Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Entgeltliche Überlassung von Flächen zur Installation einer Photovoltaikanlage ist Pacht

Aktenzeichen  1 HK O 905/14

Datum:
5.2.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 130858
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 125 Abs. 1, § 126, § 566, § 581, § 584

 

Leitsatz

1. Werden in einem Nutzungsvertrag die gesamten Dach- und Freiflächen auf dem Außenbereich eines Geländes als Generatorflächen sowie die erforderlichen Flächen für die Installation der elektronischen Anlagen zur Verfügung gestellt und sollen die Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage dem Nutzer zustehen, ist der Vertrag als Pachtvertrag einzustufen. Ein wesentliches Merkmal des Pachtvertrags ist, dass neben dem Gebrauch (bzw. der Nutzung) auch, wie es hier der Fall ist, die Früchte des Grundstücks gezogen werden können. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Telefaxübermittlung der jeweils durch den Vertragspartner unterzeichneten Vertragsurkunde erfüllt die gesetzliche Schriftform nicht. Die durch die Telefaxübertragung entstandenen Exemplare stellen keine zwei gleichlautenden Vertragsurkunden iSd § 126 Abs. 2 S. 2 BGB dar, die jeweils unterschrieben und jeweils der anderen Vertragspartei übergeben werden. (Rn. 63 – 64) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.100.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Nutzungsverhältnis über die streitgegenständlichen Flächen durch die Kündigung des Herrn … vom 4.10.2012 nicht beendet wurde und weiter fortbesteht.
a. Der Feststellungsantrag ist zulässig.
Der Kläger will festgestellt haben, dass ein Nutzungsverhältnis, begründet durch den Nutzungsvertrag mit Herrn … vom 5.3.2012, trotz Weiterveräußerung der streitgegenständlichen Flächen an die Beklagte im Hinblick auf § 566 BGB weiter fortbesteht.
Die Beklagte wendet sich dagegen und nutzt die streitgegenständlichen Flächen zu gewerblichen Zwecken selbst bzw. überlässt sie anderen zur gewerblichen Nutzung. Insofern ist auch ein Feststellungsinteresse gegeben.
b. Zwischen dem Kläger und Herrn … ist ein Nutzungsvertrag am 5.3.2012 über die streitgegenständlichen Flächen zustande gekommen.
Der Vertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen die notarielle Form nach §§ 311 b, 125 Satz 1 BGB nichtig.
Die Präambel des Nutzungsvertrags bezieht sich auf ein einseitig unwiderrufliches Kaufangebot über 50 % der Grundstücksanteile. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Präambel dieses Kaufangebot enthält, sondern sich nur beschreibend darauf bezieht. Insofern handelt es sich nur um Willensbekundungen über einen eventuell abzuschließenden Kaufvertrag (Palandt BGB 74. Auflage 2015 § 311 b Rn. 11).
Unabhängig davon sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Parteien nicht unabhängig von den Kaufverhandlungen den Nutzungsvertrag abgeschlossen hätten. Eine eventuelle Nichtigkeit des Kaufangebots in der Präambel bezieht sich gemäß § 139 BGB nicht auf den Nutzungsvertrag (Palandt a.a.O. § 311 bm Rn. 45).
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass Herr … den Vertrag nur „pro Forma“ abgeschlossen hätte.
