Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bewilligung von Wohngeld bei mit nahen Angehörigen abgeschlossenen Mietverträgen

Aktenzeichen  M 22 K 16.3198

Datum:
8.11.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28050
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WoGG § 1
SGB I § 26 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Anspruch auf Bewilligung von Wohngeld entfällt schon dem Grunde nach, wenn der Antragsteller mangels wirksamer Mietzinsverpflichtung überhaupt keinen Mietaufwand zu tragen hat und trägt. Legt der Antragsteller einen mit nahen Angehörigen abgeschlossenen Mietvertrag vor, sind an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit solcher Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dabei ist auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Ausbildungsförderungsrecht zur Anerkennungsfähigkeit von Verträgen zwischen nahen Angehörigen abzustellen (BVerwG BeckRS 2008, 40959). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Dr. …, M., wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Wohngeld in der Form des Mietzuschusses für Dezember 2015 und Januar 2016.
Die 1987 geborene Klägerin bewohnt seit Februar 2007 eine ca. 35 qm große Wohnung in M., deren Eigentümer die Eltern der Klägerin sind. Die im schriftlichen Mietvertrag vom 2. Februar 2007 vereinbarte Miete beträgt 450,00 Euro (einschließlich Strom- und sonstiger Nebenkosten). Die Klägerin ist aufgrund einer im frühen Kindesalter aufgetretenen, rezividierenden Krebserkrankung seit 2014 zu 100% schwerbehindert und voll erwerbsgemindert. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages hatte die Klägerin keine Einnahmen, sondern besuchte eine private, kostenpflichtige Kosmetikschule.
Dem Antrag der Klägerin auf Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII wurde im Juli 2017 nicht stattgegeben, weil das vorhandene Vermögen (ein Bausparvertrag mit einem Sparguthaben von 1.686,89 Euro bei der LBS, ein Bausparvertrag mit einem Sparguthaben von 2.675,36 Euro bei der BHW sowie der auf 1.366,86 Euro bezifferte Rückkaufwert aus einer Versicherung) über der Vermögensfreigrenze von 2.600 € lägen. Die Klägerin löste daraufhin den Bausparvertrag bei der BHW zum 21. Juli 2015 auf und überwies aus dem Erlös von 2.978,94 Euro unter dem Verwendungszweck „teilrückführung-mietrückstände“ im August 2015 2.900,00 Euro an ihren Vater.
Unter dem 4. September 2015 wurde der Klägerin, die gemäß ihren Angaben außer einem monatlichen Taschengeld der Eltern i.H.v. 30,00 Euro und Naturalleistungen der Eltern und Tanten über keinerlei eigene Einkünfte verfügte, für die Zeit vom 1. Juli 2015 bis 30. November 2015 ein monatliches Wohngeld i.H.v. 348,00 Euro gewährt. Der Bewilligung wie auch der Verkürzung des Bewilligungszeitraumes lag die Annahme zu Grunde, dass der Lebensunterhalt der Klägerin angesichts der Unterhaltszahlungen der Eltern und des aus der Auflösung des Bausparers stammenden Sparvermögens für 5 Monate gesichert sei. Für die Zeit danach wurde der Klägerin ausweislich Seite 1 des Bescheides vom 4. September 2015 (vgl. Bl. 42 d. BA) gebeten, eine Antrag auf Grundsicherungsleistungen zu stellen.
Mit am 10. November 2015 bei der Beklagten eingegangenem Antrag stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Weiterleistungsantrag für die Gewährung von Wohngeld. Zum Antrag wurde ausgeführt, dass die Eltern nach wie vor in Vorlage für die Kosten des Apartments (einschließlich der Nebenkosten) sowie der Krankenkasse treten würden, die Klägerin würde weiterhin ein monatliches Taschengeld erhalten, die Mahlzeiten bei den Eltern einnehmen, notwendige Kleidung sei ein Geschenk der Tanten.
Mit Fax vom 8. Februar 2016, dem eine Kopie der Klageschrift für das beim Sozialgericht gegen den ablehnenden Grundsicherungsbescheid eingeleitete Verfahren beigefügt war, erhielt die Beklagte davon Kenntnis, dass sich die Mietrückstände der Klägerin bei ihren Eltern zum Stand August 2015 auf 45.900,00 Euro beliefen, die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt die vereinbarte Miete mithin noch nie entrichtet hatte.
Mit Wirkung vom 24. Februar 2016 überschieb die Klägerin den Bausparvertrag bei der LBS auf ihren Vater, woraufhin ihr der Grundsicherungsträger mit Bescheid vom 22. März 2016 rückwirkend für die Zeit ab 1. Februar 2016 Grundsicherung bei Erwerbsminderung i.H.v. 1.018,82 € monatlich bewilligte.
