Medizinrecht

Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Altenpfleger

Aktenzeichen  M 16 S 16.2504

Datum:
2.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AltPflG AltPflG § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2
BayVwVfG BayVwVfG Art. 52 S. 1
GG GG Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 12 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs Altenpfleger setzt ein Verhalten voraus, das nach Art, Schwere und Zahl von Verstößen gegen Berufspflichten die zu begründende Prognose rechtfertigt, eine Person biete aufgrund der begangenen Verfehlungen nicht die Gewähr, in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten zu beachten (ebenso VGH München BeckRS 2010, 49126).  (redaktioneller Leitsatz)
Die für die Annahme der Unzuverlässigkeit anzustellende Prognose ist nicht darauf beschränkt, ob Verstöße gegen Berufspflichten in der Vergangenheit erwarten lassen, dass jemand gleiche oder zumindest ähnliche Berufspflichten in der Zukunft schwerwiegend verletzen wird. Vielmehr kann aus dem durch die Art, Schwere und Zahl der Verstöße gegen Berufspflichten manifest gewordenen Charakter einer Person auch die Befürchtung abzuleiten sein, es seien andere, aber ähnlich schwerwiegende Verstöße gegen Berufspflichten ernsthaft zu besorgen.  (redaktioneller Leitsatz)
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung Altenpfleger hat ein selbständiges vorläufiges Verbot zur Ausübung des Berufs zum Inhalt, das in seinen Wirkungen über diejenigen des Widerrufs hinausgeht. Ein derart schwerwiegender Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist nur gerechtfertigt, wenn die sofortige Vollziehung schon vor der Rechtskraft des Widerrufs selbst als Präventionsmaßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgt.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehung des Widerrufs ihrer Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin“.
Mit Bescheid vom 4. Mai 2016 widerrief die Regierung von Oberbayern (im Folgenden: Regierung) gegenüber der Antragstellerin die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin“ (Nr. 1). Die Antragstellerin wurde aufgefordert, die am 1. September 2008 ausgestellt Urkunde über die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin“, einschließlich sämtlicher Kopien unverzüglich zurückzugeben (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall, dass die Rückgabe der Urkunde, einschließlich der beglaubigten Kopien nicht bis spätestens 20. Mai 2016 erfolge, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro zur Zahlung fällig (Nr. 4).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Regierung habe davon Kenntnis erlangt, dass die Antragstellerin bei ihrer Tätigkeit im Pflegezentrum M. mehrfach und zum Teil schwerwiegend gegen ihre Berufspflichten als Altenpflegerin verstoßen habe, bzw. nicht in der Lage gewesen sei, den fachlichen Anforderungen entsprechend zu handeln. Am 14. Juni 2013 sei sie für die Betreuung und Pflege der aufgrund Gebrechlichkeit und Krankheit völlig wehrlosen, dementen und teilweise gelähmten Geschädigten Frau L. zuständig gewesen. Im Rahmen der Körperpflege habe sie Frau L. das T-Shirt vom Körper gerissen, habe diese mehrmals grob mit der Hand am Rücken gepackt und sie mit den Worten „ein Wrack du bist“ beschimpft. Hierbei habe die Antragstellerin Schmerzen sowie seelische Leiden der Geschädigten ebenfalls in Kauf genommen und erkannt, dass diese sich vor ihr erheblich geängstigt habe. Aus Verärgerung, dass Frau L. aus Sicht der Antragstellerin nicht hinreichend kooperiert habe, habe sie gezielt und grundlos auf diese eingeschlagen, wodurch sie – wie von der Antragstellerin geplant und beabsichtigt – weitere Schmerzen erlitten habe. Die Antragstellerin habe hierbei aus einer gefühllosen, fremdes Leiden missachtenden Gesinnung gehandelt. Ein Hang zur Missachtung der körperlichen Unversehrtheit sei dadurch ersichtlich. Am 13. Februar 2014 sei sie diesbezüglich vom Amtsgericht München (Az.: 824 Ds Js 161086/13) wegen vorsätzlicher Körperverletzung für schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Ferner liege ein weiteres Strafverfahren wegen Körperverletzung gegen sie vor (Az.: 836 Ds 124 Js 116301/15), über das momentan im Berufungsverfahren entschieden werde. