Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Beschwerde, Auslegung, Zustellung, Klage, Zulassung, Zwischenstreit, Zeitpunkt, Verwalter, Partei, Verwalterin, Schriftsatz, Auflage, Klageerhebung, Klageschrift, sofortige Beschwerde, Vermeidung von Wiederholungen, von Amts wegen

Aktenzeichen  36 T 6514/21

Datum:
9.9.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47061
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

3 C 12/20 WEG — AGVIECHTACH AG Viechtach

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird das Zwischenurteil des Amtsgerichts Viechtach Das Passivrubrum ist dahingehend zu berichtigen, dass als Beklagte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer … zu führen ist.
II. Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Zwischenstreits einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens. Ausgenommen sind die Kosten der Nebenintervenientin, die diese selbst trägt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Mit Schriftsatz vom 4.12.2020 (Bl. 1/13 d.A.) welcher am gleichen Tag bei Gericht einging, hat die Klägerin Anfechtungsklage gegen „den übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft, Herrn X“ …. erhoben. Als Verwalterin und Beizuladende wurde die … angegeben. In der Klagebegründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin und der Beklagte die beiden einzigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft seien und es wurden diverse Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 7.11.2020 angegriffen.
Am 14.12.2020 erging folgende Verfügung des Gerichts (B. 16 d.A.):
„Rubrum ändern in Gemeinschaft der Wohnungseigentümer …
Die Klage ist am 7.12.2020 eingegangen und datiert auf 4.12.2020 und damit nach Änderung des WEG.
Die Klage ist deshalb nicht gegen die übrigen Eigentümer zu richten, sondern gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Eine Prozessfähigkeit liegt vor, da ein Verwalter bestellt ist.
Angesichts des Klageinhalts legt das Gericht die Klage entsprechend aus.“
Die Klage wurde der „Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft der Beklagten“ mit diesem Hinweis am 16.12.2020 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 24.12.2020 (Bl. 17 d.A.) hat sich für den „Beklagten X“ Rechtsanwalt XY bestellt, wie mit Schriftsatz vom 24.2.2021 (Bl. 51/52 d.A.) ausdrücklich klargestellt.
Mit Schriftsatz vom 11.1.2021 (18/20 d.A.) ist die Verwalterin dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite als Nebenintervenientin beigetreten. Sie vertritt die Auffassung, dass die Klage mangels Passivlegitimation des Beklagten abweisungsreif sei. X … sei nicht der alleinige weitere Miteigentümer; auch die Ehefrau des Beklagten, … sei Miteigentümerin des streitgegenständlichen Wohnungseigentums. Die Klage sei damit jedenfalls gegen den falschen Beklagten gerichtet, denn der Beklagte … sei in keinem Fall gleichzusetzen mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, weil er entgegen der Behauptung in der Klageschrift nicht der einzige übrige Eigentümer sei. Im übrigen sei der Verwalter als Beizuladender genannt und nicht als Vertreter. Nach der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden gesetzlichen Regelung sei jedoch die Verwalterin überhaupt nicht mehr Beizuladende. Es handele sich also nicht um eine versehentliche Falschbezeichnung, sondern vielmehr eine fehlerhafte Rechtsanwendung, die keinen Raum für eine Auslegung lasse. Die Klage sei bis heute nicht an die WEG zugestellt worden; die Zustellung an die Verwaltung entfalte insoweit keinerlei Rechtswirkung. Es liege eindeutig ein Wechsel in der Parteistellung vor, der jedoch nicht zulässig sei. Selbst bei Bejahung der Zulässigkeit eines Parteiwechsels sei die Anfechtungsfrist des § 45 WEG n.F. nicht gewahrt. Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Parteiwechsel passe hier im übrigen strukturell nicht und gründe auf § 44 WEG a.F., den es nicht mehr gebe.
Wegen der Einzelheiten wird auf die erstinstanzlichen Schriftsätze der Nebenintervenientin vom 11.1.2021, 2.2.2021, 4.2.2021 und vom 7.4.2021 (Bl. 18/20, 37/41, 45/47 und 89/91 d.A.) Bezug genommen.
