Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Anspruch auf Räumung und Herausgabe einer Garage

Aktenzeichen  3 S 56/16

Datum:
6.10.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 140541
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 263, § 264 Nr. 2 u. 3, § 529 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 1, § 533 Nr. 1
BGB § 242, § 535 Abs. 1 S. 1, § 546 Abs. 1, § 573, § 573b Abs. 1
BGB aF § 564b Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

1 Ist der neue Lebenssachverhalt teilweise in dem bisherigen Parteivortrag enthalten, so ist eine Klageänderung gem. § 533 Nr. 1 ZPO nach dem Gedanken der Prozesswirtschaftlichkeit sachdienlich, wenn sie geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Grundsätzlich ist die Teilkündiung eines mit der Wohnung vermieteten Garagenstellplatzes unzulässig, da nicht auszuschließen ist, dass der Stellplatz für den Mieter auch ausschlaggebend für die Anmietung der Wohnung war.  (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine Teilkündigung kann jedoch ausnahmsweise zulässig sein, wenn sich die Weigerung des Mieters ein gleichwertiges Ersatzobjekt zu akzeptieren, als Schikane zum Nachteil des Vermieters und damit als treuwidrig im Sinne des § 242 BGB erweist.   (Rn. 46 – 50) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

0120 C 2090/15 2016-05-27 Endurteil AGBAMBERG AG Bamberg

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Bamberg vom 27.05.2016, Az. 0120 C 2090/15, abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, den Garagenstellplatz am …, mit der Garagenstellplatznummer 141 des Grundstücks mit der Flurnummer … (hintere Garagenreihe, erste Garage rechts; direkt in Verlängerung des Weges Flurnr. … gelegen) zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der ersten Instanz, der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV. Das Urteil in Ziffer I ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat nach Umstellung der Klageanträge in der Sache überwiegend Erfolg. Der Kläger hat einen Räumungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Garage gegenüber den Beklagten nach erklärter Teilkündigung mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.).
A.
Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, §§ 513, 517, 519, 520 Abs. 1 – Abs. 3 ZPO.
Die Klageänderung in der Berufungsinstanz ist ausnahmsweise zulässig (§ 533 ZPO):
Mit den zuletzt in der Sitzung vom 07.07.2017 gestellten Anträgen begehrt der Kläger primär die sofortige Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Garage mit der Platznummer 141 durch die Beklagten. Für den Fall, dass den Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustehen sollte, beantragt der Kläger hilfsweise eine Zug-um-Zug-Verurteilung gegen Übergabe des Garagenstellplatzes Nr. 139. Für den Fall, dass die Teilkündigung mit Schreiben vom 18.01.2012 unwirksam sein sollte, begehrt der Kläger hilfsweise die Räumung und Herausgabe der Garage mit Ablauf des 31.05.2017. Wohl wiederum hilfsweise – das geht aus den formulierten Anträgen nicht klar hervor – soll eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Übergabe der danebenliegenden Garage erfolgen. Hierzu hilfsweise (für den Fall der fehlenden Teilkündigungsmöglichkeit) begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu einer strafbewehrten Unterlassung, äußerst hilfsweise die Unterlassung der Nutzung nach Ablauf des 31.05.2017.
I.
