Medizinrecht

Verkehrssicherungspflicht bei Rodelbahn

Aktenzeichen  1 U 2293/18

Datum:
13.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2377
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 823

 

Leitsatz

1 Es kann kein allgemeiner Satz aufgestellt werden, dass Kinder ab 6 Jahren nicht in der Lage sind, die anspruchsvolle Strecke einer Naturrodelbahn zu befahren. Es ist eine Entscheidung der Eltern bzw. der Aufsichtspersonen, ob sie Kindern die Benutzung der Rodelbahn erlauben. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2 Letztendlich ist bei einer Naturrodelbahn mit scharfen Kurven ein Sicherheitsgrad, der Unfälle von vornherein ausschließt, nicht zu erreichen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3 Entscheidend ist, dass die Warnungen auf der Strecke vor der Kurve wie auch die Hinweise über den Schwierigkeitsgrad der Strecke in der Bewerbung der Bahn ausreichend sind und auch die Kurve grundsätzlich bei vorsichtiger und angemessener Fahrweise bewältigbar ist. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 U 2293/18 2018-11-30 Endurteil OLGMUENCHEN LG München II

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 7.6.2018, Az. 9 O 2933/16, wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Senatsbeschluss und das in Ziffer 1. genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 522 Abs. 2 S.2 ZPO Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 7.6.2018 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin der Beklagten weder unter vertraglichen noch unter deliktischen Gesichtspunkten eine Verletzung ihrer Pflicht, für verkehrssichere Verhältnisse auf der Rodelbahn zu sorgen, nachweisen konnte.
Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers.
Die Klägerin beantragt,
1.Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München II vom 7.6.2018 – Az. 9 O 2933/16 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 26.2.2016 zu zahlen. Die Höhe des Schmerzensgeldes wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, soll jedoch 96.000,00 € nicht unterschreiten.
2.Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München II vom 7.6.2018 – Az. 9 O 2933/16 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin einen Haushaltsführungsschaden von 5.508,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit bezahlen.
3.Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München II vom 7.6.2018 – Az. 9 O 2933/16 – wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus dem streitgegenständlichen Rodelunfall vom 13.3.2015 auf der Naturrodelbahn am W. zu bezahlen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
4.Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts München II vom 7.6.2018 – Az. 9 O 2933/16 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit bezahlen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 30.11.2018 dargelegt, dass er beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
B.
Die Voraussetzung für die Zurückverweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO sind erfüllt, weil das Rechtsmittel nach einstimmiger Auffassung des Senates eindeutig und offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
Die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.
1. Die Beklagte hat die Rodelbahn nicht ausdrücklich für Kinder ab 6 Jahren freigegeben, sondern dargestellt, dass die Rodelbahn zu den längsten, sportlichsten in Deutschland und durch ihre Länge und Neigung zu den anspruchsvolleren Bahnen gehört, die für Kleinkinder nicht geeignet ist. Es ist weiter zu beachten, dass bei Kindern es letztendlich eine Entscheidung der Eltern bzw. der Aufsichtspersonen ist, ob sie Kindern ab sechs Jahren die Benutzung der Rodelbahn erlauben. Es sei darauf verwiesen, dass auch sportliche Kinder im Alter von über 6 Jahren bereits über hinreichende Erfahrungen und Fähigkeiten verfügen können, um anspruchsvolle Rodelbahnen zu bewältigen. Es kann daher kein allgemeiner Satz aufgestellt werden, dass Kinder ab 6 Jahren nicht in der Lage sind, die anspruchsvolle Strecke zu befahren. Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, sind auch nach Bewertung des Senats die Hinweise über den Schwierigkeitsgrad der Strecke ausreichend.
Des Weiteren kann die Beklagte in besonderen Fällen die Rodelbahn bei ungeeigneten Witterungsverhältnissen schließen bzw. beispielsweise auch nur für bestimmte Altersgruppen sperren. Die Schlussfolgerung der Klägerin, dass auf das Sicherheitsbedürfnis von weniger erfahrenen Benutzern abgestellt werden muss, kann der Senat nicht teilen. Dies würde dem Charakter einer sportlich anspruchsvollen Naturrodelbahn zuwiderlaufen. Letztendlich ist bei einer Naturrodelbahn mit scharfen Kurven ein Sicherheitsgrad, der Unfälle von vornherein ausschließt, nicht zu erreichen. Es lagen auch keine Witterungsverhältnisse vor, die eine Schließung erforderlich gemacht hätte.
2. Der Senat ist in seinem Hinweisbeschluss nicht davon ausgegangen, dass die Klägerin den Auslauf erkannt hat. Insoweit die Klägerin nochmals die Beweiswürdigung des Landgerichts (hinsichtlich ihres sportlichen Ehrgeiz bzw. eines Wettrennen) angreift, ist anzumerken, dass diese Gesichtspunkte nicht entscheidend sind, da eine etwaige besonders unvorsichtige und unangemessene Fahrweise bei der Frage eines etwaigen Mitverschuldens zu berücksichtigen gewesen wären. Vorliegend kann jedoch bereits keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten festgestellt werden. Entscheidend ist, dass, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, aufgrund des Unfalles der Klägerin kein Rückschluss gezogen werden kann, dass die Rodelbahn unzureichend präpariert war oder an diesem Tag die Bahn nicht geöffnet werden durfte. Im Übrigen hat die Klägerin in ihrer Anhörung vor dem Landgericht selbst vom sportlichen Ehrgeiz gesprochen und der Zeuge O. hat ausgesagt, dass vor dem Unfall ihn die Klägerin vorfahren lassen habe, weil er weniger Erfahrung gehabt habe und sie ihn dann ihn dann immer wieder eingeholt habe. Ob man dies als eine Art Wettrennen bezeichnet kann, mag dahingestellt sein, der Aussage kann jedoch entnommen werden, dass die Klägerin schneller als der Zeuge gefahren sein muss.
3. Einer Einvernahme des Zeugen D. bedurfte es nicht, da unterstellt werden kann, dass an dieser wohl gefährlichsten Passage der Bahn auch hin und wieder Unfälle passieren. Entscheidend ist, dass auch nach Bewertung des Senats die Warnungen auf der Strecke vor der Kurve wie auch die Hinweise in der Bewerbung der Bahn ausreichend sind und auch die Kurve grundsätzlich bei vorsichtiger und angemessener Fahrweise bewältigbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr.10 S. 2; 711 ZPO.


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