Der „Beklagte X“ hat ausgeführt, dass ihm die Klage nie zugestellt worden sei. Die Zustellung sei an die Verwaltung, die ausdrücklich als Beizuladende bezeichnet worden sei, erfolgt. Eine ordnungsgemäße Klagezustellung an die WEG gebe es bis heute nicht. Die Klage sei im Hinblick auf die Parteibezeichnung nicht auslegungsbedürftig und verfristet.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 24.4.2021 und vom 22.3.2021 (Bl. 51/52 und 85 d.A.) Bezug genommen.
Die Klagepartei hat mit Schriftsatz vom 25.1.2021 (Bl. 27/31 d.A.) dazu Stellung genommen. Ihr sei bis zum Schriftsatz der Nebenintervenientin nicht bekannt gewesen, dass die Ehefrau weitere Eigentümerin sei. Im übrigen wird auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zur WEGNovelle 2007 verwiesen; wenn schon bei der alten Gesetzeslage ein Parteiwechsel zulässig gewesen sei, so sei dies bei der neuen Gesetzeslage zweifellos erst Recht der Fall. Die Klage richte sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, so dass die Namen der einzelnen Eigentümer, die auch bei bisheriger Gesetzeslage bis zum Ende der mündlichen Verhandlung genannt werden konnten, letztlich keine Rolle mehr spielen würden. Eine entsprechende Rubrumsänderung sei durch das Gericht bereits durchgeführt worden. Vorsorglich werde diese beantragt, so dass die Klage entsprechend der Gesetzesänderung gegen die Gemeinschaft der Eigentümer, wie bezeichnet, gerichtet sei. Eine ordnungsgemäße Zustellung sei aufgrund der Bezeichnung der Eigentümergemeinschaft und der Verwaltung in der Klageschrift möglich gewesen und auch durch das Gericht vorgenommen worden. Vorsorglich werde ein Parteiwechsel beantragt; dieser sei jedenfalls sachdienlich.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägervertreters vom 25.2.2021, 11.3.2021 und vom 14.4.2021 (Bl. 27/31, 73/76 und 92/95 d.A.) Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat mit Verfügung vom 26.1.2021 (Bl. 35/36 d.A.) unter dem geänderten Rubrum … Termin bestimmt und weitere Hinweise erteilt, auf die jeweils Bezug genommen wird. Mit Verfügung vom 1.3.2021 ist dann das Gericht von seiner ursprünglichen vorgenommenen Auslegung der Parteibezeichnung abgerückt; auf die Verfügung (Bl 55/56 d.A.) wird zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug genommen.
Der Beklagte sowie die Nebenintervenientin haben jeweils beantragt, den Antrag auf Rubrums- bzw. Parteiberichtigung zurückzuweisen.
Das Gericht hat mit Zwischenurteil vom 23.4.2021 den Antrag der Klagepartei auf Rubrumsberichtigung dahingehend, dass der ursprüngliche Beklagte („den übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft, Herrn X …“) in die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in F. 2, 9… R.“ geändert wird, zurückgewiesen. Die Kosten des Zwischenstreits einschließlich der der Nebenintervenientin durch den Zwischenstreit entstandenen Kosten wurden der Klägerin auferlegt.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die gewünschte Auslegung im streitgegenständlichen Fall nicht möglich gewesen sei. Aus der Klageschrift lasse sich nicht unzweifelhaft entnehmen, dass es sich lediglich um eine Falschbezeichnung gehandelt habe, so dass eine Rubrumsberichtigung ausgeschlossen sei. Die vorliegende Problematik sei vor dem Hintergrund des zum 1.12.2020 in Kraft getretenen WEMoG zu sehen. Diese Gesetzesänderung könne für sich genommen eine Rubrumsberichtigung nicht begründen. Zwar spreche für eine solche, dass hier grundsätzlich angesichts der Gesetzesänderung erkennbar aus rechtlicher Sicht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Beklagte werden sollte, da sie die einzig richtige Beklagtenpartei sein könne. Bei dieser weiten rechtlichen und nicht tatsächlichen Betrachtung würden letztlich allerdings die Grundsätze der Parteiänderung umgangen. Insbesondere würden sich aus der Klageschrift keine tatsächlichen Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemeint sein könnte. Der Zivilprozess sei jedoch durch den formellen Parteibegriff gekennzeichnet. Die Bestimmung der Partei hänge gerade nicht von der materiellen Berechtigung der Beteiligten, sondern vom erklärten Willen der Klägerin ab. Auch der Umstand, dass der Klageentwurf bereits vor Eintritt der Gesetzesänderung gefertigt worden sei, vermöge daran nichts zu ändern, dass die Auslegung anhand der Klageschrift selbst, datiert vom 4.12.2020 und damit nach der Gesetzesänderung zu erfolgen habe. Für den umgekehrten Fall des Wechsels vom Verband der Wohnungseigentümer zu den übrigen Miteigentümern habe der BGH bereits entschieden und eine Rubrumsberichtigung abgelehnt. Dieser Fall sei mit dem gegenständlichen vergleichbar.
