Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Versorgung, Anfechtungsklage, Berufung, Leistungen, Jahresabrechnung, Heizung, Frist, Auslegung, Mangel, Abrechnung, Vergleich, Zustellung, Anfechtung, Heizkosten, Die Fortbildung des Rechts, Kosten des Rechtsstreits, Verteilung der Kosten

Aktenzeichen  1 S 2338/22 WEG

Datum:
18.5.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 19232
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

4 C 19/21 2022-02-14 Urt AGLINDAU AG Lindau

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) vom 14.02.2022, Az. 4 C 19/21, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a. Die in der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 gefassten Beschlüsse zu TOP 2: Genehmigung der Jahresabrechnung 2019, zu TOP 3: Genehmigung der Jahresabrechnung 2020, zu TOP 4: Entlastung des Beirats/Rechnungsprüfers, zu TOP 5: Entlastung der Hausverwaltung und zu TOP 8: modernisierende Instandsetzung der Zeizungsanlage werden für ungültig erklärt.
b. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen die Klägerin 38% und die Beklagte 62%.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 38% und die Beklagte 62%.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) ist, soweit es nicht abgeändert wurde, im Kostenpunkt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. von 110% des aus diesem und dem in Ziffer 1 genannten Urteil des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
1. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 87.116,68 € festgesetzt.
2. Der Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 28.02.2022 wird von Amts wegen dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für die 1. Instanz auf 87.116,68 € festgesetzt wird.

Gründe

I.
Die Klägerin ist als Eigentümerin der im Obergeschoss links gelegenen Wohnung Nr. 3 sowie der im Dachgeschoss gelegenen Wohnung Nr. 6 des Anwesens O1. Weg 30, 8. L1. Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft (im Folgenden: GdWE). Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin sämtliche in der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 gefassten Beschlüsse angefochten.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der in 1. Instanz gestellten Anträge wird zunächst auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils, die als Anlage K 1 vorgelegte Einladung zur Eigentümerversammlung am 20.07.2021 nebst Tagesordnung, das als Anlage K 2 vorgelegte Protokoll der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021, die als Anlagen K 3 und K 4 vorgelegten Einzelabrechnungen der Wohnungen Nr. 3 und Nr. 6 für 2020, die in Anlage zum Schriftsatz der Klagepartei vom 17.05.2022 vorgelegten Einzelabrechnungen der Wohnungen Nr. 3 und Nr. 6 für 2019, die von Beklagtenseite vorgelegte Gesamtabrechnungen für 2019 und 2020 sowie das vorgelegte Angebot der K. Malerbetrieb GmbH vom 30.11.2020 Bezug genommen.
Ergänzend ist auszuführen, dass die Klägerin ihre Klage damit begründet hat, die K. R. Immobilien GmbH sei nicht zur Einberufung der Eigentümerversammlung am 20.07.2021 berechtigt gewesen. Sie bestreite, dass die K. R. Immobilien GmbH wirksam zur Verwalterin bestellt worden sei. Darüber hinaus würden die Beschlüsse teilweise auch inhaltliche Mängel aufweisen. So würden in den Abrechnungen über den Verbrauch von Warmwasser und Heizung, die Basis der unter TOP 2 und TOP 4 gefassten Beschlüsse seien, die Heizkosten ausschließlich nach m² und der Wasserverbrauch ausschließlich nach Personenzahlen abgerechnet und nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch. Letzteres sei jedoch nach der auch für Wohnungseigentümergemeinschaften geltenden Heizkostenverordnung zwingend. Soweit unter TOP 4 Herr B. als Rechnungsprüfer entlastet wurde, hat die Klägerin