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 AltPflG sei die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltPlfG, also die Zuverlässigkeit zur Berufsausübung, weggefallen sei. Der Widerruf setze ein Verhalten voraus, das nach Art, Schwere und Zahl von Verstößen gegen Berufspflichten die zu begründende Prognose rechtfertige, der Betroffene biete aufgrund der vergangenen Verfehlungen nicht die Gewähr, in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten zu beachten. Dabei seien die gesamte Persönlichkeit sowie die Lebensumstände des Betroffenen zu würdigen, und welches Verhalten die Unzuverlässigkeit begründe. Da keine Zweifel an der Richtigkeit des Strafurteils bestünden, könne dieses zur Beurteilung der Zuverlässigkeit herangezogen werden. Die mit dem Beruf der Altenpflegerin verbundene, weit reichende Verantwortung gegenüber pflegebedürftigen Heimbewohnern bzw. ambulant zu pflegenden alten Menschen sowie die Notwendigkeit, auch über längere Zeit allein verantwortlich arbeiten zu müssen, erfordere eine uneingeschränkte Zuverlässigkeit, die unterstützend und helfend auf das körperliche Wohlbefinden der gepflegten Personen gerichtet sei. Das von der Antragstellerin begangene vorsätzliche Körperverletzungsdelikt stehe dazu im Widerspruch. Aufgrund des beschriebenen Vorfalls sei die Antragstellerin daher nicht in der Lage, eigenständig und verantwortungsvoll als Fachkraft in der Altenpflege tätig zu sein. Bei Würdigung der gesamten Umstände sei davon auszugehen, dass sie auch künftig nicht in der Lage sein werde, die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten zu erfüllen. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens sei es geboten gewesen, die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzuordnen. Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse daran, den besonders schutzwürdigen Personenkreis pflegebedürftiger, alter und von Fremdhilfe abhängiger Menschen mit sofortiger Wirkung vor einer Altenpflegerin zu schützen, die nicht die hinreichende Gewähr der Zuverlässigkeit biete, und somit Gefahren für Leib und Leben Schutzbefohlener abzuwenden, auch dadurch, dass der Rechtsschein einer staatlichen Anerkennung vermieden werde. Ein Abwarten der Bestandskraft des Widerrufs sei nicht hinnehmbar, da dies weitere Gefährdungen von pflegebedürftigen Personen bedeuten würde. Aufgrund dessen überwiege hier das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an einer aufschiebenden Wirkung der Klage auch deshalb, um einer etwaigen Wiederholung solcher Ereignisse vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheids vorzubeugen.
Am 2. Juni 2016 erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerin gegen diesen Bescheid Klage. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Antragstellerin sei betreffend der vorgeworfenen Tat im zweiten Verfahren unschuldig. Bis zu einer gegenteiligen Entscheidung gelte demgemäß die Unschuldsvermutung. Die Würdigung des Einzelfalls und die Prognose für die Zukunft seien unzutreffend vorgenommen worden. Bei dem der strafrechtlichen Verurteilung zugrunde liegenden Fall handele es sich um ein einmaliges Ereignis. Die betroffene Patientin sei aufgrund ihrer Erkrankung eine sehr schwierige Patientin gewesen und leider habe die Antragstellerin ihre Beherrschung verloren, so dass sie sich angegriffen gefühlt und in unberechtigter Weise zur Wehr gesetzt habe. Zu beachten sei, dass die strafrechtliche Grenze von 90 Tagessätzen vorliegend nicht überschritten worden sei, was angesichts des Strafvorwurfs unter dem Aspekt der Handlung gegen eine Schutzbefohlene durchaus eine Aussage dahingehend darstelle, dass die Umstände und die Schwere der Tat angesichts des Tatvorwurfs einen vergleichsweise geringen Schuldvorwurf aufwiesen. Die Antragstellerin sei seit 1993 als Pflegehelferin in