Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Verbot der Tierhaltung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Mietvertrages

Aktenzeichen  7 S 8871/16

Datum:
16.3.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 111934
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 535

 

Leitsatz

1 Von einem „Aushandeln“ einzelner Vertragsklauseln ist nur dann auszugehen, wenn der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner Allgemeinen Geschäftsbedingung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (ebenso BGH BeckRS 2014, 08248). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Allgemeine Geschäftsbedingung in einem Mietvertrag über Wohnräume, die ein umfassendes Verbot jeglicher Tierhaltung beinhaltet, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam (ebenso BGH BeckRS 2013, 06775). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

30 C 5357/16 2016-11-18 Endurteil AGNUERNBERG AG Nürnberg

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 18.11.2016, Az. 30 C 5357/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

Die eingelegte Berufung ist ohne Aussicht auf Erfolg, da das Ersturteil hinsichtlich der in der Berufungsbegründung aufgezählten Punkte nicht rechtsfehlerhaft ergangen ist.
1. Soweit seitens der Berufungsführer gerügt wird, das Erstgericht habe zu Unrecht die Regelung des § 22 des Mietvertrages bzw. den Mietvertrag insgesamt als Allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt, ist das Ersturteil nicht zu beanstanden.
Den Sachvortrag der Kläger zugrunde gelegt, kommt auch die Kammer zu dem Ergebnis, dass kein Individualvertrag, sondern seitens der Vermieter gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen vorliegen, welcher der Inhaltskontrolle des § 307 BGB zu unterziehen sind. Zunächst wird auf die umfassenden und zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts insoweit Bezug genommen.
„Nach der Rechtsprechung des BGH ist individuelles Aushandeln mehr als Verhandeln. Von einem Aushandeln ist nur dann auszugehen, wenn der Verwender den gesetzesfremden Kerngehalt seiner Allgemeinen Geschäftsbedingung inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (vgl. BGHZ 200, 326 = NZBau 2014, 348 = NJW 2014, 1725 = NZM 2014, 440 = ZfBR 2014, 467 Rn. 27; NJW 2013, 856 = NVwZ 2013, 382 = NZM 2013, 159 = ZfBR 2013, 151 = BauR 2013, 462 Rn. 10; BGHZ 153, 311 [321] = NZBau 2003, 321 = NJW 2003, 1805 = BKR 2003, 459 = ZfBR 2003, 447 m.w.N.)“ (NZBau 2016, 213, beck-online).
Vorliegend ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine Möglichkeit der Abweichung von dem generellen Verbot der Tierhaltung gemäß des existierenden WEG-Beschlusses von 1989 in irgendeiner Weise in den Raum gestellt war. Die Behauptung der Kläger, § 22 des Mietvertrags habe auch kein generelles Tierhalteverbot, sondern ausschließlich ein Hundehalteverbot bedeuten sollen, wird schon durch den eindeutigen Wortlaut der getroffenen Regelung widerlegt. Der handschriftlich eingefügte Satz ist kurz und unmissverständlich und entspricht im Übrigen wie das Amtsgericht zutreffende hervorhebt – genau der Regelung aus dem WEG-Protokoll 1989. Genügend ist auch die einmalige Verwendung eines Vertragsformulars (Mustervertrags), z.B. eines Mietvertragsformulars, wenn das Formular generell für eine Vielzahl von Fällen gedacht ist [BGH 184, 263 [Gebrauchtwagenmustervertrag]; ZIP 05, 1604 [Bauvertrag], Jauernig/Stadler BGB, 16. Aufl., § 305 Rn. 2–7, beck-online). Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Absicht der mehrmaligen inhaltsgleichen Verwendung des streitgegenständlichen Mietvertrages nahe liegt und auch seitens der Kläger nicht entkräftet wurde. Diese stehen vielmehr offensichtlich auf dem Standpunkt, dass die Formulierung in § 22 eine (zwingende) Folge ihrer eigenen eigentümerrechtlichen Verpflichtung im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.
Allein der Hinweis des Vermieters gegenüber dem Mieter bei Vertragsabschluss, dass eine Regelung in der Eigentumswohnanlage Hundehaltung untersage und die Antwort der Mieterin, dass sie berufstätig sei, so dass eine Hundehaltung für sie ohnehin nicht in Frage käme, ändert auch nichts an der weitreichenden Formulierung der gegenständlichen zu überprüfenden Klausel. Die Klausel des § 22 des Mietvertrages mit dein umfassenden Verbot jeglicher Tierhaltung ist jedoch nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Dies entspricht herrschender Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt (BGH, Urt. v. 20.3.2013 – VIII ZR 168/12 (LG Essen mit weiteren Nachweisen.
Das Ersturteil bewertet dies rechtlich zutreffend, so dass ein Verstoß gegen materielles Recht insoweit schon nicht besteht.
2. Auch die Ausführungen des Amtsgerichts zu § 10 des Mietvertrages halten berufungsrechtlicher Überprüfung stand. Die Kammer nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich Bezug auf die Gründe des genannten Urteils. Auch die Kammer hält die Formulierung „Unzuträglichkeiten“ für zu unbestimmt. Ferner kommt es hierauf aber im Ergebnis nicht an, da der Vermieter dann zur Erlaubnis verpflichtet wäre, wenn eine Abwägung der widerstreitenden Interessen und aller relevanten Umstände des Einzelfalls ergibt, dass die Hundehaltung im konkreten Fall eine vertragsgemäße Nutzung darstellt und keine überwiegenden Belange der Vermieter entgegen stehen. Solche überwiegenden Belange der Vermieter sind aber gerade nicht ausreichend dargelegt.
Soweit die Berufungskläger darauf abstellen, dass Beeinträchtigungen für andere von dem Hund ausgehen, sind diese Beeinträchtigungen, wie die Berufungsgegnerin bereits in der ersten Instanz zutreffend gerügt hat, nicht substantiiert dargestellt. Eine Zeugeneinvernahme kam daher nicht in Betracht, sondern wäre vielmehr einer Ausforschung gleich gekommen. Soweit die Kläger nunmehr erstmals in der zweiten Instanz einen konkreten Vorfall mit Datum benennen, ist dieser Vortrag verspätet und nach § 531 ZPO zurückzuweisen. Darüberhinaus wäre der auch nunmehr erfolgte Sachvortrag nicht geeignet, eine konkrete Beeinträchtigung nachzuvollziehen. Soweit behauptet wird, der Hund habe in den wohl mit vermieteten Vorgarten gekotet, ist nicht ersichtlich, wodurch insoweit bei einem einmaligen Vorfall eine Beeinträchtigung anderer Bewohner gegeben ist.
Rechtsfehler des Ersturteils liegen in diesem Zusammenhang daher ebenfalls nicht vor.
Da das Ersturteil somit in den von den Berufungsführern vorgebrachten Punkten nicht rechtsfehlerhaft ist, ist die Berufung ohne Aussicht auf Erfolg.
Das Gericht gewährt den Berufungsklägern eine Frist von
zwei Wochen
ab Zustellung dieses Beschlusses zur Möglichkeit der Stellungnahme.
Die Kammer weist ferner darauf hin, dass im Falle der Zurücknahme der Berufung lediglich zwei Gerichtsgebühren anfallen, wohingegen für den Fall einer Entscheidung über die Berufung, selbst wenn darin nur auf diesen Beschluss Bezug genommen werden sollte, vier Gerichtsgebühren entstehen.


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