bestritten, dass dieser Beirat der Beklagten ist oder eine Funktion als Rechnungsprüfer innehat. Eine Wahl des Herrn B. zum Beirat oder Rechnungsprüfer sei der Klägerin nicht bekannt. Der unter TOP 5 gefasste Beschluss über die Entlastung der Verwalterin für ihr gesamtes Handeln 2019 und 2020 sei in seiner Pauschalität zu unbestimmt. Es sei völlig unklar, was mit dem gesamten Handeln 2019 und 2020 gemeint sei und wofür die Verwalterin genau entlastet werden solle. Auch der unter TOP 7 gefasste Beschluss über die Herstellung eines Gasanschlusses widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, da die Anlage über eine Ölheizung verfüge und ein Gasanschluss derzeit sinnlos sei. Soweit unter TOP 8 die Anschaffung einer Gasheizungsanlage für 39.979,33 € beschlossen worden sei, seien keine Konkurrenzgebote eingeholt worden. Es bestehe auch keine Eile für den sofortigen Einbau einer neuen Gasheizungsanlage. Es hätte zudem geprüft werden müssen, welche anderen Energieträger als Gas, bei dem es sich um einen fossilen Brennstoff handele, welcher ab Januar 2021 einer erhöhten CO²-Abgabe unterliege, in Betracht kommen und welche staatlichen Förderungen gewährt werden. Schließlich sei auch der unter TOP 9 gefasste Beschluss über die Beauftragung der Fa. Kaiser mit der Sanierung des Treppenhauses inhaltlich fehlerhaft, weil die Firma Kaiser kein Angebot für eine Sanierung des Treppenhauses, sondern ein Angebot für eine Modernisierung, nämlich hauptsächlich das Streichen von Decken und Wänden, abgegeben habe. Zudem sei die beschlossene Finanzierung über die laufenden Kosten nicht möglich, da die vorhandenen Rücklagen bereits durch den (unwirksamen) Beschluss über die Anschaffung der Gasheizungsanlage aufgezehrt seien.
Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, die Verteilung der Heiz- und Wasserkosten erfolge allein deshalb auf der Basis von Quadratmetern, weil es keinerlei Verbrauchserhebungseinrichtungen (Messsystem) gebe. Die Abrechnung nach Quadratmetern entspreche einer langjährigen Tradition. Die Kosten für die Installation von Abrechnungseinrichtungen seien im Vergleich zum Nutzen der detaillierten Abrechnung auch völlig unverhältnismäßig, so dass die Heizkostenverordnung gem. § 11 HeizkV nicht anwendbar sei. Aktuell würden sechs Einheiten über zwei verschiedene Ölkessel mit zwei Öltanks und eine Einheit mit einer Einzelgastherme, welche über Gasflaschen (Flüssiggas) gespeiste werde, beheizt. Die Verwaltung versuche gemeinsam mit der GdWE das Objekt in Anbetracht der zahlreichen verschiedenen Heizarten zu vereinheitlichen und eine zentrale Gasheizung zu installieren. Mit der Installation der zentralen Gasheizung würden auch ordnungsgemäße Erfassungseinrichtungen eingebaut werden. Zu TOP 4 hat die Beklagte vorgetragen, es habe der Tenor bestanden, dass Herr B. in Ermangelung eines Beirates die Rechnungsprüfung durchführt. Allein hierfür sei er entlastet worden. Die unter TOP 7 beschlossene Herstellung eines Gasanschlusses werde es ermöglichen, eine Gaszentralheizung einzubauen. Für die Erstellung des Gasanschlusses seien als Netzbetreiber ausschließlich die Stadtwerke Lindau zuständig. Der unter TOP 8 beschlossene Einbau einer Gaszentralheizung sei in Ermangelung anderer Angebote mit einer 2/3-Mehrheit der Eigentümer gefasst worden.
Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.02.2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe die Klagefrist des § 45 WEG nicht eingehalten, da sie die Klage zunächst gegen die übrigen Wohnungseigentümer und damit gegen den falschen Beklagten gerichtet habe. Nachdem Gründe für eine Nichtigkeit der angefochtenen Beschlüsse weder vorgetragen noch ersichtlich seien, sei die Klage abzuweisen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe verwiesen.
Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie die erstinstanzlich gestellten Anträge weiterverfolgt.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, entgegen den Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil sei die Klagefrist des § 45 WEG durch sie gewahrt worden. Die Klage sei am 12.08.2022 und damit rechtzeitig innerhalb der Frist des § 45 WEG beim Amtsgericht Lindau eingereicht worden. Zwar sei die Klage gegen die im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Grundbuch eingetragenen Wohnungs- und Teileigentümer gerichtet gewesen. Diese seien aber identisch mit der GdWE. Sie verweist zudem auf die Entscheidung des BGH vom 06.11.2009, Az: V ZR 73/09, die nach ihrer Auffassung auf den vorliegenden Fall anwendbar ist. Soweit im Passivrubrum die GdWE zwingend hätte aufgeführt werden müssen, sei das im Verfahren durch den Schriftsatz vom 22.09.2021 erfolgt und geheilt worden. Der Zulässigkeitsmangel könnte nach ständiger Rechtsprechung des BGH im laufenden Verfahren geheilt werden, wozu auf die in NJW 2011, 779 und NJW 2011, 997 veröffentlichten Entscheidungen verwiesen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 14.03.2022 sowie den Schriftsatz vom 10.05.2022 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
1.Das Urteil des AG Lindau vom 14.02.2022, 4 C 19/21, wird aufgehoben.
2.Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 werden allesamt für ungültig erklärt.
Die Beklagte beantragt,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Sie ist der Auffassung, die Klagefrist des § 45 WEG sei von der Klägerin nicht eingehalten worden. Von der Klägerin sei die alte Rechtslage zur Grundlage der Klage gemacht worden, was insbesondere daran ersichtlich sei, dass sie sich selbst aus den Beklagten ausdrücklich ausgenommen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 13.04.2022 Bezug genommen.
Die Kammer hat den Parteien mit Verfügungen vom 21.03.2022, vom 10.05.2022 und in der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2022 Hinweise erteilt. Wegen des Inhalts wird auf die genannten Verfügungen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2022 verwiesen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und alle sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie sich gegen die erfolgte Abweisung der erhobenen Anfechtungsklage gegen die in der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 zu TOP 2, TOP 3, TOP 4, TOP 5 und TOP 8 gefassten Beschlüsse richtet. Im Übrigen hat die Berufung keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts wurde die Klage mit Schriftsatz vom 12.08.2021 innerhalb der materiellen Ausschlussfristen des § 45 WEG erhoben und begründet. Gem. § 167 ZPO genügt es für die Einhaltung der Klagefrist, wenn die Klageschrift vor Fristablauf bei Gericht eingeht und die Zustellung der Klage demnächst erfolgt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
1.1. Die Klageschrift vom 12.08.2021, die auch bereits die Klagebegründung enthält, ist ausweislich des in der Akte befindlichen Transfervermerks als elektronisches Dokument am 12.08.2021 und damit vor Ablauf der in § 45 WEG bestimmten Fristen beim Amtsgericht Lindau eingegangen. Unschädlich ist dabei, dass in der Klageschrift als Beklagte „alle im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit im Grundbuch eingetragene Wohnungs- und Teileigentümer der Liegenschaft O2. Weg 30, 8. L1. bzw. deren Rechtsnachfolger im Weg der Zwangsvollstreckung oder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Ausnahme der Klägerin“ bezeichnet werden und diese nicht, wie das § 44 II WEG nunmehr vorschreibt, ausdrücklich gegen die GdWE gerichtet wurde.
Allerdings muss die Klageschrift gem. § 253 II Nr. 1 ZPO die Bezeichnung der Parteien enthalten. Nötig ist die Festlegung der Identität, so dass daran keine Zweifel bestehen und sich die betroffene Partei für jeden Dritten ermitteln lässt (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, 43. Aufl., Rn 7 zu § 253 ZPO). Genügt die Klageschrift diesen Voraussetzungen nicht, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung und ist die Klage unzulässig (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, 43. Aufl., Rn 20 zu § 253 ZPO; Greger in Zöller, 34. Aufl., Rn 23 zu § 253 ZPO). Der Mangel kann nicht mit Rückwirkung, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft geheilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.2016, Az: III ZR 200/15, juris Rn 27; Greger in Zöller, 34. Aufl., Rn 23 zu § 253 ZPO). Zur Einhaltung einer gegenüber dem Beklagten bestehenden Frist i. S. des § 167 ZPO ist es dementsprechend grundsätzlich erforderlich, dass dieser in der Klageschrift eindeutig und zweifelsfrei bezeichnet wird. Denn durch eine nicht den Anforderungen des § 253 II ZPO genügende Klageschrift kann eine Frist i. S. des § 1 S 2338/22 WEG – Seite 7 – 167 ZPO nicht gewahrt werden (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2009, Az: V ZR 73/09, juris Rn 13; BGH, Urteil vom 17.03.2016, Az: III ZR 200/15, juris Rn 27).
