Medizinrecht

Widerruf der Approbation als Arzt, Sofortvollzug, Unzuverlässigkeit, Nichteinhaltung infektions- und hygienerechtlicher Vorschriften, Verstöße gegen behördliche Anordnungen, Verstöße gegen Betäubungsmittelgesetz

Aktenzeichen  M 16 S 19.5785

Datum:
23.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30632
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BÄO § 3 Abs. 1
BÄO § 5 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den Widerruf seiner Approbation als Arzt und die Rückforderung seiner Approbationsurkunde gerichteten Klage.
Der Antragsteller erhielt am 3. Juli 2007 die Approbation als Arzt und war seit 1. September 2018 in seiner Privatpraxis am … in … als Facharzt für plastische und ästhetische Medizin tätig.
Die Praxis wurde aufgrund von Patientenbeschwerden nach vorheriger Ankündigung am 17. April 2019 und 25. April 2019 durch das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München sowie das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von Oberbayern überprüft. Dabei stellte das Referat für Gesundheit und Umwelt fest, dass hinsichtlich der Praxis, die als Einrichtung der Kategorie C gemeldet wurde, in der der Antragsteller aber auch Eingriffe der Kategorien A und B durchführte, bauliche Mängel, Umstände unzureichender Patientensicherheit, Verstöße gegen die Bayerische Medizinhygieneverordnung (MedHygV) sowie schwerwiegende Hygienemängel vorlägen. Das Referat für Gesundheit und Umwelt forderte den Antragsteller mit Schreiben vom 6. Mai 2019 zur Umsetzung von Maßnahmen im Hinblick auf die baulichfunktionelle Situation (u.a. Personalschleuse, Aufwachraum, Trennung von Rein- und Unreinzonen, raumlufttechnische Anlage), Aspekte der Patientensicherheit (u.a. Sicherstellung des Facharztstandards Anästhesie bei Durchführung von Sedierungen), Vorgaben der Medizinhygieneverordnung (u.a. Betreuung durch Krankenhaushygieniker und Hygienefachkraft), die Medizinprodukteaufbereitung sowie den Umgang mit Arzneimitteln auf und gab dem Antragsteller im Hinblick auf eine beabsichtigte Anordnung Gelegenheit zur Stellungnahme.
Am 1. Oktober 2019 erfolgte nach vorheriger Ankündigung eine weitere Praxisbegehung durch das Referat für Umwelt und Gesundheit, das Gewerbeaufsichtsamt sowie die Polizei. Das Gewerbeaufsichtsamt untersagte mündlich ab sofort die Anwendung von in der praxiseigenen Sterilgutaufbereitung aufbereiteten kritischen Medizinprodukten, da gravierende Mängel in der Medizinprodukteaufbereitung bestünden. Das Referat für Gesundheit und Umwelt versiegelte den Eingriffsraum. Des Weiteren untersagte das Referat für Gesundheit und Umwelt dem Antragsteller durch mündliche Anordnung die weitere Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr, da Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz vorlägen.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 2019 bestätigte das Gewerbeaufsichtsamt die mündliche Anordnung vom 1. Oktober 2019 der Untersagung der Anwendung von in der praxiseigenen Sterilgutaufbereitung aufbereiteten kritischen Medizinprodukten. Die sofortige Vollziehbarkeit wurde angeordnet. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, bei der Überprüfung der Praxis am 1. Oktober 2019 seien bei wieder aufbereiteten Medizinprodukten grobe Verschmutzungen und stark anhaftende Verunreinigungen festgestellt worden. Zudem fehle der Nachweis einer Validierung der Geräte.
Am 8. Oktober 2019 ließ der Antragsteller über seinen Rechtsanwalt unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung der Putzkraft Herrn K. mitteilen, seine Putzkraft habe versehentlich am 3. Oktober 2019 das Siegel gebrochen. Nachdem das Referat für Umwelt und Gesundheit das Siegel in seiner Anwesenheit erneut angebracht hat, teilte der Antragsteller dem Referat für Gesundheit und Umwelt am 16. Oktober 2019 mit, er habe ein im Eingriffsraum befindliches Gerät an seinen Medizinproduktehändler zurückgeben müssen und deshalb das Siegel gebrochen. Das Referat für Gesundheit und Umwelt stellte am 22. Oktober 2019 Strafanzeige wegen Siegelbruchs.
Am 10. Oktober 2019 wurde dem Antragsteller auf der Grundlage eines Beschlusses des Amtsgerichts vom 4. Oktober 2019 eine Haar-, Blut- und Urinprobe entnommen. Nach vorläufigem Befund vom 11. Oktober 2019 erfolgte die Auswertung der Haarprobe mit Gutachten vom 27. November 2019 und die Auswertung der Blut- und Urinprobe mit Gutachten vom 6. Dezember 2019.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2019 bestätigte das Referat für Gesundheit und Umwelt die mündliche Anordnung vom 1. Oktober 2019, wonach der Eingriffsraum der Praxis des Antragstellers versiegelt bleibt, bis näher bezeichnete Maßnahmen umgesetzt bzw. Unterlagen vorgelegt und vom Referat für Gesundheit und Umwelt überprüft wurden. Dies sei zur Verhütung und zur Abwehr einer drohenden Gefahr erforderlich. Zudem wurde dem Antragsteller ab sofort untersagt, in seiner Praxis Operationen der Kategorien A und B durchzuführen. Des Weiteren wurden dem Antragsteller Vorgaben als Voraussetzung für die Durchführung von Operationen der Kategorien A und B sowie hinsichtlich des Einbringens von Brustimplantaten, der Anwendung von Sedativa, Analgosedierungen bzw. anderer Narkoseverfahren und des Hygienemanagements gemacht. Auch wurde er verpflichtet, näher bezeichnete Hygienemängel bzw. hygienische Beanstandungen zu beseitigen und näher genannte Vorgaben einzuhalten sowie Nachweise im Bereich der technischen Ausstattung vorzulegen. Soweit die Anordnungen nicht kraft Gesetzes sofort vollziehbar sind, wurde der Sofortvollzug angeordnet. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen M 26a K 19.5730 geführt wird und über die noch nicht entschieden ist.
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2019 bat das Referat für Gesundheit und Umwelt die Regierung von Oberbayern um Prüfung des Ruhens oder des Widerrufs der Approbation des Antragstellers, da aufgrund der festgestellten Hygienemängel, der festgestellten Defizite in der peri- und postoperativ sicheren Betreuung seiner Patienten, des persönlichen gesundheitlichen Zustands des Antragstellers sowie seines an den Tag gelegten Verhaltens erhebliche und begründete Zweifel bestünden, dass der Antragsteller derzeit die Anforderungen des ärztlichen Berufs, nämlich eine fachlich qualifizierte und verantwortungsbewusste Patientenbehandlung, gewährleisten könne.
Am 23. Oktober 2019 teilte die Staatsanwaltschaft der Regierung von Oberbayern mit, aufgrund zahlreicher Beschwerden und Anzeigen sei ein Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Körperverletzung eingeleitet worden. Die Ermittlungsakte wurde der Regierung von Oberbayern am 24. Oktober 2019 übersandt.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 2019 bestätigte das Referat für Gesundheit und Umwelt die mündliche Anordnung vom 1. Oktober 2019, wonach dem Antragsteller die weitere Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr untersagt ist. Der Sofortvollzug wurde angeordnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der vorliegenden Verstöße liege eine massive Gefährdung der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch den Antragsteller vor. Alle vorgefundenen an Patienten ausgestellte Betäubungsmittelverschreibungen müssten mangels eines entsprechenden Hinweises in der Patientendokumentation als ärztlich unbegründet gewertet werden. Zudem sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller Betäubungsmittel konsumiere und unter deren Einfluss auch der ärztlichen Tätigkeit nachgehe, so dass von einer massiven Patientengefährdung ausgegangen werden könne. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller Klage erhoben und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt, die unter den Aktenzeichen M 26b K 19.5963 und M 26b S 19.5964 geführt werden und über die noch nicht entschieden ist.
Am 29. Oktober 2019 erfolgte eine unangemeldete Begehung der Praxis durch das Referat für Gesundheit und Umwelt, das Gewerbeaufsichtsamt und die Polizei. Dabei wurde eine Patientin vorgefunden, die nach einem am Vortag stattgefundenen Eingriff unter Überwachung der Praxisangestellten Frau K., bei der es sich um eine Rechtsanwaltsfachangestellte handele, in der Praxis übernachtet hatte. Die Patientin wurde zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht. Gegenüber der Polizei erklärte der untersuchende Arzt im Krankenhaus, aufgrund der Schnittführung, der Blutmenge an den Verbänden sowie der im Operationsgebiet eingelegten Drainagen gehe er davon aus, dass bei der Patientin ein Facelift als Eingriff der Kategorie B durchgeführt worden sei. Des Weiteren seien nach den Feststellungen des Referats für Umwelt und Gesundheit sowie des Gewerbeaufsichtsamts in der Praxis blutige OP-Instrumente im Waschbecken und blutige Einmalskalpelle im Abwurfbehältnis gefunden worden, das Reinigungs-Desinfektionsgerät und der Sterilisator seien in Betrieb gewesen. Gegen die mit Schreiben des Gewerbeaufsichtsamts vom 30. Oktober 2019 erfolgte Fälligstellung des mit Bescheid vom 7. Oktober 2019 angedrohten Zwangsgeldes hat der Antragsteller Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt, die unter den Aktenzeichen M 26a K 19.6014 und M 26a E 19.6015 geführt werden und über die noch nicht entschieden ist.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 30. Oktober 2019 widerrief die Regierung von Oberbayern die Approbation des Antragstellers als Arzt (Nummer 1), verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,- Euro (Nummer 4) zur Rückgabe der Approbationsurkunde mit sämtlichen in seinem Besitz befindlichen Ablichtungen (Nummer 2) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nummern 1 und 2 an (Nummer 3). Die Kosten des Verwaltungsverfahrens in Höhe von 403,67 Euro wurden dem Antragsteller auferlegt (Nummer 5 und 6). Zur Begründung des Bescheids führt die Regierung von Oberbayern im Wesentlichen aus, der Antragsteller biete nicht die notwendige Gewähr dafür, dass er den Beruf als Arzt künftig den bestehenden Regelungen entsprechend ausübe und verfüge daher nicht über die notwendige Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Dies ergebe sich aus den Feststellungen des Referats für Gesundheit und Umwelt und des Gewerbeaufsichtsamts sowie aus dem anhängigen Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung. Zudem lägen dringende Hinweise auf eine Betäubungsmittelabhängigkeit des Antragstellers vor. Der Widerruf der Approbation sei trotz der existenziellen Folgen für den Antragsteller verhältnismäßig. Die Anordnung der Rückgabe der Approbationsurkunde stütze sich auf Art. 52 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG).
