Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Ausschluss der Verzinsung eines Kautionsguthabens im Altvertrag

Aktenzeichen  30 C 2151/16

Datum:
12.8.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 133811
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 551 Abs. 3
EGBGB Art. 229 § 3 Abs. 8

 

Leitsatz

1. Wird in einem aus dem Jahre 1966 datierenden Mietvertrag die Verzinsung der Kaution ausgeschlossen, ist die Vorschrift des § 551 BGB auf diese Regelung nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 3 Abs. 8 EG-BGB nicht anwendbar.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Ausschluss der Verzinsung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt oder um eine Individualabrede. Denn die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 3 Abs. 8 EG-BGB nimmt in dieser Hinsicht gerade keine Differenzierung vor. Dem Gesetzgeber war diese Problematik der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit etwaiger vorformulierter Bestimmungen bekannt. Indem er trotz Kenntnis der Problematik der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit etwaiger vorformulierter Bestimmungen gleichwohl keine Einschränkung vorgenommen hat, muss davon ausgegangen werden, dass ein Ausschluss solcher Vereinbarungen gerade nicht gewollt war.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 33,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2015 zu zahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.039,28 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist weitgehend unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung lediglich in Höhe von 33,23 €.
1. Der Klägerin steht das unstreitige Betriebskostenguthaben aus der Abrechnung 2014 in Höhe von 113,24 € zu.
2. Des weiteren steht der Klägerin ebenfalls grundsätzlich das Kautionsguthaben zu. Dieses beläuft sich aber nur auf 255,00 € – und nicht unter Berücksichtigung von Zinsen auf 926,04 €. Denn die im Mietvertrag unter § 29 enthaltene Regelung, wonach der Kautionsbetrag unverzinslich ist, ist wirksam.
Nach aktueller Rechtslage ist gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 BGB der Vermieter durchaus verpflichtet, die Kaution verzinslich anzulegen und stehen dem Mieter die Zinsen hieraus auch zu. Der hier zu beurteilende Mietvertrag bzw. die Vertragsbestimmung in § 29 datieren jedoch aus dem Jahre 1966. Die Vorschrift des § 551 BGB ist somit nicht ohne weiteres hierauf anwendbar. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 3 VIII EG-BGB gilt die Vorschrift nicht, wenn die Verzinsung der Kaution vor dem 01.01.1983 durch Vertrag ausgeschlossen worden ist. § 551 Abs. 3 Satz 1 BGB findet in diesem Fall keine Anwendung (so auch BGH, Urteil vom 11.03.2009, VIII ZR 184/08, NZM 2009, 481). Hier wurde die Verzinsung der Kaution durch vertragliche Abrede aus dem Jahre 1966 ausgeschlossen.
Dahinstehen kann nach Auffassung des Gerichts, ob es sich bei der Abrede in § 29 des Mietvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt oder um eine Individualabrede. Denn die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 3 VIII EG-BGB differenziert gerade nicht danach, ob es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt oder einen individualvertraglichen Ausschluss der Verzinsung. Dem Gesetzgeber war diese Problematik der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit etwaiger vorformulierter Bestimmungen bekannt. Indem er gleichwohl keine Einschränkung vorgenommen hat, muss davon ausgegangen werden, dass ein Ausschluss solcher Vereinbarungen gerade nicht gewollt war (Münchener Kommentar zum BGB/Bieber, 6. Auflage 2015, Art.229 § 3 Absatz 8 EG-BGB Rn 9).
3. Die Beklagtenpartei hat wirksam gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch und den Anspruch auf Erstattung eines Betriebskostenguthabens in Höhe von insgesamt 368,24 € mit Gegenansprüchen in Höhe von 335,45 € aufgerechnet.
Der Einwand der Klagepartei, die Aufrechnung sei mangels ordnungsgemäßer Kautionsabrechnung nicht möglich, da es an der Gleichartigkeit der Ansprüche fehle, greift nach Auffassung des Gerichts nicht durch. Denn es ist dem Vermieter möglich, seine Gegenansprüche auch erst im Rahmen des Prozesses geltend zu machen. Die „Kautionsabrechnung“ findet dann eben erst im Prozess statt. Sofern nicht bereits vorhergehende Aufrechnung der Gegenseite zu berücksichtigen ist, kann der Vermieter auch erst im Rahmen des Prozesses die Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklären. An der Gleichartigkeit der Ansprüche fehlt es keineswegs. Die Aufrechnung wurde mit Mietzahlungsansprüchen erklärt. Diese entstehen nicht erst formell durch eine Kautionsabrechnung.
Der Beklagte machte als Gegenansprüche die ausstehenden Mieten für Januar und Februar 2015 geltend. Die ungeminderte Miete betrug 176,55 €. Von der Januarmiete waren – insoweit zugestanden durch die Beklagtenpartei – ein Betrag von 17,66 € abzuziehen wegen des defekten Toilettendruckspülers im Monat Januar 2015.
Die Klägerin hat wiederum über den von der Beklagtenpartei ohnehin zugestandenen Minderungsbetrag von 10% der Januarmiete nichts vorgetragen, was eine weitergehende Kürzung der Mietzahlungsansprüche gerechtfertigt hätte. Für eine Nichtbenutzbarkeit des Druckspülers im Januar bis 09.01.2015 ist die angesetzte Minderungsquote von 17,66 € jedenfalls ausreichend. Dies entspricht einer Mietminderung von mehr als 1/3 im fraglichen 9-tätigen Zeitraum. Sofern die Klägerin ins Feld geführt hat, die Toilette sei bereits ab 05.12.2014 unbenutzbar gewesen, führt dies nicht ohne weiteres zu einer Kürzung der Miete im Januar. Vielmehr könnte in einem solchen Fall der Mieterin nur ein Anspruch aus § 812 BGB auf Rückerstattung zuviel gezahlter Miete für den Monat Dezember 2014 zustehen, welcher aber im Wege der Aufrechnung gegen die Mietzahlungsverpflichtung für die Folgemonate erst geltend gemacht werden müsste. An einer solchen Erklärung fehlte es hier.
Weitergehender Sachvortrag, der im Rahmen einer Mietminderung zu berücksichtigen wäre, ist nicht erfolgt.
4. Die Zinsforderung ist gemäß §§ 286, 288 BGB begründet. Einwände hiergegen, insbesondere gegen den Verzugsbeginn wurden nicht erhoben.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.11, 711, 713 ZPO.


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