1.1.1. Soweit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die materielle Ausschlussfrist des § 46 I Satz 2 WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) zur Erhebung einer Anfechtungsklage, die gem. § 46 I Satz 1 WEG aF gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten war, auch durch eine Klage gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gewahrt werden konnte, wenn innerhalb der Klagefrist der Verwalter angegeben und die namentliche Bezeichnung der richtigerweise zu verklagenden übrigen Mitglieder der Gemeinschaft bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgeholt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2009, Az: V ZR 73/09, juris Rn 7, 8, 12; BGH, Urteil vom 21.01.2011, Az: V ZR 140/10, juris Rn 7), ist diese Rechtsprechung nicht auf die seit dem 01.12.2020 geltenden Rechtslage in dem Sinne übertragbar, dass die Klagefrist des nunmehr geltenden § 45 WEG auch durch eine Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer eingehalten werden könnte (vgl. Elzer in BeckOK zum WEG, 48. Edition, Stand: 01.03.2022, Rn 24 zu § 45 WEG). Denn die zum alten Recht ergangene Rechtsprechung wurde auf die Vorschrift des § 44 WEG aF gestützt, nach der für eine Klage gegen alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers zu deren näheren Bezeichnung in der Klageschrift die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks, des Verwalters und des gemäß § 45 II Satz 1 bestellten Ersatzzustellungsvertreters genügte (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2009, Az: V ZR 73/09, juris Rn 15; BGH, Urteil vom 21.01.2011, Az: V ZR 140/10, juris Rn 9) und darauf, dass sowohl die Klage gegen den Verband als auch die Klage gegen die übrigen Wohnungseigentümer grundsätzlich dem Verwalter als gesetzlichen Vertreter des Verbands (§ 27 III Nr. 1, 2 WEG aF) bzw. Zustellungsbevollmächtigten der beklagten Wohnungseigentümer (§§ 27 II Nr. 1, 45 I WEG aF) zuzustellen war, der gem. § 27 I Nr. 7 WEG aF die Wohnungseigentümer unverzüglich über den anhängigen Rechtsstreit zu unterrichten hatte, so dass der durch die Klagefrist des § 46 I Satz 2 WEG aF verfolgte Zweck, den übrigen Wohnungseigentümern möglichst rasch Klarheit darüber zu verschaffen, welcher Beschluss aus welchen Gründen angefochten wird, auch durch eine Klage gegen den Verband erreicht werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 06.11.2009, Az: V ZR 73/09, juris Rn 16; BGH, Urteil vom 21.01.2011, Az: V ZR 140/10, juris Rn 9). Eine dem § 44 WEG aF entsprechende Vorschrift enthält das WEG in der ab dem 01.12.2020 geltenden Fassung jedoch nicht mehr. Auch ist der Verwalter nach der ab 01.12.2020 geltenden Rechtslage nicht mehr Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer, so dass eine gegen diese gerichtete Klage ihnen persönlich zuzustellen wäre.
1.1.2. Die Auslegung ergibt jedoch, dass die Klage von Anfang an tatsächlich gegen die GdWE gerichtet werden sollte.
Da die Bezeichnung der Parteien in der Klageschrift grundsätzlich auslegungsfähig ist, ist durch Auslegung zu ermitteln, gegen wen sich die Klage richten soll; Klarstellungen durch den Kläger im Laufe des Prozesses sind zulässig. Maßgebend für die Auslegung ist, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus Sicht der Empfänger (Gericht und der Gegenpartei) zu verstehen ist. Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. Das gilt selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung. Bei der Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen (zB der vorprozessuale Schriftverkehr) zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn die Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen, auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden Person gewählt wird, solange nur unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (vgl. Werth in Musielak/Voit, 19. Aufl., Rn. 7 zu § 50 ZPO; Suilmann in Jennißen, 7. Aufl., Rn 26 zu § 45 WEG).
