Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bewilligung, Abtretung, Kaufpreis, Marke, Fahrzeug, Zahlung, Anspruch, Auskunft, Erinnerung, Rechtsanwaltskosten, Zeitpunkt, Auslegung, Altfahrzeug, Wohnsitz, Wert des Streitgegenstandes, Ermittlung des Parteiwillens

Aktenzeichen  33 O 1091/20

Datum:
18.12.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49682
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.
Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Insbesondere ist das Landgericht Regensburg zuständiges Gericht. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 S. 1 GVG i.V.m. §§ 1, 4 Abs. 1 ZPO, da der Wert des Streitgegenstandes 5.000,00 Euro übersteigt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich jedenfalls aus §§ 12, 13 ZPO i.V.m. § 7 BGB, da der Beklagte seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts Regensburg hat.
2. Die Klage ist unbegründet.
a) Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des restlichen … Kaufpreises in Höhe von 5.355,00 Euro aus §§ 433 Abs. 2, 398 BGB.
Zwischen der Firma … und dem Beklagten ist zwar unstreitig ein Kaufvertrag i.S.d. § 433 Abs. 1 BGB über ein Neufahrzeug der Marke VW Caddy zustande gekommen, einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung in Höhe von weiteren 5.355,00 Euro hat die Klägerin gleichwohl nicht.
Ein solcher Anspruch auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 5.355,00 Euro bestünde nur, wenn zwischen den Parteien, der Firma …, vertreten durch ihren Geschäftsführer, und dem Beklagten wirksam vereinbart worden wäre, dass die Prämie nur für den Fall ihrer Bewilligung gewährt werden sollte. Das ist vorliegend aber nicht der Fall. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts besteht zwischen den Vertragsparteien keine wirksame Vereinbarung dahingehend, dass der Abzug einer Prämie in Höhe von 4.500,00 Euro netto bzw. 5.355,00 Euro brutto unter der Bedingung der Verschrottung eines Altfahrzeuges steht.
Eine vertragliche Abrede ist gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass ihr Inhalt in dem von beiden Parteien vernünftigerweise objektiv gemeinsam gewollten Sinn und Zweck unter Berücksichtigung ihrer Interessenlage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entspricht (BeckOK BGB/Wendtland, 56. Edition, Stand: 01.11.2020, § 157 Rn. 12). Die Ermittlung des objektiv vereinbarten in diesem Sinne erfolgt nach Maßgabe der Grundsätze über die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen. Insoweit ist entscheidend, wie der Erklärungsempfänger die jeweilige zum Vertragsabschluss, führende Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (Palaridt BGB, 79. Auflage 2020, § 133 Rn. 9). Dabei dürfen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die bei Zugang der Erklärung ihrem Empfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren (Palandt BGB, 79. Auflage 2020, § 133 Rn. 9; BGH, Urteil v. 05.10.2006 – III ZR 166/05). Auf seinen „Horizont“ und seine Verständnismöglichkeiten ist die Auslegung abzustellen, und zwar selbst dann, wenn der Erklärende die Erklärung anders verstanden hat und auch verstehen durfte (MüKoBGB/Busche, 8. Auflage 2018, § 133 Rn. 12). Auch wenn nach § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen ist, stellt nämlich nicht der innere, sondern der bekundete Wille das Thema der von § 133 BGB geregelten Auslegung dar. Mi hin sind in erster Linie gerade der von den Parteien gewählte Wortlaut sowie die der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (BGH, Urteil v. 15.10.2014 – XII ZR 111/12).
Gemessen hieran ist die maßgebliche Vertragsabrede – anders als die Klagepartei meint – nicht so auszulegen, dass die Prämie nur für den Fall ihrer Bewilligung von dem Gesamtbetrag in Höhe von 31.436,00 Euro in Abzug gebracht werden soll. Eine schriftliche Fixierung des Kaufvertrages als solchen ist nicht erfolgt. Insoweit ist zur Ermittlung des Parteiwillens zunächst die dem Gericht vorgelegte Rechnung der Firma … vom 18.09.2018 heranzuziehen. Dieser Rechnung ist schon nicht zu entnehmen, dass eine sog. Umweltprämie gewährt werden soll. In den Rechnungsunterlagen ist lediglich von einer Aktionsprämie die Rede. Überdies ist nichts für einen etwaigen Vorbehalt ersichtlich. Vielmehr wurde der Betrag in Höhe von 4.500,00 Euro netto bzw. 5.355,00 Euro brutto sogleich – ohne einen entsprechenden Hinweis auf eine bedingte Gewährung der Prämie – in Abzug gebracht.
Dies gilt umso mehr als dem Beklagten im Rahmen der Verkaufsgespräche zu keinem Zeitpunkt Unterlagen hinsichtlich der streitgegenständlichen Umweltprämie zur Verfügung gestellt wurden. Auch im Übrigen wurde der Beklagte nicht über das Verfahren der Bewilligung aufgeklärt. Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegeben, ihm sei lediglich mitgeteilt worden, dass er das Altfahrzeug „einfach“ zur Firma … verbringen solle und dieses „schon rollfähig“ sein müsse. Weitergehende Informationen hinsichtlich der Umweltprämie habe er nicht erhalten. Bestätigt wurde dies seitens der Zeugin …, welche aussagte, dass Kunden, welche Interesse an der Umweltprämie bekundeten, keine Unterlagen erhielten, in denen die Voraussetzungen ihres Erhalts näher dargelegt werden, da es sich hierbei um konzerninterne Dokumente handelte, die nicht herausgegeben werden dürften. Das Gericht hält diese Angaben für glaubhaft, da sie sich – trotz der gegensätzlichen Positionen in der hiesigen Streitsache – inhaltlich decken. Demgemäß wusste der Beklagte zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht um den Ablauf des konkreten Bewilligungsverfahrens. Ein anderes gilt auch dann nicht, wenn dem Beklagten gegenüber im Rahmen der Verkaufsgespräche folgender Satz verlautbart worden wäre: „Ein Fahrzeug muss ein Fahrzeug sein, es muss rollfähig sein, ein Motorschaden ist egal; das Fahrzeug muss aber bewegbar sein und es muss ausschauen wie ein Auto“.
