Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Kein Anspruch auf Schadensersatz bei im Juli 2017 erworbenem, vom Abgasskandal betroffenem (Gebraucht-)Fahrzeug (hier:  Audi Q5 2.0 TDi)

Aktenzeichen  30 U 4537/19

Datum:
23.3.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 25694
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 826
ZPO § 286, § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Vgl. zum Kauf nach Bekanntwerden des Dieselskandals im Ergebnis wie hier: BGH BeckRS 2020, 19146; OLG München BeckRS 2020, 28520; BeckRS 2020, 30918; OLG Frankfurt BeckRS 2020, 18189; BeckRS 2019, 43569; OLG Bamberg BeckRS 2020, 29275; BeckRS 2020, 29353; sowie mit zahlreichen weiteren Nachweisen OLG München BeckRS 2020, 27980 (dort Ls. 1); OLG Stuttgart BeckRS 2020, 7457 (dort Ls. 4); noch weitergehend: OLG Braunschweig BeckRS 2020, 28511; a.A. noch: OLG Köln BeckRS 2020, 7312; OLG Hamm BeckRS 2019, 20495; OLG Oldenburg BeckRS 2020, 280; BeckRS 2020, 6021; OLG Dresden BeckRS 2020, 4135; OLG Koblenz BeckRS 2020, 5086; BeckRS 2020, 17856; differenzierend OLG Stuttgart BeckRS 2020, 5609 (Kenntnis erst ab März 2016). (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch der Käuferin eines vom Abgasskandal betroffenen, Im Juli 2017 erworbenen Gebrauchtwagens scheitert (jedenfalls hier) am erforderlichen haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zwischen Irrtum und Abgabe der für den Kauf des Fahrzeugs maßgeblichen Willenserklärung und damit dem Eintritt einer Rechtsgutsverletzung. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine die Kausalitätsfrage in einem anderen Diesel-Verfahren anders bewertende Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichtes hindert ein Entscheidung nach § 522 Abs. 2 nicht, wenn die Betrachtung der Kausalität im vorliegenden Fall eine Einzelfallentscheidung darstellt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

113 O 4592/18 2019-07-03 Endurteil LGAUGSBURG LG Augsburg

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 03.07.2019 (Az. 113 O 4592/18) wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das in Ziffer 1. genannte Endurteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Ansprüche nach dem Kauf eines gebrauchten Audi Q5 2.0 TDi, Erstzulassung 2014, zu einem Kaufpreis von 36.000,00 € am 04.07.2017 mit einem Kilometerstand von 29.800.
Die Berufung gegen das Endurteil des Amtsgerichts Augsburg vom 03.07.2019 (Az. 113 O 4592/18) ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Augsburg vom 03.07.2019 und des Beschlusses des Senats vom 21.01.2020 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin:
1. Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 03.07.2019 (Az.: 113 O 4592/18) wird aufgehoben und wie folgt abgeändert:
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Q5 (Fahrzeugidentifikationsnummer: … ) durch die Beklagtenpartei resultieren.
Hilfsweise zu 2)
2. a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.0000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs Audi Q5 mit der … Fahrzeugidentifikationsnummer: ….
2. b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Q5 mit der Fahrzeugidentifikationsnummer: …  durch die Beklagtenpartei resultieren.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.530,64 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung der Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 21.01.2020 und auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils des Landgerichts Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Stellungnahme hierzu geben zu einer Änderung keinen Anlass.
Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitert vorliegend jedenfalls am erforderlichen haftungsbegründenden Kausalzusammenhang zwischen Irrtum und Abgabe der für den Kauf des Fahrzeugs maßgeblichen Willenserklärung und damit den Eintritt einer Rechtsgutsverletzung. Für diesen Kausalzusammenhang ist die Klagepartei darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Auflage, § 826 Rn. 57). Für den haftungsbegründenden Schaden muss der Gläubiger den Beweis nach § 286 ZPO führen. Erst im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität greift dann § 287 ZPO. Vorliegend wird die Klagepartei jedoch bereits ihrer Darlegungslast nicht gerecht. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 21.01.2020 Bezug genommen. Dass die Klagepartei im Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs dennoch aufgrund des pflichtwidrigen Vorverhaltens der Beklagten beim Abschluss des vermeintlich nachteiligen Kaufvertrages getäuscht wurde und der Kausalzusammenhang deshalb bestehe, lässt sich auch dem Vortrag der Klägerin in der ergänzenden Stellungnahme nicht entnehmen. Der Sachvortrag der Klagepartei trägt vor dem Hintergrund der substantiierten Ausführungen der Beklagten zur erfolgten Verbraucherinformation eben nicht die Behauptung, dass die Klagepartei noch von einem Irrtum getragen die Kaufentscheidung … getroffen … hatte.
II.
Die Entscheidung erging nach § 522 Abs. 2 ZPO, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hatte und eine Entscheidung des Revisionsgerichts weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Der Senat hat hier einen Einzelfall entschieden und folgt der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Deliktsrecht. Eine Grundsatzbedeutung lässt sich auch nicht darauf stützen, dass die sehr zahlreichen „Diesel-Klagen“ bundesweit bei Gerichten anhängig sind. Grundsatzbedeutung hat eine Sache nur dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH Beschluss vom 19.12.2002, VII ZR 101/02). Daran fehlt es hier, weil der Rechtsstreit lediglich auf der Anwendung gesicherter Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall beruht. Auch die Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 10.09.2019 (Az. 13 U 149/18) führt nicht zu einer anderen Bewertung, da die Betrachtung der Kausalität im vorliegenden Fall eine Einzelfallentscheidung darstellt. Dies gilt auch für die von der Klägerin vorgetragene Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Auf die Ausführungen unter Ziffer II. wird Bezug genommen.


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