Medizinrecht

Unzulässige Popularklage gegen §§ 3, 4 und 5 der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung.

Aktenzeichen  Vf. 63-VII-21

Datum:
5.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 328
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.
2. Dem Antragsteller wird eine Gebühr von 1.500 € auferlegt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Popularklage gegen §§ 3, 4 und 5 der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 23. November 2021 (BayMBl Nr. 816, BayRS 2126-1-19-G). Er beantragt neben der Feststellung der Verfassungswidrigkeit die vorläufige Außervollzugsetzung der genannten Vorschriften.
1. Die Verordnung, mit der die Schutzmaßnahmen gegen die andauernde Corona Pandemie fortgeführt und teilweise verschärft werden, ist gestützt auf § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1, §§ 28 a, 28 c Satz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) i. V. m. § 11 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) und auf § 9 Nr. 5 der Delegationsverordnung (DelV). Sie ist gemäß ihrem § 18 am 24. November 2021 in Kraft getreten, zuletzt durch §§ 1 und 2 der Verordnung vom 23. Dezember 2021 (BayMBl Nr. 949) geändert worden und wird mit Ablauf des 12. Januar 2022 außer Kraft treten.
Die angegriffenen Vorschriften betreffen Kontaktbeschränkungen bei privaten Zusammenkünften (§ 3), den Zugang insbesondere zu öffentlichen und privaten Veranstaltungen, Sportstätten, zum Kulturbereich sowie zu Freizeiteinrichtungen („2G plus“-Regelung, § 4) und den Zugang zu geschlossenen Räumen in der Gastronomie, dem Beherbergungswesen, an den Hochschulen und in weiteren Bereichen sowie bei bestimmten Dienstleistungen („2G“-Regelung, § 5); sie enthalten jeweils Besserstellungen von geimpften und genesenen gegenüber ungeimpften Personen.
2. Der Antragsteller macht mit seiner Antragsschrift vom 28. November 2021 und den weiteren Schreiben vom 12., 17. und 20. Dezember 2021 sowie vom 2. Januar 2022 geltend, die angegriffenen Bestimmungen verstießen gegen Art. 98 (Einschränkung von Grundrechten), Art. 99 (staatliche Schutzverpflichtung), Art. 118 Abs. 1 (allgemeiner Gleichheitssatz), Art. 100 (Menschenwürde) sowie gegen Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BV (Gewährleistung gleichwertiger Lebensbedingungen).
Als Ausgangssituation sei festzustellen, dass in Bayern während der Corona-Zeit die Intensivbetten sowie die Notfallreserve erheblich abgebaut worden seien. Die Belegung der Intensivbetten habe beim Höchststand im November 2021 noch deutlich unter der maximalen Belegung im Juli 2020 gelegen; ein starker Anstieg sei nicht zu erkennen. Aus der Belegung der Intensivbetten könne keine Rechtfertigung der einseitigen Benachteiligung der ungeimpften gegenüber den geimpften Personen abgeleitet werden. Auch die Sterberate bezogen auf COVID-19-Fälle sei 2021 geringer als im Vorjahr. Aus aktuellen Statistiken des Robert Koch-Instituts und der für Großbritannien zuständigen Gesundheitsbehörde gehe hervor, dass es ab einem Alter von 30 Jahren aufwärts mit hoher Wahrscheinlichkeit in Deutschland mehr COVID-19-Fälle bei vollständig geimpften Personen als bei ungeimpften Personen gebe; dieser Anteil nehme sogar ständig zu. Je höher in einem Bundesland die Impfquote sei, desto höher sei die Sterblichkeit. Laut einer Harvard-Studie seien Massenimpfungen nachweislich wirkungslos bzw. sie förderten tendenziell das Corona-Infektionsgeschehen; bei voll Geimpften seien die Krankheitsverläufe aber vermutlich milder. Dass die Impfungen nicht oder zumindest kaum vor Ansteckung schützten, ergebe sich schon daraus, dass auch vollständig geimpfte Personen in vielen Bereichen Masken tragen müssten und dass in einigen Bereichen der Zugang nur für Geimpfte und Genesene mit einem aktuellen negativen Corona-Test erlaubt sei. Den Geimpften werde laut dem Virologen Prof. Kekule eine falsche Sicherheit eingeredet.
