Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters wegen grundsätzlicher Verweigerung einer Untervermietung

Aktenzeichen  70 C 265/19

Datum:
5.9.2019
Fundstelle:
WuM – 2019, 622
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Forchheim
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 540 Abs. 1 S. 2, § 573c Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. In einem Mietvertrag über Wohnraum ist ein beiderseitiger formularmäßiger Verzicht auf eine ordentliche Kündigung bis zu einer Dauer von 4 Jahren zulässig (ebenso BGH BeckRS 2005, 4715). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Untervermietung im Sinne des § 540 BGB erfasst (auch) die Fälle, in denen der Hauptmieter die gesamte Wohnung an einen Dritten überlassen will. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung des Vermieters bzgl. einer Untermieterlaubnis ist es nicht erforderlich, dass der Mieter dem Vermieter noch diejenigen Daten mitteilt, die dieser braucht, um festzustellen, ob in der Person des Untermieters ein wichtiger Grund zur Verweigerung vorliegt. Die Verweigerung erfolgt dann vielmehr aus Gründen, die mit der Person eines bestimmten Untermieters nichts zu tun haben. Dem Mieter steht dann ein außerordentliches Kündigungsrecht gemäß § 540 Abs. 1 S. 2 BGB zu. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Forchheim vom 04.06.2019 wird aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits, mit Ausnahme der Kosten der Säumnis, welche der Beklagte zu tragen hat.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leisten, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 820,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
Auch in der Sache hat er Erfolg.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten aus dem vormals bestehenden Mietverhältnis zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und dem Beklagten kein Anspruch auf Zahlung der hier geltend gemachten Mieten für die Monate April und Mai 2019 in Höhe von jeweils 410,00 €, somit insgesamt 820,00 € zu.
Denn durch die unstreitig beklagtenseits erklärte Kündigung im Schreiben vom 31.12.2018 zum 31.03.2019, wurde das Mietverhältnis eben zum letztgenannten Zeitpunkt, also Ende März, beendet.
Die Voraussetzungen der Kündigung des § 540 Abs. 1 S. 2 BGB lagen nämlich vor.
Zunächst ist dabei festzustellen, dass zwar grundsätzlich mit der Rechtsprechung des BGH der im Mietvertrag, dort § 2, Ziff. 2 b) vereinbarte Kündigungsverzicht wirksam ist. In einem Mietvertrag über Wohnraum ist auch ein beiderseitiger formularmäßiger Verzicht auf eine ordentliche Kündigung bis zu einer Dauer von 4 Jahren zulässig, vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2005/VIII ZR 27/04.
Allerdings war auch bereits gemäß des Wortlautes der Verzichtsvereinbarung in dem streitgegenständlichen Mietvertrag ausdrücklich das Recht zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist von diesem Verzicht unberührt geblieben. D.h. der Anwendungsbereich des § 540 Abs. 1 S. 2 BGB war damit eröffnet.
Der Kläger als Rechtsnachfolger der ursprünglichen Vermieterin hat auch die Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung der Mietsache an Dritte verweigert.
Die Klagepartei nimmt hier rechtsirrig an, dass eine Untervermietung im Sinne des § 540 BGB nicht die Fälle erfasse, in dem der Hauptmieter die gesamte Wohnung an einen Dritten überlassen wolle. Diese Annahme findet bereits in der gesetzlichen Regelung keinerlei Rückhalt und widerspricht im übrigen auch jeglicher Kommentierung und der Rechtsprechung zum hier in Frage stehenden Kündigungsgrund.
Als weitere für das Vorliegen des Kündigungsgrundes erforderliche Voraussetzung hat hier der Beklagte eindeutig und unmissverständlich um die Erteilung der Erlaubnis nachgesucht, siehe sein Schreiben vom 15.11.2018. Er hat auch die Personen der Untermietinteressenten ausdrücklich benannt. Unstreitig hatte er bereits vorab Unterlagen möglicher Interessenten übergeben, siehe die auch im Termin der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2019 zur Akte gereichten Mieterselbstauskünfte.
In seinem Schreiben vom 15.11.2018 hatte der Beklagte auch ausdrücklich als Alternative zu einer Nachvermietung eine Untervermietung angeboten. In seinem Antwortschreiben vom 23.11.2018 hat der Kläger eindeutig ausgeführt, dass einer solchen Untervermietung seinerseits nicht zugestimmt wird.
Somit hat der Kläger unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er eine Untermieterlaubnis verweigert. Wegen dieser grundsätzlichen Verweigerungshaltung wäre es mit der herrschenden Meinung, siehe Schmitt-Futterer, Onlinekommentar, 14. Auflage 2019, § 540, Rand-Nr. 69 ff, schon nicht erforderlich gewesen, dass dann der Beklagte dem Kläger noch diejenigen Daten mitteilt, die er braucht, um festzustellen, ob in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt. Die Verweigerung erfolgte offensichtlich aus Gründen, die mit der Person eines bestimmten Untermieters nichts zu tun haben.
Davon unabhängig hatte allerdings der Beklagte ohnehin durch die Abgabe der Mieterselbstauskünfte dreier Interessenten die notwendigen Daten an den Kläger als Vermieter übergeben.
Da nun also der Kläger unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatte, dass die vom Beklagten angebotene Untervermietung für ihn nicht in Betracht kommt, ohne dass in der Person der Mietinteressenten ein wichtiger Grund vorlag, war der Beklagte seinerseits zur Kündigung gemäß § 540 Abs. 1 S. 2 BGB berechtigt und hat von diesem Kündigungsrecht auch durch die bereits angesprochene Erklärung im Schreiben vom 31.12.2018, dem Kläger unstreitig zugegangen, Gebrauch gemacht.
Diese Kündigung beendete somit das Mietvertragsverhältnis gemäß § 573 c) Abs. 1 S. 1 BGB zum 31.03.2019, weshalb darüber hinausgehende Mietzahlungsansprüche dem Kläger nicht zustehen.
Aus den genannten Gründen war die Klage in der Hauptsache abzuweisen, das bereits erlassene Versäumnisurteil aufzuheben.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 344 ZPO.
Insbesondere waren die Kosten der Säumnis dem Beklagten aufzuerlegen, da das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen war. Ausweislich der sich in der Akte befindlichen Zustellungsurkunden konnten Klage, Klageerweiterung und das Versäumnisurteil an der Anschrift der Mietwohnung, in der W.-straße …, … F., zugestellt werden. Aus einem Schreiben des Beklagten selbst vom 11.06.2019, vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz der Klagevertreterin vom 27.06.2019, hat dieser erst mit diesem Schreiben die Schlüsselsätze für die Mietwohnung zurück gesandt. Da der Beklagte somit bis zu diesem Zeitpunkt die Möglichkeit zum Zugang zu jener Wohnung und somit auch Zugriff auf den zur Wohnung gehörenden Briefkasten hatte, konnten die bis dahin erfolgten Zustellungen ordnungsgemäß an ihn erfolgen. (Ergänzend sei ausgeführt, dass aber letztendlich vorliegend keine tatsächlichen Mehr-Kosten aufgrund der Säumnis angefallen sind)
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage im § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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