Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bestimmungen der Teilungserklärung als Grundlage für den ordnungsgemäßen Zustand des Gemeinschaftseigentums

Aktenzeichen  32 W 129/16 WEG

Datum:
11.10.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 135208
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
WEG § 10 Abs. 3, § 21 Abs. 4, Abs. 8
ZPO § 148
BGB § 242

 

Leitsatz

1 Diejenigen Bestimmungen, die zwar in der Teilungserklärung enthalten sind, aber mangels Eintragung nicht Gegenstand des Sondereigentums geworden sind und auch gemäß § 10 Abs. 3 WEG nicht gegenüber Sondernachfolgern eines Wohnungseigentümers wirken, betreffen – anders als der Inhalt einzelner Kaufverträge – alle Wohnungseigentümer in gleicher Weise und sind deshalb auch geeignet als Grundlage für den ordnungsgemäßen Zustand des Gemeinschaftseigentums. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Anspruch auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums ist – wie der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung – grundsätzlich unverjährbar. Der Durchsetzung des Anspruchs kann allerdings der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenstehen. (Rn. 50 – 51) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein auf Leistung unmittelbar gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteter Klageantrag (hier: Errichtung von Abstellplätzen) kann als Antrag auf Beschlussersetzung (§ 21 Abs. 8 WEG) ausgelegt werden. (Rn. 52 – 57) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 T 3117/12 2015-11-23 Bes LGMUENCHENII AG Fürstenfeldbruck

Tenor

1. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner vom 10.12.2015 gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 23.11.2015, Az: 2 T 3317/12, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der zweite Absatz des Urteilstenors zu 1 wie folgt lautet:
Es ist beschlossen, dass gemäß der Auflage in der Baugenehmigung vom 21.03.1996, dort Ziffer III.16., acht Fahrradabstellplätze entsprechend der Fahrradabstellplatz-Satzung der Gemeinde P hergestellt werden.
2. Die Antragsgegner tragen die Gerichtskosten der weiteren Beschwerde. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert wird festgesetzt auf € 2.500,00.

Gründe

I.
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage besteht aus einem Mehrparteienhaus, das zur Straße gelegen ist und einem dahinter liegenden Doppelhaus. Die Antragstellerin ist Eigentümerin einer der Doppelhaushälften mit der Adresse .., Einheit Nr. 2 gemäß Teilungserklärung, sowie der im Mehrparteienhaus gelegenen Wohnungen Nr. 4 und 5 gemäß Teilungserklärung.
Das Landratsamt F erteilte mit Datum vom 21.03.1996 der Bauträgerin, die die Anlage dann errichtet hat, die Baugenehmigung und verband diese mit verschiedenen Auflagen, vgl. K 4. Unter Ziffer III.16 heißt es:
„Auf dem Baugrundstück Fl.-Nr. .. sind 8 Fahrradstellplätze entsprechend der Fahrradstellplatz-Satzung herzustellen. Diese müssen auf Dauer zur Verfügung stehen. Die Fahrradstellplätze sind Bestandteil des jeweils zugehörigen Gebäudes und dürfen deshalb nicht anderweitig genutzt werden.“
Auf dem von den Architekten der Bauträgerin gefertigten Eingabeplan, der der Baugenehmigung zugrunde liegt, vorgelegt als K 5, ist in der Nähe der Grundstücksgrenze zur Straße hin, verbunden mit einem Weg zur Straße, eine Fläche mit waagerechten Strichen markiert und bezeichnet als „Überdachung Fahrräder“.
Die Fahrradabstellplatz-Satzung (FAbS) der Gemeinde P vom 16.03.1995 wurde als K 13, Bl. 272 d.A., vorgelegt. Aus der Satzung folgt unstreitig die Pflicht, für das Mehrfamilienhaus 8 Fahrradabstellplätze zu errichten. Außerdem sind im Freien errichtete Abstellplätze zu überdachen.
In der Teilungserklärung vom 20.03.1996 heißt es u.a.: „I. Sachverhalt Im Grundbuch des Amtsgerichts F für P Band Blatt ist die Firma S GmbH mit dem Sitz in T als Alleineigentümerin des Grundstücks der Gemarkung P Flst.Nr., Bauplatz zu 0,1298 ha, eingetragen.