Vorliegend lässt bereits die Klageschrift vom 12.08.2021 mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass die Klagepartei eine Beschlussanfechtungsklage gegen den durch das WEG vorgegebenen Klagegegner erheben wollte und lediglich versehentlich nicht von ihr beachtet wurde, dass die Klage nach der seit 01.12.2020 geltenden Rechtslage nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die GdWE zu richten ist. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die übrigen Wohnungseigentümer nicht namentlich bezeichnet werden, sondern lediglich gem. § 44 I WEG aF das gemeinschaftliche Grundstück benannt und der Verwalter als Beizuladender (§ 48 I Satz 2 WEG aF) aufgeführt wird. Dabei enthält die Klageschrift sämtliche für die Bestimmung der gem. § 44 II Satz 1 WEG zu verklagenden GdWE erforderlichen Informationen, nämlich die bestimmte Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks (§ 9a I Satz 3 WEG) sowie die Benennung des Verwalters als ihres gesetzlichen Vertreters (§ 9b I WEG). Da eine gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Anfechtungsklage nach der seit 01.12.2020 geltenden Rechtslage von vornherein unzulässig wäre, Anträge aber so auszulegen sind, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht und nur wenn sich das Rechtsschutzziel des Antragstellers auch durch die gebotene Auslegung nicht ermitteln lässt, die verbleibenden Unklarheiten zu seinen Lasten gehen (vgl. BGH, Urteil vom 03.06.2016, Az: V ZR 166/15, juris Rn 9), war bei richtigen Verständnis davon auszugehen, dass die Klage nach dem Willen der Klagepartei tatsächlich gegen die GdWE gerichtet werden sollte (vgl. Suilmann in Jennißen, 7. Aufl., Rn 27 zu § 45 WEG; Hogenschurz in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., Rn 49 zu § 44 WEG). Das hätte auch das Amtsgericht erkennen und gem. § 139 I, II ZPO auf eine entsprechende Rubrumsberichtigung hinwirken müssen (vgl. Hogenschurz in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., Rn 49 zu § 44 WEG).
Anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Klagepartei mit Schriftsatz vom 22.09.2021 zunächst erklärt hat, sie erweitere die Klage und richte diese auch gegen die GdWE, und dass sie mit weiterem Schriftsatz vom 22.09.2021 die einzelnen Wohnungseigentümer mit Namen und Adressen benannt hat. Denn dies beruhte maßgeblich auf dem mit Verfügung vom 16.09.2021 erteilten Hinweis, mit dem das Amtsgericht gerade nicht auf eine Rubrumsberichtigung hingewirkt, sondern eine Antragsrücknahme angeregt hat mit der Begründung, die im Klageantrag gewählte Bezeichnung sei nach neuem Recht unzulässig, da gem. § 44 WEG die Anfechtungsklage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sei, im übrigen müssten nach der im Klageantrag gewählten Bezeichnung sämtliche Wohnungseigentümer benannt werden, damit an diese zugestellt werden könne. Die unmittelbar nach Erteilung dieses Hinweises erfolgte Erklärung der Klagepartei, die Klage auch gegen die GdWE richten zu wollen, zeigt dabei gerade, dass es ihrem eigentlichen Willen entsprach, die Anfechtungsklage gegen den im Gesetz vorgegebenen Gegner zu erheben, und eine genauere Prüfung, wer dies nach der seit 01.12.2020 geänderten Rechtslage sein könnte, von ihr nicht durchgeführt wurde.
1.2. Die Zustellung der Klage erfolgte auch „demnächst“ i. S. des § 167 ZPO.
Das Merkmal „demnächst“ (§ 167 ZPO) ist (nur) erfüllt, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird eine Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen, um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2017, Az: V ZR 103/16, juris Rn 5). Verzögerungen, die der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, bleiben grundsätzlich außer Betracht (vgl. Wittschier in Musielak/Voit, 19. Aufl, rn 7 zu § 167 ZPO).