Einen geheimen Vorbehalt i.S.d. § 116 Satz 2 BGB, ein Scheingeschäft i.S.d. § 117 Abs. 1 BGB oder den Mangel der Ernstlichkeit nach § 118 BGB hat die Beklagte nicht nachgewiesen. Der Zeuge … hat bei seiner Vernehmung im Termin vom 8.5.2015 selbst ausgesagt, dass er mit den Ausdrücken „pro Forma Vertrag“ und „nicht ernst gemeint“ nichts anfangen kann. Aber auch soweit der Zeuge angegeben hat, dass eine hinter dem Kläger stehende börsennotierte Firma Vertragspartner werden sollte, ergibt sich hieraus nichts für eine Nichtigkeit des Vertrages nach §§ 116 Satz 2, 117 Abs. 1, 118 BGB. Aus den vorgelegten Schriftstücken ergibt sich nichts für diese Angaben des Zeugen …. Der Nutzungsvertrag und die Erklärung in der e-mail vom 5.3.2012 (Anlage K 12) sowie der weiteren e-mail vom 5.3.2012 (Anlage zum Protokoll des Termins vom 8.5.2015) sprechen für einen gewollten Abschluss mit dem Kläger. Die Aussage des Zeugen … ist schon aufgrund der vorliegenden äußeren Umstände nicht glaubhaft. Der Zeuge … ist zur Überzeugung des Gerichts auch nicht glaubwürdig. Offensichtlich ist der Zeuge … vertragsreuig. Es geht ihm offensichtlich darum, den Vertrag mit dem Kläger auf jeden Fall zu Fall zu bringen, auch wenn die ausgesprochenen Kündigungen nicht Erfolg haben sollten. Unglaubwürdig hat sich der Zeuge schon auf den Vorhalt des e-mail vom 5.3.2012 (Anlage zum Protokoll des Termins vom 8.5.2012) im Termin vom 8.5.2015 verhalten. Auf den Vorhalt der e-mail hat der Zeuge lediglich vorgebracht, dass er sich daran nicht erinnern könne, der Inhalt aber auch sonst nichts an seiner Aussage ändere. Letzteres ist angesichts des Inhalts der beiden e-mail vom 5.3.2012 (Anlage zum Protokoll des Termins vom 8.5.2012 und Anlage K 12) nicht überzeugend. Zusammen mit dem Nutzungsvertrag lassen die beiden e-mail vom 5.3.2012 keinen Zweifel daran, dass ursprünglich auch vom Zeugen … gewollt war, dass der Kläger die Entwicklung der Freiflächen-Solaranlage voranbringt. Dies lässt sich nicht in Übereinstimmung bringen mit der Aussage des Zeugen … dass er nicht persönlich mit dem Kläger den Vertrag abschließen wollte, sondern mit einer börsennotierten Firma. Zu Recht weist der Kläger auch darauf hin, dass der Kläger auch mit der vom Zeugen … allein beherrschten … einen Vertrag bezüglich des Kasernengeländes abgeschlossen hat. Es ist kein Grund ersichtlich, dass der Zeuge … in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Freiflächen nicht mit dem Kläger persönlich abschließen wollte. Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen … spricht auch seine Behauptung, dass einer der Gründe warum er gekündigt habe gewesen sei, dass ein Geschäftspartner des Klägers gesagt habe, dass es da keine Rückendeckung von der Gesellschaft gäbe und ihn vor dem Kläger gewarnt habe. Dieser Geschäftspartner sei Herr … gewesen. Der Zeuge … hat im Termin vom 11.12.2015 unter Vorhalt dieser Behauptung klar ausgesagt: „Das ist glatt gelogen. Ich hatte weder einen Grund ihn zu warnen, noch habe ich das gemacht.“
Der Nutzungsvertrag ist nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte der Firma … die Nutzung der Grundstücksflächen in Form der Aufstellung von Photovoltaikanlagen gewährt hat.
Die Wirksamkeit des ursprünglichen Nutzungsvertrags zwischen dem Kläger und dem Zeugen … wäre dadurch nicht nachträglich beseitigt. Deshalb bleibt der Feststellungsantrag des Klägers in Ziffer 1 der Klage zulässig und gegebenenfalls auch begründet. § 275 BGB regelt auch nicht die Wirksamkeit der ursprünglichen Vereinbarung bzw. nachträgliche Beseitigung durch Unmöglichwerden der Leistung, sondern setzt einen bestehenden wirksamen Vertrag voraus. § 275 Abs. BGB besagt lediglich, dass der Anspruch auf Leistung aus dem bestehenden, wirksamen Vertrag ausgeschlossen ist, wenn diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
Der Kläger kann sich gemäß § 566 BGB auf den Nutzungsvertrag auch gegenüber der Beklagten berufen.
