Medizinrecht

Schmerzensgeld wegen Behandlungsfehler

Aktenzeichen  5 U 621/15

Datum:
26.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131898
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 97

 

Leitsatz

Verfahrensgang

4 O 1665/13 (3) 2015-03-12 Endurteil LGREGENSBURG LG Regensburg

Tenor

I.
Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 12.03.2015, Az.: 4 O 1665/13 (3) wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Kläger kann eine Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird 120.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des Ersturteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Der Kläger hat gegen dieses ihm am 20.03.2015 zugestellte Endurteil mit am 02.04.2015 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.
Er macht geltend, das Erstgericht verneine zu Unrecht einen Behandlungsfehler, stütze sich insbesondere zu Unrecht allein auf das Gutachten von …, der Neurologe sei. Wegen, der aufgetretenen Herzproblematik sei die (ergänzende) Beauftragung eines Kardiologen geboten gewesen. Im Übrigen gehe … unzutreffend von einem gleichbleibenden neurologischen Zustand aus. Das Landgericht habe den Vortrag zur Zustandsverschlechterung in der Klageschrift zu Unrecht als unsubstantiiert abgetan. Auch die Kausalitätsfrage werde falsch beurteilt.
Er beantragt:
1.Das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 12.03.2015 wird aufgehoben.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 100.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, zu bezahlen.
3.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden, welche aus der fehlerhaften ärztlichen Behandlung vom 21.04.2012-03.05.2012 resultieren, zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf den Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
4.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.118,40 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Ersturteil.
Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende mündliche Anhörung des Sachverständigen …. Auf die Sitzungsniederschrift vom 29.01.2016 sowie den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat konnte sich nach ergänzender Anhörung des Sachverständigen nicht von einem Behandlungsfehler überzeugen.
Die Ausführungen von … bieten in ihrer Gesamtschau mit seinen erstinstanzlichen Ausführungen eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Insbesondere bedurfte es der (ergänzenden) Beauftragung eines Kardiologen nicht, da es hinsichtlich der Behandlungsfehlerfrage darum geht, die Einhaltung des neurologischen Facharztstandards zu beurteilen. Der Kläger selbst beruft sich darauf, dass auf einen stattgefundenen oder sich ankündigenden Schlaganfall nicht adäquat reagiert worden sei und die Auswirkungen des Schlaganfalls hätten verhindert werden können.
An der neurologischen Fachkompetenz des Sachverständigen … bestehen keine Zweifel, auch wenn der Kläger die Einschätzung des Sachverständigen nicht teilt. Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar dargelegt, warum er einen Behandlungsfehler verneint, insbesondere warum er die durchgeführten Untersuchungen sowohl in qualitativer als auch in zeitlicher Hinsicht für ausreichend erachtet.
Am Aufnahmetag sei es um ein Schlaganfallgeschehen gegangen. Hierauf sei leitliniengerecht mittels CCT, EKG (als zwingende Maßnahmen) und einer Röntgen-Thoraxuntersuchung reagiert worden und eine Behandlung mit ASS und Clexane aufgenommen worden. Da das EKG und die anschließende Monitorüberwachung keine Hinweise darauf gegeben hätten, dass die Ursache des Schlaganfalls im Bereich des Herzens gelegen habe, insbesondere sich keine absolute Arythmie gezeigt habe, habe es ausgereicht, die Echokardiographie erst am übernächsten Tag durchzuführen, zumal auch das neurologische Beschwerdebild sich bis zum 23.04. nicht verschlechtert habe. Für die Durchführung der Echokardiographie gebe es keine zwingende zeitliche Vorgabe. Eine früher durchgeführte Echokardiographie, z.B. am 21.04., hätte auch kein anderes Ergebnis gebracht, als am 23.04.. Hiervon sei auszugehen, weil eine kardiale Emboliequelle zu keinem Zeitpunkt nachgewiesen worden sei.
Auch auf Vorhalt der vermeintlich bei Gutachtensabfassung übersehenen Überwachungsbögen der Stroke Unit hat der Sachverständige … daran festgehalten, dass sich das neurologische Beschwerdebild nicht verschlechtert habe. Es sei sogar von einer Zustandsverbesserung auszugehen, weil sich der Kraftgrad an Arm und Bein rechts und der Wachheitszustand verbessert hätten. Er gehe davon aus, dass sich der Hirninfarkt schon am 20.04. eingestellt habe und nicht mehr rückgängig zu machen gewesen sei. Die unterschiedlichen Ergebnisse von CCT (21.04.: „keine Frühanzeichen einer … Ischämie“) und MRT (23.04.: „frische ischämische Läsionen“) stünden dieser Annahme nicht entgegen. Die Unterschiede würden darauf beruhen, dass es sich um unterschiedliche bildgebende Verfahren handele. Insbesondere beim CCT seien die Folgen eines frischen Hirninfarkts unter Umständen nicht sofort sichtbar.
Der Senat sieht keinen Anlass, an den Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln. Ein Behandlungsfehler lässt sich daher nicht zur Überzeugung des Senats feststellen. Ungeachtet dessen ist aber auch nicht nachgewiesen, dass bei früherer Durchführung einer Echokardiographie ein reaktionspflichtiges Ergebnis erzielt worden wäre und das Behandlungsmarlagement hätte geändert werden müssen.
Die Berufung ist mit der Kostenfolge gemäß § 97 ZPO zurückzuweisen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


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