Die Kammer ist der Ansicht, dass der Anwendungsbereich des § 533 ZPO eröffnet ist und entgegen der Rechtsauffassung der Klägerseite ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO nicht gegeben ist. Ob eine Klageänderung vorliegt, ist nach den Grundsätzen zu prüfen, die zu § 263 ZPO entwickelt worden sind. Nach der Rechtsprechung des BGH in NJW 2004, 2152 kommt die Regelung des § 533 ZPO in den Fällen des § 264 Nr. 2 und 3 ZPO gar nicht zur Anwendung, nach teilweise vertretener Ansicht liegt zwar dann eine Klageänderung vor, die aber nicht an die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Sachdienlichkeit oder Einwilligung gebunden ist (vgl. beispielhaft OLG Saarbrücken in MDR 2006, 227 m.w.N.). Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz – nach entsprechenden Hinweisen der Kammer in der Sitzung vom 10.02.2017 – nicht mehr nur die Unterlassung der Nutzung der Garage, sondern vor dem Hintergrund mehrerer ausgesprochener Kündigungen des Mietvertrages (03.01.2012, 14.02.2017, 17.02.2017 und 23.02.2017) die Räumung und Herausgabe der Garage mit der Nr. 141. Eine (bloße) quantitative Änderung des Klageantrages ohne Änderung des Klagegrundes scheidet aus, ebenso eine qualitative Änderung des Antrags bei gleich bleibendem Klagegrund (vgl. hierzu Greger in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 264 Rn. 3 a und 3 b). Klagegrund in erster Instanz war ein behaupteter Unterlassungsanspruch wegen verbotener Eigenmacht. Die Klägerseite trug (ausschließlich) vor, dass eine bestimmte Garage nicht Mietgegenstand geworden sei und ein Austauschrecht bestehe. Ein mietvertragrechtlich abgeleiteter Herausgabeanspruch wurde nicht thematisiert und nicht als Klagegrund herangezogen (vgl. einzelne Beispiele bei Zöller, a.a.O., § 264, Rn. 3 b; z.B. Leistung statt Feststellung oder künftige statt sofortige Leistung).
II.
Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass die Klageänderung nach § 533 ZPO zulässig ist. Die Sachdienlichkeit (Nr. 1) ist nur ausnahmsweise zu verneinen, insbesondere wenn die Bejahung zur Beurteilung eines völlig neuen Streitstoffes nötigen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen Prozessführung verwertet werden könnte. Maßgeblicher Gesichtspunkt ist der Gedanke der Prozesswirtschaftlichkeit (BGH, MDR 2004, 1075), wobei es allein darauf ankommt, ob und inwieweit die Zulassung geeignet ist, den Streitstoff im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits auszuräumen und weiteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen (Heßler in Zöller, § 533, Rn. 6).
Diese Voraussetzung ist hier erfüllt: Die Parteien streiten über die Nutzung der leicht anzufahrenden Garage Nr. 141 durch die Beklagten. Mit der Klageänderung ist Streitstoff nicht nur das behauptete Austauschrecht des Klägers, sondern auch ein aus dem Mietvertrag abgeleitetes Besitzrecht der Beklagten. Der Streitstoff wird umfassend behandelt; weitere Folgestreitigkeiten werden vermieden. Die Klageänderung wird darüber hinaus auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (Nr. 2). Nach § 529 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Zulassung von neuen Angriffs- und Verteidigungsmitteln im zweiten Rechtszug möglich, wenn das Berufungsgericht den Fall materiell-rechtlich anders als das Gericht des ersten Rechtszuges beurteilt. Die Kammer wies mit Beschluss vom 24.03.2017 darauf hin, dass unter bestimmten Umständen – bei fehlendem Austausch recht – eine Teilkündigung in Betracht kommt und die Interessen der Parteien zu abzuwägen sind (vgl. Bl. 160 ff. d.A.). Das Amtsgericht führte in seinem Urteil – ohne den Schwerpunkt hierauf zu setzen – aus, dass eine Teilkündigung per se unzulässig sei. Erst nach umfassender Erörterung des Streitstoffes im Termin vom 10.02.2017 oblag es der Klägerseite umfassend zu einer Kündigung des Mietvertragsverhältnisses vorzutragen.
Mithin ist die Klageänderung, die gleichzeitig eine Klageerweiterung darstellt, zulässig. Die Hilfsanträge sind zulässig, da sie jeweils unter einer innerprozessualen Bedingung stehen.
B.
Dem Kläger steht im Ergebnis und unter Würdigung der Interessenlage der Parteien ein Räumungs- und Herausgabeanspruch der streitgegenständlichen Garage nach wirksamer Teilkündigung des Mietvertrages mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.) gemäß § 546 Abs. 1, §§ 535, 573 Abs. 1, Abs. 2, § 566 BGB (zum 31.05.2017) zu (Hilfsantrag).