Nach § 566 Abs. 1 BGB, der auch auf das Pachtverhältnis nach § 581 Abs. 2 BGB anwendbar ist, tritt der Erwerber an Stelle des Verpächters – hier des Herrn … – in die sich aus dem Nutzungsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, sofern die Grundstücksflächen nach Überlassung an einen Dritten veräußert wurden. Mehrere Erwerber treten in ihrer Gesamtheit an die Stelle des ehemaligen Vermieters bzw. Verpächters (Palandt a.a.O. § 566 Rn. 16).
Der Nutzungsvertrag stellt nach Überzeugung des Gerichts im Wesentlichen einen Pachtvertrag dar. Nach Ziffer 1.1 des Nutzungsvertrags werden dem Kläger die gesamten Dach- und Freiflächen auf dem Außenbereich der ehemaligen … Gelände in … als Generatorflächen sowie die erforderlichen Flächen für die Installation der elektronischen Anlagen bzw. in den Gebäuden zur Errichtung für den Betrieb der PVA zur Verfügung gestellt. Auch in der Präambel ist klargestellt, dass die von den Parteien bekannte und übereinstimmend gewollte Nutzung darin besteht, dass der Kläger beabsichtigt auf den Gebäude- und Freiflächen eine Photovoltaikanlage zur Netzeinspeisung zu errichten und zu betreiben. Die Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage sollten nach dem Nutzungsvertrag dem Kläger zustehen. Ein wesentliches Merkmal des Pachtvertrags ist, dass neben dem Gebrauch (bzw. der Nutzung) auch die Früchte des Grundstücks gezogen werden können (OLG Hamm Urteil vom 6.5.2011, Az. 30 U 15/10 zitiert nach juris Rn. 123). Das ist hier der Fall.
Entgegen der Ansicht der Beklagten, wurde dem Kläger von Herrn … das Grundstück auch zur Nutzung überlassen.
Überlassung i.S.d. § 566 BGB ist die Pflicht des Vermieters bzw. Verpächters nach §§ 581 Abs. 2, 535 Abs. 1 Satz 1 BGB, den Gebrauch der verpachteten Sache zu gewähren. Die Überlassung richtet sich nach der Art und dem Umfang des Gebrauchs, der dem Mieter nach dem Vertrag gestattet ist (BGH Urteil vom 1.2.1989, Az. VIII ZR 126/88 zitiert nach juris Rn. 21).
Nicht notwendig ist es, dass die Besitzerlangung durch Handlungen wie Einzäunung oder Schilder bekannt gemacht wird (Palandt a.a.O. § 566 Rn. 12). Bei der Überlassung geht es um die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters bzw. Verpächters. Die entsprechende Besitzverschaffung muss nicht notwendig für Dritte erkennbar sein bzw. der Mieter bzw. Pächter muss seinen Besitz nicht manifestiert haben, da der Vermieter bzw. Verpächter nur die Möglichkeit des Gebrauchs schuldet (Schmidt-Futterer, Mietrecht, BGB § 566 Rn. 55). Beispielsweise ist bei Verträgen über die Ausbeutung von Bodenschätzen die Überlassung anzunehmen, wenn mit den ersten Bohrungen bzw. Grabungen begonnen wurde (Schmidt-Futterer a.a.O. BGB § 566 Rn. 56). Abzustellen ist hier entsprechend auf die durch den Vertrag beabsichtigte Nutzungsüberlassung. Hier ist es der Betrieb einer Photovoltaikanlage. Zwischen den Parteien war klar, dass dieser Betrieb auf dem Gelände erst vorbereitet werden muss.