der Altenpflege tätig gewesen. Im Zeitraum 2005 bis 2008 habe sie ihre Ausbildung zur staatlich anerkannten Altenpflegerin gemacht. Es würden mehrere Arbeitszeugnisse vorgelegt, wonach die Tätigkeit der Antragstellerin vollumfänglich als „gut“ bewertet worden sei. Nach dem Zeugnis des Pflegezentrums M. für den Zeitraum 15. September 2011 bis 25. September 2013 sei die gehobene Position der Antragstellerin als examinierte Altenpflegerin und Wohnbereichsleitung mit der Bewertung „sehr gut“ beurteilt worden. Im Anschluss hieran sei die Antragstellerin freiberuflich tätig gewesen, zwischenzeitlich sei sie in einem Seniorenheim als Altenpflegerin angestellt. Die Antragstellerin habe während ihrer gesamten Tätigkeit regelmäßig an Fortbildungen teilgenommen und so ein umfassendes Wissen erworben. Die Regierung habe es versäumt, die erfolgreiche und unbeanstandete Tätigkeit über einen Zeitraum von 20 Jahren in ihre Erwägungen mit einzubeziehen. In der Abwägung der Interessen wäre dies jedoch notwendig gewesen. Die Ermessensausübung sei somit fehlerhaft. Weiterhin sei die Entscheidung unverhältnismäßig. Es sei fraglich, ob die Entscheidung notwendig sei. Es handle sich um einen Eingriff in eine subjektive Berufsvoraussetzung, welcher für die Antragstellerin weitreichende Folgen habe. Im Hinblick auf den Widerruf werde dieser bei einer zukünftigen Bewerbung bekannt werden, so dass nicht einmal mehr die Tätigkeit als Hilfskraft in Betracht kommen werde. Angesichts der Tatsache, dass es sich um ein einmaliges Ereignis gehandelt habe, welches nicht entschuldigt werden solle, welches jedoch hinreichend geahndet worden sei und dessen Schwere angesichts der Vorgeschichte und der Tat selbst nicht so weit reiche, dass eine Prognose für die Zukunft hieraus abgeleitet werden könne, sei die Notwendigkeit vorliegend zu verneinen. Der bloße Hinweis auf ein weiteres Strafverfahren, welches nicht rechtskräftig abgeschlossen sei und auf dessen Inhalt in keinster Weise eingegangen werde, könne von der Schwere des Eingriffs in das Grundrecht der Berufsausübung als nicht hinreichend angesehen werden.
Die Antragstellerin beantragt:
Die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen den Widerrufsbescheid des Antragsgegners vom 4. Mai 2016, Az.: …, wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hierzu wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Regierung habe das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Der Beruf der Altenpflegerin stelle einen pflegenden Beruf dar, der u. a. unterstützend und helfend auf das körperliche Wohlbefinden der gepflegten Person gerichtet sei. Gerade als Altenpflegerin im Betreuungs- und Pflegebereich müsse diese geduldig, einfühlsam und physisch wie psychisch belastbar sein. Die begangenen Körperverletzungsdelikte stünden dazu im Widerspruch. Die erfolgte Videoaufnahme vom Tatgeschehen am 14. Juni 2013, welche auf bereits in der Vergangenheit zurückliegende Verdachtsmomente der Tochter der Geschädigten überhaupt erst erfolgt sei, die Beschreibung der Videoaufnahme selbst und nicht zuletzt die Zeugenvernehmungen würden nicht den Schluss zulassen, dass es sich bei der Tat um ein einmaliges Fehlverhalten gegenüber hilflosen Patienten gehandelt habe. Ein derartiges Fehlverhalten lasse sich nicht mit der Tätigkeit als Altenpflegerin vereinbaren. Das weitere Strafverfahren wegen Körperverletzung lasse ebenfalls nicht die Annahme einer einmaligen Körperverletzung zu, sondern bestätige die Gefahr einer Wiederholung auch in Zukunft. Das positive Arbeitszeugnis des Pflegezentrums M. decke sich nicht mit den eidesstattlichen Erklärungen der Kolleginnen der Antragstellerin. Eine Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG sei verfassungsgemäß, wenn sie dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter diene. Dies seien hier die Gesundheitspflege und das Vertrauen der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen in die Altenpflegerin. Dieses Vertrauen, aber auch die körperliche Unversehrtheit der Patienten müssten geschützt werden.