Von einer Anhörung habe gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das Verhalten des Antragstellers im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs die Rechtsgüter Leben und Gesundheit seiner Patienten bedrohe und eine erhebliche Patientengefährdung darstelle. Der Sicherheit der Patienten sei in Abwägung mit seinem Recht auf Ausübung seines Arztberufs Vorrang einzuräumen, zumal der Antragsteller ohne Rücksicht auf das Wohl der Patienten wiederholt und nachhaltig gegen gesetzliche Vorgaben und vollziehbare verwaltungsrechtliche Verfügungen verstoßen habe. Da nicht zu erwarten sei, dass sich der Antragsteller in Zukunft an die für die gewissenhafte Ausübung des Arztberufs einzuhaltenden Vorgaben halten werde, bestehe zum Schutz der Patienten ein öffentliches Interesse daran, dass er bereits vor Bestandskraft des Widerrufs der Approbation nicht mehr ärztlich tätig werden könne.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20. November 2019, bei Gericht eingegangen am selben Tag, ließ der Antragsteller Klage erheben und beantragen, den Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 30. Oktober 2019 aufzuheben. Das Klageverfahren, über das noch nicht entschieden ist, wird unter dem Aktenzeichen M 16 K 19.5784 geführt.
Zugleich ließ der Antragsteller im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
Zur Begründung von Klage und Eilantrag führt der Bevollmächtigte des Antragstellers im Wesentlichen aus, der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, da eine Anhörung des Antragstellers unterblieben sei und die Voraussetzungen für das Absehen von der Anhörung nicht vorgelegen hätten. Zudem lägen die Voraussetzungen für einen Widerruf der Approbation nicht vor. Das laufende Ermittlungsverfahren begründe die Unzuverlässigkeit nicht, vielmehr gelte die Unschuldsvermutung. Auch sei im Falle eines Ermittlungsverfahrens eine Anordnung des Ruhens der Approbation nach § 6 Bundesärzteordnung (BÄO) vorrangig. Auch die im Bescheid genannten Hinweise auf eine etwaige Betäubungsmittelabhängigkeit des Antragstellers würden eine Unzuverlässigkeit nicht begründen. Ein Nachweis für eine Betäubungsmittelabhängigkeit liege nicht vor. Zudem würde eine solche lediglich Zweifel an der gesundheitlichen Eignung begründen, so dass allenfalls die Anordnung eines Ruhens der Approbation nach § 6 BÄO in Betracht käme. Die behaupteten Beanstandungen und Verstöße gegen Anordnungen des Referats für Gesundheit und Umwelt sowie des Gewerbeaufsichtsamts würden den Widerruf der Approbation nicht tragen. Der Antragsteller habe die Auflagen des Referats für Gesundheit und Umwelt sowie des Gewerbeaufsichtsamts erfüllt und insbesondere nicht gegen die Untersagungsanordnungen bzgl. Operationen der Kategorien A und B sowie der praxisinternen Sterilgutaufbereitung verstoßen. So habe er ab 1. Oktober 2019 Eingriffe der Kategorien A und B ausschließlich in externen Kliniken durchgeführt. Bei der am 28. Oktober 2019 behandelten Patientin sei zwar ursprünglich ein Facelift vorgesehen gewesen, in Befolgung der Untersagungsverfügung habe er aber lediglich einen kleinen Eingriff der Kategorie C mit geringfügiger Sedierung durchgeführt. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei rechtswidrig. So seien keine Tatsachen festgestellt worden, aus denen auf eine konkrete Gefahr für Patienten geschlossen werden könne. Angesichts der hohen Erfolgsaussichten der Klage hätten die Nachteile für die Allgemeinheit bei einer Interessenabwägung zurückzutreten.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt die Regierung von Oberbayern im Wesentlichen aus, der Polizei seien inzwischen 55 Geschädigte bekannt, die zum Teil von massiven körperlichen Einschränkungen bzw. Gesundheitsschäden im Anschluss an Operationen durch den Antragsteller berichteten. Aus den vorliegenden Gutachten zu den Haar-, Blut- und Urinproben des Antragstellers könne ein Rückschluss auf den Konsum von Betäubungsmitteln und Medikamenten gezogen werden. Die hierdurch bedingten Einwirkungen auf das zentrale Nervensystem würden in der Berufsausübung mit einer Gefährdung der Patientensicherheit einhergehen. Die Berichte der Praxisüberprüfungen und der Inhalt der Anordnungen des Referats für Gesundheit und Umwelt sowie des Gewerbeaufsichtsamts würden in nachvollziehbarer Weise die Missstände in der Praxis sowie der Arbeitsweise des Antragstellers dokumentieren. Eine vorherige Anhörung habe unterbleiben können, da angesichts der konkreten Gefahr für Patienten ein sofortiges Einschreiten unabdingbar gewesen sei.
Das Gericht hat am 7. September 2020 zur Sache mündlich verhandelt. Die Beteiligten verzichteten auf eine weitere mündliche Verhandlung.
Mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 bat das Gericht die Beteiligten sowie das Referat für Gesundheit und Umwelt um Auskunft und Vorlage von Unterlagen zu Fragen hinsichtlich der Anzeige nach § 14 Abs. 1 Satz 3 MedHygV, einzelner infektionshygienischer Anforderungen, der Sterilgutaufbereitung sowie der am 28. Oktober 2019 erfolgten Behandlung einer Patientin. Diese wurden mit Schreiben des Antragsgegners vom 12. Januar 2021 und des Referats für Umwelt und Gesundheit vom 20. Januar 2021 beantwortet, der Bevollmächtigte des Antragstellers nahm mit Schriftsatz vom 12. Februar 2021 hierzu Stellung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 16 K 19.5784, und die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. September 2020 Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 30. Oktober 2019 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, ganz oder teilweise wiederherstellen und in Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO entfällt, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall. Gegenstand dieser Abwägung sind einerseits das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs und andererseits das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts. Im Rahmen der Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte Bedeutung erlangen, insbesondere, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Offensichtlich sind die Erfolgsaussichten, wenn das beschließende Gericht im Eilverfahren meint, bereits mit hinreichender Sicherheit den Ausgang in der Hauptsache, also vorrangig seine eigene Entscheidung, prognostizieren zu können (vgl. Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren, 7. Auflage 2017, Rn. 968 m.w.N). Bei offener Erfolgsprognose ist eine (reine) Interessenabwägung durchzuführen, bei der die überschaubaren Erfolgsaussichten in der Hauptsache gleichwohl mit einbezogen werden (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Februar 2021, § 80 Rn. 372 ff. m.w.N.). Auch dann, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig erweist, bedarf es in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse von der Behörde im Einzelfall nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde, eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses, das gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO von der Behörde schriftlich zu begründen ist. In materieller Hinsicht setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Approbation sowie der Rückforderung der Approbationsurkunde im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) weiter voraus, dass die Fortsetzung der ärztlichen Tätigkeit während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 8.4.2010 – 1 BvR 2709/09 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben begegnen weder der Widerruf der Approbation und die Rückforderung der Approbationsurkunde noch die Anordnung zu deren sofortiger Vollziehbarkeit Bedenken. Die Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Auch hinsichtlich der sofortigen Vollziehbarkeit der Zwangsgeldandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
1. Die in Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Approbation und der Rückforderung der Approbationsurkunde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO genügt den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
Die Regierung von Oberbayern hat die Anordnung des Sofortvollzugs mit dem öffentlichen Interesse des Schutzes von Leben und Gesundheit der Patienten begründet und ausgeführt, dass aufgrund des wiederholten und nachhaltigen Verstoßes seitens des Antragstellers gegen gesetzliche Vorgaben und vollziehbare verwaltungsrechtliche Verfügungen im Falle einer weiteren Ausübung des Arztberufs die Gefahr einer erheblichen Patientengefährdung bestehe. Aus dieser nicht bloß formelhaften Begründung ergibt sich, dass die Regierung von Oberbayern den Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung erkannt hat, sowie aus welchen Gründen sie im konkreten Einzelfall dem Vollzugsinteresse den Vorrang eingeräumt hat.
2. Nach Auffassung des Gerichts ist im Rahmen der Prüfung der Sach- und Rechts lage davon auszugehen, dass der in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Widerruf der Approbation des Antragstellers als Arzt offensichtlich rechtmäßig ist.
a) Der Widerruf der Approbation ist formell rechtmäßig ergangen. Von einer Anhö rung des Antragstellers vor Erlass des Bescheides konnte die Regierung von Oberbayern gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG absehen, weil eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug notwendig und eine Anhörung daher nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten war.
Die Anwendung des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG durch die Verwaltungsbehörde unterliegt hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffs „Gefahr im Verzug“ in vollem Umfang der gerichtlichen Nachprüfung. Dabei ist vom Gericht aus einer exante-Sicht zu beurteilen, ob bei Erlass des Verwaltungsakts Gefahr im Verzug vorgelegen hat. Für diese rechtliche Beurteilung ist der objektiven Notwendigkeit zu einer sofortigen Entscheidung der Fall gleichzuerachten, dass die Behörde aufgrund der ihr bekannt gewordenen konkreten Tatsachen eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte. Im Hinblick auf den mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck ist eine solche Gefahr dann anzunehmen, wenn durch eine vorherige Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust einträte, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass die durch den Verwaltungsakt zu treffende Regelung zu spät käme, um ihren Zweck noch zu erreichen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1983 – 3 C 27.82 – juris Rn. 55 f.).
Im vorliegenden Fall durfte die Regierung von Oberbayern davon ausgehen, dass aufgrund der festgestellten Pflichtverletzungen des Antragstellers, wie sie nachfolgend unter 2. b) ausführlich dargestellt werden, selbst bei Gewährung einer kürzestmöglichen Anhörungsfrist eine konkrete Gefahr für die Gesundheit der in diesem Zeitraum vom Antragsteller behandelten Patienten bestand.
b) Die Voraussetzungen für einen Widerruf der Approbation des Antragstellers lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses vor. Rechtsgrundlage für den Widerruf der Approbation ist § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO. Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist, d.h. wenn sich der Betroffene eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet nicht, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Die Lebensführung und berufliche Entwicklung des Betroffenen nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens sind vielmehr in einem Verfahren auf Wiedererteilung der Approbation zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2011 – 3 B 6.11 – juris Rn. 9). Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen auch veränderte Umstände zu berücksichtigen sind, bezieht sich dies auf die Feststellung des Tatbestandsmerkmals der Unwürdigkeit (vgl. BVerfG, E.v. 8.9.2017 – 1 BvR 1657/17 – juris Rn. 14).