Mit Bescheid vom 14. April 2016 lehnte die Beklagte den Wohngeldantrag der Klägerin für die Zeit ab 1. Dezember 2015 ab, weil sie die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Wohngeldberechtigung nach § 3 WoGG nicht erfülle. Ein wirksames Mietverhältnis sei nicht glaubhaft nachgewiesen. Auf die Begründung des Bescheides wird insoweit verwiesen.
Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin ihre Bevollmächtigte mit Schreiben vom 12. Mai 2015 Widerspruch erheben und im Wesentlichen vortragen, dass der mit den Eltern abgeschlossene Mietvertrag wirksam und der von der Beklagten angestellte Fremdvergleich in der vorliegenden Konstellation nicht möglich sei. Der Mietvertrag sei abgeschlossen worden, um die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber den Eltern zu fixieren und so im Erbfall zwischen der Klägerin und ihrer Schwester Klarheit zu schaffen. Die Klägerin zahle seit Erhalt der Grundsicherung auch Miete. Zum 30. März bzw. 1. April 2016 habe sie Überweisungen getätigt und einen Dauerauftrag eingerichtet. Zudem habe sie im August 2015 eine Einmalzahlung i.H.v. 2.900,00 Euro an ihre Eltern geleistet. Wie die aufgelaufenen Mietschulden beglichen werden könnten, sei noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2016 wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch zurück. Der behauptete Mietvertrag halte dem Fremdvergleich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht Stand, die Klägerin sei nicht antragsberechtigt nach § 22 i.V.m. § 3 Abs. 1 WoGG. Auf den Bescheid wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2016 ließ die Klägerin ihre Bevollmächtigte Klage erheben, mit dem Antrag die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28. Juni 2016 zu verpflichten, der Klägerin Wohngeld für Dezember 2015 und Januar 2016 zu bewilligen.
Weiterhin beantragt die Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu bewilligen.
Zur Begründung wurde nunmehr (ohne Vorlage entsprechender Nachweise) u.a. ausgeführt, die Klägerin habe für die Monate Juli bis November 2015 Miete aus dem ihr gezahlten Wohngeld i.H.v. 348,00 Euro, das sie um 102,00 Euro aus dem aufgelösten Bausparvermögen aufgestockt habe, gezahlt. Ab 1. Februar 2016 habe sie die Miete unter Inanspruchnahme der Grundsicherung bezahlt. Eine Antragsberechtigung sehe das Wohngeldgesetz nicht vor. Die anzustellende Prognose sei daher – auch retrospektiv – zu Gunsten der Klägerin zu treffen. Bei Anmietung der Wohnung sei nicht absehbar gewesen, dass die Klägerin die Miete, die ihr gestundet worden sei, zukünftig nicht werde zahlen können.
Die Beklagte beantragt mit Schreiben vom 1. September 2016,
die Klage abzuweisen.
Der Klägerin fehle die wohngeldrechtliche Berechtigung, da kein ernsthaftes, anzuerkennendes Mietverhältnis vorliege. Bereits die Bewilligung des Wohngeldes im Bescheid vom 4. September sei dem Grunde, aber auch der Höhe nach zu Unrecht erfolgt. Von einer Rückforderung werde gleichwohl abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten der Klägerin hat keinen Erfolg.
Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder die Gegenseite durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall bei summarischer Prüfung nicht gegeben. Die Klage auf Bewilligung von Wohngeld wird aller Voraussicht nach erfolglos bleiben, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Verbescheidung des streitgegenständlichen Wohngeldantrages seit Jahren keine (bzw. keine hinreichenden) zuschussfähigen Mietzahlungen geleistet hat. Insoweit bestehen bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung erhebliche Zweifel am Vorliegen eines wirksamen Mietvertrags und deshalb auch an der Antragsberechtigung der Klägerin.
Wohngeld ist – im Gegensatz zu anderen sozialhilferechtlichen Leistungen – keine Leistung des Staates, die den Lebensunterhalt sichern soll. Wohngeld wird zur wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens geleistet (vgl. § 1 Abs. 1 WoGG, § 7 SGB I). Es stellt gemäß § 1 Abs. 2 WoGG und § 26 Abs. 1 SGB I nur einen Zuschuss zur aufzuwendenden Miete für den selbst genutzten Wohnraum dar. Für einen Mietzuschuss ist der jeweilige Mieter antragsberechtigt (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 WoGG in den nach § 42a Abs. 3 WoGG anzuwendenden, insoweit gleichlautenden Fassungen des Gesetzes vom 24. September 2008, geändert durch Artikel 14 Nummer 12 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015). Der Anspruch entfällt daher schon dem Grunde nach, wenn der Wohngeldantragsteller mangels wirksamer Mietzinsverpflichtung überhaupt keinen Mietaufwand zu tragen hat und trägt. Davon ist vorliegend bei summarischer Prüfung auszugehen.