Das Zwischenurteil wurde dem Klägervertreter am 26.4.2021 zugestellt. Die sofortige Beschwerde ging am 10.5.2021 beim Landgericht München I ein. Mit dieser wird beantragt unter Abänderung des Zwischenurteils vom 23.4.2021 das Rubrum dahingehend zu ändern, dass der ursprüngliche Beklagte in die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer … “ geändert werde.
Die Beschwerde stützt sich darauf, dass sich während der laufenden Anfechtungsklagefrist das WEG dergestalt geändert habe, dass eine Anfechtungsklage nicht mehr gegen die übrigen Eigentümer der WEG, sondern gegen die Gemeinschaft der Eigentümer zu erheben sei. Die Klageschrift sei bereits vor der Gesetzesänderung gefertigt worden, allerdings der Klägerin im Entwurf überlassen und nach deren Zustimmung datiert auf den 4.12. in den Gerichtseinlauf gebracht worden. Aus der Klageschrift lasse sich zweifellos erkennen, dass es sich um eine Anfechtungsklage handelt. Auch sei bereits in der Klageschrift der Verwalter angegeben worden. Das Gericht habe dementsprechend eine Rubrumsberichtigung vorgenommen und nach dieser die Klage dem Verwalter zugestellt. Mit Verfügung vom 3.2.2021 habe das Gericht diese Vorgehensweise noch einmal bekräftigt. Über den Antrag auf Parteiwechsel habe das Amtsgericht nicht entschieden. Es werde weiterhin davon ausgegangen, dass jedenfalls ein Parteiwechsel sachdienlich und zulässig sei. Im übrigen habe das Amtsgericht doch bereits selbst Fakten geschaffen, unmittelbar nach Eingang der Klageschrift das Rubrum berichtigt und auf der Basis des berichtigten Rubrums eine Klagezustellung vorgenommen. Darüber hinaus entspreche eine Rubrumsberichtigung auch der Rechtsprechung zur alten Gesetzeslage. Die Klage sei auch im Hinblick auf die wenige Tage vor Klageerhebung eingetretene Gesetzesänderung entsprechend auszulegen gewesen.
Zur Begründung im Einzelnen wird auf die Beschwerdeschrift vom 10.5.2021 (Bl. 106/109 d.A.) Bezug genommen.
Der im aktuellen Rubrum des amtsgerichtlichen Urteils als solcher bezeichnete Beklagte und die Nebenintervenientin habe jeweils beantragt, das Rechtsmittel der Klagepartei zurückzuweisen.
Der „Beklagtenvertreter“ hat dahingehend erwidert, dass keine erkennbare Falschbezeichnung vorliege. Die Klägerin habe gerade den Miteigentümer X verklagen wollen und hierbei übersehen, obwohl ihr dies positiv bekannt gewesen sei, dass auch Frau X Miteigentümerin eines Wohnungseigentumsanteils sei. Durch die Gesetzesänderung sei die eingereichte Klage unzulässig geworden. Eine Umdeutung dahingehend, dass die Klägerin die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagen wollte, sei bei der eindeutigen Bezeichnung des Beklagten nicht möglich.
