Fülle von „zeit- und nervraubenden Zusatzaktivitäten“ mit sich gebracht hätten.
Der Antragsteller selbst stellt also einen Zusammenhang zwischen seinen körperlichen Beschwerden und seiner jeweiligen psychischen Verfassung her (vom Antragsteller als „situationsbedingte Überlastung“ und der Regierung als „Überlastungs- bzw. Überforderungssyndrom“ bezeichnet).
Auch wenn die ebenfalls angeführten organisatorischen (Entlastungs-)Maßnahmen begrüßenswert und zielführend erscheinen, wird man sowohl im privaten Bereich als auch in einer Arztpraxis realistisch betrachtet immer wieder mit unvorhergesehenen Belastungs- und/oder Stresssituationen zu tun haben. Trotz der angeführten osteopatischen und physiotherapeutischen Behandlung (vgl. Schreiben des Antragstellers vom 17. September 2020) bzw. der angeführten multimodalen Schmerztherapie (vgl. Schreiben der behandelnden Ärztin vom 14. Februar 2021) soll „bei Bedarf“ – also wohl auch bei verstärkten Beschwerden im Zusammenhang mit erhöhter psychischer Belastung – auf eine Cannabis-Medikation zurückgegriffen werden. Wenn aber gerade auch bei psychischer Belastung (etwa durch die Arbeit in der Praxis) und damit (so zumindest in der Vergangenheit) einhergehenden verstärkten körperlichen Beschwerden eine Cannabis-Medikation unbekannter Dosierung und Länge und bislang nicht nachvollziehbarer medizinischen Begründetheit i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG zur Anwendung kommen soll, stellt sich die Frage, ob bzw. wie Medikation und Berufsausübung getrennt werden und ob bzw. wie etwaige (negative) Auswirkungen der Cannabis-Medikation auf die berufliche Tätigkeit hinreichend (und möglichst nicht nur durch den Antragsteller selbst) ärztlich kontrolliert werden.
1.1.4 Nach Auswertung der dem Strafbefehl wegen vorsätzlichem, unerlaubtem Führen einer Schusswaffe (Az.: … … … …) zugrundeliegenden Strafakte stellt die Regierung von Oberbayern sodann als weiteres Indiz für die psychische Verfassung des Antragstellers jedenfalls Anfang Juli 2020 nachvollziehbar auf die Angaben des Polizeibeamten ab.
Im Ermittlungsbericht des Polizeiobermeisters werden die Umstände der Verkehrskontrolle, die letztlich zum Auffinden der Schreckschusswaffe geführt hat, ausführlich dargelegt. Der Antragsteller selbst wurde als „sehr aggressiv und sichtlich gestresst“ und zusammengefasst als jedenfalls zunächst unkooperativ beschrieben. Die schließlich hinzukommende Ehefrau des Antragstellers konnte nach Angaben des Polizeibeamten den Antragsteller beruhigen und wurde mit den Worten zitiert, dass der Antragsteller nahe eines „Burnout“ sei.
Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers beanstandet, dass „eingedenk der damaligen Umstände, nämlich einer gefühlten Verfolgungsjagd durch die Polizei bis vors Eigenheim in Anwesenheit des minderjährigen Sohnes dann beschwichtigende Worte der Ehegattin dahingehend, dass ihr Ehemann vielleicht ausgebrannt sei, Monate später an anderer Stelle auf die Goldwaage“ gelegt werden (vgl. Schreiben vom 15.2.2021), entkräftet dies die genannten Aussagen nicht, sondern rückt vielmehr das Verhalten des Antragstellers in unvorhersehbaren (Stress-)Situationen bzw. dessen Fähigkeit, solche Situationen richtig einschätzen zu können, eher in ein negativeres Licht. Auch im Rahmen der Klageschrift wird ausgeführt, dass sich der Antragsteller die „Verfolgung durch die Polizeibeamten (bis vor die Haustür!) nicht erklären konnte und verständlich emotionalisiert“ gewesen sei. Aus welchem Grund sich der Antragsteller, der – insoweit unbestritten – auf der Fahrt „um Eile bemüht war“ und hierbei mehrere Fahrzeuge (inklusive dem Streifenwagen) überholte, von der Polizei sogleich „verfolgt“ gefühlt haben soll, erschließt sich dem Gericht nicht, auch wenn naturgemäß derartige polizeiliche Kontrollen für den Betroffenen nicht angenehm sind. Auch im Hinblick auf das Mitführen der Schreckschusspistole wird nunmehr eine „jahrelang zurückliegende Bedrohung“ angeführt. Die Aussage der Ehefrau wird dem Grunde nach nicht bestritten, sondern beanstandet, dass derartige „dem normalen Verlauf der Dinge“ entsprechende „Beschwichtigungs-/Erklärungsversuche“ der Ehefrau als Indiz für die „Unzurechnungsfähigkeit/Reizbarkeit“ des Antragstellers herangezogen würden. Das Gericht verkennt nicht, dass die Ehefrau des Antragstellers auf die offenbar recht angespannte Situation beschwichtigend einwirken wollte, zugleich verstärkt der von ihr gewählte Erklärungsansatz jedoch vor dem Hintergrund der vom Antragsteller selbst geschilderten (jedenfalls zeitweiligen) Überlastung den Eindruck von der psychischen Verfassung bzw. Belastbarkeit des Antragstellers.
1.1.5 Das Maß einer unsubstantiierten, anonymen Anzeige bzw. eines in sich nicht schlüssigen Hinweises überschreitet nach Auffassung des Gerichts hingegen die ebenfalls angeführte „Patientenbeschwerde“ nicht.
Nach der in der Behördenakte befindlichen E-Mail des Beschwerdeführers vom 27. Februar bzw. 6. August 2020 (Betreff: „Verschwörungstheorien in der Sprechstunde“) soll der Antragsteller „in seiner Rolle als Dr. med. C.“ Strahlenkriege als wahr darstellen und hierzu weiterführende Quellen „verschreiben“. Als „Beleg“ wurde der E-Mail ein vermeintlich vom Antragsteller in seiner Sprechstunde geschriebener (nicht lesbarer) Zettel als Anlage beigefügt.