I. Kein Austauschrecht des Klägers
Das Amtsgericht verneinte zunächst zutreffend aus dem fehlerfrei festgestellten Sachverhalt das behauptete Austauschrecht der Klägerseite. Insbesondere setzt sich das Amtsgericht in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 27.05.2016 ausführlich mit der Zeugenaussage Dr. Ma. (Voreigentümer) auseinander und lehnt ein Austauschrecht des Klägers ca. 20 Jahre nach Mietvertragsschluss zu Recht ab.
Unabhängig davon, ob es vorliegend – aufgrund einer planwidrigen Unvollständigkeit in der Anlage zum Mietvertrag vom 01.10.1996 (dort unter „Sonstiges“, Anlage B1, Bl. 24 ff. d.A.) – einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf (§ 157 BGB), ist der wahre Wille der Parteien zu erforschen (§ 133 BGB). Die Begleitumstände und die Interessenlage beider Seiten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sprechen aus Sicht der Kammer dafür, dass dem Voreigentümer Dr. Mayer wohl ein einmaliges Recht zur Zuweisung einer Garage zustehen sollte, von einem mehrmaligen, unbefristeten Austauschrecht dagegen nicht ausgegangen werden kann.
1. Unstreitig ist, dass die Garagen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht errichtet waren und beabsichtigt war, den Beklagten übergangsmäßig ein Carport zu vermieten. Die Beklagten waren damit einverstanden, brachten aber gleich ihr Interesse an der Anmietung des Garagenstellplatzes mit der Nr. 141 zum Ausdruck. Tatsächlich wurden dann die Garagen vor den Carports fertiggestellt, so dass den Beklagten von Beginn an die Garage mit der Nr. 141 zugewiesen wurde. Das (einmalige) Austauschrecht hat sich somit erledigt und ist untergegangen. Vor dem Hintergrund dieser Interessenlage – der Voreigentümer wollte sich nicht binden, da die Garagen noch gar nicht fertiggestellt waren und die örtlichen Verhältnisse noch nicht klar waren – wurde in der Anlage zum Mietvertrag aufgenommen, dass das Carport gegen eine Garage („mögl. hintere Garagenreihe – 1. Garage rechts) getauscht“ wird. Nach Fertigstellung kannte der damalige Vermieter die örtlichen Gegebenheiten, so dass er sich dahingehend gebunden hat, die gewünschte Garage zum Mietgegenstand zu machen.
2. Der Wortlaut der Vereinbarung spricht gegen ein mehrmaliges unbefristetes Austauschrecht. Gegenstand der Regelung ist vielmehr der Tausch „Carport gegen Garage“. Nach der Fertigstellung der Garagen sollte das Carport gegen eine Garage getauscht werden. Der Tausch einer Garage mit einer anderen ist vom Wortlaut nicht umfasst.
3. Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Der Zeuge Dr. Ma. wurde ausführlich zur damaligen Interessenlage befragt. Er führte aus, dass „sie dann tatsächlich diese erste Garage rechts bekommen haben“ (Protokoll Seite 2, Bl. 56 d.A.). Offensichtlich ging auch er davon aus, dass damit das Zuweisungsrecht „verbraucht“ war. Lediglich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe er sich nicht binden wollen, da die Garagen noch nicht fertiggestellt waren.
4. Demgemäß wurde die streitgegenständliche Garage von den Beklagten dann bis zur Aufteilung in Wohneigentum und darüberhinaus genutzt, ohne dass ihr Recht dazu bestritten wurde.
II. Wirksame (isolierte) Teilkündigung (unter Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien)
Der Hauptantrag ist unbegründet, dem Kläger steht (erst) ein Räumungs-/Herausgabeanspruch der streitgegenständlichen Garage mit Ablauf des 31.05.2017 zu.