Durch die dem ehemaligen Vertragspartner … bekannten und von diesem zunächst auch gebilligten Entwicklungsmaßnahmen des Klägers wie Bodenuntersuchungen, Erlangung der Einspeisezusage der … Entwicklung des Bebauungsplans ist dokumentiert, dass der ehemalige Verpächter … dem Kläger die vertraglich vereinbarte Nutzung der Gebäude- und Grundstücksfläche überlassen hat. Die Zeugen … und … haben im Termin vom 11.12.2015 überzeugend ausgesagt, dass sie vom Kläger zu Bodenuntersuchungen beauftragt wurden und auch entsprechende umfangreiche Arbeiten auch durchgeführt haben. Die Arbeiten wurden vom 16.8. bis 20.8.2012 durchgeführt. Der Zeuge … hat angegeben, dass er und seine Mitarbeiter etwa 3 Tage vor Ort waren, jeden Tag etwa 7 bis 8 Stunden. Der Schlüssel für den Zutritt zum Gelände wurde ihm unproblematisch von einem Herrn … von der … übergeben. Der Zeuge … hat angegeben, dass er die Bebauungsplanung und Flächennutzungsplanänderung für das Gelände im Auftrag der Stadt … durchgeführt hat. Grundlage war ein städtebaulicher Vertrag vom 7.3.2012 mit der Stadt … nachdem Herr … und der Kläger am 5.3.2012 einen Nutzungsvertrag abgeschlossen hatten. Der Zeuge … konnte sich noch an eine Besprechung vor Ort auf dem Kasernengelände erinnern, an dem auch der Kläger und Herr … beteiligt waren. Besprochen worden ist nach Aussage des Zeugen … das Prozedere im Rahmen der Bebauungsplanung sowie die Zeitschiene. Das Gelände war nach seiner Aussage zwar umzäunt, er hat aber auch später bei Besuchen vor Ort unproblematisch die Schlüssel von Herrn … und Herrn … bekommen. Auch der Zeuge … konnte bestätigen, dass er im Auftrag des Klägers vor Ort auf dem Gelände war, um sich die Gegebenheiten für die Errichtung einer Photovoltaikanlage anzuschauen. Nach seiner Erinnerung war das im Frühjahr 2012. Probleme beim Zutritt hatte er nicht in Erinnerung. Der Zeuge … war im Auftrag des Klägers ebenfalls auf dem Gelände. Die Fa. … sollte Planung und Erstellung einer Photovoltaikanlage übernehmen. Der Zeuge hat angegeben, dass er vor Ort mit dem Kläger einmal war und danach noch ein- oder zweimal. Probleme mit dem Zutritt auf das Gelände hat er nicht geschildert. Er war der Meinung, dass er den für den Zutritt erforderlichen Schlüssel von Herrn … bekommen hat.
Die vom Kläger behaupteten und durch die Vernehmung der Zeugen … und … auch nachgewiesenen Aktivitäten reichen zur Überzeugung des Gerichts für ein Überlassen des Grundstücks aus. Das Gericht glaubt dem Zeugen … nicht, dass er nichts von den umfangreichen Bodenuntersuchungsarbeiten gewusst habe. Wie bereits oben ausgeführt, hält das Gericht den Zeugen für unglaubwürdig. Der Zeuge … wusste, dass der Kläger die Entwicklung der Photovoltaikanlage auf dem Gelände betreibt. Deshalb haben diejenigen Personen, die Entwicklungsarbeiten wie Bodenuntersuchungen, Bebauungsplanung und Geländeerkundung durchgeführt haben, die erforderlichen Schlüssel zumindest vom Architekten … des Zeugen … erhalten. Das Gericht ist überzeugt, dass der Architekt … die Schlüssel nur deshalb den Zeugen … und … und auch dem Kläger übergeben hat, weil der Zeuge … ihn dazu angewiesen hat aufgrund des am 5.3.2012 vereinbarten Nutzungsvertrag. Unerheblich sind die Angaben der Zeugen … und … über Anwesenheitszeiten des Klägers auf dem Grundstück. Für die Überlassung der Flächen laut Nutzungsvertrag vom 5.3.2012 ist entscheidend, dass der Kläger zunächst mit Zustimmung des Zeugen … Entwicklungsarbeiten auf den Flächen betrieben hat.
