Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bemessung des Streitwerts einer gegen die Sanierung einer Tiefgarage gerichteten wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtungsklage

Aktenzeichen  1 T 12017/19

Datum:
10.12.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41193
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG aF § 49a

 

Leitsatz

1. Das jeweilige Interesse i.S.v. § 49a GKG aF ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soll mit einer (hier: konkret gegen die Beschlussfassung über die Beauftragung eines Fachmanns mit der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses und Einholung von Angeboten gerichteten)wohnungseigentumsrechtlichen Anfechtungsklage die Sanierung einer Tiefgarage verhindert werden, so richtet sich der Wert des Interesses des klagenden Wohnungseigentümers im Sinne des § 49a WEG aF nach seinem voraussichtlichen Anteil an den Kosten der Sanierungsmaßnahme. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

21 C 613/18 WEG 2019-06-14 Bes AGEBERSBERG AG Ebersberg

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 15.07.2019 wird der Verfahrenswertbeschluss des Amtsgerichts Ebersberg vom 14.06.2019, Az. 21 C 613/18 WEG, dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das Verfahren auf € 25.000,00 festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 68 I GKG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 68 I Satz 3 und 5, 63 III Satz 2, 66 V GKG). Der Schriftsatz vom 15.07.2019 ging am 15.07.2019 und damit innerhalb der Frist des § 68 I Satz 3, 2. Halbsatz GKG von einem Monat nach Zustellung des erst nach Ablauf von sechs Monaten nach Beendigung des Verfahrens durch Klagerücknahme ergangenen Verfahrenswertbeschlusses vom 14.06.2019 am 19.06.2019 bei Gericht ein. Der Beklagtenvertreter war gemäß § 32 II RVG auch berechtigt, Beschwerde im eigenen Namen einzulegen.
Die Beschwerde ist zum Teil auch begründet.
In Wohnungseigentumssachen ist gemäß § 49 a I GKG der Streitwert auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen, wobei er allerdings das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten darf. Weiter sind die Grenzen des § 49a II GKG zu beachten, wonach der Streitwert, wenn sich eine Klage gegen einzelne Wohnungseigentümer richtet, das Fünffache des Wertes ihres Interesses sowie des Interesses der auf ihrer Seite Beigetretenen nicht übersteigen darf. Das jeweilige Interesse an der Entscheidung ist dabei unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (vgl. BGH, Beschuss vom 06.04.2017, Az: V ZR 254/16, juris Rn 4; BGH, Beschluss vom 06.12.2018, Az: V ZR 63/18, juris Rn 2).
Das Interesse der Kläger an der Entscheidung war vorliegend, wie sich dem der Klage als Anlage K 1 beiliegendem Schreiben des Klägers zu 2) vom 07.09.2018 und auch der Klagebegründung vom 09.10.2018 entnehmen lässt, darauf gerichtet, die Sanierung der Tiefgarage auf Grundlage des Gutachtens des TÜV SÜD und die damit entstehenden Kosten insgesamt dadurch zu verhindern, indem sie sich bereits gegen die Beschlussfassung über die Beauftragung eines Fachmanns mit der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses und die Erholung entsprechender Angebote auf Grundlage dieses Leistungsverzeichnisses gewendet haben. Ihr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewertendes Interesse an der Entscheidung richtet sich daher nach ihrem voraussichtlichen Anteil an den Kosten einer solchen Sanierungsmaßnahme. Dieses kann, da weder die genaue Höhe der Kosten der Sanierungsmaßnahme vor Durchführung der Sanierungs feststeht noch der Umlageschlüssel für diese Kosten und der sich daraus errechnende Anteil der Kläger an den Kosten sich aus der Akte entnehmen lässt, nur überschlägig geschätzt werden. Das Beschwerdegericht hält insoweit unter Berücksichtigung der prognostizierten Kosten der Sanierungsmaßnahme von gut € 200.000,00 und der sich aus der Klageschrift ergebenden Anzahl der Wohnungseigentümer einen Ansatz von € 5.000,00 realistisch. Das Interesse der Beklagten an der Entscheidung ist auf die Durchführung der Sanierungsmaßnahme gerichtet und mit € 200.000,00 anzusetzen. Damit ist der Streitwert auf das fünffache klägerische Interesse, welches unterhalb des hälftigen Gesamtinteresses liegt, mithin auf € 25.000,00 festzusetzen.
II.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da das Verfahren gemäß § 68 III GKG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.
Die weitere Beschwerde war gemäß §§ 68 I, 66 IV GKG nicht zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Gerichts der weiteren Beschwerde nicht erforderlich ist. Es ging um eine reine Einzelfallentscheidung.


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