Wie das Gericht ermittelt hat, war die Antragstellerin mit – zwischenzeitlich auch rechtskräftigem – Urteil des Amtsgerichts München vom 22. Februar 2016 (Az.: 836 Ds 124 Js 116301/15) wegen Körperverletzung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt worden. Das zunächst anhängige Berufungsverfahren verfolgte die Antragstellerin nicht mehr weiter. Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt in der Nacht vom 30. November 2014 auf den 1. Dezember 2014 kam es auf nicht näher bekannte Art und Weise bei der Geschädigten zu einem mehrfachen Bruch des linken Oberschenkelknochens. Die Verletzung führte dazu, dass sich das Bein bei Pflegehandlungen deutlich bemerkbar regelwidrig bewegen ließ. Die Antragstellerin bemerkte den Bruch des Beins zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Zeitraum 30. November 2014, 20.30 Uhr, bis 1. Dezember 2014, 6.20 Uhr. Dennoch unternahm sie nichts, insbesondere verständigte sie keinen Rettungswagen und veranlasste keine ärztliche Untersuchung, obwohl ihr als ausgebildete Altenpflegerin bewusst war, dass der Zustand des Beins eine Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens bzw. der körperlichen Unversehrtheit bedeutet und die Geschädigte aufgrund des Zustands Schmerzen leiden musste. Die Antragstellerin, die nachts für die immobile und hilflose Geschädigte allein verantwortlich war, nahm billigend das Fortbestehen des Zustands der Geschädigten in Kauf und unterließ die ihr mögliche Hilfe durch Beiziehung von ärztlicher Versorgung. Die Verletzung des Beins (Hämatome, massiv geschwollener Oberschenkel) wurde von der Stationsleiterin um 6.20 Uhr bemerkt, welche umgehend ärztliche Maßnahmen veranlasste. Die Geschädigte musste operiert und mit Metallschrauben sowie einer Metallplatte geschient werden. Sie befand sich für neun Tage in stationärer Behandlung in einer Klinik.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 16 K 16.2503 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die hier gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Widerrufs der Erlaubnis der Antragstellerin zur Führung der Berufsbezeichnung Altenpflegerin entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Dem dort geregelten Begründungserfordernis für das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung werden die Ausführungen der Regierung im streitgegenständlichen Bescheid gerecht.
An den Inhalt der Begründung sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Die Behörde muss die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angeben, die sie bewogen haben, den Suspensiveffekt eines Rechtsbehelfs gegen den Verwaltungsakt auszuschließen. Die Frage, ob die Gründe – sofern sie nicht offensichtlich unrichtig sind – wirklich vorliegen und so schwer wiegen, dass sie die Aufhebung des Suspensiveffekts rechtfertigen, tritt bei der Prüfung, ob der Begründungspflicht formell genüge getan worden ist, in den Hintergrund. Sie spielt vielmehr bei der auf einer Interessenabwägung beruhenden Entscheidung eine Rolle, ob die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auf Antrag des Adressaten des Verwaltungsakts wieder herzustellen ist (vgl. BayVGH, B. v. 17.11.2014 – 7 CS 14.275 – juris Rn. 21). Die Regierung hat hier das Interesse an einer sofortigen Vollziehung ihrer Verfügung mit dem Erfordernis einer effektiven Gefahrenabwehr (Abwendung von Gefahren für Leib und Leben Schutzbefohlener) begründet. Sie hat dargelegt, welche Gründe aus ihrer Sicht im konkreten Einzelfall für das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung bestehen und dessen Überwiegen gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung einer Klage gerechtfertigt.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt ohne Erfolg, da die gegen den Widerruf der Erlaubnis erhobene Anfechtungsklage nach summarischer Prüfung voraussichtlich unbegründet sein dürfte und zudem die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht.