Ein Pachtvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen wird, bedarf aber nach §§ 581 Abs. 2, 550 BGB der schriftlichen Form. Die Schriftform ist danach durch Gesetz vorgeschrieben. Die Einhaltung der Schriftform richtet sich nach § 126 BGB.
Nach § 126 Abs. 1 BGB muss die Vertragsurkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden. Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
Der vorgelegte Nutzungsvertrag (Anlage K 2) scheint zunächst durch den Kläger und dem ursprünglichen Eigentümer … unterzeichnet. Grundsätzlich reicht nämlich die Wahrung der äußeren Form der Schriftlichkeit aus. Die Warnfunktion der Schriftform des § 550 BGB ist erfüllt, wenn beide Parteien die Vertragsurkunde unterzeichnet haben (BGH Urteil vom 24.2.2010, Az. XII ZR 120/06, zitiert nach jurion Rn. 29). Über das Zustandekommen der Anlage K 2 haben die Parteien jedoch streitig verhandelt.
Zunächst hat die Beklagte noch in der Klageerwiderung vom 9.5.2014 auf Seite 3 zugestanden, dass die Parteien einen schriftlichen Vertrag geschlossen haben, wobei offensichtlich gemeint war, ein Vertrag zwischen dem Kläger und Herrn …. Ein gerichtliches Geständnis i.S.d. § 288 Abs. 1 BGB kann hierin nicht gesehen werden. Es ist schon fraglich, ob es sich bei dieser Behauptung um eine Tatsachenbehauptung oder eine rechtliche Bewertung handelt. Jedenfalls konnte die Beklagte ihren Vortrag zur Wahrung der Schriftform im laufenden Verfahren ändern. Die Beklagte hat Angaben des Zeugen … im Termin vom 8.5.2015 aufgenommen, wonach der Zeuge … den Vertrag nie im Original gesehen habe und dieser durch die „ganze Welt per Fax gegangen“ sei. Der Zeuge … hat ausgesagt, den Vertrag per Fax bekommen, dann unterschrieben und per Fax zurückgesendet zu haben. Ein Original mit beiderseitigen Unterschriften will er nie gesehen haben. Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung unter Vorlage des bei ihm vorhandenen Nutzungsvertrags angegeben, dass er ein Fax vom Zeugen … erhalten habe. Er habe diesen zugefaxten Vertrag unterschrieben und den unterschriebenen Nutzungsvertrag an den Zeugen … zurückgefaxt. Der von ihm unterschriebene Nutzungsvertrag ist bei ihm geblieben. Die Unterschrift vom Zeugen … sei schon auf dem ihm zugefaxten Nutzungsvertrag schon drauf gewesen als er ihn erhalten habe.
Wenn man die vom Kläger vorgelegte Form des Nutzungsvertrags (Anlage K 2) zu Grunde legt, ist die Schriftform des § 550 BGB i.V.m. § 126 BGB nicht eingehalten (Schmidt-Futterer a.a.O. § 550 Rn. 27; Staudinger/Volker Emmerich BGB § 550 Rn. 14; Staudinger/Christian Hertel BGB § 126 Rn. 162). Eine Telefaxübermittlung der jeweils durch den Vertragspartner unterzeichneten Vertragsurkunde erfüllt die gesetzliche Schriftform nicht (OLG Düsseldorf NZM 2004, 143).
Nach dem Vortrag des Klägers lagen auch nicht zwei gleichlautende Vertragsurkunden über den Nutzungsvertrag vor. Die durch die Telefaxübertragung entstandenen Exemplare stellen keine zwei gleichlautende Vertragsurkunden i.S.d. § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB dar, die jeweils unterschrieben und jeweils der anderen Vertragspartei übergeben werden.