Der Versuch einer weiteren Sachaufklärung scheint (mit Ausnahme einer offenbar ergebnislosen Nachfrage beim Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband München) nicht erfolgt zu sein. Dies wird vom Bevollmächtigten des Antragstellers zu Recht beanstandet. Der Antragsteller selbst führt an, den „Anzeigeerstatter“ weder zu kennen noch Kenntnis davon zu haben, welcher Sachverhalt ihm (konkret) zur Last gelegt wird.
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers stellt sich die Beschwerde für das Gericht jedoch nicht als „gewichtiger Baustein“ der Begründung dar. Die Beschwerde wird von der Regierung vielmehr als einer unter mehreren (und unabhängig von der Beschwerde die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung tragenden) Aspekten genannt.
1.1.6 In Anbetracht der unter 1.1.1 bis 1.1.4 geschilderten Gesichtspunkte bestehen hinreichende Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Ob eine bzw. welche der von der Regierung von Oberbayern genannten Diagnosen beim Antragsteller konkret in Betracht kommen, kann dahingestellt bleiben, da gerade dies die fachärztliche Begutachtung klären soll. In Anbetracht des genannten CDT-Werts und der Auswirkungen auf den THC-Wert im Blut, wenn Cannabis und Alkohol zusammen eingenommen werden, ist es jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn als etwaige Diagnose auch eine psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch (hier Cannabis und Alkohol) nach ICD-10: F19 in den Raum gestellt wird.
Der Antragsteller vermag dem auch nicht überzeugend entgegenzuhalten, dass die Regierung von Oberbayern mit „Belastungseifer“ lediglich Gesichtspunkte zu Ungunsten des Antragstellers berücksichtigt. Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit der auf Behördenseite mit dem Verfahren befassten Personen lassen sich aus den vorliegenden Akten ebenso wenig entnehmen wie eine für die Bewertung unzureichende medizinische Fachkunde. Der Hinweis des Bevollmächtigten des Antragstellers auf dessen langjährige und beanstandungsfreie Praxisführung und die mangelnde Berücksichtigung dieses Aspekts durch die Behörde stellt die Bewertung der Behörde im Hinblick auf gegenwärtige Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur Ausübung des Arztberufs (bzw. die Rechtmäßigkeit der Ruhensanordnung insgesamt) nicht in Frage. Auch nach jahrelanger beanstandungsfreier Tätigkeit können Umstände eintreten (wie etwa gesundheitliche Probleme), die eine Anordnung des Ruhens der Approbation oder gar deren Widerruf erforderlich machen.
Der Regierung von Oberbayern ebenso wie dem Verwaltungsgericht ist es auch nicht verwehrt, im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren oder strafgerichtlichen Verfahren gewonnene Erkenntnisse und Beweismittel einer eigenständigen Überprüfung im Hinblick darauf zu unterziehen, ob sich daraus hinreichende Grundlagen für ein Ruhen oder einen Widerruf der Approbation ergeben. Das gilt selbst für Akten eines Ermittlungsverfahrens, das nicht zur Anklageerhebung geführt hat. Ein gesetzliches Verwertungsverbot besteht insoweit nicht. Selbstverständlich sind Behörden und Gerichte verpflichtet, die Erkenntnisse des Ermittlungsverfahrens einer kritischen Würdigung zu unterziehen und den Sachverhalt gegebenenfalls in eigener Verantwortung weiter aufzuklären. Der Betroffene hat im Verwaltungs- bzw. gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, auf etwaige Aufklärungsdefizite hinzuweisen und seine eigene Sicht der Dinge – gegebenenfalls unter Vorlage oder Anbieten von Beweisen – darzulegen (vgl. BVerwG, B.v. 28.4.1998 – 3 B 174.97 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 24.3.2021 – 21 ZB 18.2289 – juris Rn. 15 jeweils zum Widerruf der Approbation als Arzt wegen Unwürdigkeit). Ein Verstoß gegen Nr. 26 (bzw. Nr. 29) der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) ist diesbezüglich im Übrigen ebenfalls nicht ersichtlich. Den zuständigen Behörden und berufsständischen Kammern soll ermöglicht werden, die Eignung, Befähigung oder Genehmigung zur Ausübung eines in der Regelung genannten Berufes zu überprüfen und gegebenenfalls regulierend tätig zu werden (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 4 EGGVG; Bosch in BeckOK, StPO mit RiStBV und MiStra, 39. Edition Stand: 1.1.2021, MiStra 26 Rn. 1, 6 f.).
Die Regierung von Oberbayern ist des Weiteren bei der Entscheidung über Maßnahmen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO nicht an die Entscheidung anderer Behörden wie etwa der Staatsanwaltschaft oder der Fahrerlaubnisbehörde gebunden.
Die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung wurden auch nicht durch Vorlage der Bestätigung über die am 23. Juli 2020 vorgenommene und erfolgreich absolvierte Untersuchung des Leistungsvermögens nach Nr. 2 der Anlage 5 zur FeV ausgeräumt. In einem psychologischen Testverfahren ist von Bewerbern um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen D, D1, DE, D1E sowie einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach Nr. 2 der Anlage 5 zur FeV die Erfüllung besonderer Anforderungen hinsichtlich Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung und Reaktionsfähigkeit untersuchen zu lassen. Um die Leistungsfähigkeit zu messen, werden spezielle Testverfahren am Computer durchgeführt. Die reine Testdauer scheint beim hier angewandten „Corporal Plus“-Verfahren bei ca. 25 Minuten zu liegen, davor erfolgt in der Regel eine Übungsphase (vgl. Informationsangebot auf der Homepage des Unternehmens VISTEC Vision Technologies unter https://vistecsupport.de/VHOME/index.php/de/downloadsde/produkte/corporalplus). Vorliegend gibt es jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arzt bei der Ausstellung der Bescheinigung, die besondere Anforderungen in Bezug auf die Kraftfahreignung bestätigt, sämtliche o.g. relevanten Erkenntnisse und Vorfälle, die Grundlage der Anordnung einer fachärztlichpsychiatrischen Begutachtung waren, kannte und auch in dem für den Arztberuf relevanten Umfang berücksichtigt hat.