Bei dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Merkmal der Unzuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Behörde weder einen Beurteilungs- noch einen Ermessensspielraum eröffnet. Unzuverlässig im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO ist, wer aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf als Arzt ordnungsgemäß ausüben wird. Dies ist zu bejahen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Arzt werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt. Für diese Prognose kommt es darauf an, ob der Betreffende nach den gesamten Umständen des Falls willens bzw. in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Maßgeblich ist dafür die jeweilige Situation des Arztes im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung sowie sein vor allem durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Ausschlaggebend für die Prognose der Zuverlässigkeit ist somit die Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Arztes und seiner Lebensumstände auf der Grundlage der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2010 – 3 B 61.10 – juris Rn. 5; BVerwG, U.v. 28.4.2010 – 3 C 22.09 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 28.3.2007 – 21 B 04.3153 – juris Rn. 21).
Dies zugrunde gelegt ist die Regierung von Oberbayern zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragssteller aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er den Beruf des Arztes künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Er ist nicht willens oder nicht in der Lage, seine beruflichen Pflichten künftig zuverlässig zu erfüllen, die sich insbesondere aus § 1 Abs. 1 BÄO ergeben, wonach der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes dient. Diese negative Prognose rechtfertigt sich aus den im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Tatsachen sowohl im Hinblick auf die festgestellten Pflichtverstöße des Antragstellers in Bezug auf Hygiene, Infektionsprävention und Patientensicherheit (nachfolgend aa), wobei erschwerend die aus dem Verhalten des Antragstellers ersichtliche Missachtung behördlicher Anordnungen, die zum Schutz der Patienten ergangen sind, hinzukommt (nachfolgend bb). Unabhängig davon rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Antragstellers selbständig tragend auch aus den im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Verstößen des Antragstellers gegen das Betäubungsmittelgesetz (nachfolgend cc), wobei der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bestehende Missbrauch von Medikamenten und Betäubungsmitteln durch den Antragsteller erschwerend hinzukommt (nachfolgend dd). Auch die Vielzahl der von Patienten des Antragstellers gestellten Strafanträge wegen des Verdachts der Körperverletzung spricht indiziell gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers (nachfolgend ee).
aa) Der Antragsteller hat beim Betrieb seiner Praxis gegen seine beruflichen Pflichten in Bezug auf Hygiene, Infektionsprävention und Patientensicherheit verstoßen und dadurch die Gesundheit seiner Patienten gefährdet, obwohl er durch die Beanstandungen des Referats für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München und des Gewerbeaufsichtsamts der Regierung von Oberbayern anlässlich der Praxisbegehungen im April 2019 hierauf hingewiesen wurde. Dabei sind die seitens des Referats für Gesundheit und Umwelt und des Gewerbeaufsichtsamts festgestellten Mängel in Bezug auf Hygiene, Infektionsprävention und Patientensicherheit so gravierend, dass allein deshalb von einer Unzuverlässigkeit des Antragstellers ausgegangen werden muss. Der Antragsteller hat während eines beträchtlichen Zeitraums in erheblichem Maße gegen grundlegende Verhaltensanforderungen verstoßen, die der Sicherheit der Patienten und ihrem Schutz vor Gesundheitsgefahren dienen. Ein Arzt, der derartige Mängel in Bezug auf Hygiene, Infektionsprävention und Patientensicherheit in seinen Praxisräumen duldet und dort Patienten behandelt sowie Operationen durchführt, hält sich offensichtlich nicht an seine berufsspezifischen Pflichten, wie sie sich unter anderem aus der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (BO), der Verordnung zur Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (MedHygV) sowie der Verordnung über das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten (MPBetreibV) ergeben. Dies offenbart eine Sorglosigkeit hinsichtlich der damit für seine Patienten einhergehenden gesundheitlichen Risiken, die für die Zukunft keine alsbaldige Verhaltensänderung erwarten lässt. Vielmehr lässt dies den Schluss zu, dass er auch künftig nicht willens oder nicht in der Lage ist, diese oder etwaige andere Mängel und Pflichtverstöße in Bezug auf Hygiene, Infektionsprävention und Patientensicherheit zu ermitteln und zu beseitigen oder zu vermeiden. Dies gilt umso mehr, als auch die Erläuterung der festgestellten Mängel durch das Referat für Umwelt und Gesundheit sowie das Gewerbeaufsichtsamt bei der erneuten Praxisbegehung am 1. Oktober 2019 den Antragsteller nicht zu einem Umdenken bewegen konnte. Aus der großen Zahl der durch das Referat für Umwelt und Gesundheit sowie das Gewerbeaufsichtsamt festgestellten Beanstandungen und Mängel sind insbesondere folgende Pflichtverstöße hervorzuheben: 37 (1) So hat der Antragsteller in einer die Gesundheit seiner Patienten gefährdenden Weise seine Berufspflichten verletzt, indem er bei der Durchführung und Überwachung von Analgosedierungen kein qualifiziertes Assistenzpersonal eingesetzt hat und damit den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse unbeachtet ließ.
Gemäß § 2 Abs. 2 BO hat der Arzt seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm bei seiner Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Eine gewissenhafte Ausübung des Berufs erfordert nach § 2 Abs. 3 BO insbesondere die notwendige fachliche Qualifikation und die Beachtung des anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse. Der anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse ergibt sich für den Bereich der Analgosedierung für diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei Erwachsenen aus dem gleichnamigen Beschluss der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten vom 11. November 2009 / 11. März 2010 (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2016 – 21 CS 16.752 – juris Rn. 51). Danach ist bei allen Analgosedierungen wegen möglicher Komplikationen bis hin zu der Gefahr lebensbedrohlicher Verläufe neben dem behandelnden Arzt eine weitere entsprechend qualifizierte, nicht in die Durchführung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen involvierte Person erforderlich, deren einzige Aufgabe die Durchführung und Überwachung des Analgosedierungsverfahrens ist. Bis zu moderaten Analgosedierungen kann diese Überwachung durch hierfür qualifiziertes nichtärztliches Personal im Zuge der Delegation erfolgen. Der die diagnostische Maßnahme durchführende Arzt verantwortet dann nicht nur den Eingriff, sondern auch die Analgosedierung einschließlich deren Überwachung und gegebenenfalls die Wiederherstellung vitaler Funktionen. Tiefe Analgosedierungen erfordern für die Durchführung und Überwachung der Analogosedierung einen weiteren entsprechend qualifizierten Arzt, der keine anderen Aufgaben wahrnehmen darf und für die Analgosedierung die volle Verantwortung trägt. Wird die Durchführung und Überwachung der Analogosedierung an nichtärztliches Personal delegiert, dann muss dieses über eine Aus- bzw. Weiterbildung (Schulung) in Theorie und Praxis der Analgosedierung einschließlich der Erkennung möglicher Komplikationen verfügen. Von den erforderlichen Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten kann in der Regel bei Gesundheitspflegerinnen und -pflegern mit Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie ausgegangen werden (Analgosedierung für diagnostische und therapeutische Maßnahmen bei Erwachsenen, Entschließung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten, Anästhesiologie & Intensivmedizin 2010, S. 598, 600 f.).
Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen, obwohl das Referat für Umwelt und Gesundheit ihn mit Schreiben vom 6. Mai 2019 (Bl. 16 ff. der Behördenakte) auf diese Verpflichtung hingewiesen hat und ihm mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 17. Oktober 2019 (Bl. 74 ff. der Behördenakte) bei der Anwendung von Sedativa sowie bei der Durchführung von Analgosedierungen und anderer üblicher Narkoseverfahren die Durchführung ausschließlich in Zusammenarbeit mit fachlich qualifiziertem Personal (Facharztstandard Anästhesiologie) bzw. qualifiziertem Assistenzpersonal, keinesfalls in Personalunion mit dem Operateur, aufgegeben hat. Vielmehr setzte der Antragsteller nach eigenen Angaben bei einer am 28. Oktober 2019 durchgeführten Analgosedierung seine Praxisangestellte Frau M. als Assistenzperson ein, obwohl diese hierfür nicht entsprechend qualifiziert war. Ausweislich des polizeilichen Aktenvermerks vom 30. Oktober 2019 (Bl. 911 ff. der Behördenakte) sowie der Anordnungsvorlage des Referats für Umwelt und Gesundheit vom 30. Oktober 2019 (Bl. 1054 ff. der Behördenakte) hat der Antragsteller angegeben, dass Frau M. die Abschlussprüfung der Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten nicht bestanden hat.
Soweit der Antragsteller ausführt, es sei gängige Praxis, dass angehende medizinische Fachangestellte im Rahmen ihrer Ausbildung schrittweise dazu angeleitet würden, praktische Tätigkeiten auszuführen, und Frau M. sei von ihm zur Kontrolle von Vitalparametern angeleitet und stets überwacht worden, vermag dies nicht durchzugreifen. Da Frau M. noch nicht einmal über einen Abschluss als medizinische Fachangestellte und erst recht nicht über eine Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie verfügt, war sie nicht zur Durchführung und Überwachung des Analgosedierungsverfahrens qualifiziert. Vielmehr hätte der Antragsteller eine weitere Assistenzperson, die die erforderliche Qualifikation vorweisen kann, einsetzen müssen, um dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu genügen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, die eingesetzten Überwachungsgeräte würden beispielsweise bei einem Abfall der Sauerstoffsättigung oder des Blutdrucks akustisch Alarm auslösen, auf den er reagieren könne, zudem seien Patienten bei einem Dämmerschlaf stets wach und ansprechbar, so dass der Operateur den Sedierungsgrad – anders als bei einer Narkose – kontinuierlich im Gespräch mit den Patienten verfolgen könne. Die apparative Überwachung sowie der geringe Sedierungsgrad der Patienten sind gerade typisch für eine minimale oder moderate Analgosedierung und Grund dafür, dass bei dieser auf die Anwesenheit eines weiteren Arztes verzichtet und die Überwachung auf hierfür qualifiziertes nichtärztliches Personal delegiert werden kann. Dennoch sieht der Beschluss der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten, der den anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse wiedergibt, auch bei minimalen und moderaten Analgosedierungen eine weitere entsprechend qualifizierte Person, die nicht in die Durchführung der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen involviert ist und nur mit der Durchführung und Überwachung des Analgosedierungsverfahrens betraut ist, als erforderlich an.