Dieses Grundstück ist belastet.
Auf diesem Grundstück errichtet der Eigentümer für eigene Rechnung ein Anwesen mit sechs Eigentumswohnungen und ein Anwesen mit zwei Doppelhaushälften sowie einer Tiefgarage und oberirdischen Stellplätzen. Für die Bauausführung sind maßgebend der Bauplan, der dieser Urkunde als Aufteilungsplan und Bestandteil beigefügt ist und zur Durchsicht vorgelegt wurde, sowie die Baubeschreibung, die dieser Urkunde als Bestandteil und Anlage III beigefügt ist.
In der der Teilungserklärung als Anlage III beigefügten Baubeschreibung heißt es u.a.:
„GEMEINSCHAFTSEINRICHTUNGEN
Treppen in Stahlbeton, … Stellplätze für Müllcontainer und Fahrräder. Briefkastenanlage für Briefe DIN A4 im Eingangsbereich des Treppenhauses .“
Die Antragstellerin hatte die für die dann insolvente Bauträgerin bürgende Bank auf Leistung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung verklagt und dabei auch die Zahlung in Höhe von € 2.403,07 (DM 4.700,00) für die Herstellung eines Fahrrad-Abstellplatzes verlangt. Sie hat sich gerichtlich auf Zahlung von 65,53% der eingeklagten Summe durch die Bank am 02.06.2005 vor dem Landgericht München II verglichen, vgl. Anlage AG 2, Bl. 111 d.A.
Mit ihrem Antrag vom 29.12.2005 beantragte sie unter Ziffer III., die übrigen Eigentümer zu verurteilen, acht Fahrradstellplätze entsprechend der Baugenehmigung und der Fahrradstellplatzsatzung herzustellen. Unter Ziffer V. beantragte sie, die Antragsgegner zu 2 zu verurteilen, die für den Fahrradstellplatz vorgesehene Fläche zu räumen und die dort errichtete Hütte zu entfernen.
Auf der Eigentümerversammlung vom 27.06.2006, zu der die Eigentümer der Wohnungen eingeladen worden waren, beschlossen die anwesenden Eigentümer einstimmig zu TOP 5, einen Fahrradabstellplatz gemäß Eingabeplan zu errichten, vgl. Protokoll vorgelegt als AG 3, Bl. 140 d.A.
Im Verfahren 1 UR II 54/06 des AG Fürstenfeldbruck legten die Antragsgegner ein Schreiben des LRA F vom 01.06.2006 vor, aus dem sich ergibt, dass die Errichtung des Fahrradabstellplatzes baurechtlich erforderlich sei, das LRA aber mangels öffentlichrechtlichem Interesse nicht beabsichtige, bauaufsichtlich einzuschreiten und damit die Umsetzung der baurechtlichen Vorgaben in der Eigenverantwortung der Eigentümer liege.
In der öffentlichen Sitzung vom 08.11.2010 stellte das Gericht nach Beiziehung der Grundakten fest, dass der Fahrradabstellplatz auf dem genehmigten Eingabeplan auf einer Fläche eingezeichnet ist, die auf dem Aufteilungsplan grün umrandet ist und an der gemäß der Gemeinschaftsordnung sämtlichen Eigentümern des Mehrfamilienhauses ein Sondernutzungsrecht zusteht (vgl. die Bestimmung in Teil A Ziffer I.2. der Gemeinschaftsordnung, wonach ein gemeinsames Sondernutzungsrecht der Eigentümer der Einheiten Nr. 3 – 8, also der Eigentümer der Wohnungen, an der grün umrandeten Fläche bestehe).
Es wurde, abweichend davon, ein Abstellplatz für Fahrräder direkt an der Straße errichtet, gelegen neben einer Aschentonne, der nicht den Vorgaben der örtlichen Satzung entspricht und insbesondere auch nicht überdacht ist.