1.1.7 Dahingestellt bleiben kann, ob die Ehefrau des Antragstellers der Sachbearbeiterin bei der Regierung von Oberbayern in einem Telefonat am 7. Juni 2021 tatsächlich mitgeteilt hat, dass sich der Antragsteller derzeit stationär in einer psychosomatischen Klinik befindet. Sowohl ein Telefonat mit diesbezüglicher Thematik als auch der stationäre Aufenthalt an sich werden von Antragstellerseite bestritten. Einer weiteren Aufklärung war der Sachverhalt im Rahmen des Eilverfahrens nicht zugänglich. Dem Antragsteller wurde jedenfalls mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Juni 2021 ausdrücklich Gelegenheit gegeben, sich zu seinem aktuellen gesundheitlichen Zustand ergänzend zu äußern.
1.2 Da die Regierung von Oberbayern zu Recht Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Antragstellers zur Ausübung des ärztlichen Berufs hat, war bzw. ist die Anordnung einer amts- oder fachärztlichen Untersuchung grundsätzlich gerechtfertigt. Trotz wiederholter Aufforderung, sich einer fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen, ist der Antragsteller dem vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht nachgekommen. Die Anordnung war voraussichtlich auch rechtmäßig, da jedenfalls zuletzt keine Gründe bestanden, die angeordnete Untersuchung zu verweigern.
Steht aufgrund der vorliegenden Informationen zwar nicht sicher fest, dass der Betroffene in gesundheitlicher Sicht zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit (vorübergehend) ungeeignet ist, bestehen aber diesbezüglich zumindest Zweifel, kann die Approbationsbehörde nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO eine amts- oder fachärztliche Untersuchung des Arztes anordnen. Diese soll der weiteren und eingehenden Prüfung des Sachverhalts und der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des ärztlichen Berufs dienen.
1.2.1 Die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer amts- oder fachärztlichen Untersuchung ist dabei als vorbereitende Handlung im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO zum Erlass eines Verwaltungsaktes, hier der Ruhensanordnung, inzident im Rechtsbehelfsverfahren gegen die Ruhensanordnung zu prüfen (auch die isolierte gerichtliche Überprüfbarkeit im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO jedenfalls bei Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung bejahend: NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 13 ff.; vgl. hierzu im Übrigen auch: OVG SH, B.v. 7.3.2018 – 3 MB 1/18 – juris Rn. 2; NdsOVG, B.v. 23.4.2015 – 8 PA 75/15 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 15.12.2014 – 9 S 2073/14 – juris Rn. 7 ff.; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 19).
§ 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO räumt der zuständigen Behörde ein Wahlrecht zwischen dem Amtsarzt und einem Facharzt ein. Die Auswahl des Facharztes ist dabei Sache der anordnenden Behörde, die die Einzelheiten der Untersuchung zu konkretisieren hat (vgl. NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 32; OVG LSA, U.v. 5.11.1998 – A 1 S 376/98 – juris Rn. 43 f.; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 17). Dass dem Betroffenen keine freie Arztwahl zukommt, ist auch sachgerecht, da dies beim Gutachter die erforderliche Objektivität und die Vermeidung etwaiger Interessenskonflikte gewährleisten soll.
Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob im Hinblick auf die Konkretisierung der Untersuchungsanordnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO – wie vom Bevollmächtigten des Antragstellers vertreten – dieselben Anforderungen zu stellen sind wie an die beamtenrechtliche Weisung, sich bei Zweifeln über die Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen (für Anwendung der Anforderungen aus dem Beamtenrecht: OVG SH, B.v. 7.3.2018 – 3 MB 1/18 – juris Rn. 11 f.; VGH BW, B.v. 15.12.2014 – 9 S 2073/14 – juris Rn. 36 ff.; (wohl) keine Übertragung der Anforderungen aus dem Beamtenrecht: NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 34 ff.; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 16 f.; Rehborn in Laufs/Kern/Rehborn, Handbuch des Arztrechts, 5. Auflage 2019, § 8 Die Approbation Rn. 85), da jedenfalls zuletzt auch den im Beamtenrecht entwickelten Anforderungen ausreichend Rechnung getragen worden sein dürfte.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegt die an einen Beamten gerichtete Aufforderung, sich (amts-)ärztlich untersuchen zu lassen, um die Dienstfähigkeit zu überprüfen, aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden formellen und inhaltlichen Anforderungen. Diese betreffen die Angabe der Gründe, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, und die Bestimmung von Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind. Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, „worum es geht“. Dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so umschrieben sein, dass für den Betroffenen ohne weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll, bei der die Erhebungen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näherstehen als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klarwerden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind. Die Behörde muss sich dabei auch mit etwaigen vom Beamten vorgelegten Bescheinigungen auseinandersetzen, die unter Umständen eine Untersuchung – ganz oder teilweise – entbehrlich machen können. Eine unzureichende Begründung kann nicht durch das Nachschieben von (weiteren) Gründen im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren – etwa gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG – geheilt werden. Es genügt also nicht, dass die Behörde nachträglich darlegt, dass objektiv zum Zeitpunkt der Anordnung tatsächlich Umstände vorgelegen hätten, die ausreichenden Anlass zu Zweifeln an der Dienstfähigkeit des Beamten hätten geben können. Erkennt die Behörde die Begründungsmängel der ersten Aufforderung zur Untersuchung, kann sie eine neue Aufforderung mit verbesserter Begründung erlassen (vgl. BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 VR 3.18 – juris Rn. 6 zu §§ 44, 48 des Bundesbeamtengesetzes; BVerwG, B.v. 10.4.2014 – 2 B 80.13 – juris Rn. 8 ff., 18 ff. zu §§ 56, 56a des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz; BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – juris Rn. 18 ff. zu §§ 53, 55 des Landesbeamtengesetzes Baden-Württemberg; BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17.10 – juris Rn. 16 ff. zu §§ 54, 56, 226 des Niedersächsischen Beamtengesetzes).