Auf die Beschwerdeerwiderung vom 8.7.2021 (Bl. 117/118 d.A.) wird Bezug genommen. Die Nebenintervenientin hat erneut darauf verwiesen, dass gemäß der seit 1.12.2020 gültigen Fassung des § 44 Abs. 2 Satz WEG eine Beschlussanfechtungsklage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sei. Die Klage sei aber fälschlicherweise gegen „den übrigen Eigentümer“ der WEG erhoben worden. Auf den Klageentwurf komme es nicht an; entscheidend sei der Zeitpunkt, an dem die Klageschrift bei Gericht eingegangen sei. Da der Beklagte in der Klageschrift, wie bereits in erster Instanz mehrfach wiederholt, eindeutig bezeichnet worden sei, sei eine Rubrumsberichtigung nicht möglich. Die Beklagtenbezeichnung sei wegen ihrer Eindeutigkeit nicht auslegungfähig. Eine Rubrumsberichtigung auf der Passivseite scheide aus, wenn zunächst die „falsche“ Partei verklagt worden sei. Die Gegenseite vermische auch in der Beschwerdeschrift konstant Rubrumsberichtigung und Parteiwechsel. Die Frage, ob der in der Klageschrift eindeutig benannte Beklagte auch passivlegitimiert sei, sei letztlich lediglich eine Frage der Begründetheit und habe nichts mit Formalien im Rahmen der Klageerhebung zu tun. Die Bestimmung der Partei sei stets objektiv vorzunehmen, insbesondere auch aus Sicht der Beklagten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeerwiderung vom 5.7.2021 (Bl. 115/116 d.A.) Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass im hiesigen Rubrum Herr X als Beschwerdegegner aufzuführen ist. Mag er tatsächlich (dazu nachfolgend) auch nicht Partei des Verfahrens geworden sein, so ist – und nur darauf kommt es an – das angegriffene Zwischenurteil gegen ihn ergangen (so zu vergleichbarer Konstellation OLG München, NJW-RR 2017, 256).
1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft.
Es liegt hier kein Fall der isolierten Rubrumsberichtigung per Beschluss, gegen die ein Rechtsmittel nach den allgemeinen Grundsätzen zu prozessleitenden Verfügungen wohl nicht statthaft sein dürfte, vor (str., vgl. dazu LAG Düsseldorf, Beschluss vom 11.3.2021, Az.: 4 Ta 64/21; Kempe/Antochewicz, NJW 2013, 2797, 2801). Es handelt sich vorliegend vielmehr um einen sog. Identitätsstreit.
Bei einem Zwischenstreit mit einer Scheinpartei oder der nicht „wahren“ Partei über deren Parteiidentität ist die Entscheidung über die Zulassung als Partei mit – unechtemZwischenurteil zu treffen (Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Auflage, § 303 ZPO, Rdnr. 3; BGH, NJW-RR 1995, 764, 765; OLG Köln, GesR 2016, 516 ff.; OLG München, a.a.0.). Dagegen ist die sofortige Beschwerde analog § 71 Abs. 2 ZPO statthaft (Zöller/Althammer, a.a.0., vor § 50, Rdnr. 10; OLG Köln, a.a.0.; OLG München a.a.0.; differenzierend Kempe/Antochewicz, a.a.0., 2797, 2802). Dies gilt zumindest dann, wenn das Gericht – wie hier – letztlich zu dem Ergebnis kommt, dass keine Identität zwischen der bezeichneten und der gemeinten Partei vorliegt und damit eine Parteiberichtigung nicht möglich ist. Wäre das Gericht dagegen bei seiner ursprünglichen Auslegung geblieben, hätte entweder eine klarstellende Rubrumsberichtigung erfolgen müssen oder es wäre – bei Einleitung eines Zwischenstreits – der Erlass eines regulären Zwischenurteils gemäß § 303 ZPO angezeigt gewesen, welches nach allgemeinen Grundsätzen nur mit dem Endurteil angreifbar gewesen wäre (so der allgemeine Grundsatz, Zöller/Feskorn, a.a.0., § 303, Rdnr. 11; Thomas/Putzo, ZPO, 42. Auflage, § 303, Rdnr. 7; vgl. dazu auch BGH, BeckRS 2009, 13343).