Mit Beschluss vom 16.12.2010 wies das Amtsgericht darauf hin, dass die Beschlüsse, die auf der Eigentümerversammlung vom 27.06.2006 gefasst wurden, nichtig seien, da sie nur im Rahmen einer Teilversammlung gefasst worden seien.
Auf der Eigentümerversammlung vom 31.05.2011 wurden mehrheitlich mit den Stimmen der Antragstellerin und einer weiteren Eigentümerin Beschlüsse gefasst, die inhaltlich den übrigen Sachanträgen der Antragstellerin in diesem Verfahren entsprachen.
Mit Beschluss vom 07.05.2012, Bl. 380 d.A., hat das Amtsgericht F die Antragsgegner zu 2 (Eigentümer E) verpflichtet, gemäß Antrag Ziffer V. die nach dem genehmigten Eingabeplan für den Fahrradabstellplatz vorgesehene Fläche zu räumen und hierzu die dort errichtete Hütte zu entfernen. Die übrigen Anträge hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Insbesondere sei auch der dem Antrag zu Ziffer III. zugrunde liegende Anspruch auf Errichtung der Abstellplätze verjährt.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss hat das Landgericht München II mit Beschluss vom 26.03.2013 verworfen, Bl. 456 d.A. Im Hinblick auf die in der Eigentümerversammlung vom 31.05.2011 gefassten Beschlüsse fehle der Klage das Rechtsschutzbedürfnis. Im übrigen seien die Ansprüche verjährt.
Dagegen legte die Antragstellerin sofortige weitere Beschwerde ein. Der Senat hat das Verfahren, das unter dem Az. 32 Wx 181/13 geführt wurde, zunächst gemäß § 148 ZPO analog bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts München I im Verfahren 1 S 20165/12 WEG, in dem über die Anfechtung der in der Eigentümerversammlung vom 31.05.2011 gefassten Beschlüsse verhandelt wurde, durch Beschluss vom 03.12.2013, Bl. 484 d.A., ausgesetzt.
Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 03.02.2014 die Berufung der hiesigen Antragstellerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 27.08.2012, Az. 80 C 973/11 WEG, zurückgewiesen, vorgelegt in diesem Verfahren mit Bl. 490 d.A. Das Amtsgericht hatte die Beschlüsse vom 31.05.2011 für ungültig erklärt.
Mit Beschluss vom 13.05.2014 hat der Senat den Beschluss des Landgerichts München II vom 26.03.2013 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht München II zurückverwiesen. Das Rechtsschutzbedürfnis sei nicht entfallen, da die Beschlüsse vom 31.05.2011 rechtskräftig für ungültig erklärt worden seien.
Das Landgericht München II hat mit Beschluss vom 23.11.2015, Bl. 530 d.A., den Beschluss des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 07.05.2012 dahin abgeändert, dass die Antragsgegner verurteilt werden, acht Fahrradstellplätze entsprechend der Fahrradstellplatzsatzung herzustellen und die sofortige Beschwerde im übrigen zurückgewiesen.
Dagegen haben die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 10.12.2015, eingegangen bei Gericht am 11.12.2015, sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Sie sind der Auffassung, dass ein Anspruch auf Errichtung eines Fahrradabstellplatzes nicht bestehe, aber jedenfalls verjährt sei. Die Errichtung sei nicht im Interesse einer ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich. Es sei bereits ein Abstellplatz vorhanden. Der von der Antragstellerin gewünschte Abstellplatz sei nicht vereinbart.
Die Antragsgegner beantragen,
1.Der Beschluss des Landgerichts München 11 vom 23.11.2015 – Az: 2 T 3317/12 wird aufgehoben, soweit dadurch der Beschluss des AG Fürstenfeldbruck vom 07.05.2012 – Az: 1 URII 122/05 abgeändert wurde.
2.Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. 
Die Antragstellerin beantragt,
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 01.08.2016 Hinweise erteilt.
Mit Schriftsatz vom 08.09.2016 hat die Antragstellerin hilfsweise beantragt,
Es wird festgestellt, dass der Beschluss aus der Eigentümerversammlung vom 27.06.2006 unter TOP 5 über die Errichtung des Fahrradabstellplatzes nach dem Eingabeplan wirksam ist.