Nach – nachvollziehbarer und überzeugender – Auffassung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts sind die Anforderungen an die beamtenrechtliche Weisung, sich bei Zweifeln über die Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, auf die Untersuchungsanordnung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO nicht zu übertragen. Die Anforderungen seien abhängig vom Zweck der Maßnahme, auf den sich jede Verhältnismäßigkeitsprüfung beziehen muss. Dieser sei im Falle der Zurruhesetzung eines Beamten anders beschaffen als im Falle des Ruhens der Approbation. Anders als im Beamtenrecht diene das Ruhen der Approbation der Gefahrenabwehr. Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handle es sich um eine vorübergehende Maßnahme, die dazu bestimmt ist, in unklaren oder Eilfällen einem Arzt die Ausübung ärztlicher Tätigkeit für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, wenn dies im Interesse der Allgemeinheit und zum Schutz von Patienten und/oder Patientinnen geboten ist. Sie erfasse insbesondere die Fälle, in denen eine Ungeeignetheit oder Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes (noch) nicht endgültig feststeht. Dementsprechend sei die Anordnung des Ruhens der Approbation, wenn sie den ihr zugedachten Zweck einer Präventivmaßnahme zur Abwehr von Gefahren für einen unbestimmten Patientenkreis und damit zum Schutz der Allgemeinheit erfüllen soll, insofern auf einen schnellen Vollzug angelegt, als es sich um eine vorläufige Berufsuntersagung und eine vorübergehende Maßnahme handelt, die nach § 6 Abs. 2 BÄO aufzuheben ist, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Die Ruhensanordnung mit den begrenzten Auswirkungen in zeitlicher Hinsicht diene letztlich dem Schutz einer ordnungsgemäßen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, bei der es sich um ein hochrangiges Rechtsgut der Allgemeinheit handelt, und speziell dem Schutz der Patienten/Patientinnen vor einem Tätigwerden von Personen, deren Eignung oder Fähigkeit zur Ausübung des Arztberufes zweifelhaft geworden ist. Vor diesem Hintergrund seien sowohl die erforderliche Begründungstiefe als auch die Anforderungen an die Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung in der Anordnung geringer als im Beamtenrecht. Kann der Arzt aus der Untersuchungsanordnung ersehen, inwiefern seine gesundheitliche Eignung Zweifeln ausgesetzt ist, so sei es unschädlich, wenn die tatsächlichen Anhaltspunkte für diese Zweifel erst im gerichtlichen Verfahren vollständig angegeben oder vom Gericht ermittelt werden. Einzelheiten zu den konkreten in diesem Zusammenhang durchzuführenden Untersuchungen müssten von der Behörde nicht benannt zu werden, da diese vom Untersuchungszweck abhängig sind, an dem sie sich orientieren müssen, und somit wegen des insoweit dort bestehenden größeren medizinischen Sachverstands grundsätzlich zur Disposition der hiermit beauftragten Stelle stünden (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B.v. 4.5.2006 – 13 B 516/06 – juris Rn. 4; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 16 f.).
Gewisse Mindestanforderungen an den Inhalt der Untersuchungsanordnung ergeben sich für das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht gleichwohl aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Bestimmtheit staatlicher Maßnahmen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG fordere das Rechtsstaatsprinzip, dass der Inhalt einer staatlichen Maßnahme für den Betroffenen erkennbar und ihre Tragweite absehbar ist. Welches Maß an Bestimmtheit im konkreten Fall gefordert werden muss, bemesse sich an dem Zweck, dem die Maßnahme dienen soll. Die Anordnung der amts- oder fachärztlichen Untersuchung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO begründe die Obliegenheit des Arztes, sich untersuchen zu lassen. Seine Weigerung habe das Ruhen der Approbation zur Folge. Daher müsse bestimmbar sein, wann eine Weigerung vorliegt. Dazu müssten Untersuchungszweck und -methode erkennbar sein. Die Anordnung umfasse dabei grundsätzlich die angesichts des Untersuchungszwecks in dem jeweiligen medizinischen Fachgebiet üblichen Methoden. Etwas Anderes gelte für nicht routinemäßig angewandte Diagnoseverfahren sowie solche mit besonderer Eingriffsintensität (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 43 ff.).
Die Anordnung einer – wie hier – psychiatrischen Begutachtung ist geeignet, eine die persönliche Lebensführung des Probanden erheblich tangierende Exploration mit sich zu bringen, mit der für den Betroffenen grundrechtsrelevante Eingriffe in sein Recht aus Art. 2 Abs. 2 GG sowie in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verbunden sind. Denn im Rahmen eines Explorationsgesprächs muss der Proband Einblick in sein subjektives Erleben geben; von ihm werden wahrheitsgemäße Angaben unter anderem zur persönlichen, beruflichen und familiären Situation, zur Lebensgeschichte, zur Stimmungslage und zum Suchtmittelgebrauch erwartet. Eine psychiatrische Exploration wird daher in der Rechtsprechung als Methode mit besonderer Eingriffsintensität angesehen und eine Untersuchungsanordnung als unbestimmt betrachtet, aus der sich nicht zweifelsfrei ergibt, ob sie auf eine solche psychiatrische Exploration abzielt (vgl. zum Ganzen: BVerfG, B.v. 24.6.1993 – 1 BvR 689/92 -juris Rn. 50 ff.; BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – juris Rn. 22; NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 17, 44; OVG SH, B.v. 7.3.2018 – 3 MB 1/18 – juris Rn. 2; VGH BW, B.v. 15.12.2014 – 9 S 2073/14 – juris Rn. 10).