(2) Auch hat der Antragsteller in einer die Gesundheit seiner Patienten gefährdenden Weise die ihm obliegenden Pflichten bei der Aufbereitung kritischer Medizinprodukte verletzt.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 MPBetreibV ist die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird. Eine ordnungsgemäße Aufbereitung wird gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 MPBetreibV vermutet, wenn die gemeinsame Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet wird. Danach setzt die Anwendung von Medizinprodukten eine vorhergehende Aufbereitung voraus, da mit Krankheitserregern kontaminierte Medizinprodukte die Quelle von Infektionen beim Menschen sein können. Die Aufbereitung umfasst in der Regel die Einzelschritte des sachgerechten Vorbereitens (z.B. Vorbehandeln, Sammeln, Vorreinigen und gegebenenfalls Zerlegen) der angewendeten Medizinprodukte, die Reinigung, ggf. Zwischenspülung, Desinfektion, Spülung und Trocknung, die Prüfung auf Sauberkeit und Unversehrtheit (z.B. Korrosionen, Materialbeschaffenheit), die Pflege und Instandsetzung, die Funktionsprüfung und je nach Erfordernis die Kennzeichnung sowie das Verpacken und die Sterilisation. Die Aufbereitung endet mit der dokumentierten Freigabe des Medizinprodukts zur Anwendung. Die Kette von erforderlichen Maßnahmen muss optimiert sein, da Schwächen in einem der Einzelschritte die nachfolgenden Schritte negativ beeinflussen können und so den Gesamterfolg gefährden (z.B. Mängel bei der Reinigung mit Einfluss auf die Effektivität der Desinfektion oder Sterilisation). Alle Einzelschritte der Aufbereitung müssen daher auf das Medizinprodukt, die vorausgegangene Aufbereitung und die vorausgegangene und nachfolgende Anwendung des Medizinprodukts abgestimmt sein und durch Anwendung validierter Verfahren den Erfolg stets nachvollziehbar und reproduzierbar gewährleisten. Mit der Validierung der Aufbereitungsprozesse werden auch die Parameter definiert, die erforderlich sind zu belegen, dass der jeweilige Prozess (Einzelschritt der Aufbereitung, z.B. der Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten) in einer Form durchlaufen wurde, die die Erzielung der jeweils vorgegebenen Spezifikationen garantiert. Dies sind sowohl die für die Erfüllung der technischfunktionellen Sicherheit zu gewährleistenden Parameter des Medizinprodukts als auch die Parameter zur Gewährleistung der effektiven Reinigung, Desinfektion (Sauberkeit/Keimarmut) und Sterilisation (Sterilität) einschließlich der Aufrechterhaltung von Keimarmut oder Sterilität bis zur Anwendung. Die Validierung soll dem Medizinprodukt und seiner Risikobewertung und Einstufung angemessen sein und nach den anerkannten Regeln der Technik unter Berücksichtigung des Stands von Wissenschaft und Technik erfolgen. Da eine sichere Sterilisation nur bei sauberen Medizinprodukten erfolgt, ist es erforderlich, den Effekt der Reinigung mittels optischer Kontrolle zu überprüfen. Nach der Reinigung und Desinfektion dürfen bei optischer Kontrolle an allen Teilen des Medizinprodukts keine Verschmutzungen (z.B. Verkrustungen, Beläge) erkennbar sein (Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten, Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bundesgesundheitsblatt 2012, S. 1244 ff.).
Diesen Anforderungen ist der Antragsteller bei der Aufbereitung kritischer Medi zinprodukte in seiner Praxis nicht nachgekommen. So wurden bei der Begehung der Praxis am 25. April 2019 seitens des Referats für Gesundheit und Umwelt und des Gewerbeaufsichtsamts schwerwiegende Mängel bei der Medizinprodukteaufbereitung festgestellt, die dem Antragsteller mit Schreiben des Referats für Gesundheit und Umwelt vom 6. Mai 2019 (Bl. 16 ff. der Behördenakte) mitgeteilt wurden. Bei der Praxisbegehung vom 1. Oktober 2019 stellte das Gewerbeaufsichtsamt so gravierende Mängel in der Medizinprodukteaufbereitung fest, dass die Anwendung der in der praxiseigenen Sterilgutaufbereitung aufbereiteten kritischen Medizinprodukte, die steril zur Anwendung kommen sollen, mit mündlicher Anordnung vom 1. Oktober 2019, schriftlich bestätigt mit Bescheid vom 7. Oktober 2019, mit sofortiger Wirkung untersagt wurde. Ausweislich des Aktenvermerks vom 1. Oktober 2019 (Bl. 55 f. der Behördenakte) und der Begründung des Bescheids vom 7. Oktober 2019 (Bl. 64 ff. der Behördenakte) stellte das Gewerbeaufsichtsamt unter anderem fest, dass die zwischen den einzelnen Schritten der Sterilgutaufbereitung durchzuführende Sichtkontrolle nur unzureichend durchgeführt wurde. So wurden bei der stichprobenartigen Überprüfung von bereits wieder aufbereiteten kritischen Medizinprodukten mehrere Instrumente vorgefunden, die grobe Verschmutzungen und stark anhaftende Verunreinigungen (Blut oder Korrosionen) aufwiesen. Trotz mit bloßem Auge erkennbaren (makroskopischen)Mängeln waren diese Medizinprodukte als freigegeben gekennzeichnet. Des Weiteren wurde seitens des Referats für Umwelt und Gesundheit bereits anlässlich der Praxisbegehung am 17. April 2019 festgestellt, dass der Antragsteller keinen Nachweis über die Validierung des Aufbereitungsprozesses vorlegen konnte, worauf der Antragsteller mit Schreiben des Referats für Umwelt und Gesundheit vom 6. Mai 2019 (Bl. 16 ff. der Behördenakte) hingewiesen wurde. Ausweislich des Aktenvermerks vom 1. Oktober 2019 (Bl. 55 f. der Behördenakte) und der Begründung des Bescheids vom 7. Oktober 2019 (Bl. 64 ff. der Behördenakte) stellte das Gewerbeaufsichtsamt anlässlich der Praxisbegehung am 1. Oktober 2019 fest, dass eine Validierung des Aufbereitungsprozesses noch immer nicht vorlag und eine durchgängige Qualitätskontrolle des Prozesses seitens des Antragstellers nicht nachgewiesen werden konnte.
Auch wenn der Antragsteller bestreitet, dass am 1. Oktober 2019 verschmutzte Instrumente gefunden worden seien, und dies mit dem Hinweis zurückweist, in der behördlichen Fotodokumentation sei keine Aufnahme zu finden, die diese Behauptung belegen würde, besteht für das Gericht kein Anlass, an den Feststellungen der Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamts zu zweifeln. Die Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamts haben ihre bei der Praxisbegehung am 1. Oktober 2019 getroffenen Feststellungen noch am selben Tag in einem Aktenvermerk festgehalten, so dass etwaige Erinnerungslücken ausgeschlossen werden können. Auch ist nicht ersichtlich, dass die Mitarbeiter des Gewerbeaufsichtsamts gegenüber dem Antragsteller einen besonderen Belastungseifer an den Tag legten und ihn grundlos belastet haben sollten. Da seitens des Gewerbeaufsichtsamts laut Stellungnahme vom 7. Januar 2021 bei der Praxisbegehung am 1. Oktober 2019 lediglich eine Fotoaufnahme angefertigt wurde, lässt auch der Umstand, dass kein Foto von verschmutzten Instrumenten vorhanden ist, keine gegenteilige Schlussfolgerung zu. Soweit der Antragsteller ausführt, er habe dem Gewerbeaufsichtsamt am 29. Oktober 2019 den vorläufigen Bericht des Validierers vom 21. Oktober 2019 ausgehändigt, bestätigt dies die Feststellung des Gewerbeaufsichtsamts, dass entgegen der Verpflichtung aus § 8 Abs. 1 Satz 1 MPBetreibV jedenfalls am 1. Oktober 2019 keine Validierung des Aufbereitungsprozesses vorlag. Dabei ist es entgegen der Auffassung des Antragstellers unerheblich, ob die Geräte für die Sterilisation funktionstüchtig waren.
(3) Zudem ist der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Gewährleistung der Voraus setzungen für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Hygiene und Infektionsprävention in Einrichtungen für ambulantes Operieren nicht nachgekommen und hat dadurch die Gesundheit seiner Patienten gefährdet.
Der Antragsteller ist Leiter einer Einrichtung für ambulantes Operieren nach § 1 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 1 MedHygV, da nach seinen Angaben in seiner Praxis Eingriffe der Kategorien A und B der Liste zur Umsetzung der Bayerischen MedHygV: Maßnahmen in Einrichtungen für ambulantes Operieren durchgeführt worden sind, auch wenn er dies ausweislich des Meldeformulars vom 8. Oktober 2018 (Anlage zur Stellungnahme des Referats für Gesundheit und Umwelt vom 20.1.2021) zunächst entgegen § 14 Abs. 1 Satz 3 MedHygV gegenüber dem Referat für Gesundheit und Umwelt nicht angezeigt hat.
Gemäß § 2 Satz 1 MedHygV hat der Leiter einer Einrichtung nach § 1 Abs. 2 MedHygV zu gewährleisten, dass die dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden personellfachlichen, betrieblichorganisatorischen sowie baulichfunktionellen Voraussetzungen für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Hygiene und Infektionsprävention geschaffen und die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Die Einhaltung des Stands der medizinischen Wissenschaft wird gemäß § 2 Satz 2 MedHygV vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der nach § 23 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) beim Robert Koch-Institut eingerichteten Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention und der nach § 23 Abs. 2 Satz 1 IfSG beim Robert Koch-Institut eingerichteten Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie beachtet worden sind. Nach der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut im Hinblick auf die Prävention postoperativer Wundinfektionen sind im Personalumkleideraum (Personalschleuse) die reine und unreine Seite mindestens funktionell zu trennen. Auch sind am Ende des täglichen OPProgramms alle Fußbodenflächen und potentiell kontaminierte Flächen in allen Räumen der Operationsabteilung, zu denen auch die Personalschleuse zählt, einer desinfizierenden Reinigung zu unterziehen. Sofern die OP-Abteilung mit einer raumlufttechnischen Anlage ausgestattet ist, ist diese regelmäßig zu warten, dass sie dem technischen Standard entspricht (Prävention postoperativer Wundinfektionen, Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut, Bundesgesundheitsblatt 2018, S. 448 ff.). Der Stand der Technik ergibt sich für raumlufttechnische Anlagen in Gebäuden und Räumen des Gesundheitswesens aus der Norm DIN 1946-4. Danach hat nach erfolgter Anlagenqualifizierung und Abnahmeprüfung der raumlufttechnischen Anlage in regelmäßigen Abständen eine periodische Prüfung sowohl in technischer als auch in hygienischer Hinsicht zu erfolgen (DIN 1946-4, S. 46). Des Weiteren ist in Einrichtungen für ambulantes Operieren gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 6 MedHgyV sicherzustellen, dass eine Beratung durch eine qualifizierte Krankenhaushygienikerin oder einen qualifizierten Krankenhaushygieniker gewährleistet ist. Auch bedürfen Einrichtungen für ambulantes Operieren gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 7 MedHygV der Beratung durch eine qualifizierte Hygienefachkraft.
