Medizinrecht

Wasserrechtliche Erlaubnis zum Kiesabbau

Aktenzeichen  8 ZB 14.2628

Datum:
7.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 43648
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWG Art. 63 Abs. 3 S. 1, S. 2
VwGO § 86 Abs. 1

 

Leitsatz

Amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts kommt eine besondere Bedeutung zu. Sie haben grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten (vgl. BayVGH BeckRS 2001, 29170). Ein Tatsachengericht kann sich ohne einen Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht grundsätzlich auch auf gutachtliche Stellungnahmen anderer Behörden stützen, und zwar auch dann, wenn sie von der federführenden Behörde bereits im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden (vgl. BayVGH BayVBl 2008, 21/22 mwN) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 3 K 14.141 2014-10-21 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt unter Aufhebung eines ablehnenden Bescheids des Landratsamts vom 7. Januar 2014 eine wasserrechtliche Erlaubnis für den Abbau von Kies. Die betroffenen Grundstücke liegen in der weiteren Schutzzone III B eines Wasserschutzgebiets für die öffentliche Wasserversorgung der Stadt M… (Verordnung vom 4.12.2001).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Oktober 2014 abgewiesen. Der Kiesabbau sei nicht zulässig, weil – wie das zuständige Wasserwirtschaftsamt ausgeführt habe – auch durch Nebenbestimmungen nicht vermeidbare oder nicht ausgleichbare Gewässerveränderungen im Sinn des § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG 2010 zu erwarten seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO liegen nicht vor.
1. Fehlerhaft rügt die Klägerin, das Ersturteil vom 21. Oktober 2014 sei unzutreffend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Die Klägerin zieht in sehr ausführlicher Weise die Rechtsprechung des Senats in Zweifel, wonach ein gesetzlicher Bewertungsvorrang der Fachbehörde Wasserwirtschaftsamt (vgl. Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG 2010) gegenüber ihren nicht auf sachverständige hydrologische Untersuchungen gestützten Angriffen im Klagevorbringen besteht. Dieses klägerische Vorbringen, das nur aus Behauptungen tatsächlicher und rechtlicher Art besteht, aber eben nicht auf konkrete hydrologische Gutachten gestützt ist, ist von vorneherein nicht geeignet, die Rechtsprechung des Senats, der das Erstgericht gefolgt ist, in Zweifel zu ziehen. Für eine Beweiserhebung nach § 86 Abs. 1 VwGO auf solche – im Ergebnis unsubstanziierte – Behauptungen hin ist kein Raum. Vielmehr verweist der Senat nach § 130b Satz 2 VwGO auf die sachlich und rechtlich zutreffende Entscheidung des Erstgerichts.
Ergänzend fasst der Senat seine zahlreichst vertretene und bestätigte Rechtsprechung nochmals zusammen (vgl. etwa BayVGH, B. v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – BayVBl 2012, 47/48 m. w. N.):
„Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH vom 26.7.2000 BayVBl 2002, 2829; vom 7.10.2001 BayVBl 2003, 753; vom 14.2.2005 BayVBl 2005, 726/727; vom 15.11.2010 Az. 8 CS 10.2078 ‹juris›). Weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten (vgl. BayVGH vom 26.4.2001 Az. 22 ZB 01.863 ‹juris›). In der Rechtsprechung ist außerdem geklärt, dass sich ein Tatsachengericht ohne einen Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht grundsätzlich auch auf gutachtliche Stellungnahmen anderer Behörden stützen kann, und zwar auch dann, wenn sie von der federführenden Behörde bereits im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden (vgl. BayVGH vom 26.2.2007 BayVBl 2008, 21/22 m. w. N.) Die Notwendigkeit einer Abweichung und eventuellen Einholung weiterer Gutachten zur Aufhellung des Sachverhalts ist lediglich dann geboten, wenn sich dem Erstgericht der Eindruck aufdrängen muss, dass das Gutachten des Wasserwirtschaftsamts unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Gutachter über neuere oder überlegenere Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substanziierte Einwände der Beteiligten ernsthaft infrage gestellt erscheinen (vgl. BVerwG vom 6.2.1985 BVerwGE 71, 38; vom 26.6.1992 Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89; vom 23.2.1994 BayVBl 1994, 444/445).“