Die Antragsgegner beantragen,
Der hilfsweise gestellt Antrag wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner sind der Auffassung, die Wirksamkeit des Beschlusses zu TOP 5 vom 27.06.2006 sei eine Vorfrage für den Hauptantrag. Es bedürfe daher keines Hilfsantrages. Eine Anspruchshäufung sei unzulässig, da die Beteiligten nicht identisch seien. Zudem seien im dritten Rechtszug neue Anträge grundsätzlich unzulässig.
II.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die von der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche auf erstmalige Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes seien unverjährbar. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Herstellung eines dem Aufteilungsplan entsprechenden Zustandes und auf die Anpassung des vorhandenen Zustandes an rechtliche Anforderungen des öffentlichen Baurechts. Im Aufteilungsplan befinde sich ein Eintrag mit dem Fahrradstellplatz und die Baugenehmigung sehe vor, dass acht Fahrradstellplätze entsprechend der Fahrradstellplatz-Satzung herzustellen seien.
2. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Die Beschwer der Antragsgegner durch die angefochtene Entscheidung übersteigt 750 €, § 45 Abs. 1 Satz 2 WEG a.F.
3. Die Antragstellerin hat nach § 21 Abs. 4 WEG einen Anspruch darauf, dass im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein Fahrradabstellplatz gemäß der Baugenehmigung und gemäß der Fahrradabstellplatz-Satzung (FAbS) der Gemeinde errichtet wird.
a) Ob der Antragstellerin ein sich aus wohnungseigentumsrechtlichen Vorschriften ergebender Anspruch zusteht, beurteilt sich nach den Vorschriften zum materiellen Recht in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung, da für das materielle Recht eine § 62 Abs. 1 WEG entsprechende Übergangsvorschrift fehlt (BGH NJW 2009, 2521; Bärmann /Merle, WEG, 13. Aufl., § 62 Rn. 4).
b) Allerdings ergibt sich ein Anspruch der Antragstellerin nicht schon aus § 21 Abs. 4 WEG in Verbindung mit einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer.
Nach § 5 Abs. 4 Satz 1 WEG können Vereinbarungen der Eigentümer zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Dabei stehen die vom Alleineigentümer nach §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 5 Abs. 4 Satz 1 WEG getroffenen und im Grundbuch eingetragenen Bestimmungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander einer Vereinbarung gleich (Bärmann /Armbrüster, WEG, 13. Aufl., § 5 Rn. 138).
aa) Die Baugenehmigung vom 21.03.1996 samt Auflagen mit der in Ziffer III.16 enthaltenen Pflicht zur Errichtung des Fahrradstellplatzes ist auch nach Ansicht der Beteiligten nicht Gegenstand der Teilungserklärung oder einer Vereinbarung der Eigentümer geworden.
bb) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin folgt aus der Eintragung des Fahrradabstellplatzes in dem Aufteilungsplan und in der Baubeschreibung und der Bezugnahme in Ziffer I. der Teilungserklärung auf diese Urkunden nicht, dass deren Inhalt als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen worden wäre.
Maßgeblich für den Inhalt des Grundbuches ist die Eintragungsbewilligung in Ziffer IV. der Teilungserklärung. Danach bewilligt der Alleineigentümer die Eintragung der Teilung des in Abschnitt I. bezeichneten Grundstücks in Verbindung mit Anlage I der Urkunde und der Gemeinschaftsordnung in Verbindung mit Anlage II der Urkunde als Inhalt des Wohnungs- bzw. Teileigentums.
Zwar wird in Ziffer I. der Teilungserklärung für die Bauausführung auf den Bauplan, den Aufteilungsplan und die Baubeschreibung Bezug genommen. Aber in der Eintragungsbewilligung wird auf die Angaben in Abschnitt I der Teilungserklärung nur zur Bezeichnung des zu teilenden Grundstücks verwiesen. Ein weitergehender Inhalt des Abschnitts I. wird damit nicht zum Inhalt des Sondereigentums.