1. Unwirksame Kündigungen mit Schreiben vom 03.01.2012, 14.02.2017 und 23.02.2017
Die allein vom Kläger ausgesprochene Teilkündigung mit Schreiben vom 03.01.2012 (Anlage K11, Bl. 170 d.A.) ist unwirksam. Unstreitig teilte der Voreigentümer … im Jahre 2004/2005 die Wohnanlage … in Wohnungseigentum auf und veräußerte die einzelnen Wohneinheiten. Dabei wurde die an die Beklagten vermietete Garage der erworbenen Wohneinheit des Klägers zugeordnet. Da es sich bei dem geschlossenen Vertrag zwischen den Beklagten und dem Zeugen … vom 01.10.1996 hinsichtlich der Wohnung und der Garage um einen einheitlichen Mietvertrag handelt – hierfür spricht die Einheit der Urkunde (Garagenmietvertrag als Anlage), der zeitgleiche Abschluss und die Einheit des Grundstücks – wird dieser durch die Veränderung der dinglichen Rechtslage nicht in mehrere Mietverhältnisse aufgespalten. Vielmehr tritt der Erwerber gem. § 566 BGB in den über ein einheitliches Mietobjekt geschlossenen einheitlichen Mietvertrag ein (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. exemplarisch BGH, Urteil vom 24.01.1973, VIII ZR 163/71 = NJW 1973, 455; zu den Kriterien ausführlich OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 30.03.1983, 3 REMiet 1/83 = NJW 1983, 1499). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass neben den Wohnräumen eine Garage als eigentlich abtrennbarer Nebenraum (mit-)vermietet wird (BGH, Urteil vom 28.09.2005, VIII ZR 399/03; Harsch in Schmid/Harz, Mietrecht, 4. Auflage 2014, Vor. § 535 Rn. 43 a ff). Die Verdopplung auf Vermieterseite ist dabei von den Beklagten hinzunehmen. Konsequenterweise ist die Kündigung dann von allen Vermietern auszusprechen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 11.10.1995, WuM 1996, 222).
Vor diesem Hintergrund sind die weiteren Kündigungen mit Anwaltsschreiben vom 14.02.2017 (Anlage K6, Bl. 149 d.A., „(…) namens und in Vollmacht unseres Mandanten (…)“) und mit Schreiben vom 23.02.2017 (Anlage K10, Bl. 154 d.A.) unwirksam.
2. Zulässige und wirksame Teilkündigung mit Schreiben vom 14.02.2017
Die von allen Vermietern ausgesprochene Teilkündigung mit Schreiben vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.), unter gleichzeitiger Bereitstellung der Garage mit der Stellplatznummer 3 als Ersatz, ist zulässig und beendete teilweise das Mietverhältnis zum 31.05.2017.
a) Die Kammer verkennt dabei nicht, dass nach einhelliger Ansicht in der ober- bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur (teilweise unter Bezugnahme auf § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) Teilkündigungen hinsichtlich trennbarer Mietgegenstände und/oder einzelner Mietvertragsregelungen grundsätzlich unzulässig sind. Ebenso verhält es sich, wenn einheitlich eine Wohnung und eine Garage vermietet sind, darauf das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum umgewandelt wird und der Erwerber der Garage das Mietverhältnis insoweit kündigen will (vgl. die Konstellationen bei BGH, Urteil vom 28.09.2005, VIII ZR 399/03; BayObLG, Beschluss vom 12.12.1990, zusammenfassend Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage 2009, Rn. X 93 f., S. 1310 f.; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht Kommentar, 12. Auflage 2015, § 542 Rn. 87). Dieser Grundsatz beruht darauf, dass der Mieter ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend genießt, dass der Mietvertrag mit allen vertraglichen Regelungen, insbesondere betreffend die Mietobjekte, seinen Fortbestand behält. Mit anderen Worten trifft