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage ergibt die summarische Prüfung, dass die Klage der Antragstellerin aller Voraussicht keinen Erfolg haben dürfte. Der Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin“ dürfte rechtmäßig sein und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Berufe in der Altenpflege – Altenpflegegesetz – AltPflG – ist die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltPflG weggefallen ist, d. h. der Betroffene sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Dies setzt ein Verhalten voraus, das nach Art, Schwere und Zahl von Verstößen gegen Berufspflichten die zu begründende Prognose rechtfertigt, der Betroffene biete aufgrund der begangenen Verfehlungen nicht die Gewähr, in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten zu beachten. Dabei sind die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen und seine Lebensumstände im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens zu würdigen (vgl. NdsOVG, B. v. 23.12.2004 – 8 ME 169/04 – juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 2.3.2010 – 21 B 08.3008 – juris Rn. 22, jeweils unter Bezugnahme auf BVerwG, U. v. 26.9.2002 – 3 C 37/01 – juris – zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BApO).
Die anzustellende Prognose ist dabei nicht darauf beschränkt, ob die nach Art, Zahl und Schwere beachtlichen Verstöße gegen Berufspflichten in der Vergangenheit erwarten lassen, der Betroffene werde gleiche – oder zumindest ähnliche – Berufspflichten in der Zukunft schwerwiegend verletzen; vielmehr kann aus dem durch die Art, Schwere und Zahl der Verstöße gegen Berufspflichten manifest gewordenen Charakter des Betroffenen auch die Befürchtung abzuleiten sein, es seien andere, aber ähnlich schwerwiegende Verstöße gegen Berufspflichten ernsthaft zu besorgen. Im Kern geht es bei einer solchen Prognosen darum, ob eine aus den begangenen Verstößen ableitbare Sorg- oder Bedenkenlosigkeit im Hinblick auf ausdrücklich normierte oder als selbstverständliche anzusehende Berufspflichten die begründete Befürchtung zulässt, ähnlich sorg- bzw. bedenkenlos werde der Betroffene auch zukünftig im Hinblick auf Berufspflichten verfahren (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.2002 – 3 C 37/01 – juris Rn. 22).
Das Merkmal der Unzuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der Behörde weder einen Beurteilungs- noch einen Ermessensspielraum eröffnet. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist daher die Frage, ob die im Rechtsstreit für den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung festgestellten Tatsachen die rechtlichen Kriterien der Unzuverlässigkeit erfüllen. Dabei ist das Gericht nicht an die von der Behörde festgestellten Tatsachen gebunden (vgl. BVerwG, U. v. 26.9.2002 – 3 C 37/01 – juris Rn. 28).
Nach den im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung feststehenden Tatsachen ist die Antragstellerin als unzuverlässig im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltPflG anzusehen. Die wiederholte Verurteilung der Antragstellerin wegen Körperverletzung zulasten der ihr anvertrauten Personen und die diesen Verurteilungen zugrunde liegenden Sachverhalte lassen die Prognose zu, dass die Antragstellerin – auch aufgrund ihres darin zum Ausdruck gekommenen Charakters – ihre Berufspflichten auch in Zukunft nicht einhalten wird.
Bei der Beurteilung des Verhaltens der Antragstellerin geht das Gericht von den rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen in den (mittlerweile jeweils) rechtskräftigen Urteilen des Amtsgerichts München vom 16. Januar 2014 (Az.: 824 Ds 125 Js 161086/13) und vom 22. Februar 2016 (Az.: 836 Ds 124 Js 116301/15) aus. Die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafurteil können von den Behörden und vom Verwaltungsgericht regelmäßig zugrunde gelegt werden wenn nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen gegeben sind (vgl. BVerwG, B. v. 6.3.2003 – 3 B 10/03 – juris). Hierfür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte. In Bezug auf die Verurteilung vom 16. Januar 2014 war der Tathergang mit der entsprechenden Videoaufnahme dokumentiert. Wie sich aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 22. Februar 2016 ergibt, war dort eine ausführliche Beweisaufnahme durch Zeugen- und Sachverständigeneinvernahme erfolgt. Auch aus dem Vorbringen von Seiten der Antragstellerin ergeben sich im Übrigen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass das Strafgericht den Verurteilungen unrichtige Sachverhalte zugrunde gelegt hätte. So wurde in Bezug auf das Urteil vom 22. Februar 2016, das nach Mitteilung der zuständigen Staatsanwaltschaft mittlerweile auch rechtskräftig ist, nur allgemein geltend gemacht, dass die Antragstellerin unschuldig sei.