Die sofortige Beschwerde wurde gemäß §§ 567, 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Der Durchführung eines Abhilfeverfahrens bedurfte es hier nicht (Thomas/Putzo, ZPO, § 572, Rdnr. 12).
2. Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Es erschließt sich bei dem konkreten Verfahrensstand nicht, warum das Gericht hier im Wege des Zwischenurteils den Antrag der Klagepartei auf Rubrumsberichtigung zurückgewiesen hat. Schließlich war eine solche bereits erfolgt und das Gericht hatte – noch vor Zustellung der Klage – das Rubrum geändert und die Klage mit einem entsprechenden Hinweis an der Verwalter zugestellt. Über den ausdrücklich gestellten Antrag auf Parteiwechsel hat das Amtsgericht nicht entschieden, obwohl es in seiner Begründung die Grundsätze der Parteiänderung, die nicht umgangen werden dürften, angesprochen hat. Bei einem Zwischenurteil über einen Parteiwechsel – wie hier nicht – würde es sich im übrigen nicht um ein solches nach § 303 ZPO, sondern um eines nach § 280 Abs. 2 ZPO handeln (OLG Düsseldorf, Zwischenurteil vom 3.8.2011, Az.: VI-2 U (Kart) 9/08; OLG Nürnberg, MDR 2016, 1112, 1113; MüKoZPO/Musielak, 6. Auflage, § 303, Rdnr. 4).
2.1. Unabhängig davon ist hier die WEG … als Beklagter zu führen. Dies ergibt die Auslegung im konkreten Einzelfall. Das Passivrubrum ist entsprechend zu berichtigen.
2.1.1. Insoweit gelten folgende allgemeine Grundsätze: Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus Sicht der Empfänger beizulegen ist. Deshalb ist bei objektiv bzw. äußerer unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, NJw-RR 1995, 764, 765). Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhaften Bezeichnung scheitern darf, wenn die gegebenen Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Dieser Grundsatz greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Von der fehlerhaften, unrichtigen Parteibezeichnung zu unterscheiden ist dagegen die irrtümliche Bezeichnung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis mit dem Kläger nicht beteiligten Person als Partei. Diese wird tatsächlich Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert wurde, ankommt (BGH, NJW 2021, 1818 ff.; BGH, NJW 2017, 2472 ff.; BGH, NJW-RR 2013, 394, 395; BGH, NZM 2013, 652, 653; OLG Köln, a.a.0.; Zöller/Althammer, a.a.0., vor § 50, Rdnr. 6, 7; Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.0., Vorb § 50, Rdnr. 4; Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, a.a.0., § 46, Rdnr. 47).
Entscheidend ist hierbei, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und de Prozessgegners als Empfänger hat. Die formelle Bezeichnung als Partei ist, wie ausgeführt, für die Auslegung nicht allein ausschlaggebend (LG Osnabrück, Beschluss vom 16.6.2020, Az.: 3 O 212/20). Im übrigen ist der Ansatz der Nebenintervenientin, wonach eine Auslegung nur bei mehrdeutiger Parteibezeichnung in Betracht komme, nicht zutreffend. Selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Partei angesprochen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (OLG Koblenz, Beschluss vom 10.11.2010, Az.: 5 U 932/10; BAG, NJW 2007, 2877, 2878; BAG, NJW 2009, 1293 ff.; vgl. zur Problematik des Scheinbeklagten ferner OLG Karlsruhe, NJW-RR 2019, 1470, 1471).Dabei gilt ferner der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhaften Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen (OLG Schleswig, NJW-RR 2013, 1151, 1153; BAG NJW 2007, 458 ff.; Musielak/Voit/Weth, ZPO, § 50, Rdnr. 7). In diesem Sinne ist eine ungenaue, oder aber erkennbar falsche Parteibezeichnung unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen richtig gestellt werden. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass dem Verfahrensrecht, wie von dem für das Wohnungseigentumsrecht zuständigen 5. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mehrfach betont, lediglich eine „dienende Funktion“ zukommt. Auch die durch das Grundgesetz gewährleisteten Verfassungsgarantien verbieten es, den Zugang zu den Gericht in einer aus Sachgründen nicht zu rechtfertigenden Weise zu erschweren. Dementsprechend darf eine Klageerhebung nicht an unvollständigen oder fehlerhaften Bezeichnungen der Parteien scheitern, dies zumindest dann, wenn die Mängelin Anbetracht der jeweiligen Einzelfallumstände letztlich keine Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen (vgl. BVerfG, NJW 1991, 3149; BAG, a.a.0.).