Auf den der Teilungserklärung als Anlage beigefügte Aufteilungsplan wird weiter noch insoweit Bezug genommen, als die Eintragungsbewilligung in Ziffer IV. für die Teilung des Grundstücks auf Ziffer II. verweist, in der es heißt, dass die Aufteilung so durchgeführt wird, wie es aus dem Aufteilungsplan ersichtlich ist. Die Auslegung der Teilungserklärung ergibt nicht, dass die Eintragung des Fahrradabstellplatzes auf dem Aufteilungsplan als eine Bestimmung mit Vereinbarungscharakter anzusehen wäre.
Da die Teilungserklärung Bestandteil der Eintragung in das Grundbuch ist, hat die Auslegung nach objektiven Gesichtspunkten zu erfolgen. Bei der Auslegung der Teilungserklärung ist von deren Wortlaut auszugehen. Angaben in dem Aufteilungsplan kommt allenfalls nachrangige Bedeutung zu. Aufgabe des Aufteilungsplans ist es nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, die Aufteilung des Gebäudes sowie die Lage und Größe des Sondereigentums und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteile ersichtlich zu machen, und nicht, die Rechte der Wohnungsund Teileigentümer über die Bestimmung der Grenzen des jeweiligen Eigentums hinaus zu erweitern oder zu beschränken (BGH, Urteil vom 15. Januar 2010 – V ZR 40/09, ZWE 2010, 178).
c) Ein Anspruch der Antragstellerin ergibt sich aber aus § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG. Danach kann jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen. Unter Instandsetzung ist auch die erstmalige Herstellung des Gemeinschaftseigentums zu verstehen (BGH NJW 2016, 2181 NJW 2016, 473; Bärmann /Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 118).
aa) Aus den in der Teilungserklärung in Bezug genommenen Unterlagen in Verbindung mit dem Inhalt der Baugenehmigung folgt, dass die von der Antragstellerin geforderte Errichtung eines Fahrradabstellplatzes eine Maßnahme der erstmaligen plangerechten Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums darstellt. Für die Bestimmung des ordnungsmäßigen Anfangszustandes des Gemeinschaftseigentums ist zunächst der Inhalt der Teilungserklärung maßgeblich (BGH NJW 2016, 2181; Bärmann /Merle, a.a.O., § 21 Rn. 118b). Soweit die Bestimmungen der Teilungserklärung durch Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums geworden sind, enthalten sie jedoch keine Angaben bezüglich der Errichtung von Fahrradabstellplätzen.
Wenn die Teilungserklärung und der Aufteilungsplan insoweit keine Aussage treffen, kann den für die Erstherstellung maßgeblichen Bauplänen und der Baubeschreibung Bedeutung zukommen (BGH NJW 2016, 2181). Neben den durch Eintragung im Grundbuch zum Gegenstand des Sondereigentums gewordenen Bestimmungen, die damit für alle Wohnungseigentümer bis zu einer eventuellen Änderung nur durch Vereinbarung verbindlich sind, und den Bestimmungen in den einzelnen Kaufverträgen wie bspw. in den Baubeschreibungen, die grundsätzlich nur individuelle Ansprüche gegen den Bauträger begründen (vgl. Bärmann /Merle, a.a.O., § 21 Rn. 118b), gibt es noch diejenigen Bestimmungen, die zwar in der Teilungserklärung enthalten sind, aber mangels Eintragung nicht Gegenstand des Sondereigentums geworden sind und auch gemäß § 10 Abs. 3 WEG nicht gegenüber Sondernachfolgern eines Wohnungseigentümers wirken. Anders als der Inhalt einzelner Kaufverträge betreffen diese Bestimmungen alle Wohnungseigentümer in gleicher Weise und sind deshalb auch geeignet als Grundlage für den ordnungsgemäßen Zustand des Gemeinschaftseigentums.