Die Antragstellerin hat demnach innerhalb eines Zeitraums von ca. 18 Monaten zweimal in erheblicher Weise gegen ihre Berufspflichten als Altenpflegerin verstoßen, die von einer besonderen Verantwortung gegenüber den anvertrauten und von einer sorgsamen Betreuung abhängigen alten Menschen geprägt sind. Sie hat dabei Kernpflichten ihrer Berufsausübung tiefgreifend verletzt.
Die Feststellungen, die der ersten Verurteilung der Antragstellerin wegen vorsätzlicher Körperverletzung zugrunde lagen, konnten im Einzelnen nur deshalb getroffen werden, weil auf Veranlassung einer Tochter der Geschädigten eine Videoaufnahme erfolgt war. Die Geschädigte, für deren Betreuung und Pflege die Antragstellerin zuständig war, war nach den Feststellungen des Strafurteils aufgrund Gebrechlichkeit und Krankheit völlig wehrlos, dement und teilweise gelähmt. Am 14. Juni 2013 beschimpfte die Antragstellerin die Geschädigte und schlug sie mit der Faust aus einem Abstand von ca. 20 cm auf den Hinterkopf, wodurch diese Schmerzen erlitt. Zudem ging sie beim Anziehen der Geschädigten, beim Einsetzen des Gebisses und beim Umsetzen der Geschädigten in den Rollstuhl sehr grob und ruppig vor. Die gesamte Handlung erfolgte durch die Antragstellerin ohne Aufmerksamkeit und ohne jegliche persönliche Zuwendung. Nach der Bewertung des Strafgerichts war die Antragstellerin zwar nicht wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB) zu verurteilen, da die Tathandlungen nicht derart gravierend gewesen seien, dass sie unter die Tatbestandsmerkmale „quälen“ oder „roh misshandeln“ hätten subsumiert werden können. Den Faustschlag auf den Hinterkopf wertete das Strafgericht jedoch als vorsätzliche Körperverletzung. Bei der Strafzumessung wurde zugunsten der Antragstellerin deren Geständnis gewertet, sowie der Umstand, dass sie nicht vorbetraft war. Es wurde berücksichtigt, dass sie in einer Stresssituation gehandelt habe, außerdem habe sie wegen des Vorfalls ihre alte Arbeitsstelle verloren. Gegen die Antragstellerin sprach ihr äußerst rohes und gefühlloses Vorgehen gegenüber der Geschädigten. Auch die wehrlose Situation der pflegebedürftigen Geschädigten wurde strafschärfend bewertet. Außerdem war nach Ansicht des Strafgerichts zu beachten, dass eine derartige Behandlung der Geschädigten nicht nur körperliche, sondern auch seelische Folgen haben könne. Die für tat- und schuldangemessen befundene Geldstrafe von 90 Tagessätzen beruhte auf einer Verständigung zwischen allen Verfahrensbeteiligten. Ein Berufsverbot wurde nicht verhängt, da das Strafgericht davon ausging, dass die Antragstellerin ausreichend beeindruckt sei und durch die durchgeführte Hauptverhandlung in Zukunft von ihr in Ausübung ihres Berufs keine erheblichen rechtswidrigen Taten zu erwarten seien. Gleichwohl wurde die Antragstellerin erneut straffällig und mit Urteil des Amtsgerichts München vom 22. Februar 2016 wegen Körperverletzung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Das Gericht war aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme der Überzeugung, dass die Einlassung der Antragstellerin in weiten Teilen widerlegt sei und der Oberschenkelbruch keinesfalls bereits am 27. November 2014 vor dem Schichtbeginn der Antragstellerin vorgelegen hätte. Vielmehr sei dieser Bruch auf nicht mehr näher feststellbare Weise in der Nacht vom 30. November 2014 auf den 1. Dezember 2014 aufgetreten und er sei durch die Antragstellerin auch erkannt worden – nach den eigenen Angaben sei das Bein beweglich wie Gummi gewesen. Die Einlassung der Antragstellerin, diese