Aus der dargelegten Ausgangslage gehe hervor, dass die Impfung nicht vor Ansteckung schütze und dass gerade infizierte Geimpfte die Gefahren der möglichen Verbreitung nicht erkennen würden, da sie sich sorgloser im Alltag bewegten, ohne dass die Viruslast im Vergleich zu Ungeimpften entsprechend reduziert wäre. Ob und inwieweit die Impfung vor schweren Verläufen und Tod schütze, könne aufgrund der schwammigen Datengrundlage nicht abschließend geklärt werden. Da es keine zwingenden gesundheitlichen oder sonstigen Gründe dafür gebe, ungeimpfte und nichtgenesene Personen anders zu behandeln als geimpfte oder von einer COVID-19-Erkrankung genesene, verstießen die Regelungen der §§ 3, 4 und 5 15. BayIfSMV gegen Art. 98 und 99 BV, zudem gegen Art. 118 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BV. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Impfung vor schweren Krankheitsverläufen einen gewissen Schutz biete, könne dies die einseitige Einschränkung der durch die Verfassung gewährleisteten Grundrechte von Ungeimpften nicht rechtfertigen. Mit gleichem Recht könnten und müssten dann auch Übergewichtige wegen ihres erhöhten Krebsrisikos sowie Auto- und Motorradfahrer oder Menschen, die gefährliche Sportarten betrieben, ausgegrenzt werden. Zur Eindämmung der COVID-19-Fälle müssten sich wie im Frühjahr 2021 alle Personen unabhängig vom Impf- oder Genesenenstatus zumindest beim Besuch geschlossener Räume im Sinn von § 5 15. BayIfSMV regelmäßigen Tests unterziehen. Zwei Oberverwaltungsgerichte hätten bereits 2G-Regelungen im Einzelhandel und an den Universitäten aufgehoben.
3. Der Bayerische Landtag und die Bayerische Staatsregierung wurden am Ver fahren beteiligt. Die Staatsregierung hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in ihrer Stellungnahme vom 30. Dezember 2021 für unzulässig und darüber hinaus unbegründet.
II.
Die Popularklage ist insgesamt unzulässig.
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verord nungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dazu zählen auch die angegriffenen Bestimmungen der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Ihrer Einordnung als Landesrecht steht nicht entgegen, dass sie auf einer bundesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage beruhen (vgl. VerfGH vom 19.3.2018 BayVBl 2018, 514 Rn. 35).
2. Die Popularklage ist bereits unzulässig, weil den Ausführungen des Antragstel lers keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Grundrechtsverletzung zu entnehmen sind.
Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird (dazu im Einzelnen VerfGH vom 4.5.2012 VerfGHE 65, 73/81; vom 29.10.2020 BayVBl 2021, 83 Rn. 19). Unzulässig ist die Popularklage, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht gewährt. Sie ist weiter unzulässig, wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung der entsprechenden Norm nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird oder die geltend gemachte Grundrechtsverletzung nach Sachlage schlechthin ausgeschlossen, also z. B. begrifflich nicht möglich ist (vgl. VerfGH vom 28.12.1984 VerfGHE 37, 184/194 m. w. N.). Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt im Übrigen nicht schon dann vor, wenn der Antragsteller lediglich behauptet, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach seiner Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Er muss seinen Vortrag vielmehr so präzisieren, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist und ob eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (ständige Rechtsprechung, vgl. VerfGH vom 28.8.2020 BayVBl 2020, 803 Rn. 48 m. w. N.).
Diesen Substanziierungsanforderungen genügen die Darlegungen des Antragstellers nicht.
a) Auf eine Verletzung der staatlichen Verpflichtung zur Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BV) kann die Popularklage schon deshalb nicht gestützt werden, weil diese Norm kein Grundrecht gewährt (vgl. Geis in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 3 Rn. 39; Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 3 Rn. 9 a).
b) Auch aus der als verletzt gerügten Vorschrift des Art. 98 BV, die in Sätzen 1 bis 3 allgemeine Voraussetzungen für die Einschränkung von Grundrechten enthält, ergeben sich keine subjektiven verfassungsmäßigen Rechte, die im verfassungsgerichtlichen Verfahren selbstständig geltend gemacht werden könnten (vgl. VerfGH vom 9.12.2010 VerfGHE 63, 209/214).
c) Ob die vom Antragsteller angeführte Vorschrift des Art. 99 BV in Satz 2 über die objektivrechtliche Schutzverpflichtung hinaus auch ein Grundrecht auf Schutz gewährleistet (so Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, a. a. O., Art. 99 Rn. 6 ff.; a. A. VerfGH vom 9.12.2010 VerfGHE 63, 209/214; Funke in Meder/Brechmann, a. a. O., Art. 99 Rn. 14; vgl. auch VerfGH vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 20 m. w. N.), bedarf keiner abschließenden Prüfung. Selbst wenn aus der genannten Vorschrift ein grundrechtlicher Anspruch auf Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht folgen würde, ist den Ausführungen des Antragstellers jedenfalls nicht zu entnehmen, dass dieses Recht verletzt sein könnte.