Die Rechtsprechung vertritt insoweit einen eher großzügigen Maßstab (so auch ausdrücklich Musielak/Voit/Weth, a.a.0., § 50, Rdnr. 8, 9) und lässt Parteiberichtigungen in weitem Umfang zu. So wurde beispielsweise in anhängigen Verfahren, in denen die Gesellschafter einer GbR eine Gesamthandsforderung entsprechend der früheren Rechtsprechung als notwendige Streitgenossen eingeklagt hatten, nach Änderung der Rechtsprechung kein Parteiwechsel dahingehend für erforderlich gehalten, dass die Klägerin die GbR sei. Vielmehr sei eine Rubrumsberichtigung der zulässige und richtige Weg; es habe sich immer schon im Kern um eine Klage der GbR gehandelt (BGH, NZM 2003, 235, 236). Ferner ist bei erkennbar betriebsbezogenem Handeln unbeschadet einer falschen Bezeichnung der wahre Rechtsträger Partei (MüKo/ZPO, 6. Auflage, Vorbemerkung zu § 50, Rdnr. 15 ff.). Ist in der Klage neben der Firma eine Person bezeichnet, die tatsächlich nicht (mehr) Inhaber ist, so richtet sich die Klage im Zweifel nicht gegen die fälschlicherweise als Inhaber bezeichnete Person, sondern gegen den wahren Unternehmensträger (BGH, a.a.0.). Auch bei an sich korrekter Bezeichnung einer tatsächlich existierenden natürlichen oder juristischen Person kann die Auslegung ergeben, dass eine andere Person Partei des Verfahrens werden sollte (OLG Köln, a.a.0.; LG Osnabrück, Beschluss vom 16.6.2020, Az.: 3 O 212/20. Entsprechend wurde in Kündigungsschutzprozessen eine Rubrumsberichtigung für möglich gehalten, wenn der Kläger in der Klageschrift irrtümlich nicht seinen Arbeitgeber, sondern dessen Bevollmächtigten als Beklagten benannt hat (BAG, a.a.0.; vgl. dazu auch bei Vertragsverhältnissen allgemein OLG Schleswig, NJW-RR 2013, 1151, 1152). Entsprechend wurde in WEG-Verfahren in der Übergangszeit nach der WEG-Novelle mit einer Auslegung der Parteibezeichnung gearbeitet. So hat der Bundesgerichtshof – neben der weiteren Lösung eines privilegierten Parteiwechsels (BGH, NJW 2010, 446 ff.; BGH, NJW 2011, 2050, 2051 BGH, NJW 2010, 2133 ff.) – in geeigneten Fällen eine Auslegung der Beklagtenbezeichnung (so z.B. auch OLG Karlsruhe, NZM 2008, 651, 652; OLG Celle, NZM 2008, 813, 814; vgl. dazu auch Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, a.a.0., § 46, Rdnr. 49; Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage, § 46, Rdnr. 17) vorgenommen und sogar in einem Fall, in dem ein Wohnungseigentümer eine Beschlussanfechtungsklage erhoben hat, ohne die beklagte Partei zu nennen, nach dem wohlverstandenen Interesse des Klägers angenommen, dass dieser grundsätzlich die übrigen Wohnungseigentümer verklagen wolle (BGH, NJW-RR 2013, 458, 459). Ebenso hat der BGH bei einer Klage aufgrund der Vergemeinschaftung von Gewährleistungsrechten trotz beigefügter Eigentümerliste eine Klage des Verbands angenommen und das Rubrum entsprechend berichtigt (BGH, ZWE 2007, 300 ff.).