In Abschnitt 1 der Teilungserklärung vom 20.03.1996, vgl. K 6, wird die zu errichtende Anlage beschrieben durch die Bezugnahme auf den Bauplan, der der Urkunde als Aufteilungsplan beigefügt sein soll, und durch Bezugnahme auf die Baubeschreibung, die der Urkunde ausdrücklich als Anlage III beigefügt ist. In der Baubeschreibung sind Stellplätze für Fahrräder unter dem Titel „Gemeinschaftseinrichtungen“ ausdrücklich erwähnt. Auf dem Bauplan ist ein Fahrradabstellplatz mit Überdachung vorgesehen, der in seiner Größe den Vorgaben durch die gemeindliche Satzung entspricht. Diese Angaben und Eintragungen sind weiter im Zusammenhang mit der Baugenehmigung zu sehen, die nur unter der Auflage erteilt worden ist, dass Fahrradabstellplätze entsprechend der gemeindlichen Satzung errichtet werden.
Es kann dahinstehen, ob sich daraus ein Anspruch ergibt, dass der Abstellplatz genau an der Stelle errichtet wird, der sich aus dem Bauplan ergibt. Aus den in der Teilungserklärung in Bezug genommenen Unterlagen im Zusammenhang mit der Baugenehmigung ergibt sich aber, dass zu dem ordnungsgemäßen Zustand des Gemeinschaftseigentums auch ein der gemeindlichen Satzung entsprechender Fahrradabstellplatz gehört.
bb) Die Errichtung des geforderten Stellplatzes stellt auch deshalb eine Maßnahme der erstmaligen Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums dar, weil damit eine öffentlichrechtliche Anforderung erfüllt wird. Der ordnungsmäßigen Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums dienen auch Maßnahmen zur Erfüllung öffentlichrechtlicher Anforderungen (BGH NJW 2016, 2181; Bärmann /Merle, a.a.O., § 21 Rn. 120). Sowohl aus der Baugenehmigung vom 21.03.1996 als auch aus der Fahrradabstellplatz-Satzung der Gemeinde P ergibt sich die Pflicht zur Errichtung der Abstellplätze in der von der Antragstellerin geforderten Weise.
4. Der Anspruch der Antragstellerin ist weder verjährt noch verwirkt.
Die Ausführungen des Landgerichts sind zutreffend. Der Anspruch des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung ist grundsätzlich unverjährbar. Ist eine Maßnahme im Interesse einer ordnungsmäßigen Verwaltung notwendig, erfordert diese ständig ihre Durchführung (BGH ZWE 2012, 325). Allein der Umstand, dass die Bauaufsichtsbehörde von einem Vorgehen gegen die Eigentümer absieht, führt nicht dazu, dass die Errichtung gemäß der FAbS nicht mehr ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht. Auch der Anspruch auf erstmalige plangerechte Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums ist grundsätzlich unverjährbar.
Der Durchsetzung des Anspruchs kann allerdings der Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, entgegenstehen. Der Anspruch entfällt, wenn seine Erfüllung den übrigen Wohnungseigentümern nach den Umständen des Einzelfalls nicht zuzumuten ist (BGH NJW 2015, 2027). Dafür, dass eine der gemeindlichen Satzung entsprechende Herstellung eines Fahrradabstellplatzes den Antragsgegnern nicht zuzumuten wäre, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Dies folgt auch nicht daraus, dass bereits ein Abstellplatz besteht, der allerdings nicht den öffentlichrechtlichen Anforderungen genügt. Denn der Aufwand für die Errichtung, so wie die Antragstellerin er verlangt, erscheint als gering und wird von den Beteiligten mit € 2.500,00 geschätzt.
5. Der Senat legt den Antrag als Antrag auf Beschlussersetzung aus. Ein entsprechender Beschluss wurde noch nicht gefasst.
a) Der Antrag der Antragstellerin ist auslegungsbedürftig. Die Antragsgegner schulden die Errichtung eines Fahrradabstellplatzes nicht unmittelbar. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Errichtung des Abstellplatzes durch diese selbst.