Soweit die Klagepartei nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses, die ausweislich der Akte am 18.08.2021 an ihren Prozessbevollmächtigten versandt wurde (der Zeitpunkt des Zugangs lässt sich der Akte nicht entnehmen), bis zum 10.09.2021 mit der Einzahlung zugewartet hat, beträgt die hierdurch von ihr verursachte Verzögerung bei der Zustellung der Klage jedenfalls weniger als 14 Tage und hält sich damit in einem grundsätzlich hinzunehmenden Rahmen. Denn der Partei ist in der Regel eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzahlung des geforderten Gerichtskostenvorschusses zuzugestehen (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2017, Az: V ZR 103/16, juris Rn 9). Hinzu kommt die erforderliche Zeit für die Prüfung der Kostenanforderung und deren Weiterleitung an die Partei durch deren Prozessbevollmächtigten, die im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2017, Az: V ZR 103/16, juris Rn 13, 14). Eine der Klägerin zurechenbare Verzögerung bei der Einzahlung des Prozesskostenvorschusses kann daher frühestens ab 08.09.2021 angenommen werden. Bereits am 10.09.2021 und damit innerhalb einer Frist von 14 Tagen wurde von ihr jedoch der Prozesskostenvorschuss eingezahlt.
Die weiteren Verzögerungen bei der Zustellung der Klage, die tatsächlich erst am 22.10.2021 erfolgte, können hingegen nicht der Klägerin zugerechnet werden, sondern lagen in der Sphäre des Amtsgerichts, das nicht, wie das nach dem zuvor Gesagten angebracht gewesen wäre, auf eine Rubrumsberichtigung hingewirkt, sondern mit Verfügung vom 16.09.2021 zunächst eine Antragsrücknahme angeregt und sodann mit Verfügung vom 24.09.2021 nochmals angefragt hat, ob tatsächlich zugestellt werden soll.
2. Den von ihr zunächst gerügten Mangel der fehlerhaften Einladung zur Eigentümerversammlung durch die nicht wirksam zur Verwalterin bestellte K. R. Immobilien GmbH hat die Klagepartei zwischenzeitlich fallen gelassen, und es wurde von ihr in der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2022 unstreitig gestellt, dass die K. R. Immobilien GmbH wirksam zur Verwalterin bestellt wurde.
3. Die unter TOP 2 und TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 gefassten Beschlüsse über die Genehmigung der Nachschüsse bzw. Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse aus den Einzelabrechnungen für das Jahr 2019 (TOP 2) bzw. 2020 (TOP 3) waren für ungültig zu erklären, weil, wie die Klägerin mit der Klageschrift vom 12.08.2021 fristgerecht geltend gemacht hat, die Kosten für Wasser/Kanal sowie zumindest teilweise auch die Heizkosten in den Einzelabrechnungen nach einem fehlerhaften Schlüssel umgelegt wurden und mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass sich dies auf das Abrechnungsergebnis ausgewirkt hat.
3.1. Nach der ab 01.12.2020 geltenden Rechtslage beschließen die Wohnungseigentümer gem. § 28 II WEG nicht mehr über die Jahresabrechnung als Rechenwerk und ihre einzelnen Bestandteile, sondern auf der Grundlage der vom Verwalter erstellten Abrechnung nur noch über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse (vgl. Bartholome in BeckOK zum WEG, 48. Aufl., Rn 119, 120 zu § 28 WEG). Dementsprechend können Fehler in der vom Verwalter vorgelegten Jahresabrechnung eine Anfechtung des Beschlusses gem. § 28 II WEG über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung von Vorschüssen grundsätzlich nur dann begründen, wenn sie sich auf die Höhe der Zahlungspflichten der Wohnungseigentümer, also der von ihnen zu leistenden Nachschüsse oder den Umfang der Anpassung der beschlossenen Vorschüsse auswirken (vgl. Bartholome in BeckOK zum WEG, 48. Aufl., Rn 119, 120 zu § 28 WEG; Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 229 zu § 28 WEG). Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn in der Abrechnung die Kosten einzelner Positionen nach einem fehlerhaften Verteilungsschlüssel (z. B. nach m² oder Einheiten anstatt dem Verhältnis der Miteigentumsanteile) umgelegt wurden (vgl. Bartholome in BeckOK zum WEG, 48. Aufl., Rn 128 zu § 28 WEG; Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 229 zu § 28 WEG). Anders könnte das nur dann sein, wenn die Verteilung nach dem fehlerhaften Schlüssel ausnahmsweise bzgl. sämtlicher oder einzelner Sondereigentumseinheiten zu dem gleichen Ergebnis führen würde, wie die Verteilung nach dem richtigen Verteilungsschlüssel, z. B. weil das Verhältnis der m² bzgl. aller oder einzelner Eigentumseinheiten dem Verhältnis der Miteigentumsanteile entspricht. Sofern dies aber – wie hier – von den Parteien nicht explizit vorgetragen wird, kann davon nicht ausgegangen werden und spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Anwendung des fehlerhaften Verteilungsschlüssels auf die Zahlungspflichten der Wohnungseigentümer ausgewirkt hat.