b) Die für die Klägerin abschlägige Entscheidung kann auch nicht dadurch infrage gestellt werden, dass sie in ihrem Schriftsatz vom 29. Dezember 2014 S. 7 behauptet, eine im Oktober 2014 gefertigte Stellungnahme des H… … … … … belege im Ergebnis, dass durch den Kiesabbau eine wesentliche Minderung der Schutzfunktion der Decksicht des Wasserschutzgebiets nicht hervorgerufen werde.
aa) Die behauptete Stellungnahme des genannten Instituts hat die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht vorgelegt. Die nachrichtliche Wiedergabe eines Auszugs des behaupteten Inhalts ist schon deshalb wertlos. Zudem wird ausgeführt, die Studie belege „im Ergebnis“ die Auffassung der Klägerin. Dies stellt eine Wertung der Klägerin nichtsachverständiger Art dar, der der Bewertungsvorrang des Wasserwirtschaftsamts nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG entgegensteht.
Demgegenüber stellen die wiederholten fachlichen Äußerungen des Wasserwirtschaftsamts eine konkrete fallbezogene Bewertung der wasserwirtschaftlichen und wasserrechtlichen Lage in Bezug auf die in Aussicht genommenen Kiesabbauflächen dar. Dass die erste Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts vom 16. Juli 2004 datiert, ist dabei unschädlich; es ist nicht ersichtlich, weshalb sich die hydrologische Situation seither entscheidend geändert haben sollte. Die Bedenken gegen einen Kiestrockenabbau im Schutzgebiet werden dort deutlich formuliert. Diese gutachtliche Äußerung ist im Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 29. Juli 2014 aufrechterhalten worden; dabei wurde nochmals die Entfernung schützender Deckschichten als besorgniserregend für den Grundwasserschutz bewertet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht am 21. Oktober 2014 haben die Vertreter des Wasserwirtschaftsamts diese Bewertung erneut bestätigt (Niederschrift S. 2). Für eine fehlerhafte (z. B. widersprüchliche, unvollständige oder parteiliche) Bewertung der Fachbehörde Wasserwirtschaftsamt mit der Folge einer Beweiserhebungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO besteht danach kein Raum.
bb) Soweit die Klägerseite einen Vergleich zu einer in näherer Umgebung befindlichen Zone III B eines Wasserschutzgebiets der W… … ziehen will, in der Kiesabbau unter Auflagen zugelassen ist, hat das Erstgericht überzeugend dargelegt, dass das streitbefangene Wasserschutzgebiet (Verordnung vom 4.12.2001) und das Wasserschutzgebiet der W… … insoweit nicht vergleichbar sind (UA S. 8). Hierauf wird verwiesen (§ 130b Satz 2 VwGO).
Soweit im Übrigen das Verbot von Aufschlüssen und Veränderungen der Erdoberfläche in § 3 Abs. 1 Nr. 2.1 der Schutzverordnung vom 4. Dezember 2001 unter Berufung auf das Vorranggebiet für Kiesabbau im Regionalplan der Region D…-… vom 29. Juni 2006 angegriffen werden soll, dürfte der Regionalplan übrigens insoweit wegen nicht hinreichender Berücksichtigung der wasserwirtschaftlichen Belange (teil)nichtig sein (vgl. Art. 6 Abs. 2 Nr. 7 BayLplG).
2. Auch die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 2, 3 und 5 VwGO (tatsächliche und/oder rechtliche Schwierigkeiten, grundsätzliche Bedeutung, Verfahrensfehler) sind nicht gegeben.
Aus obigen Darlegungen ergibt sich, dass es sich bei dem Zulassungsbegehren um einen ergebnislosen Versuch handeln muss, die langjährige ständige Rechtsprechung des Senats (s.o.) infrage zu stellen. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird dadurch aber nicht ersichtlich. Die Sachlage ist auch nicht komplex; das Begehren scheitert vielmehr am Bewertungsvorrang der Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG 2010. Eine Beweiserhebung nach § 86 Abs. 1 VwGO war im Hinblick auf die eindeutigen fachlichen Aussagen des Wasserwirtschaftsamts nicht veranlasst.
Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwertfestsetzung: § 47, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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