Denn die Wohnungseigentümer kommen ihren Pflichten im Wesentlichen durch Beschlussfassung im Rahmen einer Eigentümerversammlung nach. Zur Durchführung von Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums sind sie außerhalb von § 21 Abs. 2 WEG weder berechtigt noch verpflichtet, sofern die Verwaltungszuständigkeit nicht durch Vereinbarung auf sie übertragen wurde. Der Wohnungseigentümer, der einen Anspruch auf Mitwirkung an der ordnungsgemäßen Verwaltung gegen die anderen Wohnungseigentümer durchsetzen will, kann nach verbreiteter Meinung Antrag auf Zustimmung zu einer konkreten Maßnahme, also einen Leistungsantrag stellen (vgl. Staudinger/Bub, 2005, § 21 WEG Rn. 118). Stattdessen kann er auch einen Antrag auf Ersetzung der Entscheidung der Wohnungseigentümer durch das Gericht stellen (Staudinger/Bub, a.a.O.).
Ob allein letzteres rechtlich möglich ist, kann dahinstehen, denn jedenfalls kann im vorliegenden Fall der Antrag der Antragstellerin als Antrag auf Beschlussersetzung ausgelegt werden. Für die Auslegung von Anträgen ist nicht allein der Wortlaut maßgebend. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er aus der Klagebegründung, den sonstigen Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgeht. Im Zweifel gilt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH NJW 2016, 2181).
Die Antragstellerin will eine Grundlage für ein Tätigwerden der Wohnungseigentümergemeinschaft, vertreten durch die Verwaltung, erreichen, damit die Abstellplätze entsprechend der Baugenehmigung errichtet werden. Das Rechtsschutzziel erkennt der Senat nicht darin, dass die Errichtung durch die Antragsgegner persönlich erfolgt.
Der Antrag der Antragstellerin ist als Verpflichtungsantrag im Sinne eines Gestaltungsantrags nach § 43 Abs. 2 WEG a.F. zu verstehen. Nach § 43 Abs. 2 WEG a.F. entscheidet der Richter nach billigem Ermessen, soweit sich die Regelung nicht aus dem Gesetz, einer Vereinbarung oder einem Beschluss der Wohnungseigentümer ergibt. Auf dieser Grundlage kann der Senat einen Beschluss der Eigentümer ersetzen.
b) Die geforderte Regelung ergibt sich nicht schon aus dem Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 27.06.2006. Dieser Beschluss kann als Beschluss der gemeinschaftlich sondernutzungsberechtigen Eigentümer von Wohnungen des Mehrparteienhauses nach § 745 Abs. 1 BGB wirksam sein. Ob daneben eine Beschlussfassung im Rahmen einer Teilversammlung der Untergemeinschaft möglich war, kann dahinstehen, denn die Verwaltungszuständigkeit für eine Beschlussfassung, die der Einhaltung öffentlichrechtlicher Vorschriften dient, liegt im vorliegenden Fall bei allen Eigentümern.
aa) Der Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 27.06.2006, in dem beschlossen wurde, den vom LRA F. geforderten Fahrradabstellplatz entsprechend dem genehmigten Eingabeplan auf der rechten Seite des Mehrfamilienhauses einzurichten, kann als Beschluss nach § 745 Abs. 1 BGB der gemeinsam Sondernutzungsberechtigten anzusehen sein.
In der Gemeinschaftsordnung vom 20.03.1996 wird unter A.I.2. den Eigentümern der Einheiten mit den Nr. 3 bis 8 eine gemeinsames Sondernutzungsrecht an dem Grundstücksteil eingeräumt, der im Aufteilungsplan grün umrandet ist. In diesem Bereich ist der Fahrradabstellplatz eingezeichnet. Ein Sondernutzungsrecht kann einzelnen Wohnungseigentümern oder einer Gruppe von Wohnungseigentümern eingeräumt werden (Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 13 Rn. 69; Staudinger/Kreuzer, 2005, § 15 WEG Rn. 13). Zwischen den gemeinsam Berechtigten gilt grundsätzlich Bruchteilsrecht gemäß §§ 741 ff BGB. Bei mehreren Sondernutzungsberechtigten gilt zwischen diesen das auf die gewählte Rechtsform anzuwendende Recht oder es wird eine Regelung durch Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG getroffen (Staudinger/Kreuzer, a.a.O., Rn. 13; BGH NJW 2014, 1879). Ohne ausdrückliche Bestimmung durch Vereinbarung regelt sich das Verhältnis der Berechtigten untereinander nach den §§ 741 ff BGB (Lutz NotBZ 2014, 209; Hügel/Elzer, WEG, 1. Aufl., § 13 Rn. 54). Damit ergeben sich die Rechte und Pflichten der Antragstellerin und Antragsgegner hinsichtlich des grün umrandeten Bereichs nicht unmittelbar aus dem Wohnungseigentumsgesetz, sondern aus den Vorschriften über die Rechtsgemeinschaft der §§ 741 ff. BGB (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23. Oktober 1992 – 2Z BR 78/92, WuM 1992, 705, Wohnungseigentum 1994, 17).