Der Beklagten kann nicht nach § 242 BGB vorgeworfen werden, dass sie sich auf das Schriftformerfordernis des § 550 BGB beruft.
Grundsätzlich kann der Beklagten nicht als treuwidrig vorgeworfen werden, wenn sie sich auf den Formverstoß des § 550 BGB beruft, weil das genau die im Gesetz selbst vorgesehene Rechtsfolge ist. Das gilt auch dann, wenn der Vertrag zunächst wie vorgesehen durchgeführt wird (Staudinger/Volker Emmerich BGB § 550 Rn. 40). Ausnahmen hiervon sollen dann gemacht werden, wenn die Nichtanerkennung des Vertrags (hier Laufzeit) nicht nur zu einem harten, sondern zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde. Mögliche Fälle könnten sein, wenn die Berufung auf den Formverstoß die Existenz des anderen Vertragsteils gefährden würde oder die Berufung auf den Formverstoß eine schwere Treuepflichtverletzung gegenüber dem anderen Teil darstellen würde, insbesondere, wenn die betreffende Partei den anderen Vertragsteil zuvor selbst schuldhaft von der Beobachtung der gesetzliche vorgeschriebenen Form abgehalten hat (Staudinger/Volker Emmerich BGB § 550 Rn. 40).
Für eine Existenzgefährdung hat der Kläger nichts vorgetragen. Eine eventuelle Treuepflichtverletzung des vormaligen Eigentümers … hätte die die Beklagte als Erwerberin i.R.d. § 550 BGB nicht zu vertreten.
Da die nach § 550 BGB erforderliche äußere Schriftform nicht vorliegt, kann dahingestellt bleiben, ob die Schriftform nicht eingehalten wurde, weil der Vertrag nicht alle mündlichen Nebenabreden umfasst wie die Abreden über die Entwicklung und Vermarktung des Areals bzw. weil die Pachtsache nicht genau genug bezeichnet gewesen sei.
Der Pachtvertrag vom 5.3.2012 gilt danach für unbestimmte Zeit abgeschlossen. Nach § 581 Satz 2 BGB ist die Kündigung frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Flächen zulässig.
Die Mindestfrist auf ein Vertragsjahr von 1 Jahr nach § 550 BGB gilt für die ordentliche Kündigung (Staudinger/Volker Emmerich a.a.O. § 550 Rn. 38). Die vereinbarte und gesetzliche sofortige Kündigung sind dadurch nicht ausgeschlossen.
Nach Ziffer 1.4 des Nutzungsvertrags ist eine Kündigung durch den Grundstücks- und Gebäudeeigentümer mit sechswöchiger Frist vereinbart, wenn der Nutzer seiner Verpflichtung aus diesem Vertrag nicht nachkommt. Es muss sich um wesentliche Vertragsverletzungen handeln.
Aus der Kündigung vom 4.10.2012 lassen sich solche Vertragspflichtverletzungen nicht entnehmen. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass das Vertrauensverhältnis durch das Vorgehen des Klägers in … vollumfänglich und unwiederbringlich zerrüttet sei. Hinzukommt, dass die Kündigung nach Ziffer 1.4 des Nutzungsvertrags eine Abmahnung voraussetzt. Wann eine Abmahnung auf welche Weise und mit welchem Inhalt ausgesprochen wurde, hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger hat eine solche Abmahnung bestritten. Soweit die Beklagte in der Klageerwiderung für eine Abmahnung als Zeugen Herrn … angeboten hat, stellt dies eine unzulässige Ausforschung dar.