Der Antragsteller ist seiner Verpflichtung aus § 2 Satz 1 MedHygV nicht nachge kommen, insbesondere hat er nicht die baulichfunktionellen Voraussetzungen für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Hygiene und Infektionsprävention geschaffen und nicht die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen, um nosokomiale Infektionen zu verhüten. So stellte das Referat für Gesundheit und Umwelt bei seinen Praxisbegehungen im April 2019 unter anderem Mängel hinsichtlich der Personalschleuse und der raumlufttechnischen Anlage fest. Nach den Feststellungen des Referats für Gesundheit und Umwelt fehlte es in der Personalschleuse an einer zumindest funktionellen Trennung von Rein- und Unreinzonen, zudem wurde der Bodenbelag aus Sisal als ungeeignet für eine Schleuse erachtet. Hinsichtlich der raumlufttechnischen Anlage wurden dem Referat für Gesundheit und Umwelt keine Unterlagen zum Nachweis eines aktuellen Filterwechsels und eines aktuell durchgeführten RecoveryTests vorgelegt. Dies teilte das Referat für Gesundheit und Umwelt dem Antragsteller mit Schreiben vom 6. Mai 2019 (Bl. 16 ff. der Behördenakte) mit und traf mit für sofort vollziehbarem Bescheid vom 17. Oktober 2019 (Bl. 74 ff. der Behördenakte) hierzu entsprechende Anordnungen. Diesen ist der Antragsteller laut Stellungnahme des Referats für Gesundheit und Umwelt vom 20. Januar 2021 entgegen seiner Behauptung nicht nachgekommen.
Auch seiner Verpflichtung zur Beratung durch einen Krankenhaushygieniker sowie eine Hygienefachkraft nach §§ 5 ff. MedHygV ist der Antragsteller als Leiter einer Einrichtung für ambulantes Operieren nach den Feststellungen des Referats für Gesundheit und Umwelt nicht nachgekommen. Das Referat für Gesundheit und Umwelt hat dies dem Antragsteller mit Schreiben vom 6. Mai 2019 (Bl. 16 ff. der Behördenakte) mitgeteilt und mit für sofort vollziehbarem Bescheid vom 17. Oktober 2019 (Bl. 74 ff. der Behördenakte) hierzu entsprechende Anordnungen getroffen. Auch diesen ist der Antragsteller laut Stellungnahme des Referats für Gesundheit und Umwelt vom 6. Oktober 2020 und 20. Januar 2021 entgegen seiner Behauptung nicht vollständig nachgekommen.
Soweit der Antragsteller vorträgt, die Praxis sei von einem speziell auf medizinische Einrichtungen spezialisierten Architekturbüro geplant worden und erfülle sämtliche Anforderungen an Größe und Infrastruktur der Schleuse, zudem seien seitens des Referats für Gesundheit und Umwelt bis zu seiner Praxisübernahme bezüglich der Größe der Schleuse keinerlei Einwände erhoben worden, ist auf die Ausführungen der vom Antragsteller selbst beauftragten Krankenhaushygienikerin in ihrem Protokoll über die krankenhaushygienische Begehung vom 18. September 2019 (Anlage 10 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 5.12.2019) hinzuweisen. Danach kommt diese im Hinblick auf die Personalschleuse zu dem Ergebnis, dass der Raum sehr klein sei, weshalb bislang keine Trennung von Bereichskleidung und Praxis-/Privatkleidung im Schrank stattfinden könne. Auch solle der Bodenbelag (Sisal) durch abwischbares Material ersetzt werden, um eine korrekte Reinigung und bei Bedarf Desinfektion zu gewährleisten.
Im Hinblick auf die Ausführungen des Antragstellers, er habe aufgrund der Problematik mit der raumlufttechnischen Anlage ein Operio LAF-Gerät angeschafft und dem Referat für Umwelt und Gesundheit die Ergebnisse der Partikelmessung zukommen lassen, die denen einer raumlufttechnischen Anlage weit überlegen seien, ist festzustellen, dass sich der Nachweis der Geeignetheit dieses Geräts auch nicht aus der hygienischen Stellungnahme der vom Antragsteller selbst beauftragten Krankenhaushygienikerin zum Betrieb eines mobilen LAV-Geräts im OP vom 6. März 2020 (Anlage 8 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 1.10.2020) ergibt. In diesem führt die Krankenhaushygienikerin vielmehr aus, es gebe keine Aussage über die Evidenz des Geräts im Hinblick auf die Vermeidung postoperativer Wundinfektionen, weshalb diesbezüglich keine klare Empfehlung für den Einsatz dieses Geräts gegeben werden könne. Vor diesem Hintergrund ist die Schlussfolgerung der Krankenhaushygienikerin, aus hygienischer Sicht spreche nichts gegen den Einsatz als Interimslösung, nicht nachvollziehbar.
Soweit der Antragsteller vorbringt, er habe im Mai 2019 das Beratungszentrum für Hygiene mit der Begehung, Beratung und Unterstützung durch eine Hygienefachkraft unter Supervision einer Krankenhaushygieneärztin beauftragt und die krankenhaushygienische Begehung durch die Krankenhaushygienikerin sei am 18. September 2019 erfolgt, belegt der vom Antragsteller vorgelegte Vertrag über die praxishygienische Betreuung unter Supervision eines Krankenhaushygienikers vom 10. Mai 2019 mit Vertragsbeginn ab 1. Juni 2019 (Anlage 9 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 5.12.2019) gerade nicht, dass die Praxis des Antragstellers vor diesem Zeitpunkt über eine Beratung durch einen Krankenhaushygieniker sowie eine Hygienefachkraft verfügte und der Antragsteller bis zu diesem Zeitpunkt seiner Verpflichtung aus §§ 5 ff. MedHygV nachgekommen ist.
bb) Erschwerend tritt hinzu, dass der Antragsteller behördliche Anordnungen, die zum Schutz der Patienten ergangen sind, missachtet und dadurch die Gesundheit seiner Patienten gefährdet hat. Dies zeigt, dass sich der Antragsteller offensichtlich selbst von sofort vollziehbaren behördlichen Anordnungen nicht beeindrucken lässt, und lässt überdies den Schluss zu, dass er auch künftig nicht gewillt ist, behördliche Anordnungen fachkundiger Stellen im Hinblick auf seine Berufsausübung zu befolgen.
So hat der Antragsteller die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Referats für Umwelt und Gesundheit vom 17. Oktober 2019 (Bl. 74 ff. der Behördenakte), Analgosedierungen ausschließlich in Zusammenarbeit mit fachlich qualifiziertem Personal (Facharztstandard Anästhesiologie) bzw. qualifiziertem Assistenzpersonal, keineswegs in Personalunion mit dem Operateur, durchzuführen, missachtet. Wie unter aa) (1) näher ausgeführt, hat der Antragsteller am 28. Oktober 2019 eine Analgosedierung durchgeführt, ohne hierbei eine qualifizierte Assistenzperson einzusetzen. Soweit der Antragsteller vorträgt, er habe seine Praxisangestellten Frau M. als Assistenzperson eingesetzt, handelt es sich bei dieser nicht um eine qualifizierte Assistenzperson, da sie weder über einen Abschluss als medizinische Fachangestellte noch über eine erforderliche Fachweiterbildung Intensivpflege und Anästhesie verfügte. Zwar hat der Antragsteller gegen den Bescheid des Referats für Umwelt und Gesundheit vom 17. Oktober 2019 Anfechtungsklage erhoben (Az. M 26a K 19.5730), diese entfaltet jedoch gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung, da die sofortige Vollziehung angeordnet wurde.
Des Weiteren hat der Antragsteller die am 1. Oktober 2019 seitens des Referats für Umwelt und Gesundheit zum Schutz der Patienten erfolgte Versiegelung des Eingriffsraums seiner Praxis missachtet. Selbst wenn nach den Ausführungen des Antragstellers und der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn K. vom 6. Oktober 2019 das Betreten des Eingriffsraums am 3. Oktober 2019 versehentlich durch Herrn K. als Reinigungskraft erfolgt sein sollte, wobei dem Antragsteller diesbezüglich zumindest ein Organisationsverschulden anzulasten wäre, da er als Inhaber der Praxis verpflichtet war, das von ihm beschäftigte Reinigungspersonal über die Versiegelung zu informieren und dafür Sorge zu tragen, dass das Reinigungspersonal den Eingriffsraum nicht betritt, so musste dem Antragsteller jedenfalls nach der erneuten Versiegelung des Eingriffsraums am 8. Oktober 2019 die Bedeutung des Siegels bewusst sein. Dennoch hat der Antragsteller das Siegel am 16. Oktober 2019 aus eigenem Entschluss gebrochen. Soweit er ausführt, er habe seinem Medizinproduktehändler ein sich in diesem Raum befindliches Gerät zurückgeben müssen, hätte er jedenfalls nach der anlässlich der erneuten Versiegelung am 8. Oktober 2019 erfolgten Belehrung durch das Referat für Umwelt und Gesundheit wissen müssen, dass ihn dies nicht zu einem Bruch des Siegels und einem eigenmächtigen Betreten des Raumes berechtigt. Nach den Ausführungen des Referats für Umwelt und Gesundheit in der an die Staatsanwaltschaft gerichteten Strafanzeige vom 22. Oktober 2019 (Bl. 953 f. der Behördenakte) wurde der Antragsteller bei der erneuten Versiegelung am 8. Oktober 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er das Referat für Umwelt und Gesundheit verständigen müsse, wenn er beabsichtige, medizinische Geräte aus dem Eingriffsraum zu holen, und in einem solchen Fall ein Mitarbeiter des Referats für Gesundheit und Umwelt zeitnah den Raum öffnen würde.