Unregelmäßigkeit hätte bereits zu ihrem ersten Schichtbeginn vorgelegen und die daraufhin angesprochenen Kollegen hätten nicht reagiert, sei eine bloße Schutzbehauptung, welche das grob pflichtwidrige Handeln der Antragstellerin relativieren solle. Die Antragstellerin sei schuldig der Körperverletzung durch Unterlassen – sie hätte, als für die Geschädigte zuständige Pflegekraft, unverzüglich ärztliche Hilfe anfordern müssen, was sie jedoch nicht getan habe. Die Geschädigte sei infolge ihrer körperlichen und geistigen Kondition dazu jedenfalls nicht mehr selbst in der Lage gewesen. Die Antragstellerin habe mithin eine Garantenpflicht getroffen, welche sie verletzt habe. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Strafgericht zugunsten der Antragstellerin ihr Teilgeständnis sowie ferner, dass im Bereich der Altenpflege eine hohe Arbeitsbelastung bei geringer Personaldecke zu bewältigen sei. Zu ihren Lasten wurde die einschlägige Vortat gewertet, die darüber hinaus gleichfalls im Bereich der Altenpflege gegenüber einer wehrlosen Person erfolgt sei. Für das Strafgericht stellte sich weiterhin bei der Antragstellerin die ernsthafte Frage, ob sie für eine Tätigkeit im Bereich der Altenpflege überhaupt geeignet sei. Sie scheine den Beruf gezwungenermaßen aus monetären Gesichtspunkten auszuüben und zugleich eine teils völlig gleichgültige, teils sogar rohe und gefühlskalte Gesinnung gegenüber den ihr Schutzbefohlenen an den Tag zu legen. Das Vorgehen der Antragstellerin lasse sich schwerlich mit dem Begriff der „Pflege“ in Übereinstimmung bringen.
Die Antragstellerin hat daher wiederholt im Rahmen der Ausübung ihres Berufs als Altenpflegerin Körperverletzungsdelikte begangen und dabei die ihr anvertrauten pflegebedürftigen und wehrlosen Personen vorsätzlich geschädigt. Zudem hat sie – wie auf der Videoaufnahme dokumentiert ist – gegenüber der Geschädigten durchgängig ein rohes und gefühlloses Vorgehen bei Pflegehandlungen gezeigt, die auch einen Rückschluss auf ihren Charakter zulassen. Auch im Zusammenhang mit der zweiten Verurteilung attestierte das Strafgericht der Antragstellerin eine teils völlig gleichgültige, teils sogar rohe und gefühlskalte Gesinnung, die sie gegenüber den ihr Schutzbefohlenen an den Tag zu legen scheine. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Einsatz im Bereich der Altenpflege grundsätzlich in einem besonders sensiblen Bereich stattfindet, da die betroffenen Personen teilweise nicht mehr in der Lage sind, sich zu artikulieren oder andere Personen um Hilfe zu bitten bzw. ihre Klagen nicht ernst genommen werden (vgl. VG Stuttgart, U. v. 19.7.2011 – 4 K 766/11 – juris Rn. 21). Dies zeigt sich gerade auch im vorliegenden Fall deutlich.
Die Antragstellerin hat sich daher bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung ihres Berufs ergeben dürfte. Sie dürfte – auch unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit und der zu Tage getretenen Einstellung – nicht mehr die Gewähr dafür bieten, dass sie in Zukunft die berufsspezifischen Vorschriften und Pflichten beachten wird. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Antragstellerin zuvor ihren Beruf unbeanstandet ausgeübt und sich weiter fortgebildet hat sowie ihre Tätigkeiten in Arbeitszeugnissen mit „gut“ oder „sehr gut“ bewertet wurden (vgl. hierzu auch VG Braunschweig, U. v. 11.2.2015 – 1 A 159/14 – juris Rn. 29). Da – wie ausgeführt – der Widerruf der Erlaubnis nicht im Ermessen der zuständigen Behörde steht, waren diese Gesichtspunkte nicht im Rahmen einer Ermessensausübung zur berücksichtigen.