Zum einen steht zur Überzeugung des Gerichts schon nicht fest, dass diese Aussage dem Beklagten gegenüber vor dem Vertragsabschluss tatsächlich getätigt worden ist, da die Zeugin … keine konkrete Erinnerung mehr an ein Verkaufsgespräch mit dem Beklagten hatte und der Umstand, dass der vorgenannte Satz „immer“ von allen Verkäufern der Firma … vorgetragen wird, nicht automatisch den Schluss zulässt, dass dies auch im Rahmen des Gespräches mit dem Beklagten der Fall war. Zum anderen gibt der beschriebene Zustand des Altfahrzeuges keinerlei Aufschluss über das Bewilligungsverfahren. Auch wenn der Käufer, namentlich der Beklagte, um den erforderlichen Zustand des Altfahrzeuges weiß, ist ihm jedenfalls nicht bekannt, dass der Erhalt der Umweltprämie erst nach der Abgabe eines Verwertungsnachweises überprüft wird und zwar nicht vom Vertragspartner selbst, sondern von Dritten.
Wenn dem Beklagten aber diese Information nicht zuteil wird und auch der Rechnung kein Vorbehalt hinsichtlich der Gewährung der Umweltprämie entnehmen ist, der betreffende Betrag in Höhe von 5.355,00 Euro vielmehr schon bei Rechnungstellung in Abzug gebracht wird und die Verwertung des Altfahrzeuges sowie die Prüfung der Voraussetzungen der Umweltprämie erst im Anschluss erfolgt, darf und muss der Beklagte von einer unbedingten Gewährung des vorgenannten Betrages ausgehen. Dass die Prüfung der Voraussetzungen und letztlich die Entscheidung über die Umweltprämie nicht der Firma … obliegt, darf nicht zulasten des Käufers, namentlich des Beklagten gehen. Wird die Umweltprämie sogleich bei Vertragsschluss vorbehaltlos vom Gesamtkaufpreis in Abzug gebracht, trägt das Risiko einer negativen Verbescheidung der Verkäufer, demnach die Firma …. Eine Risikoüberwälzung auf den Käufer kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Käufer keinerlei Einblicke in das Verfahren der Bewilligung der Umweltprämie hat. Er verfügt nur über diejenigen Informationen, die ihm im Zuge des Verkaufsgespräches bekannt werden. Nach den vorstehenden Ausführungen wurden dem Beklagten aber nur Auskünfte über den erforderlichen Zustand des Altfahrzeuges zuteilt. Kenntnisse über den Ablauf des Verfahrens, insbesondere im Hinblick auf die Verwertung des Altfahrzeuges, hatte der Beklagte gerade nicht. Insoweit unterfällt das Risiko einer etwaigen Nichtbewilligung der Umweltprämie allein dem Verantwortungsbereich der Firma …. Nach alledem spricht nichts dafür, dass die Umweltprämie nur für den Fall ihrer Bewilligung in Abzug gebracht werden sollte.
Konkrete Anhaltspunkte für eine anderweitige Auslegung der Vertragsabrede sind im Übrigen weder dargetan noch sonst wie ersichtlich. Dies geht zu Lasten der Klägerin. Denn diejenigen Tatsachen, die zu einem bestimmten Auslegungsergebnis führen sollen, hat derjenige Beteiligte darzulegen und zu beweisen, der sich auf jenes Auslegungsergebnis beruft (OLG Koblenz, Beschluss v. 05.06.2019 – 9 UF 104/19).
Im Hinblick auf die ebenfalls streitige – jedoch nicht mehr entscheidungserhebliche – Frage, welchen Anforderungen das Altfahrzeug genügen muss, vertritt das erkennende Gericht die Auffassung, dass der Beklagte den eingangs zitierten Satz der Zeugin … – unterstellt, dass er im Rahmen des Verkaufsgespräches tatsächlich kundgegeben wurde – nicht so verstehen hatte, dass das Altfahrzeug noch zwingend über einen Motor verfügen musste. Die enthaltene Information, dass ein Motorschaden die Gewährung der Umweltprämie nicht hindere, lässt nicht zugleich den Schluss zu, dass in dem Fahrzeug noch tatsächlich ein Motor vorhanden sein muss. Zwar ließe der Zweck der Umweltprämie – die Anregung zum Kauf eines Neufahrzeuges zur Minderung der Anzahl betriebener schadstoffreicher Altfahrzeuge – durchaus die Annahme zu, dass es gerade auch auf die Verwertung des Fahrzeugmotors ankommt. Ein Kunde, der um die anstehende Verschrottung des Altfahrzeuges weiß, wird jedoch regelmäßig davon ausgehen, dass es – wenn schon ein Motorschaden dem Erhalt der Umweltprämie nicht entgegensteht – nicht auf das Vorhandensein eines Motors ankommt.
b) Mangels berechtigter Hauptforderung hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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