der Mieter grundsätzlich einen Gesamtentschluss, eine Wohnung mit einer nahegelegenen Garage anzumieten. Es kann durchaus sein, dass der Mieter die Wohnung ohne die Garage nicht angemietet hätte. Auf der anderen Seite entscheidet sich der Vermieter die Wohnung zusammen mit der Garage zu vermieten. Vor diesem Hintergrund überwiegen in aller Regel die Interessen des Mieters am Fortbestand des einheitlichen Mietvertrages, auch wenn auf Vermieterseite weitere Personen hinzukommen. Ausnahmen von der grundsätzlichen Unzulässigkeit sieht das OLG Karlsruhe in den Rechtsentscheiden vom 03.03.1997 – 3 REMiet 1/97 (NJW-RR 1997, 711) und vom 30.03.1983 – 3 REMiet 1/83 (NJW 1983, 1499). Die Senate des OLG Karlsruhe führen in ihren Entscheidungsgründen aus, dass eine Eigenbedarfskündigung gemäß § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn der Vermieter nur Bedarf an einem Teil des vermieteten Objekts hat. Eine Ausnahme ist allerdings zu machen, wenn die Teilkündigung einerseits den Belangen des Kündigenden entspricht, andererseits hierdurch die Interessen des Mieters nicht oder jedenfalls nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Für den Fall, dass die Interessen des Mieters durch die Teilkündigung nicht ernsthaft betroffen sind, kann das Beharren auf einer rein formalen Rechtsstellung der Durchsetzung eines berechtigten Eigenbedarfs des Vermieters unter dem Gesichtspunkt des Schikaneverbots letztlich nicht im Wege stehen. Jedenfalls gebietet eine verfassungskonforme Auslegung von § 564 b Abs. 1 BGB a.F. in derartigen Ausnahmefällen eine Berücksichtigung der Vermieterinteressen, denen keine ernsthaften und damit schützenswerten Belange des Mieters gegenüberstehen.
Nach diesen Grundsätzen hält die Kammer – auch wenn der gesetzlich vorgesehene Fall der Teilkündigung nach § 573 b Abs. 1 BGB nicht vorliegt – die Teilkündigung für ausnahmsweise zulässig. Das Beharren der Beklagten auf der Weiternutzung der streitgegenständlichen Garage stellt eine Schikane zum Nachteil des Klägers dar (§ 242 BGB).
aa) Der Umstand, dass die streitgegenständliche Garage unstreitig etwas leichter (ohne Bogen) anzufahren ist, fällt nicht ins Gewicht. Die mit der Kündigung angebotene Garage liegt nahezu unmittelbar daneben und ist vom Eingang der Wohnanlage nicht weiter entfernt. Aus Sicht der Kammer ändert der Umstand, dass der Beklagte zu 1) mit einem Grad von 100 körperbehindert ist, an der Einschätzung nichts. Solange der Beklagte zu 1) in der körperlichen Verfassung ist, ein Fahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen, so muss er auch in der Lage sein, die Garage mit der Stellplatznummer 3 in einem leichten Bogen anzufahren. Dass die streitgegenständliche Garage einem Behinderten weitere Vorteile gegenüber der Ersatzgarage bietet, wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
bb) Das Interesse der Beklagten an der Weiternutzung der zugewiesenen Garage ist trotz eines nicht bestehenden fortwährenden Austauschrechts (vgl. oben) von vorneherein aufgrund der vertraglichen Regelung in der Anlage zum Mietvertrag vom 01.10.1996 stark eingeschränkt. Im Zeitraum der Entscheidungsfindung und des Vertragsschlusses konnten die Beklagten nicht darauf vertrauen, dass sie nach Fertigstellung die streitgegenständliche Garage nutzen dürfen. Dieses Vertrauensmoment war aufgrund der Formulierung „mögl.“ eingeschränkt und es steht fest, dass die Beklagten ihren Vertragsentschluss gerade nicht von der Zuweisung der gegenständlichen Garage abhängig gemacht haben.