2.1.2. Konkret gilt hier Folgendes:
Die streitgegenständliche Klage ging wenige Tage nach Inkrafttreten des WEMoG ein, welches grundlegende – auch gerade verfahrensrechtliche – Neuerungen mit sich gebracht hat. Richtet sich – wie hier – die Klage nur gegen einige bzw. einen Wohnungseigentümer ist aber erkennbar, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagt werden soll, so ist das Rubrum von Amts wegen entsprechend zu berichtigen (so ausdrücklich Hügel/Elzer, WEG, 3. Auflage, § 44, Rdnr. 41). Eine solche Rubrumsberichtigung kommt gerade in der Übergangszeit in Betracht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt MüKoBGB/Hogenschurz, 8. Auflage, § 44 WEG, Rdnr. 49; zur unpräzisen Beklagtenbezeichnung ferner Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rdnr. 1892 ff.). Einer Partei von vorneherein rechtlichen Unsinn als gewollt zu unterstellen, wird der richterlichen Fürsorgepflicht nicht gerecht (Schuschke, NZM 2009, 417, 421).
Die Formulierung der Parteibezeichnung in der Klage sowie die Nennung des Verwalters als Beizuladender entspricht der bis zum Inkrafttreten des WEMoG gebräuchlichen Parteibezeichnung (auf diesen Gesichtspunkt abstellend, BGH, Versäumnisurteil vom 20.6.2013, Az.: VII ZR 71/11). Es war eine Beschlussanfechtungsklage erhoben, mit der Beschlüsse der Gemeinschaft angegriffen werden. Es wurde – irrtümlich – nur ein einziger Eigentümer als Beklagter genannt, da die Klägerin nach ihrem Vortrag, dem die Gegenseite nicht substantiiert entgegengetreten ist, zum Zeitpunkt der Klageerhebung davon ausging, dass es keine weiteren Miteigentümer gebe. Anhaltspunkte, dass der genannte Eigentümer X persönlich verklagt werden sollte, sind nicht gegeben. Dagegen spricht schon die Nennung des Verwalters, da dieser in Rechtstreitigkeiten zwischen einzelnen Wohnungseigentümern untereinander nach altem Recht gerade nicht beizuladen war. Nach dem anzuwendenden neuen Recht macht die hier erfolgte Nennung des Verwalters nur Sinn als Vertreter der Gemeinschaft (vgl. zu diesem Aspekt Lehmann-Richter/Wobst, a.a.0., Rdnr. 1895). All dies lässt in der Gesamtschau doch mit hinreichender Deutlichkeit auf eine Klage gegen den Verband schließen. Nach den oben aufgeführten Grundsätzen, wonach eine Partei mit ihrer Prozesshandlung das bezweckt, was vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht, und dem großzügigen Maßstab der Rechtsprechung ist hier der Verband – entsprechend dem vom Amtsgericht mit Zustellung der Klage erteilten Hinweis – Partei des Verfahrens geworden. Dies gilt umso mehr, als auch bislang an die Bezeichnung von Wohnungseigentümergemeinschaften keine allzu strengen Anforderungen gestellt wurden (so auch OLG Frankfurt, NZM 2007, 367, 368). Es liegt eine reine – und damit unschädliche – Falschbezeichnung vor. Die Klägerin, die bei der Beklagtenbezeichnung offenkundig einem Irrtum unterlegen ist, hat auch nicht an ihrer Parteibezeichnung, wie ursprünglich formuliert, festgehalten – dann wäre es wohl anders (vgl. OLG Dresden, BeckRS 13198) -, sondern hat sich auf den richterlichen Hinweis der vom Amtsgericht vorgenommenen Auslegung angeschlossen.