Ob der Antragsteller auch gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Gewerbeaufsichtsamts vom 1. Oktober 2019, schriftlich bestätigt mit Bescheid vom 7. Oktober 2019 (Bl. 64 ff. der Behördenakte), mit der die Anwendung der in der praxiseigenen Sterilgutaufbereitung aufbereiteten kritischen Medizinprodukte, die steril zur Anwendung kommen sollen, untersagt wurde, verstoßen hat, ist offen. Das Gewerbeaufsichtsamt geht jedenfalls laut Aktenvermerk vom 29. Oktober 2019 (Bl. 919 f. der Behördenakte) davon aus, dass der Antragsteller bei dem am 28. Oktober 2019 vorgenommenen Eingriff kritische Medizinprodukte verwendet hat, die vor Durchführung einer Validierung in der praxiseigenen Sterilgutaufbereitung aufbereitet wurden. Dies habe der Antragsteller persönlich eingeräumt. Aufgrund dessen stellte das Gewerbeaufsichtsamt auch mit Schreiben vom 30. Oktober 2019 das mit Bescheid vom 7. Oktober 2019 angedrohte Zwangsgeld fällig. Der Antragsteller bestreitet, gegen die Anordnung des Gewerbeaufsichtsamts verstoßen zu haben, was auch Gegenstand seines gegen die Fälligstellung des angedrohten Zwangsgeldes gerichteten Klage- und Eilverfahrens (Az. M 26a K 19.6014 und M 26a E 19.6015) ist. Nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung seien bei dem Eingriff am 28. Oktober 2019 keine „kritischen“ Instrumente zum Einsatz gekommen, die in der Praxis aufbereitet worden seien. Soweit es kritische Instrumente betreffe, habe er Einwegprodukte verwendet. Kritische Medizinprodukte sind nach der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten (Bundesgesundheitsblatt 2012, S. 1244 ff.), auf die § 8 Abs. 2 MPBetrV verweist, Medizinprodukte zur Anwendung von Blut, Blutprodukten oder anderen sterilen Arzneimitteln / sterilen Medizinprodukten, und Medizinprodukte, die bestimmungsgemäß die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut, bzw. an inneren Geweben oder Organen zur Anwendung kommen, einschließlich Wunden. Wie auf den seitens des Referats für Umwelt und Gesundheit im Rahmen der Praxisbegehung vom 29. Oktober 2019 gefertigten Fotoaufnahmen in der Anordnungsvorlage des Referats für Umwelt und Gesundheit vom 30. Oktober 2019 (Bl. 1054 ff. der Behördenakte) ersichtlich, wurden bei der Praxisbegehung nicht nur benutzte Einmalskalpelle vorgefunden, sondern auch verschiedene Instrumente in einem Abwurfbehältnis im Waschbecken, bei denen es sich nicht um Einwegprodukte handeln dürfte und die, aufgrund der vorhandenen Blutanhaftungen auch als kritische Medizinprodukte zu qualifizieren sein dürften.
Die Regierung von Oberbayern hält dem Antragsteller des Weiteren vor, er habe gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Referats für Gesundheit und Umwelt vom 1. Oktober 2019, schriftlich bestätigt mit Bescheid vom 17. Oktober 2019 (Bl. 74 ff. der Behördenakte), mit der ihm die Durchführung von Operationen jeglicher Art der Kategorien A und B in seiner Praxis untersagt wurde, verstoßen, was seitens des Antragstellers bestritten wird. Dies kann letztlich dahinstehen. Ausweislich der Anordnungsvorlage vom 30. Oktober 2019 (Bl. 1047 ff. der Behördenakte) geht das Referat für Gesundheit und Umwelt jedenfalls davon aus, dass es sich bei dem vom Antragsteller am 28. Oktober 2019 durchgeführten Eingriff um eine Operation der Kategorie B handelte. Dies wird darauf gestützt, dass bei der Praxisbegehung am 29. Oktober 2019 eine frisch operierte Patientin mit einem zirkulären Haftverband im Stirn-, Wangen- und Halsbereich sowie einem peripheren Venenverweilkatheter am rechten Handrücken vorgefunden wurde, die angegeben habe, dass bei ihr ein Facelift durchgeführt worden sei und ihr empfohlen worden sei, die Nacht zur Überwachung in der Praxis zu verbringen, wobei die Überwachung durch die Rechtsanwaltsfachangestellte Frau K. erfolgt sei. Auch war nach den Feststellungen des Referats für Umwelt und Gesundheit im Terminkalender der Praxis für den 28. Oktober 2019 ein Termin für ein Facelift eingetragen. Zudem gab der leitende Oberarzt der Abteilung für Handchirurgie, plastische und ästhetische Chirurgie des Krankenhaueses, in das die am 29. Oktober 2019 vorgefundene Patientin gebracht wurde, laut Aktenvermerk des ihn befragenden Kriminalhauptkommissars vom 30. Oktober 2019 (Bl. 911 ff. der Behördenakte) an, seiner Einschätzung nach bestehe kein Zweifel daran, dass bei der Patientin ein Facelift als Eingriff der Kategorie B durchgeführt worden sei. Schnittführung und Schwellungen seien für ein Facelift absolut typisch, auch würden die Blutmenge an den angebrachten Verbänden sowie die Tatsache, dass die Patientin Drainagen im OP-Gebiet eingelegt hatte, was bei einem kleineren Eingriff nicht notwendig wäre, darauf hinweisen. Hingegen bestreitet der Antragsteller, am 28. Oktober 2019 bei der Patientin einen Eingriff der Kategorie B durchgeführt zu haben, vielmehr habe es sich lediglich um eine Straffung der unteren Gesichtshaut als Eingriff der Kategorie C gehandelt. Soweit der Antragsteller hierzu eidesstattliche Versicherungen der behandelten Patientin sowie seiner Praxisangestellten Frau M. vom 30. Oktober 2019 (Anlagen 16 und 17 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 5.12 2019) vorlegt, beziehen sich diese im Wesentlichen auf die Umstände der Verlegung der Patientin ins Krankenhaus. Eine Einordnung des vorgenommenen Eingriffs in die Kategorien B oder C dürfte mangels medizinischen Sachverstands weder der Patientin noch der Praxisangestellten Frau M., die über keine abgeschlossene medizinische Ausbildung verfügt, möglich sein.
cc) Von Vorstehendem abgesehen ist die negative Unzuverlässigkeitsprognose auch allein aufgrund der Verstöße des Antragstellers gegen das Betäubungsmittelgesetz gerechtfertigt. Der Antragsteller hat während eines beträchtlichen Zeitraums in erheblichem Maße gegen grundlegende Verhaltensanforderungen aus dem Betäubungsmittelgesetz verstoßen, die der Sicherheit der Patienten und ihrem Schutz vor Gesundheitsgefahren dienen. Damit hat der Antragsteller in einer Art und Weise gegen seine beruflichen Pflichten verstoßen, die bereits für sich genommen im Zeitpunkt des Bescheidserlasses die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller nicht willens oder nicht in der Lage ist, seinen Beruf künftig ordnungsgemäß auszuüben.
Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel, unter die unter anderem Methylphenidat, Oxycodon und Morphin fallen, nur dann von Ärzten verschrieben, im Rahmen einer ärztlichen Behandlung verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist. Die Anwendung ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Damit regelt § 13 BtMG einerseits die medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Betäubungsmitteln im Rahmen der ärztlichen Behandlung, schränkt aber andererseits zur Vermeidung des Missbrauchs und der Abhängigkeit von Betäubungsmitteln die Therapiefreiheit des Arztes ein (vgl. Weber, BtMG, 5. Auflage 2017, § 13 Rn. 1 f.). Der Arzt hat zu prüfen, ob das Betäubungsmittel erforderlich (indiziert) ist. Trotz Eignung darf das Betäubungsmittel nicht verschrieben werden, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die Prüfung des Arztes hat sich daher auch auf andere, weniger gefährdende Heilmaßnahmen zu erstrecken. Ergibt diese, dass der Heilzweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, muss der Arzt aufgrund seiner beruflichen Pflicht, eine Gefährdung des Patienten möglichst zu vermeiden, von der Verschreibung des Betäubungsmittels Abstand nehmen. Neben dem gebotenen Fachwissen, der erforderlichen Untersuchung und einer sorgfältigen Diagnose gehört zu einer professionellen Anwendung von Betäubungsmitteln die Aufstellung eines Behandlungsplans mit einem klaren Therapieziel. Der Arzt ist verpflichtet, den Patienten über die Risiken der von ihm angewandten Behandlungsmethode aufzuklären, Behandlungsalternativen zu prüfen und dem Patienten aufzuzeigen. Auch muss er den Fortgang der Therapie ständig überwachen und kontrollieren. Zu den Pflichten des Arztes gehört eine laufende Kontrolle, wie sich die verschriebenen Mittel auswirken oder ob sie missbraucht werden. Die Untersuchungsergebnisse müssen ausführlich dokumentiert werden, da ohne Dokumentation eine sichere Diagnose und ein erfolgversprechender Therapieplan nicht möglich sind. Auf eine solche Dokumentation kann auch bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln innerhalb der Familie nicht verzichtet werden. Sie ist unumgänglich, weil ansonsten die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch die zuständigen Behörden nicht gewährleistet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2015 – 20 ZB 15.927 – juris Rn. 6; Weber, BtMG, 5. Auflage 2017, § 13 Rn. 44 ff.).