cc) Der Kläger hingegen hat ein grundgesetzlich geschütztes Interesse an der Nutzung seines Eigentums (Art. 14 GG). Unstreitig benötigt er die Garage, um sein Fahrzeug dort unterzustellen, da er auf dem nahegelegenen Erbainselgelände selbst nicht über ausreichend Stellraum verfügt. Es wäre mit seinem Eigentumsrecht kaum zu vereinbaren, wenn man den Kläger auf die Anmietung der Garage mit der Stellplatznummer 3 bei Zahlung von Mietzins an die Eheleute … verweisen würde, obwohl er Eigentümer einer dort gelegenen Garage ist.
dd) Ein „Umzug“ in die danebenliegende Garage ist für die Beklagten trotz des fortgeschrittenen Lebensalters und der Körperbehinderung des Beklagten zu 2) zumutbar, weil dieser mit einem überschaubaren Aufwand verbunden ist. Die Beklagtenseite trägt nicht vor, dass übermäßig viele Gegenstände in der Garage gelagert werden. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass sich der „Umzug“ aller Voraussicht nach auf das einmalige Umparken des Fahrzeugs beschränken wird.
b) Nach § 573 Abs. 3 BGB sind die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Kündigung im Kündigungsschreiben anzugeben, wobei die Angabe ein Wirksamkeitserfordernis darstellt (Gähn in Schmid/Harz, Fachanwaltskommentar Mietrecht, 4. Auflage 2014, § 573 Rn. 56 m.w.N.). Spätestens mit Zustellung der Berufungsbegründungsschrift vom 28.07.2016 haben die Beklagten Kenntnis darüber, dass der Kläger die Garage wegen Eigenbedarf benötigt. Eine weitere Begründung im Kündigungsschreiben vom 14.02.2017 wäre eine bloße Förmelei.
c) Der von Beklagtenseite erhobene Verwirkungseinwand ist unbegründet; aus Sicht der Kammer liegt weder das erforderliche Zeit- noch das Vertrauensmoment vor. Unstreitig wurde der Versuch, die Garage im Jahre 2005 frei zu bekommen, nicht vom Kläger, sondern von der Broma-Grundstücks- und Vermögensverwaltung GmbH unternommen. Erstmals mit Schreiben vom 03.01.2012 wandte sich der Kläger persönlich an die Beklagten. Nach anwaltlicher Beratung im Jahre 2015 begehrte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 28.12.2015 die Unterlassung der Nutzung. Dem Kläger ist dabei eine Bedenkzeit zur Einschaltung anwaltlicher Hilfe zuzubilligen. Die Aufforderung zur Nutzungsunterlassung erfolgte dann unverzüglich noch im Jahr 2015. Des Weiteren setzte der Kläger keinen Vertrauenstatbestand, nach dem die Beklagten davon ausgehen konnten, dass der Vermieter die Herausgabe nicht weiterverfolgen wird. Insbesondere wurde der anteilige Mietzins von den Beklagten unstreitig nicht an den Kläger, sondern an die Eheleute R. entrichtet. Es ist also nicht so, dass der Kläger den Mietzins über einen längeren Zeitraum vereinnahmt und somit zu verstehen gegeben hätte, dass das Mietverhältnis seinen Fortbestand behalten soll.
Nach alledem sind die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Garage nach § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung nach § 348 BGB scheidet aus, da die Eheleute R. als Eigentümer der Garage mit der Stellplatznummer 3 nicht am Verfahren beteiligt sind und der Kläger diese alleine nicht zur Verfügung stellen kann. Mit der Kündigung vom 14.02.2017 haben diese die Garage allerdings verbindlich als Ersatz angeboten. Daran werden sich die Vermieter festhalten lassen müssen.