Soweit sich das Amtsgericht auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6.11.2009, Az.: V ZR 73/09) berufen hat, in welcher nicht der Weg über die Auslegung der Parteibezeichnung, sondern über einen privilegierten Parteiwechsel gegangen wurde und der BGH demzufolge eine Klage ursprünglich gegen den Verband angenommen hat, steht dies der Auffassung des Beschwerdegerichts in der hiesigen Konstellation nicht entgegen. Auch hier greift die Klägerin nicht das Verhalten eines einzelnen Eigentümers, sondern das der Gemeinschaft, die entsprechende Beschlüsse gefasst hat, an. Entscheidend bei der Auslegung sind im übrigen jeweils die Umstände des Einzelfalls.
Soweit die Nebenintervenientin ferner die Auffassung vertritt, die Klage sei der WEG nie zugestellt worden, ist auch dies nicht zutreffend. Das Amtsgericht hat die Klage nicht an den „Beklagten X“ , sondern an die „Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft der Beklagten“, d.h. als deren Vertreterin zugestellt. Dies ergibt sich aus dem mit Klagezustellung erteilten Hinweis. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung war daher der Zustellungswille des Amtsgerichts auf den Verband gerichtet (BGH, NJW 2017, 2472 ff.).
2.2. Rein vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass sich auch bei Annahme eines – zweifellos zulässigen – Parteiwechsels hier keine andere Lösung ergeben würde. Soweit in der Literatur vertreten wird, für eine fristwahrende Umstellung der Klage im Sinne eines privilegierten Beklagtenwechsels sei nach der Aufhebung des § 44 WEG a.F. kein Raum mehr (so LehmannRichter/Wobst, a.a.0l., Rdnr. 1898), kann dahinstehen, ob dieser Auffassung tatsächlich zu folgen ist. Die Klage wurde hier schließlich unter Beachtung von § 167 ZPO binnen der Frist des § 45 WEMoG, wie ausgeführt, von vorneherein dem Verband als dem richtigen Beklagten über den Verwalter zugestellt.
2.3. Zu der hier im übrigen recht verwickelten prozessualen Konstellation ist ergänzend folgendes auszuführen: Der Verband ist anwaltlich nicht vertreten. Anwaltlich vertreten ist nur Herr X ; dieser ist allerdings nicht Partei des Verfahrens. An ihn wurde nach eigenem Bekunden die Klage auch nicht zugestellt. Der Verwalter als gesetzlicher Vertreter des Verbands ist diesem beigetreten. Auch dies erscheint problematisch, da § 66 ZPO voraussetzt, dass ein Rechtsstreit zwischen anderen Personen geführt wird. Der gesetzliche Vertreter einer Partei wird dieser daher wohl nicht als Nebenintervenient beitreten können (Zöller/Althammer, a.a.0., § 66, Rdnr. 7). Dies dürfte von Amts wegen zu prüfen sein (LG Berlin, Urteil vom 28.5.2013, Az.: 55 S 72/12).
III.
1. Die Kosten des Zwischenstreits sowie des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdegegner, mit Ausnahme der Kosten der Nebeninterventin, die diese selbst trägt, §§ 91, 101 Abs. 1, HS 2 ZPO. Eine Kostenentscheidung hatte im Ausgangsverfahren (Zwischenstreit entsprechend § 71 ZPO) und damit auch im Beschwerdeverfahren (Thomas/Putzo, a.a.0., § 572, Rdnr. 24; Zöller/Heßler, a.a.0., § 572, Rdnr. 47) zu ergehen. Die Kosten trägt der Beschwerdegegner und Partei des Zwischenstreits Herr X, da dieser in diesem unterlegen ist. Eine Ausnahme gilt für die Kosten der am Zwischenstreit maßgeblich beteiligten Nebenintervenientin; diese hat ihre Kosten selbst zu tragen.
2. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, §§ 574 Abs. 2, 3 ZPO. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Es handelt sich um Auslegungsfragen und damit um reine eine Einzelfallentscheidung.
3. Gemäß § 568 Satz 1 ZPO war der Einzelrichter zuständig.
4. Eine Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedurfte es nicht. Für Beschwerden gemäß § 71 Abs. 2 ZPO (hier in entsprechender Anwendung) fällt eine Festgebühr an.


Ähnliche Artikel


Nach oben