Im vorliegenden Fall genügt die Anordnung vom 30. Oktober 2020 jedenfalls den vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts genannten Mindestanforderungen. Der Untersuchungszweck ergibt sich aus der Begründung, wonach zum einen der Verdacht auf einen Betäubungsmittelmissbrauch bzw. auf eine Suchterkrankung vorliegt und zum anderen eine etwaige weitere psychische Erkrankung insbesondere mit Blick auf das vom Antragsteller geschilderte „Überforderungs- bzw. Überlastungssyndrom“ ausgeschlossen werden soll. Zweck der Untersuchung ist danach zu ermitteln, ob der Antragsteller betäubungsmittelabhängig ist bzw. Betäubungsmittel missbräuchlich einnimmt und/oder an einer (weiteren) psychischen Erkrankung (vorrangig vor dem Hintergrund der geschilderten Überlastung) leidet und dadurch (aktuell) zur Ausübung des Arztberufs gesundheitlich nicht geeignet ist. Hierzu wurde explizit eine fachärztlichpsychiatrische Begutachtung angeordnet, so dass auch die Untersuchungsmethode ausreichend bestimmt ist. Aus welchen Gesichtspunkten die Regierung von Oberbayern das Erfordernis der Begutachtung ableitet, ergibt sich zum Teil aus dem Schreiben vom 30. Oktober 2020 selbst (vom Antragsteller geschilderte Überforderung und im hohen Bereich liegende THC-Konzentration laut Gutachten der FTC GmbH, deren Vorlage unter ausführlicher Wiedergabe des Sachverhalts um die Betäubungsmittelrezepte 2019 mit unmittelbar vorausgegangenem Schreiben vom 23. Juli 2020 von der Regierung angefordert worden war) und wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers sodann laut Gesprächsnotiz vom 25. Januar 2021 und vom 1. Februar 2021 nochmals ausführlich telefonisch erläutert. Die ärztliche Stelle, bei der die Untersuchung stattfinden soll, wurde ebenfalls bezeichnet (zunächst …-Klinikum, nach Rückgabe des ersten Gutachtensauftrags: … Klinikum München …). Zudem wurde die Frist zur Vereinbarung eines Begutachtungstermins bzw. für die Erklärung des Einverständnisses mit einer Begutachtung wiederholt (zuletzt bis 2. März 2021) verlängert.
Mit dem Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 23. Februar 2021 dürfte schließlich auch den im Beamtenrecht entwickelten Anforderungen ausreichend Rechnung getragen worden sein. Die Anordnung ist aus sich heraus verständlich und enthält – wenn auch knapp zusammengefasst – die relevanten tatsächlichen Anknüpfungspunkte (siehe oben unter 1.1.1 bis 1.1.3), wobei unschädlich ist, dass der Sachverhalt aus dem Strafverfahren … … … … (siehe oben unter 1.1.4) nicht angeführt wird, da dieser ohnehin nur weiteres Indiz für die vom Antragsteller selbst geschilderte (und in der Anordnung genannte) Überlastung ist. Die kurze Begründung genügt den formellen Anforderungen, da für den Antragsteller bzw. dessen Bevollmächtigten ohne weiteres erkennbar war, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird, insbesondere da der Bevollmächtigte des Antragstellers erst mit Schreiben vom 15. Februar 2021 zu diesen und den übrigen Punkten ausführlich Stellung genommen hatte. Der Untersuchungszweck wird nochmals ausdrücklich genannt ebenso die Untersuchungsmethode in Form einer fachärztlichpsychiatrischen Begutachtung. Auch die ergänzende Anordnung einer fachärztlichneurologischen Begutachtung mit Schreiben vom 23. Februar 2021 ist hinreichend bestimmt und soll der Abklärung der körperlichen Ursachen anlässlich des Verdachts auf ein schweres chronisches Schmerzsyndrom (ICD-10: R52) dienen. Über die genannten fachärztlichen Untersuchungen hinausgehende Begutachtungen auf anderen medizinischen Fachgebieten sind nach dem Inhalt des Schreibens nicht zu erwarten (anders als in der vom Bevollmächtigten des Antragstellers angeführten Entscheidung, in der es in das Belieben des Amtsarztes gestellt wurde, „ggf.“ eine Begutachtung im psychiatrischen Bereich anzuordnen, vgl. VG München, B.v. 26.7.2016 – M 5 E 16.3253 – juris Rn. 25 ff.). Einer weiteren Einschränkung der Begutachtung bedurfte es vorliegend ebenfalls nicht. Dass im Schreiben vom 23. Februar 2021 noch kein konkreter Gutachter benannt wurde (Beauftragung eines „geeigneten“ Gutachters) führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Aufforderung, insbesondere da unverzüglich mit E-Mail/Schreiben vom 24. Februar 2021 (und damit mit noch ausreichend Zeit vor Fristablauf) das … Klinikum München … benannt wurde.