Zudem hat, wer am Betäubungsmittelverkehr teilnimmt, gemäß § 15 Satz 1 BtMG die Betäubungsmittel, die sich in seinem Besitz befinden, gesondert aufzubewahren und gegen unbefugte Entnahme zu sichern. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden Richtlinien über Maßnahmen zur Sicherung von Betäubungsmittelvorräten u.a. in Arztpraxen erarbeitet. Danach ist eine ausreichende Sicherung gegen eine unbefugte Entnahme von Betäubungsmitteln grundsätzlich nur gewährleistet, wenn zertifizierte Wertschutzschränke verwendet werden, die verankert oder in eine Wand eingebaut werden. Ausgenommen hiervon ist die Aufbewahrung von Betäubungsmittelmengen, die höchstens den durchschnittlichen Tagesbedarf einer Teileinheit darstellen und ständig griffbereit sein müssen. Diese sind durch Einschließen so zu sichern, dass eine schnelle Entwendung wesentlich erschwert wird. Die Schlüssel sind von den Berechtigten grundsätzlich in persönlichen Gewahrsam zu nehmen (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Richtlinie über Maßnahmen zur Sicherung von Betäubungsmittelvorräten im Krankenhausbereich, in öffentlichen Apotheken, Arztpraxen sowie Alten- und Pflegeheimen, Stand 1.1.2007). Des Weiteren sind gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 der Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (BtMVV) der Verbleib und der Bestand der Betäubungsmittel in Arztpraxen lückenlos nachzuweisen. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMVV ist der Nachweis von Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel in Arztpraxen nach einem amtlichen Formblatt zu führen. Gemäß § 8 Abs. 4 BtMVV hat der Arzt die Betäubungsmittelrezepte gegen Entwendung zu sichern; ein Verlust ist unter Angabe der Rezeptnummer dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unverzüglich anzuzeigen. Für die Sicherung der Betäubungsmittelrezepte gegen Entwendung genügt, wenn auch ein Tresor zweckmäßiger ist, ein unauffälliges Schubfach, das sicher verschlossen werden kann (vgl. Weber, BtMG, 5. Auflage 2017, § 8 BtMVV Rn. 6).
Gegen diese, dem Schutz der Patienten dienenden Verpflichtungen hat der An tragsteller verstoßen. Ausweislich des Aktenvermerks vom 1. Oktober 2019 (Bl. 117 ff. der Behördenakte) führte das Referat für Umwelt und Gesundheit aufgrund eines anonymen Hinweises eine betäubungsmittelrechtliche Überprüfung beim Antragsteller durch, bei der eine Vielzahl vom Antragsteller zwischen September 2017 und September 2019 ausgestellte Rezeptdurchschläge, vorwiegend für Methylphenidat, Oxycodon und Morphin, ausgewertet wurden. Dabei konnte der Antragsteller auch auf Nachfrage zu keinem der von ihm ausgestellten Betäubungsmittelrezepte, darunter auch ein mehr als eine Woche nach dem Tod seines Vaters auf dessen Namen ausgestelltes Rezept für 100 Tabletten Methylphenidat, Patientendokumentationen vorlegen, aus denen sich die Begründung der Verschreibung der Betäubungsmittel ergibt. Dadurch hat der Antragsteller gegen seine sich aus § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG ergebende Verpflichtung zum Nachweis der Begründetheit der Verschreibung der Betäubungsmittel verstoßen. Auch hat der Antragsteller die in seiner Praxis aufgefundenen Betäubungsmittel nicht gegen unbefugte Entnahme gesichert, vielmehr wurden diese bei der Praxisüberprüfung am 1. Oktober 2019 durch das Referat für Umwelt und Gesundheit zum Teil in einem nicht verschließbaren Schrank des Eingriffsraums bzw. in einem unverschlossenen Tresor, bei dem der Schlüssel steckte, zum Teil aber auch offenliegend im Arztzimmer aufgefunden. Dadurch hat der Antragsteller gegen seine sich aus § 15 Satz 1 BtMG ergebende Pflicht verstoßen. Zudem hat der Antragsteller entgegen § 1 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMVV den Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel in seiner Praxis gegenüber dem Referat für Umwelt und Gesundheit nicht nachgewiesen. Des Weiteren ist der Antragsteller, indem er nach den Feststellungen des Referats für Umwelt und Gesundheit im Rahmen der Praxisüberprüfung am 1. Oktober 2019 die Betäubungsmittelrezeptformulare in einem unverschlossenen Schrank im Arztzimmer seiner Praxis aufbewahrte, seiner Pflicht zur Sicherung gegen Entwendung nach § 8 Abs. 4 BtMVV nicht nachgekommen. Auch konnte er mehrere Rezeptformulare bzw. -durchschläge nicht vorlegen, ohne dass er den Verlust dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemäß § 8 Abs. 4 BtMVV angezeigt hat.
Soweit sich der Antragsteller mit Klage und Eilantrag (M 26b K 19.5963 und M 26b S 19.5964) gegen die vom Referat für Gesundheit und Umwelt gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 4 BtMG am 1. Oktober 2019 mündlich ausgesprochene und mit Bescheid vom 29. Oktober 2019 schriftlich bestätigte Untersagung der weiteren Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr wendet, vermag dies an den festgestellten Verstößen gegen die sich aus dem BtMG und der BtMVV ergebenden beruflichen Pflichten des Antragstellers nichts zu ändern.
dd) Des Weiteren ist dem Antragsteller im Zeitpunkt des Bescheidserlasses anzulas ten, dass er pflichtwidrig an seinem missbräuchlichen Medikamenten- und Betäubungsmittelkonsum festgehalten und dadurch eine Gefährdung seiner Patienten jedenfalls in Kauf genommen hat.
Ausweislich des Aktenvermerks des Referats für Gesundheit und Umwelt vom 1. Oktober 2019 (Bl. 117 ff. der Behördenakte) wirkte der Antragsteller nach dem Eindruck der für Betäubungsmittel zuständigen Mitarbeiter des Referats für Gesundheit und Umwelt bei der Praxisbegehung am 1. Oktober 2019 abwesend, unkonzentriert und schläfrig, saß zeitweilig mit geschlossenen Augen vor dem PC und musste erst durch Ansprache seines Rechtsanwalts wieder zurückgeholt werden, zudem drang aus seinem rechten Nasenloch eine weiße Flüssigkeit. Laut polizeilichem Durchsuchungsbericht vom 2. Oktober 2019 (Bl. 355 ff. der Behördenakte) wurden am 1. Oktober 2019 im Büro des Antragstellers Spuren weißen Pulvers sowie ein Plastikröhrchen mit Anhaftungen weißen Pulvers auf der Innenseite aufgefunden. Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts vom 4. Oktober 2019 (Bl. 448 ff. der Behördenakte) wurden dem Antragsteller am 10. Oktober 2019 Haar-, Blut- und Urinproben entnommen. Laut dem vorläufigen Befund von Prof. Dr. … vom 11. Oktober 2019 (Bl. 116 der Behördenakte) ergab die Urinuntersuchung ein positives Ergebnis hinsichtlich Opiaten und Benzodiazepinen sowie ein grenzwertiges Ergebnis hinsichtlich Amphetaminen, die Blutuntersuchung ergab ein positives Ergebnis hinsichtlich Opiaten. Dieser vorläufige Befund wurde bestätigt durch die mit Gutachten des Forensisch Toxikologischen Centrums vom 27. November 2019 erfolgte Auswertung der Haarprobe (Bl. 1912 ff. der Behördenakte) sowie die mit Gutachten des Prof. Dr. … vom 6. Dezember 2019 erfolgte Auswertung der Blut- und Urinprobe (Bl. 1673 ff. der Behördenakte). Danach wurden in der Haarprobe, die eine Aussage für den Zeitraum von ca. vier bis fünf Monaten vor der Entnahme zulässt, Substanzen aus den Bereichen der Opiate, der Opioide und Narkotika, der Amphetamine und Psychostimulantien sowie der Benzodiazepine und Hypnotika nachgewiesen. Dabei bewegt sich die festgestellte Codein-Konzentration im oberen 5%-Bereich und die festgestellte MethylphenidatKonzentration im oberen 10%-Bereich, was auf eine regelmäßige und intensive Aufnahme von Codein und Methylphenidat schließen lässt. Für die Wirkstoffe Dihydrocodein und Oxycodon wurden Konzentrationen im oberen 25%-Bereich nachgewiesen, die auf eine regelmäßige Aufnahme hindeuten, die Konzentrationen von Ketamin und Pethidin befanden sich im mittleren bis überdurchschnittlichen Bereich, was für eine häufige Aufnahme spricht. Auch in der Urin- und Blutprobe wurden zahlreiche Substanzen wie Codein, Dihydrocodein, Tramadol, Methylphenidat und Modafinil nachgewiesen. Dabei wurde festgestellt, dass die Konzentration des stimulierend wirkenden Modafinils oberhalb des üblichen therapeutischen Bereichs lag und für ungewöhnte Probanden teilweise bereits als toxisch angesehen wird.
Soweit der Antragsteller vorbringt, er habe zwar in der Vergangenheit Medika mente bzw. Betäubungsmittel missbräuchlich eingenommen, dies jedoch niemals bei der Patientenbehandlung, nimmt er für sich in Anspruch, in der Lage zu sein, seinen Medikamentenkonsum zu steuern und über das erforderliche Trennungsvermögen zwischen Medikamentenkonsum und ärztlicher Tätigkeit zu verfügen, so dass es sich nicht um eine Suchterkrankung gehandelt habe. Jedoch ist dem Antragsteller dennoch der Vorwurf zu machen, dass er über einen beachtlichen Zeitraum Medikamente, u.a. auch Betäubungsmittel, missbräuchlich konsumiert hat, obwohl er als Arzt hätte wissen müssen, dass ein Medikamenten- und Betäubungsmittelmissbrauch die Gefahr birgt, in eine Suchterkrankung abzurutschen mit der Folge, dass eine Trennung zwischen Medikamentenkonsum und ärztlicher Tätigkeit nicht mehr möglich ist. Dennoch hat es der Antragsteller bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids unterlassen, das Problem seines missbräuchlichen Medikamentenkonsums, möglicherweise unter Inanspruchnahme externer Hilfsangebote wie des Ärztlichen Kreis- und Bezirksverbands München (Bl. 1012 der Behördenakte), anzugehen.
ee) Ohne dass es nach Vorstehendem noch entscheidungserheblich darauf ankommt, sprechen indiziell auch die zahlreichen Strafanträge, die Patienten gegen den Antragsteller gestellt haben und in denen sie gegenüber der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft von gesundheitlichen Problemen nach einer Operation durch den Antragsteller oder fehlender Einwilligung in vom Antragsteller durchgeführte Eingriffe berichten, gegen dessen Zuverlässigkeit. Zwar ist das laufende Ermittlungsverfahren bislang noch nicht abgeschlossen, so dass zunächst von der Unschuldsvermutung auszugehen ist.
Grundsätzlich kann aber eine Gefahrenprognose auch aufgrund von Feststellungen aus Ermittlungsergebnissen der Polizei und der Staatsanwaltschaft getroffen werden, sofern diese Fakten einer eigenständigen, nachvollziehbaren Bewertung unterworfen werden (vgl. BVerfG, E.v. 16.1.1991 – 1 BvR 1326/90 – juris Rn. 15).