Eine Verletzung grundrechtlich begründeter Schutzpflichten kann nach allgemeinem Verständnis nur angenommen werden, wenn entweder überhaupt keine Schutzvorkehrungen getroffen wurden oder wenn die getroffenen Maßnahmen völlig unzulänglich oder gänzlich ungeeignet sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen (VerfGH vom 21.12.2011 VerfGHE 64, 224/229 m. w. N.; Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, a. a. O., Art. 99 Rn. 10; vgl. auch BVerfG vom 16.12.2021 – 1 BvR 1541/20 – juris Rn. 71 und 98 f.). Dass dies bei den in unterschiedlicher Weise an den Impfstatus anknüpfenden Vorschriften der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung über Kontaktbeschränkungen (§ 3) und über den Zugang insbesondere zu Veranstaltungen, Sportstätten, zum Kulturbereich sowie zu Freizeiteinrichtungen (§ 4) und zu geschlossenen Räumen in verschiedenen Bereichen und bei bestimmten Dienstleistungen (§ 5) der Fall wäre, legt der Antragsteller nicht ansatzweise dar. Er sieht in den COVID-19-Impfungen auch keine von vornherein ungeeignete Schutzmaßnahme, sondern hält es ausdrücklich für möglich, dass die Impfung vor schweren Krankheitsverläufen schützen könne. Soweit er zumindest für den Zugang zu geschlossenen Räumen, für den nach § 5 15. BayIfSMV „2G“ gilt, eine allgemeine Testpflicht unabhängig vom Impf- oder Genesenenstatus fordert, lassen seine Ausführungen nicht erkennen, aus welchen Gründen die bisherige Regelung zum Schutz vor einer COVID-19-Erkrankung gänzlich unzureichend wäre und damit hinter dem staatlichen Schutzauftrag zurückbliebe.
d) Die Popularklage des Antragstellers zielt im Schwerpunkt nicht auf eine Intensivierung bestehender Schutzmaßnahmen, sondern auf eine Nichtigerklärung der angegriffenen Vorschriften wegen einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von ungeimpften und nichtgenesenen Personen gegenüber Geimpften und von einer COVID-19-Erkrankung Genesenen. Die darin liegende Rüge eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV) und darauf aufbauend gegen die Menschenwürde (Art. 100 BV) ist aber in mehrfacher Hinsicht zu unsubstanziiert.
aa) Der Antragsteller geht auf den spezifischen Regelungsgehalt der angegriffenen Vorschriften nicht näher ein und setzt sich insbesondere nicht mit den in der amtlichen Begründung vom 23. November 2021 (BayMBl 2021 Nr. 827) enthaltenen Erwägungen des Verordnungsgebers auseinander.
In der Verordnungsbegründung wird ausgeführt, dass sich das Infektionsgeschehen zwischen der geimpften und der ungeimpften Bevölkerung stark unterscheide; nach den Daten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 17. November 2021 betrage die 7-Tage-Inzidenz der Ungeimpften mit 1.468,9 mehr als das Zehnfache der derzeit mit 109,7 angegebenen Inzidenz der Geimpften (S. 1 f.). Weiter wird unter Verweis auf die Risikobewertung des Robert Koch-Instituts vom 4. November 2021 dargelegt, dass für die Senkung der Neuinfektionen, den Schutz der Risikogruppen und die Minimierung von schweren Erkrankungen und damit für die Begrenzung der Belastung des Gesundheitssystems die Impfung der Bevölkerung von zentraler Bedeutung sei (S. 3 f.). Die in § 3 angeordneten Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte und Nichtgenesene werden damit begründet, dass sich ungeimpfte und nicht genesene Personen leichter ansteckten und auch selbst länger infektiös seien, sodass sie zur Verbreitung des Virus stärker beitrügen als geimpfte und genesene Personen; dies zeige sich nicht zuletzt an der um das Zehnfache erhöhten Inzidenz unter Ungeimpften im Vergleich zur Inzidenz unter geimpften Personen (S. 4). Die mit dem „2G plus“-Erfordernis nach § 4 und dem „2G“-Erfordernis nach § 5 verbundenen Zugangsbeschränkungen seien erforderlich, um die Pandemie zu verlangsamen und dadurch Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen; durch eine Verlangsamung der Pandemie könne die akute Überlastung des Gesundheitssystems, insbesondere die Überlastung der Intensivstationen, verringert werden (S. 5 f.).