An der Objektivität und fachlichen Kompetenz der beiden genannten Kliniken bzw. ihrer Ärzte bestehen schließlich auch vor dem Hintergrund der Formulierungen im Anschreiben der Regierung an das …-Klinikum vom 30. Oktober 2020 keine Zweifel. Soweit von Seiten des Bevollmächtigten des Antragstellers beanstandet wird, dass die Regierung von Oberbayern dem Gutachter in Kombination mit „ergebnisbezogenen Wünsche(n)“ „Formulierungshilfen“ an die Hand gibt, ist dieser Vorwurf für das Gericht nicht nachvollziehbar. Die bloße Bitte um eine „eindeutige Aussage“ ist zunächst nicht zu beanstanden. Die Begutachtung soll der weiteren Prüfung des Sachverhalts und der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des ärztlichen Berufs dienen, also Grundlage für die weitere Entscheidung sein, ob die Anordnung des Ruhens der Approbation erforderlich ist. Im Interesse der Gefahrenabwehr bedarf es folglich einer möglichst eindeutigen Aussage darüber, ob der Betroffene aktuell in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs (noch) geeignet ist. Die gewählte Formulierung ist neutral und ergebnisoffen. Soweit von einer „Bedingungsfeindlichkeit“ die Rede ist und gebeten wird, von „Wenndann-Formulierungen“ Abstand zu nehmen, ist die Formulierung jedenfalls missverständlich und nicht derart verallgemeinerungsfähig. Abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls kann etwa die Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Eignung von bestimmten „Bedingungen“ abhängig sein (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 ZB 17.311 – juris Rn. 21 ff. sowie VG München, U.v. 26.9.2017 – M 16 K 16.4035 – juris Rn. 24 f. jeweils zur Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Eignung des Arztes durch eine spezielle Medikation bzw. Therapie; in Abgrenzung zu BVerwG, U.v. 9.12.1998 – 3 C 4.98 – juris zur zeitlich oder sachlich eingeschränkten Ausübung der ärztlichen Heilkunde nur im Rahmen der Erlaubnis nach §§ 2 Abs. 2, 10 BÄO). Eine in die Formulierung gegebenenfalls hineinzulesende Eingrenzung des Begutachtungsauftrags führt aber jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zur Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung. Es ist an dieser Stelle grundsätzlich nicht Aufgabe der Behörde zu ermitteln, unter welchen Voraussetzungen – also mittels welcher konkreten Medikation und/oder Therapie – ein erkrankter Arzt seine gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Arztberufs aufrechterhalten oder gar wiedererlangen kann. Dies liegt in der Sphäre des Betroffenen. Sofern Informationen zu einer laufenden Behandlung oder Therapiepläne vorliegen, sind diese jedoch selbstverständlich im Rahmen der Begutachtung zur Frage der gesundheitlichen Eignung (bzw. später im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BÄO) zu berücksichtigen. Dies gilt auch, wenn sich beim Krankheitsbild des Betroffenen eine bestimmte Behandlung quasi „aufdrängt“, wobei bei Ablehnung einer Behandlung, diese einer Anordnung nicht zugänglich ist (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 16.7.2020 – 21 CS 20.1192 – juris Rn. 30). Die weiter gerügte „Erstreckung“ des Gutachtensauftrags jeweils bei Bedarf auf „Zusatzgutachten, Laborwerte, Entlassungs-/Befundberichte o.ä.“ und die Hinzuziehung von Kolleginnen oder Kollegen fasst die Kammer nicht als „Freibrief“ für den Gutachter auf, über eine psychiatrische Begutachtung hinaus den Betroffenen in sämtlichen medizinischen Fachgebieten zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen. Nachdem ausdrücklich eine psychiatrische Begutachtung inmitten steht und Untersuchungszweck und die tatsächlichen Anhaltspunkte hierfür gegenüber dem Gutachter offengelegt werden, sind die wesentlichen Eckpunkte für die angeordnete Begutachtung auch objektiv erkennbar.
Die Untersuchungsanordnung war bzw. ist auch unter Berücksichtigung der besonderen Eingriffsintensität verhältnismäßig. In der Gesamtschau ist derzeit insbesondere ein milderes Mittel nicht ersichtlich. Der Aufforderung vom 30. Oktober 2020, nunmehr auch die THC-COOH-Konzentration bestimmen zu lassen, um Rückschlüsse zur Häufigkeit des Cannabiskonsums zu erlauben, ist der Antragsteller nicht nachgekommen, obwohl ihm bereits mit Schreiben vom 23. Juli 2020 angekündigt wurde, dass im Zusammenhang mit der Haaranalyse gegebenenfalls weitere Untersuchungen vorgenommen werden müssen und auch im Gutachten der FTC GmbH selbst die Bestimmung der THC-COOH-Konzentration empfohlen wurde. Aus welchen Gründen dies insbesondere zeitnah nach der Aufforderung durch die Regierung von Oberbayern nicht (mehr) möglich gewesen sein sollte, wird nicht substantiiert vorgetragen. Die Regierung von Oberbayern musste im vorliegenden Fall auch nicht zunächst das Ergebnis der weiteren Haaruntersuchung abwarten, um auf dieser Basis über die Erforderlichkeit einer psychiatrischen Begutachtung zu entscheiden, da – wie ausgeführt – nicht allein die festgestellte THC-Konzentration für die Anordnung ausschlaggebend war und unbestritten „bei Bedarf“ auch weiterhin auf eine Medizinal-Cannabis zurückgegriffen werden soll. Die Ergänzung um eine fachärztlichneurologische Begutachtung erscheint sinnvoll und zielführend, da vom Antragsteller und seiner behandelnden Ärztin unter anderem (schwere) chronische Schmerzen als Grund für die Verschreibung von Betäubungsmitteln angegeben wurden. Wegen des vom Antragsteller deutlich dargelegten Zusammenhangs zwischen seiner physischen und psychischen Verfassung macht die Anordnung der fachärztlichneurologischen Begutachtung die Anordnung der psychiatrischen Begutachtung auch nicht obsolet. Schließlich stellt auch die vorgeschlagene Kommunikation mit der behandelnden Ärztin kein gleich geeignetes milderes Mittel dar. Die Regierung von Oberbayern hat – wie unter 1.1.1 ausgeführt – dem Antragsteller ausreichend Zeit eingeräumt, eine qualifizierte Stellungnahme der behandelnden Ärztin vorzulegen. Der Antragsteller kann zudem zu jeder Zeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und darüber hinaus in geeigneter Weise darlegen, dass er die gesundheitliche Eignung für die Ausübung des Arztberufs besitzt. Wenn die Voraussetzungen der Ruhensanordnung nicht mehr vorliegen, muss die Behörde gemäß § 6 Abs. 2 BÄO diese zwingend aufheben (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 16.7.2020 – 21 CS 20.1192 – juris Rn. 30).