III. Kein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlich aufgewandten Rechtsverfolgungskosten zu. Kostenauslösende Maßnahme war das Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 28.12.2015 (Anlage K1, Bl. 5 f. d.A.). Der zunächst rechtshängige Unterlassungsanspruch bestand nicht. Erst durch die selbst ausgesprochene Kündigung – ohne anwaltlichen Beistand – vom 14.02.2017 (Anlage K5, Bl. 148 d.A.) wurde die Grundlage für den Räumungs- und Herausgabeanspruch gesetzt.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf den Regelungen der §§ 91, 97 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens trotz seines Obsiegens zu tragen, da er aufgrund des neuen Vorbringens (Kündigung) obsiegt, und er ohne weiteres die Kündigungen auch im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorbringen können. Mangels Ausspruch einer Kündigung vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz hätte der Unterlassungsanspruch als unbegründet abgewiesen werden müssen. Andererseits zeigt das Prozessverhalten der Beklagten, dass sie eine Kündigung auch in erster Instanz nicht anerkannt hätten.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Kammer lässt die Revision gegen das Berufungsurteil gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO entgegen dem Antrag der Beklagtenseite nicht zu. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht gegeben.
Die vorliegende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da gerade keine aufklärungsbedürftige Frage zu entscheiden war, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 151, 221 = NJW 2002, 2957). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (BVerfG NJW 2011, 1277). Andererseits begründet nicht schon jede Abweichung der Berufungsgerichte untereinander oder ein Abweichen im Einzelfall von vorliegender Rechtsprechung des Revisionsgerichts das Vorliegen von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere wenn es um eine Einzelfallentscheidung geht (BGH, NJW 2003, 3765). Vorliegend kommt die Kammer in einer besonders gelagerten Konstellation (Hinzutreten des Erwerbers auf Vermieterseite nach Aufteilung in Wohnungseigentum, Anbieten einer Ersatzgarage in unmittelbarer Nähe, keine direkte Zahlung des anteiligen Mietzinses an den neuen Vermieter etc.) unter Abwägung der Belange aller Beteiligten dazu, dass die Interessen der Mieterseite (Beklagte) an der Weiternutzung der Garage gegenüber dem Eigentumsanspruch des Vermieters (Kläger) nicht ins Gewicht fallen. Eine vergleichbare Konstellation wird absehbar nicht zur Entscheidung anstehen. Hinzu kommt, dass bei der Beurteilung der grundsätzlichen Bedeutung auch das tatsächliche und/oder rechtliche Gewicht einer Frage für den Rechtsverkehr einzubeziehen ist (Heßler in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 543 Rn. 11 m.w.N.). Letztlich geht es darum, ob sich die Beklagten fortan auf die Nutzung einer anderen Garage in unmittelbarer Nähe verweisen lassen müssen.
Die Zulassungskriterien des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO haben unmittelbaren Bezug zu den Zulassungsgründen der Nr. 1. Insbesondere ist das Kriterium der „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“ wohl als Unterfall der „grundsätzlichen Bedeutung“ anzusehen (vgl. ebd., § 543 Rn. 13). Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung nicht vom höchstrichterlichen Grundsatz ab, dass eine isolierte Teilkündigung eines einheitlichen Mietvertrages grundsätzlich unzulässig ist. Für den Fall, dass die Interessen der Mieterseite durch die Kündigung nicht spürbar betroffen werden, gebietet der allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben in Form des Schikaneverbots – es wird eine gleichwertige Ersatzgarage angeboten-, dass der Mieter berechtigt ist, eine Teilkündigung auszusprechen. Über eine solche Konstellation musste der BGH mit Urteil vom 12.10.2011, VIII ZR 251/10, nicht entscheiden. Die darüber hinaus von den Beklagten zitierte Rechtsprechung des BayObLG mit Beschluss vom 12.12.1990, RE-Miet 2/90 (= BayObLGZ 1990, 329) setzte sich mit einer Teilkündigung nicht auseinander. Das OLG Karlsruhe, Rechtsentscheid vom 03.03.1997, 3 RE-Miet 3/97 (= NJW-RR 1997, 711, dort zu § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F.) führt allgemein aus, dass irn Einzelfall die Interessen der Mietvertragsparteien abzuwägen sind. Das hat die Kammer – wie oben unter B. II. 2. a) ausgeführt – getan.

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