In der Klageerwiderung der Beklagten vom 9.5.2014 wurde vorgebracht, dass die Kündigung des Herrn … als außerordentliche fristlose Kündigung wirksam sei. Der Kläger habe die Dachfläche nicht fachgerecht belegt und insbesondere die zuvor notwendigen Sanierungsarbeiten an den Flächen nicht ausgeführt, so dass sich eine Einsturzgefahr ergeben habe. Der Kläger habe trotz Abmahnung das Dach nicht entsprechend statisch ertüchtigt. Außerdem habe sich der Kläger weiterhin geweigert, die vereinbarte Vermarktung des Projekts an einen Investor weiter zu betreiben.
Beide Gründe für eine sofortige Kündigung waren in der Kündigung vom 4.10.2012 nicht angegeben. Ziffer 1.4 des Nutzungsvertrags beschreibt jedoch, wann eine sofortige Kündigung mit einer Frist von 6 Wochen möglich ist. Möglich ist das nur bei wesentlichen Vertragsverletzungen. Diese sind daher in der Kündigung anzugeben (Palandt a.a.O. § 542 Rn. 14). Hinzu kommt, dass auch hier nicht dargelegt ist, wann und wie die Abmahnung erfolgt sein soll. Die Abmahnung wurde durch den Kläger bestritten.
Das gleiche gilt, sofern sich die Beklagte wegen der außerordentlichen Kündigung auf §§ 581 Abs. 2, 543 BGB stützen könnte.
Die Beklagte stützt ihre Kündigung u.a. auch darauf, dass der Kläger die Pacht nicht bezahlt habe. Eine solche Kündigungsmöglichkeit gewährt Ziffer 1.4 des Nutzungsvertrags bzw. §§ 581 Abs. 2, 543 Abs. 2 Ziffer 3 BGB.
Unabhängig davon, dass auch hier eine Abmahnung Voraussetzung wäre, kann sich die Beklagte auf eine fehlende Pachtzahlung nicht stützen. Zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Kläger die Pacht von 1,00 € auf ein Konto der … überwiesen hat und Herr … die Überweisung zweimal zurückgewiesen hat. Ziffer 2.2 des Nutzungsvertrags sieht in Ziffer 2.2 ausdrücklich vor, dass das Nutzungsentgelt in Höhe von 1,00 € auf dem Konto des Eigentümers zu überweisen ist. Auch wenn diese Formulierung von einem anderen Vertrag übernommen worden sein sollte, stellt es keine wesentliche Pflichtverletzung des Klägers dar, wenn er die Überweisung auf ein Konto der … getätigt hat.
Mit seiner Kündigung vom 4.10.2012 hat Herr … aber auch hilfsweise zum nächsten zulässigen Termin gekündigt. Wie bereits ausgeführt, wurden dem Kläger die streitgegenständlichen Flächen am 5.3.2012 überlassen. Die Kündigung war frühestens mit Ablauf des 5.3.2013 möglich.
Das Gericht folgt der Beklagten, wonach eine Kündigung nicht am 5.3.2013 erfolgen muss. Die Kündigung konnte schon vor dem 5.3.2013 erfolgen. Herr … hat zulässigerweise die Formulierung des nächstmöglichen Kündigungstermin genannt. Das war danach für die ordentliche Kündigung der Ablauf des 5.3.2013.
Da der Nutzungsvertrag hier Elemente des Pachtvertrages enthält, war § 584 BGB heranzuziehen. § 584 BGB gilt auch, soweit § 550 BGB anzuwenden ist (Palandt a.a.O. § 584 Rn. 1). Nach § 584 Abs. 1 BGB ist die Kündigung beim Pachtvertrag nur für den Schluss des Pachtjahrs möglich, wenn die Pachtzeit nicht bestimmt ist. Wegen Nichteinhaltung der Schriftform, gilt der Nutzungsvertrag hier als für unbestimmte Zeit geschlossen. Damit ist die Nutzungszeit i.S.d. § 584 Abs. 1 BGB nicht bestimmt. Gemäß § 584 Abs. 1 BGB ist die Kündigung nur für den Schluss des Pachtjahres zulässig. Pachtjahr ist dabei das im Vertrag bestimmte Pachtjahr. Ist dieses – wie hier – im Nutzungsvertrag nicht bestimmt, so beginnt das Pachtjahr mit dem Beginn des Pachtverhältnisses. Das war hier der 5.3.2012. Der Schriftformverstoß hat das Pachtverhältnis nicht vernichtet. Der Formverstoß hatte damit keine Auswirkungen auf den Beginn des Nutzungsverhältnisses. Das Pachtjahr endete hier damit am 5.3.2013.