Es bestehen nach Aktenlage erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Antragstellung bzw. im streitigen Bewilligungszeitraum einer ernsthaften, wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen ist. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin diese Zweifel im Klageverfahren noch ausräumen könnte. Zwar hat sie nach den vorgelegten Unterlagen im Februar 2007 und damit zeitlich weit vor einer Beantragung von Wohngeld mit ihren Eltern einen schriftlichen Mietvertrag für das von ihr bewohnte Apartment abgeschlossen. Ein solcher kann auch grundsätzlich zwischen nahen Verwandten (selbst im Fall einer wechselseitigen Unterhaltsberechtigung und -verpflichtung) geschlossen werden. An den Nachweis des Abschlusses und insbesondere die Ernstlichkeit solcher Verträge sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss sich der Vertrag nach den vom Bundesverwaltungsgericht im Ausbildungsförderungsrecht mit Urteil vom 4. September 2008 (BVerwGE 132,10) getroffenen allgemeinen Feststellungen zur Anerkennungsfähigkeit von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (die von der Rechtsprechung auf das insoweit vergleichbare Wohngeldrecht übertragen wurden) anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lassen. Dabei muss das zwischen Verwandten begründete Vertragsverhältnis nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich dergestalt standhalten, dass die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestaltung von Sicherheiten) und Durchführung in jedem Punkt dem zwischen Fremden Üblichen zu entsprechen hat, doch können Zweifel am Vertragsschluss bzw. am Fortbestehen des Vertrages im Rahmen der insoweit anzustellenden Gesamtbetrachtung der gegen und für einen wirksamen Vertrag sprechenden Indizien insbesondere berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Darlehensvertrages nicht den jeweils getroffenen Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann.
Dies ist vorliegend aber der Fall. Das Vertragsverhältnis entspricht im Zeitpunkt der Wohngeldantragstellung wie auch im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum bei summarischer Prüfung nicht (mehr) dem schriftlich fixierten Vertragstyp Mietvertrag. Insoweit kann letztlich auch dahingestellt bleiben, welche Motive der schriftlichen Begründung der Mietzinsverpflichtung im Jahr 2007 (zu einem Zeitpunkt als die Klägerin über keine eigenen Einkünfte verfügte) zugrunde lagen, insbesondere ob es sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses um ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB handelte. Fest steht jedenfalls, dass die schriftlich fixierte Vereinbarung im weiteren Verlauf über Jahre hinweg nicht vollzogen wurde, ohne dass dies zu mietvertraglichen Konsequenzen führte, und dies obwohl das ehemalige Zimmer der Klägerin in der elterlichen Wohnung mit dem Auszug der Schwester aus der elterlichen Wohnung im Februar 2012 (vgl. insoweit Blatt 160 d. BA) wieder frei geworden war und spätestens mit dem erneuten Ausbrechen der Leukämie-Erkrankung im Jahr 2012 und der 2014 erfolgten Einstufung als dauerhaft voll erwerbsgemindert (vgl. Bl. 23 und 97 d. BA) für alle Beteiligten unübersehbar war, dass die Klägerin mindestens auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein würde, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Vertrag hält insoweit jedenfalls in seiner weiteren Durchführung dem vorzunehmenden Fremdvergleich nicht stand, wobei die Abweichung vom Vereinbarten angesichts des theoretisch möglichen Umzugs der Klägerin in die elterliche Wohnung, in der sie nach ihrem Vorbingen ohnehin ihre täglichen Mahlzeiten einnimmt (vgl. Bl. 39 und 70 d. BA), auch nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Die Gesamtwürdigung aller Umstände spricht vielmehr dafür, dass die eingegangene Verpflichtung zur Zahlung eines Mietzinses – so sie denn jemals mit entsprechendem Bindungswillen der Beteiligten begründet wurde – jedenfalls aufgrund der späteren Entwicklung des Gesundheitszustandes der Klägerin in gegenseitigem Einverständnis außer Vollzug gesetzt wurde und allenfalls noch für den Fall realisiert werden sollte, dass die vertraglich festgeschriebenen Mietzinszahlungen von einem Sozialleistungsträger übernommen werden. Dies zeigt sich auch darin, dass die Klägerin ihr Sparvermögen erst unter dem Druck der Erfüllung der Voraussetzungen einer Grundsicherungsgewährung aufgelöst bzw. auf ihre Eltern übertragen hat, und auch dann nur zögerlich und nur im vom Grundsicherungsträger geforderten Umfang, nicht