3.2. Wie die Klagepartei zutreffend gerügt hat, ist die Verteilung der Heizkosten zumindest in einem Teil der Einzelabrechnungen für 2019 und 2020 fehlerhaft, weil sie nicht den Vorgaben der Heizkostenverordnung entspricht.
Gem. § 3 HeizkV sind die Vorschriften der Heizkostenverordnung auf Wohnungseigentum anzuwenden, hat die Verteilung der Kosten für Heizung und Warmwasser daher nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung zu erfolgen. Gem. § 1 I Nr. 1 HeizkV regelt die Heizkostenverordnung dabei die Verteilung der Kosten des Betriebs zentraler Heizungsanlagen und zentraler Warmwasserversorgungsanlagen auf die Nutzer der mit Wärme oder Warmwasser versorgten Räume. Unter zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen werden Anlagen verstanden, die der gemeinsamen Versorgung mehrerer selbstständiger Nutzeinheiten mit Wärme und Warmwasser dienen. Ob die Anlage allen selbstständigen Nutzeinheiten eines Gebäudes oder nur einem Teil dient, ist unerheblich, solange eine Mehrzahl von Nutzern versorgt wird. Dem Anwendungsbereich unterfallen daher auch Etagenheizungen, soweit sie der raumübergreifenden gemeinschaftlichen Versorgung mehrerer Nutzer dienen (vgl. Drager in BeckOGK zur HeizkV, Stand 01.07.2021, Rn 6 zu § 1 HeizkV). Nach dem eigenen Vortrag der Beklagtenseite und wie sich auch den vorgelegten Einzelabrechnungen der Klägerin entnehmen lässt, existieren in der gemeinschaftlichen Wohnanlage zwei Ölheizungen, die jeweils mehrere Wohneinheiten mit Wärme und Warmwasser versorgen, so dass die Kosten dieser beiden Heizungsanlagen jeweils unter den Eigentümern der von der betroffenen Heizungsanlage versorgten Eigentumseinheiten nach den Vorschriften der Heizkostenverordnung hätten verteilt werden müssen. Soweit darüber hinaus eine weitere Einheit isoliert über Gasflaschen (Flüssiggas) mit Wärme und Warmwasser versorgt wird, gilt die Heizkostenverordnung hingegen nicht. Denn Anlagen, die den einzelnen Nutzer unabhängig von anderen Nutzern mit Wärme oder Warmwasser versorgen, unterfallen nicht dem Anwendungsbereich der Heizkostenverordnung (vgl. Drager in BeckOGK zur HeizkV, Stand 01.07.2021, Rn 7 zu § 1 HeizkV).