1.2.2 Der Antragsteller hat sich trotz wiederholter Aufforderung und Fristverlängerung geweigert, den vereinbarten Untersuchungstermin im …-Klinikum wahrzunehmen bzw. seine Bereitschaft hinsichtlich der Vereinbarung eines neuen Untersuchungstermins mit dem … Klinikum München … zu erklären. Der Antragsteller trägt dabei das Risiko, dass eine von ihm für rechtswidrig erachtete Untersuchungsanordnung vom Gericht für rechtmäßig erachtet wird (vgl. NdsOVG, B.v. 13.3.2019 – 8 ME 18/19 – juris Rn. 17; OVG SH, B.v. 7.3.2018 – 3 MB 1/18 – juris Rn. 2; VGH BW, B.v. 15.12.2014 – 9 S 2073/14 – juris Rn. 10).
1.2.3 Die Anordnung des Ruhens der Approbation ist auch in ermessensfehlerfreier Weise verfügt worden (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Behörde hat vorliegend das ihr zustehende Ermessen erkannt und das Für und Wider eines Eingreifens sachgerecht abwogen. Eine Vollstreckung der Anordnung, sich einer amts- oder fachärztliche Untersuchung zu unterziehen, ist im Regelungskonzept des § 6 Abs. 1 Nr. 3 BÄO nicht vorgesehen. Die Weigerung rechtfertigt bei Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung vielmehr regelmäßig eine Anordnung des Ruhens der Approbation bis der Beweis für die gesundheitliche Eignung erbracht wird (vgl. OVG Hamburg, B.v. 28.2.2019 – 3 Bs 257/18 – juris Rn. 26; NdsOVG, B.v. 23.4.2015 – 8 PA 75/15 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 15.2074 – juris Rn. 13 f. zur Anordnung des Ruhens einer Approbation als psychologischer Psychotherapeut; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 17). Gründe, die ausnahmsweise ein Absehen von der Anordnung rechtfertigen, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Die Entscheidung des Antragsgegners verstößt auch nicht gegen das in Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Recht des Antragstellers auf Berufsfreiheit. Die Regierung hat die Grundrechtsposition des Antragstellers in die gebotene Abwägung eingestellt und auch berücksichtigt, dass das Ruhen der Approbation von erheblicher wirtschaftlicher Auswirkung für den Arzt ist. In Ansehung der überragenden Bedeutung des Schutzes der Patientengesundheit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das öffentliche Interesse daran, das vorläufige Berufsverbot auszusprechen, höher gewichtet wurde. Die Anordnung des Ruhens der Approbation des Antragstellers steht auch im Einklang mit den rechtsstaatlichen Erfordernissen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Ruhens der Approbation durch den Antragsgegner gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist rechtmäßig. Die Anordnung genügt dabei sowohl dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (2.1) als auch den materiellrechtlichen Anforderungen (2.2).
2.1 Die Regierung von Oberbayern begründet unter Nr. II. 4 der Bescheidsgründe das besondere Interesse der Vollziehbarkeitsanordnung auf den Einzelfall bezogen und nicht lediglich formelhaft mit dem Schutz (von Leben und Gesundheit) der Allgemeinheit. Aus dieser Begründung ergibt sich hinreichend, dass die Regierung von Oberbayern den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung erkannt hat und aus welchen Gründen diese dem Vollzugsinteresse im vorliegenden Einzelfall Vorrang eingeräumt hat.
2.2 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist auch gerechtfertigt.
Art. 12 Abs. 1 GG lässt wie eingangs ausgeführt einen Eingriff in die Berufsfreiheit schon vor Rechtskraft des Hauptverfahrens als Präventivmaßnahme nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu (vgl. BVerfG, B.v. 8.4.2010 – 1 BvR 2709/09 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 2.3.2020 – 21 CS 19.1736 – juris Rn. 18). Allein das Abstellen auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügt für die Begründung des Sofortvollzugs der Ruhensanordnung nicht. Vielmehr sind im Rahmen einer Folgenabwägung auch hier die konkreten Nachteile für die Allgemeinheit bei einem Aufschub des Vollzugs, wenn sich die Anordnung des Ruhens der Approbation nachträglich als rechtmäßig erweist, den konkreten Folgen des Sofortvollzugs für den Betroffenen, wenn sich die Ruhensanordnung nachträglich als rechtswidrig erweisen sollte, gegenüberzustellen (BVerfG, B.v. 19.12.2007 – 1 BvR 2157/07 – juris Rn. 31). Ob überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen einstweilen zurückzustellen, hängt insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter (wie z.B. Patientensicherheit und -vertrauen) befürchten lässt. Für diese Feststellung ist hinreichend belastbares Tatsachenmaterial erforderlich (vgl. BVerfG, B.v. 19.12.2007 – 1 BvR 2157/07 – juris Rn. 22 ff.).