aber im vollen Umfang ihres Sparvermögens. Wäre die Klägerin tatsächlich vom Vorliegen einer ernsthaft bestehenden Mietzinsvereinbarung und hoher Mietrückstände ausgegangen, hätte es demgegenüber nahegelegen, dass sie ihr ganzes Vermögen auch ohne eine entsprechende Aufforderung des Grundsicherungsträgers zur Schuldentilgung einsetzt, anstatt dieses weiter aufzubauen (vgl. insoweit die im Jahr 2015 erfolgten Einzahlungen, Bl.33 d. BA). Dies hat die Klägerin soweit ersichtlich jedoch bis heute nicht getan und ist darüber hinaus selbst für den Zeitraum der Wohngeldbewilligung von Juli bis November 2015 den Nachweis der im Klageschriftsatz behaupteten Weiterleitung des erhaltenen Wohngeldes an die Eltern schuldig geblieben. Erst ab dem Zeitpunkt der Grundsicherungsgewährung (22.03.2016) wurden nachweisbar Mietzahlungen geleistet. Soweit die Klägerin im August 2.900,00 Euro an ihre Eltern überwiesen hat, liegt aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zur Ablehnung von Grundsicherungsleistungen, die Vermutung nahe, dass diese in erster Linie an die Eltern überwiesen wurden, um die Voraussetzungen für den Grundsicherungsbezug und nicht eine wirksame Mietzinsverpflichtung zu erfüllen. Unabhängig hiervon wäre die Zahlung von 2.900,00 Euro nach § 11 Abs. 6 des vorgelegten Mietvertrages auch auf die ältesten Mietschulden aus dem Jahre 2007 anzurechnen. Sie steht damit nicht in Widerspruch zu einer späteren Aufhebung der Mietzinsverpflichtung.
Auch die angegebene Stundung nicht gezahlter Miete auf unbestimmte Zeit (vgl. insoweit auch Seite 9 des Widerspruchsschriftsatzes vom 12.05.2016: „Wie die in der Vergangenheit aufgelaufenen Mietschulden letztendlich beglichen werden können, ist derzeit noch nicht entschieden“) spricht gegen die Annahme eines Mietverhältnisses, denn ein Vermieter ist in aller Regel auch nicht bereit, seinem Mieter die Miete auf ungewisse Zeit zu stunden, dies zumal im Falle einer voll geminderten Erwerbsfähigkeit der Mieterin. Vielmehr haben ausbleibende Mietzahlungen über Monate oder wie vorliegend mehrere Jahre hinweg die regelmäßige Folge des gerichtlichen Vorgehens des Vermieters gegen den Mieter (Zahlungs- und Räumungsklage), ggf. nach einem zuvor erfolgten Widerruf einer etwaigen Stundungsvereinbarung.
Wohnte die Klägerin damit im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Wohngeldanträge letztlich ohne ernsthafte Zahlungsverpflichtung in der Wohnung ihrer Eltern, dann ist nicht nur ihre Antragsberechtigung nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 WoGG zu verneinen. Es entstehen ihr dann auch keine Aufwendungen für den Wohnraum im Sinne von § 1 Abs. 1 WoGG, die einen Anspruch auf Mietzuschuss begründen könnten.
Die rechtliche Beurteilung ist hier ähnlich wie bei einem Darlehen unterhaltspflichtiger Personen, mit dessen Rückzahlung überhaupt nicht oder nur bei Eintritt eines ungewissen künftigen Ereignisses zu rechnen ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 24.4.2006 – 9 C 06.839 – sowie B.v. 27.1.2003 – 9 C 02.3192). Auch diese „Darlehen“ werden wohngeldrechtlich nicht anerkannt.
Ein Wohngeldanspruch besteht damit im Rahmen der gebotenen kursorischen Prüfung schon dem Grunde nach nicht. Von einer hinreichenden Erfolgsaussicht der erhobenen Klage kann insoweit nicht ausgegangen werden. Insoweit ist auch für die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 Abs. 1 ZPO kein Raum.
Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich ein Wohngeldanspruch der Klägerin (selbst wenn er dem Grunde nach bestehen würde – wie vorliegend nicht -) rechnerisch auch keinesfalls in der der Klägerin zuletzt bewilligten Höhe von 348,00 Euro ergeben würde. Insoweit ist auf die Ausführungen auf Seite 6 des Klageerwiderungsschriftsatzes vom 1. September 2016 zu verweisen, wobei nach Auffassung des Gerichts im Rahmen der Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Miete auch die in der Warmmiete enthaltenen (vgl. Blatt 56 d. BA) Stromkosten von 58,00 Euro monatlich in Abzug zu bringen wären und zugleich das sich auf der Grundlage freiwilliger Unterhaltszahlungen ergebende monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin um weitere Positionen (Telefon, GEZ; Ausgaben für Drogerie-Artikel, Gesundheitspflege) zu erhöhen sein dürfte, mit der Folge einer weiteren Reduzierung des sich errechnenden Wohngeldes.
Einer Kostenentscheidung bedarf es vorliegend nicht, da das Bewilligungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).


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