Soweit der Antragsteller unter Vorlage von Aufklärungsbögen (Anlage 22 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 18.5.2020) ausführt, er habe seine Patienten stets ordnungsgemäß aufgeklärt, verbleiben erhebliche Zweifel. So erklärt beispielsweise die Patientin T. in ihrem Strafantrag vom 21. Januar 2019 (Bl. 826 ff. der Behördenakte), statt einer vereinbarten Bruststraffung habe der Antragsteller bei ihr unter vollständiger Entfernung des Drüsengewerbes eine Brustvergrößerung durchgeführt und ihr Brustimplantate eingesetzt, ohne dass sie hierüber aufgeklärt worden sei und dem zugestimmt habe. Den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen lässt sich hinsichtlich der Patientin T. lediglich ein Aufklärungsbogen über eine Brustverkleinerung bzw. Bruststraffung entnehmen, nicht hingegen eine Aufklärung über eine Brustvergrößerung und über das Einsetzen von Brustimplantaten.
c) Der Widerruf der Approbation des Antragstellers ist auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers verhältnismäßig.
Da der Widerruf der Approbation einen besonders schweren Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit darstellt, ist eine solche Maßnahme nur dann gerechtfertigt, wenn der mit dem Ausschluss des Betroffenen von einer weiteren Berufsausübung bezweckten Abwehr von Gefahren für das Gemeinwohl ein Gewicht zukommt, das in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs steht. Das setzt voraus, dass der Betreffende wesentliche Berufspflichten missachtet hat und die anzustellende Prognose eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er auch künftig seine Berufspflichten nicht beachten wird (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2010 – 3 B 61.10 – juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 28.4.2010 – 3 C 22.09 – juris Rn. 16).
Diese Voraussetzungen sind, wie bereits ausgeführt, erfüllt, so dass sich die Verhältnismäßigkeit des Widerrufs der Approbation aufgrund der Unzuverlässigkeitsprognose aus der vom Gesetzgeber selbst mit § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO getroffenen Wertung ergibt, dass in einem solchen Fall der Widerruf der Approbation als Arzt das erforderliche und angemessene Mittel ist, um die damit verbundenen Gefahren von der Bevölkerung abzuwenden.
Der Gesetzgeber hat aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch Rechnung getragen, dass er im Rahmen des § 8 Abs. 1 BÄO unter anderem für den Fall eines Widerrufs der Approbation wegen Wegfalls einer der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO die Möglichkeit eröffnet hat, einen Antrag auf Wiedererteilung der Approbation zu stellen und unter Umständen zunächst eine zeitlich beschränkte Erlaubnis zur erneuten Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 8 Abs. 1 BÄO zu erhalten. In diesem Verfahren sind dann die Lebensführung und berufliche Entwicklung des Betroffenen nach dem für das Widerrufsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 18.8.2011 – 3 B 6.11 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.7.2013 – 21 ZB 12.2581 – juris Rn. 16).
3. Auch die in Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnete Rück gabe des Originals der Approbationsurkunde sowie sämtlicher in seinem Besitz befindlicher Ablichtungen ist offensichtlich rechtmäßig.
Diese Anordnung stützt sich auf Art. 52 Satz 1 BayVwVfG. Danach kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen wurde oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht mehr gegeben ist, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Der Inhaber der Urkunde ist nach Art. 52 Satz 2 BayVwVfG zur Herausgabe verpflichtet. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus genügt es für eine Rückforderung nach Art. 52 BayVwVfG, wenn den gegenüber Rücknahme oder Widerruf des Verwaltungsakts noch möglichen Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukommt, wie namentlich bei Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 52 Rn. 15).
Mit der Approbationsurkunde wird dem Arzt der Nachweis seiner Approbation ermöglicht. Besteht die für den Rechtsverkehr dokumentierte Approbation jedoch nicht mehr, begründet eine gleichwohl im Besitz des Betroffenen belassene Urkunde über die Erteilung der Approbation als Arzt die Gefahr von Täuschungen über die wirkliche Rechtslage. Mit der Verpflichtung zur Herausgabe der Urkunde soll dieser Täuschungsgefahr entgegengetreten und der unzutreffende Rechtsschein ausgeräumt werden (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 52 Rn. 1 f.).
Hierauf stellt die Regierung von Oberbayern zutreffend ab. Sie erachtet die Rückgabe für erforderlich, um der Möglichkeit einer unberechtigten Ausübung des Arztberufs durch den Antragsteller wirksam vorzubeugen. Damit hat die Regierung von Oberbayern ihr Rückforderungsermessen in Anbetracht der Bedeutung der Approbationsurkunde zum Nachweis der staatlichen Zulassung zur Ausübung des Arztberufs im Rechtsverkehr hinreichend begründet.
Soweit der Antragsteller auch zur Herausgabe sämtlicher in seinem Besitz befindlichen Ablichtungen verpflichtet wird, bezieht sich dies der Intention der Regierung von Oberbayern folgend, einer unberechtigten Ausübung des Arztberufs vorzubeugen, auf beglaubigte Ablichtungen der Approbationsurkunde, die der Originalurkunde im Sinne des Art. 52 BayVwVfG gleichstehen.
Nachdem der Antragsteller aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs seiner Approbation nicht mehr als Arzt tätig werden darf, hat die Approbationsurkunde ihre wesentliche Rechtsfolge eingebüßt. Gesichtspunkte, aus denen dem Antragsteller die Approbationsurkunde gleichwohl hätte belassen werden sollen, sind weder dargetan noch ersichtlich (vgl. OVG NW, U.v. 15.5.1990 – 5 A 1692.89 – juris Rn. 21).
4. Es besteht ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Approbation als Arzt und der Verpflichtung zur Rückgabe der Approbationsurkunde. Bei Abwägung der widerstreitenden Interessen überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Approbation und der Rückgabe der Approbationsurkunde erfolgte Abweichung von der im Gesetz grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung der Klage stellt einen selbstständigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Ein derartiges präventives Berufsverbot ist nur unter strengen Voraussetzungen zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig. Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Betroffenen ausgehen wird, reicht dabei nicht aus. Vielmehr setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung voraus, dass überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. BVerfG, E.v. 8.4.2010 – 1 BvR 2709/09 – juris Rn. 11 ff.; BVerfG, B.v. 24.10.2003 – 1 BvR 1594/03 – juris Rn. 15).
Dies zugrunde gelegt überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Abwehr von Gefahren zum Schutz der überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter des Lebens und der Gesundheit der Patienten das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Antragstellers, bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage den Beruf des Arztes weiterhin auszuüben.
Unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ist ernsthaft zu befürchten, dass sich die mit dem Widerruf der Approbation zu verhütende Gefahr für Leben und Gesundheit der Patienten des Antragstellers schon in der Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren wird. Es sind keine Umstände ersichtlich, die eine dem Antragsteller günstigere prognostische Bewertung zulassen würden. So ist aufgrund der konkreten Tatsachenfeststellungen zu befürchten, dass der Antragsteller auch weiterhin nicht die Gewähr dafür bieten wird, künftig seine beruflichen Pflichten zu erfüllen, die der Sicherheit der Patienten und ihrem Schutz vor Gesundheitsschäden dienen. Diese Befürchtung gründet sich auf der nachhaltigen Weigerung des Antragstellers, die zum Schutz von Leben und Gesundheit der Patienten bestehenden Pflichten für sich als verpflichtend anzuerkennen, ihre Bedeutung für den Schutz von Leben und Gesundheit der Patienten zu verinnerlichen, bestehende Mängel in seinem Verhalten zu erkennen und die Bereitschaft aufzubringen, vorhandene Mängel zu beseitigen sowie Maßnahmen zu ergreifen, um in Zukunft die Einhaltung dieser Vorgaben zu gewährleisten. Eine entsprechende Bereitschaft zur Einsicht und zum Umdenken hat der Antragsteller nach Einschätzung des Gerichts bislang nicht in ausreichendem Maße zu erkennen gegeben. Soweit sich der Antragsteller Ende 2019 aus eigenem Antrieb zur medizinischen Behandlung in eine psychosomatische Klinik begeben hat und nach eigener Aussage seither keine Betäubungsmittel mehr nimmt, mag sich der Antragsteller bereits auf einem gangbaren Weg zur Überwindung seines Medikamenten- und Betäubungsmittelmissbrauchs befinden. Erforderlich ist jedoch eine Festigung seiner Verhaltensänderung bezüglich seines Medikamenten- und Betäubungsmittelkonsums sowie die Entwicklung alternativer Bewältigungsstrategien, damit er auch und gerade in Phasen der Überlastung und Überforderung vor einem Rückfall in einen missbräuchlichen Konsum gefeit ist. Hierzu hat der Antragsteller bislang nichts vorgetragen. In dem Entlassungsschreiben der Klinik vom 30. Dezember 2019 (Anlage 1 zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 1.10.2020) wird der Medikamentenmissbrauch nicht thematisiert, vielmehr standen psychische Probleme sowie Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung im Vordergrund. Zudem werden die Behandlungsergebnisse als labil bezeichnet und eine Weiterbehandlung im ambulanten Rahmen zur Festigung des Erreichten sowie zum Weiterarbeiten an den relevanten Themen unbedingt empfohlen.
Vor diesem Hintergrund sind mögliche Gefahren für die überragend wichtigen Ge meinschaftsgüter des Lebens und der Gesundheit der Patienten höher zu gewichten als das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage seinen Beruf weiter ausüben zu können, auch wenn damit dem Antragsteller möglicherweise seine wirtschaftliche Lebensgrundlage und seine berufliche Existenz entzogen wird. Der damit zulasten des Antragstellers verbundene schwerwiegende Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit ist im Interesse der überragend wichtigen Gemeinschaftsgüter des Lebens und der Gesundheit gerechtfertigt. Aus diesen Gründen tritt auch der von Art. 19 Abs. 4 GG gebotene regelmäßige Vorrang der gerichtlichen Überprüfung einer hoheitlichen Maßnahme vor ihrem Vollzug ausnahmsweise zurück.
5. Die gemäß Art. 21a Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsge setz (VwZVG) kraft Gesetzes sofort vollziehbare Zwangsgeldandrohung für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Approbationsurkunde in Nummer 4 des Bescheids beruht auf Art. 29, 31 und 36 VwZVG und begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts stützt sich auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nummer 16.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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