Die angegriffenen Verordnungsbestimmungen beruhen danach maßgeblich auf landesweit erhobenen aktuellen Daten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sowie auf einer Gefahreneinschätzung des Robert Koch-Instituts, dessen Stellungnahmen und Bewertungen im Bereich des Infektionsschutzes ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. VerfGH vom 7.12.2021 Vf. 60-VII-21 – juris Rn. 23 m. w. N.). Mit diesen öffentlich zugänglichen Erkenntnissen, die (auch unter Berücksichtigung der erhobenen Kritik an der Belastbarkeit der diesbezüglichen Daten des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) deutliche Unterschiede im Gefährdungspotential zwischen der Gruppe der Geimpften und Genesenen einerseits und der Gruppe der Ungeimpften andererseits erkennen lassen, setzt sich der Antragsteller an keiner Stelle hinreichend auseinander, auch nicht im Schreiben vom 2. Januar 2022. Er legt vielmehr – ohne Berufung auf eine eigene spezielle Sachkunde – lediglich sein auf einzelne Statistiken und Studien gestütztes subjektives Verständnis der gegenwärtigen „Ausgangssituation“ im Hinblick auf die Belegung der Intensivbetten, die Zahl der Impfdurchbrüche und die Entwicklung der Sterberate dar. Weshalb der daraus gezogene Schluss eines (aus seiner Sicht) fehlenden oder jedenfalls zu vernachlässigenden Nutzens von COVID-19-Impfungen eine größere Plausibilität besitzen soll als die vom Verordnungsgeber zugrunde gelegten Bewertungen der zuständigen Fachbehörden, lässt sich der Popularklage nicht entnehmen. Im Übrigen sprechen, wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 2021 näher ausgeführt hat, nach Verordnungserlass veröffentlichte Erkenntnisse und Berichte des Robert Koch-Instituts weiterhin für eine hohe Effektivität der Corona-Schutzimpfungen (Vf. 60-VII-21 – juris Rn. 26; vgl. z. B. auch OVG Saarl vom 20.12.2021 – 2 B 278/21 – juris Rn. 21).
bb) Der Antragsteller geht auch in keiner Weise auf den Umstand ein, dass die angegriffenen Bestimmungen auf bundesrechtlichen Ermächtigungen (§ 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1, § 28 a IfSG; § 11 SchAusnahmV) beruhen, in denen die prinzipielle Unterscheidung zwischen Ungeimpften und Geimpften bzw. Genesenen im Rahmen der zu ergreifenden Schutzmaßnahmen schon weitgehend vorgezeichnet ist.
Nach § 28 a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG können unabhängig von einer festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite auch Verpflichtungen zur Vorlage von Impf- oder Genesenennachweisen notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG sein. Danach ist, wie auch die Gesetzesbegründung zeigt (BT-Drs. 20/15 S. 30; BT-Drs. 20/89 S. 13), eine Regelung möglich, bei der der geforderte Impf- oder Genesenennachweis nicht durch einen Testnachweis ersetzt werden kann (vgl. VerfGH vom 7.12.2021 – Vf. 60-VII-21 – juris Rn. 27; BayVGH vom 8.12.2021 – 20 NE 21.2821 – juris Rn. 22; vom 27.12.2021 – 20 NE 21.2977 – BeckRS 2021, 40586 Rn. 20). Der Impf- bzw. Genesenenstatus bildet damit aus Sicht des Bundesgesetzgebers ein maßgebliches Unterscheidungsmerkmal bei der Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2. Dies wird bestätigt durch die Vorschriften des § 4 Abs. 1 und 2 SchAusnahmV, wonach bei landesrechtlichen Regelungen, die für private Zusammenkünfte und ähnliche soziale Kontakte eine Begrenzung der Personenzahl vorsehen, die geimpften und genesenen Personen grundsätzlich außer Betracht bleiben müssen. Mit diesen an den Landesverordnungsgeber gerichteten bundesrechtlichen Vorgaben, die eine Differenzierung zwischen geimpften und ungeimpften Personen in einzelnen Bereichen ausdrücklich verlangen und sie im Übrigen zumindest nahelegen, setzt sich die Begründung der Popularklage in keiner Weise auseinander. Der Antragsteller behauptet lediglich pauschal und zu Unrecht, dass es darauf nicht ankomme. Die Popularklage erfüllt daher auch in dieser Hinsicht nicht das gebotene Mindestmaß an Substanziierung (vgl. zur zulässigen Differenzierung nach Impf- bzw. Genesenenstatus – teils auch im Hinblick auf die zunehmende Verbreitung der OmikronVariante – BayVGH vom 8.12.2021 – 20 NE 21.2821 – juris Rn. 22 ff.; vom 27.12.2021 – 20 NE 21.2977 – BeckRS 2021, 40586 Rn. 20 ff.; OVG SH vom 14.12.2021 – 3 MR 31/21 – juris Rn. 14 und 20; OVG Saarl vom 20.12.2021 – 2 B 278/21 – juris Rn. 21; OVG NW vom 22.12.2021 – 13 B 1858/21.NE – juris Rn. 120 ff.; vom 23.12.2021 – 13 B 1901/21.NE – juris Rn. 63 ff.).
III.
Durch die Entscheidung über die Popularklage hat sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erledigt.
IV.
Es ist angemessen, dem Antragsteller eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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