bb) Es kann dahinstehen, ob die Wohnungseigentümer im Rahmen einer Teilversammlung der Untergemeinschaft Mehrfamilienhaus, vgl. Gemeinschaftsordnung Ziffer A. II.3., diesen Beschluss wirksam fassen konnten. Der Beschluss wäre entsprechend der Auffassung des Amtsgerichts nichtig, wenn die Gemeinschaftsordnung Teilversammlungen nicht vorsieht. Denn die Eigentümer der Doppelhaushälften sind ausdrücklich nicht zu der Eigentümerversammlung vom 27.06.2006 eingeladen worden. Damit läge ein Ladungsmangel vor, der zur Nichtigkeit von Beschlüssen führt. Die Gemeinschaftsordnung enthält indessen im Abschnitt B. Regelungen für die Untergemeinschaften. In diesem Abschnitt sind unter Ziffer II. Regelungen für die Eigentümerversammlung enthalten. Ob dies in Verbindung mit Ziffer A.II.7. ausreicht, von der Zulässigkeit von Teilversammlungen auszugehen, braucht hier nicht geklärt zu werden, da es sich bei der Erfüllung der gemeindlichen Vorgaben um eine Angelegenheit handelt, die das Grundstück insgesamt und nicht eine der Untergemeinschaften allein betrifft, vgl. Ziffer A.II.2. letzter Absatz der Gemeinschaftsordnung.
cc) Die Herstellung eines der gemeindlichen Satzung entsprechenden Fahrradabstellplatzes betrifft nicht allein das gemeinsame Sondernutzungsrecht der Eigentümer des Mehrparteienhauses, sondern fällt in die Verwaltungszuständigkeit aller Sondereigentümer.
Zuständig für die Erfüllung der öffentlichrechtlichen Anforderungen waren alle Sondereigentümer gemeinschaftlich, und nicht eine der Untergemeinschaften. Nach der FAbS der Gemeinde sind bei der Errichtung von Bauvorhaben Fahrradabstellplätze gemäß der Satzung herzustellen. Diese Pflicht war auch Gegenstand einer Auflage in der Baugenehmigung. Die Pflicht knüpft zwar an das Vorhandensein von Wohnungen an, da die FAbS nicht für Ein- und Zweifamilienhäuser gilt. Sie bezieht sich aber auf das Baugrundstück und nicht nur auf die Eigentümer der Wohnungen. Denn die Pflicht traf die Bauträgerin bereits vor Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies rechtfertigt es, die Erfüllung der öffentlichrechtlichen Vorgaben der ordnungsmäßigen Herstellung des Gemeinschaftseigentums zuzurechnen (vgl. BGH NJW 2016, 2181). Damit hätte ein Beschluss, was insoweit zutreffend vom Amtsgericht erkannt wurde, nur in einer Versammlung aller Wohnungseigentümer gefasst werden können.
Daran ändert nichts, dass der Fahrradabstellplatz im Bauplan auf dem Teil des Grundstücks eingezeichnet ist, an dem für die Eigentümer des Mehrfamilienhauses ein gemeinsames Sondernutzungsrecht begründet wurde. Denn aus der gemeindlichen Satzung lässt sich nicht die Pflicht ableiten, den Fahrradabstellplatz an einer bestimmten Stelle auf dem Baugrundstück zu errichten. Vielmehr sind die Eigentümer in Bezug auf die Erfüllung öffentlichrechtlicher Pflichten gegenüber der Gemeinde frei darin, an welchem Ort sie den Fahrradabstellplatz errichten.
6. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 47 WEG a.F. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 WEG a.F.


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