Hieran gemessen überwiegt vorliegend bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Aufgrund der oben genannten konkreten Tatsachenfeststellungen und der tatsachengestützten Indizien ist zu befürchten, dass der Antragsteller in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Arztberufs derzeit nicht geeignet ist. Eine damit verbundene konkrete Gefahr für die überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter des Lebens und der Gesundheit seiner Patientinnen und Patienten kann auch vor dem Interesse des Antragstellers an einer weiteren Berufstätigkeit als Arzt und der mit dem Sofortvollzug für ihn und seine Familie einhergehenden erheblichen wirtschaftlichen Nachteile nicht einmal vorübergehend hingenommen werden. Beeinträchtigungen der geistigen und/oder körperlichen Leistungsfähigkeit gehen mit dem Risiko einer Falschbehandlung von Patienten einher. Schwierigkeiten bei der Situationserfassung bzw. mit situationsadäquatem Verhalten bergen im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit, in welcher Stresssituationen zu erwarten sind, ein hohes Risikopotential für die Patienten. Auch wenn der Antragsteller derzeit nicht mehr (wie in der Zeit von Juli 2019 bis Dezember 2019) täglich Cannabis einnimmt, soll – wie sowohl vom Antragsteller selbst als auch seiner behandelnden Ärztin vorgetragen – nach wie vor „bei Bedarf“ eine Cannabis-Medikation zum Einsatz kommen. Nachdem nicht nur unklar ist, ob dies phasenweise auch eine gegebenenfalls mehrmals tägliche Einnahme (unbekannter Menge und Sorte) über gegebenenfalls mehrere Tage hinweg beinhaltet, sondern schon die medizinische Begründetheit der Verschreibungen nach wie vor in Frage steht, ist eine hinreichende Festigung der Verhaltensänderung im Umgang mit medizinischem Cannabis nicht erkennbar. Angaben, ob bzw. inwieweit Medikation und Berufsausübung getrennt werden, sowie mit welcher Kontrolldichte etwaige (negative) Auswirkungen der Cannabis-Medikation auch auf die berufliche Tätigkeit ärztlich kontrolliert werden, fehlen. Auch zur angeführten osteopatischen und physiotherapeutischen Behandlung bzw. der angeführten multimodalen Schmerztherapie wurden keine belastbaren Unterlagen vorgelegt, aus denen sich verlässlich beurteilen bzw. prognostizieren ließe, inwieweit der Antragsteller zwischenzeitlich seine körperlichen Beschwerden bzw. seine chronische Schmerzerkrankung (auch ohne Cannabis-Medikation) in den Griff bekommen hat und inwieweit gerade in Phasen der Überlastung und Überforderung doch noch auf die Anwendung von Medizinal-Cannabis zurückgegriffen werden soll. Hinzu kommt, ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, dass der Antragsteller nunmehr bereits wiederholt im Zusammenhang mit der Verschreibung von Cannabis strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, auch wenn hierbei zu berücksichtigen ist, dass gerade im jüngsten Verfahren (… … …) die Ermittlungen und erst recht ein etwaiges folgendes strafgerichtliches Verfahren noch nicht abgeschlossen sind und bislang nur der für einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss im maßgeblichen Zeitpunkt erforderliche Anfangsverdacht einer Straftat bejaht wurde. Nachdem der Bevollmächtigte des Antragstellers Unterlagen zu letzterem Verfahren selbst an die Regierung von Oberbayern übermittelt hat, steht schon aus diesem Grund einer Verwertung der darin genannten Fakten auf Basis einer eigenständigen, nachvollziehbaren Bewertung nichts entgegen.
Vor diesem Hintergrund sind die zu befürchtenden Gefahren für die überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter des Lebens und der Gesundheit einer unbestimmten Vielzahl von Patienten höher zu gewichten als das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage seinen Beruf weiter ausüben zu können, auch wenn damit dem Antragsteller möglicherweise seine wirtschaftliche Lebensgrundlage und seine berufliche Existenz entzogen werden. Der damit zulasten des Antragstellers verbundene schwerwiegende Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit ist im Interesse der überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter des Lebens und der Gesundheit gerechtfertigt. Aus diesen Gründen tritt auch der von Art. 19 Abs. 4 GG gebotene regelmäßige Vorrang der gerichtlichen Überprüfung einer hoheitlichen Maßnahme vor ihrem Vollzug ausnahmsweise zurück.
3. Die Anordnung unter Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig. Die Anordnung der Rückgabe der Approbationsurkunde des Antragstellers stützt sich zutreffend auf Art. 52 Satz 1 BayVwVfG. Die Approbation des Antragstellers ist zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen, jedoch ist ihre Wirksamkeit aufgrund der Ruhensanordnung „gehemmt“, da der Antragsteller während des Ruhens seiner Approbation seinen Beruf nicht ausüben darf. Nachdem die Approbationsurkunde eine (vorläufig) nicht mehr bestehende Befugnis zur Berufsausübung dokumentiert, soll über die Pflicht zur Rückgabe sichergestellt werden, dass die behördliche Urkunde im Rechtsverkehr keine Verwendung mehr findet (vgl. OVG NW, U.v. 15.5.1990 – 5 A 1692/89 – juris; VG Regensburg, B.v. 24.4.2020 – RN 5 S 20.622 – juris Rn. 49; Schelling in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, BÄO § 6 Rn. 28). Hierauf stellt die Regierung von Oberbayern zutreffend ab. Soweit der Antragsteller auch zur Herausgabe sämtlicher in seinem Besitz befindlichen Ablichtungen verpflichtet wird, bezieht sich dies der Intention der Regierung von Oberbayern folgend, einer unberechtigten Ausübung des Arztberufs vorzubeugen, auf beglaubigte Ablichtungen der Approbationsurkunde, die der Originalurkunde im Sinne des Art. 52 BayVwVfG gleichstehen. Auch gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung bestehen insoweit keine Bedenken. Die Begründung zur Anordnung des Sofortvollzugs ergibt sich aus Nr. II.6 der Bescheidsgründe. Sie genügt der formellen Begründungsanforderung und trägt die Sofortvollzugsanordnung auch der Sache nach. Im Übrigen wird auf vorstehende Ausführungen zum Vorliegen des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Ruhensanordnung verwiesen, die gleichermaßen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Rückgabe der Approbationsurkunde gilt. Gegen die dem Antragsteller eingeräumte Frist von zwei Wochen bestehen ebenso wenig Bedenken wie gegen die Androhung des Zwangsgeldes (Nr. 4 des Bescheidstenors).
Die Kostenentscheidung des Gerichts beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Wegen des nur vorläufigen Charakters der Ruhensanordnung und mangels anderweitiger Anhaltspunkte erscheint im Hauptsacheverfahren die Hälfte des in Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs vorgeschlagenen Mindeststreitwerts und damit ein Streitwert von 15.000,00 Euro angemessen (vgl. BayVGH, B.v. 2.3.2020 – 21 CS 19.1736 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 24.4.2009 – 21 C 09.389 – juris Rn. 3 noch zum Streitwertkatalog 2004). Für das Eilverfahren wird der Streitwert auf 7.500 Euro halbiert (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).


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