Das Gericht verkennt die persönliche Härte nicht, die mit dem Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin“ für die Antragstellerin entsteht. Diese müssen jedoch mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut von § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 AltPflG außer Betracht bleiben (vgl. VG Oldenburg, B. v. 12.7.2016 – 7 B 3175/16 – juris Rn. 31). Der Widerruf dürfte sich daher auch nicht im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG als unverhältnismäßig erweisen. Die Tätigkeit der Antragstellerin im Bereich der Altenpflege ist im Übrigen grundsätzlich weiterhin möglich. Dass sie bestimmte Tätigkeiten nicht oder nur in Begleitung einer Fachkraft ausführen darf, ist Konsequenz der begangenen Verfehlungen und daher nicht unverhältnismäßig. Das gilt selbst dann, wenn die Möglichkeiten der Antragstellerin, eine angemessene Beschäftigung zu finden, dadurch erheblich einschränkt sind. Außerdem kann sie die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Altenpflegerin“ zu einem späteren Zeitpunkt erneut beantragen (vgl. VG Braunschweig, U. v. 11.2.2015 – 1 A 159/14 – juris Rn. 30).
Gegen die weiteren Verfügungen im streitgegenständlichen Bescheid sind Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Urkunde ergibt sich aus Art. 52 Satz 1 BayVwVfG. Danach kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist, die aufgrund dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt bestimmt sind, zurückfordern. Nachdem der Widerruf der Erlaubnis in sofort vollziehbarer Weise angeordnet worden ist, liegen die Voraussetzungen für die Rückforderung vor.
In Fällen des Widerrufs vorliegender Art muss die Anordnung der sofortigen Vollziehung besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verfassungsgemäß sein. Dem wird die Anordnung im Fall der Antragstellerin gerecht, da sie zur Abwehr einer Interimsgefahr notwendig ist.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs hat ein selbstständiges vorläufiges Verbot zur Ausübung des Berufes zum Inhalt, das in seinen Wirkungen über diejenigen des Widerrufs selber hinausgeht und damit schwerwiegend in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG eingreift. Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn der Sofortvollzug schon vor Rechtskraft des Widerrufs selbst als Präventi. V. m.aßnahme zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter erforderlich ist und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgt. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. (vgl. (vgl. BVerfG, B. v. 8.4.2010 – 1 BvR 2709/09; vgl. auch NdsOVG, B. v. 17.2.2016 – 8 ME 213/15 – juris Rn. 29 m. w. N.).
Gemessen daran ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs rechtmäßig. Die Kammer folgt insoweit für den vorliegenden Einzelfall der Annahme des Antragsgegners, wonach eine Gefahr für das Allgemeinwohl für den Zeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens, mithin eine Interimsgefahr vorliegt, die die privaten Belange der Antragstellerin, insbesondere ihre Berufsfreiheit, überwiegt. Es besteht zur Überzeugung der Kammer jederzeit die konkrete Gefahr einer schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigung Dritter. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin die Körperverletzungsdelikte ausschließlich im Rahmen ihrer Berufsausübung begangen hat und sie dadurch auch eine charakterliche Einstellung offenbart hat, die mit ihren Berufspflichten nicht in Einklang zu bringen ist. Die Antragstellerin ist auch seit Anfang Februar wieder in einem Seniorenheim als Altenpflegerin angestellt, nachdem sie – wie sich aus den Feststellungen des Strafurteils vom 22. Februar 2016 ergibt – zuvor eine Zeitarbeitsfirma betrieben hat, welche 2015 insolvent wurde. Angesichts der Schutzpflicht für die Gesundheit des Einzelnen als überragendes Schutzgut, vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, muss das Interesse der Antragstellerin, auch soweit es aus Art. 12 Abs. 1 GG abzuleiten ist, hier zurückstehen.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Nr. 14.1 i. V. m. Nr. 1.5). Dabei war der Mindeststreitwert in Höhe von 15.000,- Euro anzunehmen, da die Antragstellerin als abhängig Beschäftigte keinen Gewinn erwirtschaftet und der Streitwertkatalog zwischen Gewinn und Verdienst differenziert.


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