Die Kündigung des § 550 BGB ist nicht auf den Erwerber beschränkt. Das Kündigungsrecht steht den beiden Vertragsparteien und gegebenenfalls einem anderen Grundstückserwerber zu (Staudinger/Samson, BGB, § 550 Rn. 37). Auch Herr … konnte kündigen, zumal das Grundstück am 4.10.2012 noch nicht veräußert war.
Die Kündigung vom 4.10.2012 ist nicht deshalb unwirksam, weil sie mit Telefax erfolgte.
Der Kläger beruft sich auf die Schriftform nach § 1 Ziffer 1.4 des Nutzungsvertrags. Die Schriftform der Kündigung ist danach vereinbart. Es gilt § 127 BGB. Nach § 127 Abs. 2 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form die telekommunikative Übermittlung.
Aus dem Nutzungsvertrag lässt sich zu der Erleichterung der Schriftform nach § 127 Abs. 2 BGB nichts entnehmen. Es lässt sich aus dem Vertrag oder den sonstigen Umständen auch nicht entnehmen, dass die Erleichterung der vereinbarten Schriftform nicht geltend sollte, weil die Schriftform hier nicht wegen der „Beweisfunktion“ vereinbart worden sein soll, sondern sie konstitutive Wirkung haben soll.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Schriftform des § 550 BGB mittlerweile im Rahmen dieses Verfahrens nachgeholt hat.
Ob die Nachholung der Schriftform im Hinblick auf § 550 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist, weil das Gesetz für den Regelfall der Schriftformverletzung die Kündbarkeit des Vertrages vorsieht (dazu Staudinger/Volker Emmerich BGB § 550 Rn. 39) kann dahinstehen. Hier war bereits wie ausgeführt der Vertrag wirksam ordentlich gekündigt.
2. a. Nachdem der Kläger Ziffer 2 seiner Klage, wonach die Beklagte verurteilt werden sollte, dem Kläger und seinen Beauftragten den Zutritt zu den Grundstück auf dem Außenbereich der ehemaligen … in … zu gewähren, einseitig für erledigt erklärt hat, war dieser ursprüngliche Klageantrag als Feststellungsantrag zu behandeln, dass der Klageantrag Ziffer 2 ursprünglich zulässig und begründet war und erst nachträglich durch ein bestimmtes Ereignis nach Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist.
b. Der ursprünglich zulässige Klageantrag Ziffer 2 war nicht begründet.
Wie bereits ausgeführt, war der Nutzungsvertrag bereits mit Ablauf des 5.3.2013, also vor Übertragung des Grundstücks auf die Beklagte beendet.
Der Kläger hatte daher keinen Anspruch gegen die Beklagte, dem Kläger und seinen Beauftragten den Zutritt zu den streitgegenständlichen Grundstücksflächen zu gewähren.
Aus diesem Grund ist auch Ziffer 3 der Klage unbegründet.
c. Da der Kläger in der Hauptsache keinen Anspruch gegen die Beklagte hat, kann er gegen die Beklagte auch nicht die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 12.419,91 € und keine Prozesszinsen verlangen.
II.
1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.
Die von der Beklagten zu vollstreckenden Kosten belaufen sich voraussichtlich über 1.500,00 €.
3. Die Streitwertfestsetzung erfolgte nach § 3 ZPO.


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