Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Rücktritt vom Kaufvertrag eines Kraftfahrzeugs

Aktenzeichen  83 O 2209/18

Datum:
3.10.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 56897
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 263
BGB § 31, § 346, § 433 Abs. 1 S. 2, § 434, § 437 Nr. 2, § 823 Abs. 2, § 826
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
ZPO § 91, § 141 Abs. 3, § 296 Abs. 2, § 379 S. 2, § 404, § 709 S. 2
UWG § 16
VO (EG) 215/2007 Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 S. 1
GKG § 48 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, dass eine nach Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung einen Sachmangel darstellt, wobei Anknüpfungstatsachen dafür müssen aber nach dem Günstigkeitsgrundsatz vom Anspruchssteller dargelegt und bewiesen werden (vgl. BGH Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 31.560,96 Euro bis zur einseitigen Teilerledigterklärung, auf 28.928,77 Euro bis zur übereinstimmenden Teilerledigterklärung und auf 25.476,52 Euro seither festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weder im Verhältnis zur Beklagten zu 1) infolge des erklärten Rückritts, noch im Verhältnis zur Beklagten zu 2) nach Deliktsrecht.
1. Der Anspruch gegen die Beklagte zu 1) nach §§ 433 I 2, 434, 437 Nr. 2, 346 BGB scheitert schon daran, dass die Klagepartei keinen Sachmangel nachgewiesen hat. Insoweit ist die Klagepartei vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet.
a) Der ursprüngliche Klagevortrag mit der Mangelbehauptung, in dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine unzulässige Prüfstandserkennungssoftware analog den Fällen zum Motortyp EA 189 des Herstellers VW AG vorhanden, wurde mit Schriftsatz vom 23.05.2019 aufgegeben.
b) Die Klagepartei ist für die zuletzt vorgetragene Mangelbehauptung, das Fahrzeug habe eine unzulässige Abschalteinrichtung infolge einer – unzulässigen – Steuerung des AGR-Systems und des SCR-Katalysator bei bestimmten Temperaturen (“Thermofenster“) und bestimmten Drehzahlen, beweisfällig geblieben. Zwar hat der Bundesgerichtshof mit Hinweisbeschluss vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 ausgeführt, dass eine nach Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) Nr. 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung einen Sachmangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB darstellt. Die Anknüpfungstatsachen dafür, dass eine bestimmte Vorrichtung oder technische Einrichtung in einem Kraftfahrzeug als eine unzulässige Abschalteinrichtung einzuordnen, müssen aber nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen (Günstigkeitsgrundsatz) vom Anspruchssteller dargelegt und bewiesen werden. Aufgrund des klägerischen Vortrags wurde am 10.05.2019 ein dahingehender Beweisbeschluss erlassen und gemäß §§ 404, 379 ZPO von der beweisbelasteten Klagepartei ein Kostenvorschuss angefordert. Trotz mehrfach gewährter Fristverlängerung über einen Zeitraum von mehr als 4 Monaten – zuletzt am 10.09.2019 mit ausdrücklichem Hinweis auf die letztmalige Fristverlängerung – hat die Klagepartei den angeforderten Auslagenvorschuss nicht einbezahlt. Weder ist ersichtlich, weshalb die Einholung des Sachverständigengutachtens zurückgestellt werden sollte, noch weshalb den Beklagten die Kostenlast aufzuerlegen wäre, wie klägerseits zwischenzeitlich beantragt. Es bestand auch kein Anlass, eine Entscheidung in der Sache zurückzustellen, bis eine Entscheidung des Versicherungsombudsmanns ergeht. Mit der zuletzt gesetzten Frist zur Einzahlung des Auslagenvorschusses wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf den 02.10.2019. Dieser Termin wäre aufgehoben worden, wenn der Auslagenvorschuss noch rechtzeitig bis zum 19.09.2019 einbezahlt worden wäre. Da dies jedoch nicht der Fall war, war der Rechtsstreit entscheidungsreif und das Verfahren wäre durch weiteres Zuwarten unweigerlich verzögert worden, §§ 379 S. 2, 296 Abs. 2 ZPO. Es ist im übrigen auch nicht ersichtlich, ob und wann der Auslagenvorschuss vielleicht doch noch eingezahlt worden wäre. Die Klagepartei hatte mit Schriftsatz vom 16.08.2019 zwei Schreiben der Rechtsschutzversicherung vom 24.07.2019 und des Versicherungsombudsmanns vom 10.07.2019 vorgelegt. Daraus ergibt sich nicht, dass mit einer zeitnahe Entscheidung zu rechnen gewesen wäre. Korrespondenz jüngeren Datums wurde klägerseits nicht vorgelegt. Ein weiteres Zuwarten muss sich auch am Justizgewährleistungsanspruch der beklagten Parteien messen lassen. In Anbetracht dieser Umstände überwog dieser den Anspruch des Klägers auf ein faires Verfahren, der durch das mehr als viermonatige Zuwarten ausreichend gewahrt ist.
c) Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob eine Fristsetzung zur Nachbesserung aus den klägerseits genannten Gründen tatsächlich entbehrlich war.
2. Unbegründet ist auch die Klage gegen die Beklagte zu 2). Der insoweit geltend gemachte Schadensersatzanspruch gestützt auf deliktisches Handeln ist schon nicht ausreichend substantiiert dargestellt. Darauf hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2019 ausdrücklich hingewiesen.
Es fehlt klägerseits substantiierter Vortrag dazu, wer auf Seiten der Beklagten zu 2) den Kläger wie getäuscht haben soll und insbesondere auch dazu, wer vorsätzlich gehandelt und einen Schaden wenigstens billigend in Kauf genommen haben soll.
Die deliktische Haftung einer juristischen Person nach §§ 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den vollständigen objektiven und subjektiven Tatbestand verwirklicht hat. Dabei reicht es nicht, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenzurechnung und -zusammenrechnung etwaige Kenntnisse unterschiedlicher Mitarbeiter der juristischen Person zusammengesetzt werden. Vielmehr kommt es für das Wollenselement des Schädigungsvorsatzes nach § 826 BGB und korrespondierend im Rahmen des § 263 StGB nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf an, dass das kognitive und voluntative Element der Tatbestandsverwirklichung in einer Person gegeben sind und es sich bei dieser Person um einen verfassungsmäßig berufenen Vertreter der juristischen Person handelt (BGH, Urt. vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15). Der Bundesgerichtshof bestätigt dabei, dass sich eine die Verwerflichkeit begründende Täuschung nicht dadurch konstruieren lässt, dass die im – hier – Konzern der Beklagten vorhandenen kognitiven Elemente „mosaikartig“ zusammengesetzt werden. Dies wäre mit dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB – für §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen kann nichts anderes gelten – unvereinbar (BGH a.a.O.).
Die Klagepartei hat lediglich vorgetragen, die „Beklagte zu 2)“ habe vorsätzlich getäuscht und arglistig gehandelt und sich auf eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagten zu 2) berufen. Das Gericht folgt dem nicht. Der klägerische Vortrag bleibt gänzlich ohne Substanz. Während ursprünglich noch behauptet wurde, es liege eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer Prüfstandserkennungssoftware vor, wovon verfassungsmäßig berufene Vertreter der Beklagten zu 2) gewusst hätten, wurde dies zuletzt auf ein „Thermofenster“ und erhöhte Stickoxidemissionen in bestimmten Drehzahlbereichen gestützt. Auf derartig pauschalen und zudem noch wechselnden Sachvortrag kann eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu 2) jedenfalls nicht gestützt werden, da diese dadurch angehalten wäre, die Klage gegen sich selbst erst begründet zu machen.
II. Mangels Anspruchs in der Hauptsache geht auch der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ins Leere
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO, 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren der Klagepartei auch insoweit die Kosten nach billigem Ermessen aufzuerlegen, da die Klage unbegründet ist. Auf die Ausführungen unter Ziffer I. wird Bezug genommen.
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.
V. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Ab der einseitigen Teilerledigterklärung bestimmt sich der Streitwert nach dem verbleibenden Wert der Hauptsache zuzüglich des Werts der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten (Thomas/Putzo-Hüßtege, 40. Auflage 2019, § 91a Rn. 62). Der Wert der Hauptsache zum Zeitpunkt der einseitigen Teilerledigterklärung vom 27.03.2019 betrug noch 28.225,64 Euro. Die auf den einseitig für erledigt erklärten Teil entfallenden Prozesskosten bemessen sich nach der Differenz der Kosten, die beim ursprünglichen Gegenstandswert angefallen sind abzüglich der Kosten die aus dem reduzierten Hauptsachewert angefallen wären. Es sind dies 105 Euro Gerichtskosten, 223,13 Euro Rechtsanwaltskosten auf Klägerseite (1,3 Verfahrensgebühr, 1,2-Terminsgebühr zzgl MwSt) und jeweils 187,50 Euro Rechtsanwaltskosten auf Seiten der beklagten Partei zu 1) und 2) (1,3 Verfahrensgebühr, 1,2-Terminsgebühr; jeweils vorsteuerabzugsberechtigt). Hieraus folgt der Zwischenstreitwert von 28.928,77 Euro. Mit der übereinstimmenden Teilerledigterklärung im Termin vom 02.10.2019 bestimmt sich der Streitwert nur noch nach dem verbleibenden Wert des nicht erledigten Teils (25.476,52 €).


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