Nachdem die Wohnungseigentumsanlage jedoch nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten über keinerlei Messeinrichtungen zur Bestimmung des anteiligen Verbrauchs an Wärme und Warmwasser verfügt, war eine Verteilung von mindestens 50%, höchstens 70% der Kosten für Wärme und Warmwasser unter den von der jeweiligen Heizungsanlage versorgten Nutzern nach dem erfassten Verbrauch und im Übrigen nach Wohn- oder Nutzfläche bzw. umbauten Raum, wie es die §§ 7, 8 HeizkV vorschreiben, nicht möglich. Denn auch im Falle einer zukünftigen Anbringung entsprechender Verbrauchserfassungsgeräte kann der erfolgte Verbrauch aus den zurückliegenden Jahren 2019 und 2020 nicht mehr ermittelt werden. Gem. § 9a II HeizkV i. V. mit §§ 7 I Satz 5, 8 I HeizkV sind in einem solchen Fall die Kosten der Wärmeversorgung nach der Wohn- oder Nutzfläche oder nach dem umbauten Raum bzw. nach der Wohn- oder Nutzfläche oder dem umbauten Raum der beheizten Räume und die Kosten der Warmwasserversorgung nach der Wohn- oder Nutzfläche unter den betroffenen Eigentümern zu verteilen. Dies ist tatsächlich nicht geschehen. Insbesondere wurden die Kosten ausweislich der zur Akte gereichten Einzelabrechnungen der Klägerin für 2019 und 2020 nicht, wie dies die Parteien vorgetragen haben, nach Quadratmetern unter den an die jeweilige Heizungsanlage angeschlossenen Nutzern verteilt, sondern nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, was keinem der nach § 9a II HeizkV zugelassenen Verteilungsschlüsseln entspricht. Die Einzelabrechnungen für das Jahr 2019 weisen darüber hinaus neben der Position „Heizkosten Hz rechts“ bzw. „Heizkosten Hz links“, bei denen die eingestellten Kosten offensichtlich nur auf die an die jeweilige Heizungsanlage angeschlossenen Eigentumseinheiten verteilt wurden, noch eine Position „Heizkosten allgemein“ auf, bei der die Kosten, wie aus der Höhe der angegebenen Miteigentumsanteile geschlossen werden kann, auf sämtliche der an die beiden Ölheizungen angeschlossenen Einheiten umgelegt wurden. Auch das ist nach der Heizkostenverordnung unzulässig, da die entstandenen Kosten zunächst der jeweiligen Heizungsanlage zuzuordnen und dann unter den Nutzern allein dieser Anlage zu verteilen sind.
Soweit die Beklagte behauptet hat, die Vorschriften der Heizkostenverordnung seien gem. § 11 b HeizkV nicht anwendbar, weil die Kosten der Installation von Messeinrichtungen im Vergleich zum erhöhten Nutzen der detaillierten Abrechnung völlig unverhältnismäßig seien, wollte sie sich offensichtlich auf die Vorschrift des § 11 I Nr. 1 b), II HeizkV beziehen. Danach sind die §§ 3 bis 7 HeizkV, soweit sie sich auf die Versorgung mit Wärme beziehen, und die §§ 3 bis 6 und 8 HeizkV, soweit sie sich auf die Versorgung mit Warmwasser beziehen, nicht anzuwenden auf Räume, bei denen das Anbringen der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wärme- bzw. Warmwasserverbrauchs oder die Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs bzw. Warmwasserverbrauchs nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist und liegen unverhältnismäßig hohe Kosten vor, wenn diese nicht durch Einsparungen, die in der Regel innerhalb von zehn Jahren erzielt erden können, erwirtschaftet werden können. Da es sich bei § 11 HeizkV um eine Ausnahmeregelung handelt, trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Beklagte, die sich auf das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach § 11 I Nr. 1 b), II HeizkV beruft, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass deren Voraussetzungen gegeben sind. Gründe dafür, warum die Kosten für die Installation von Verbrauchserfassungsgeräten hier unverhältnismäßig hoch seien sollten, wurden von Beklagtenseite jedoch nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt.
3.3. Wie die Klagepartei ebenso zutreffend vorgetragen hat, ist die erfolgte Verteilung der in die Position „Wasser/Kanal“ eingestellten Kosten nach Personen x Tage fehlerhaft. Denn dieser Schlüssel, nach dem bei die Anzahl der in einer Einheit wohnhaften Personen mit der Anzahl der Tage, in der sie im Abrechnungsjahr in der Einheit wohnhaft waren, multipliziert wird und die Kosten nach dem Verhältnis des sich hieraus ergebenden Produkts verteilt werden, entspricht nicht dem gem. § 16 I, II WEG gesetzlich vorgeschriebenen Verteilungsschlüssel.
Die Kosten für den Verbrauch von Kaltwasser und die Einleitung von Abwasser in den Kanal sind, soweit die Wohnungseigentümer keinen anderen Verteilungsschlüssel wirksam vereinbart oder beschlossen haben, gem. § 16 I, II WEG (alte und aktuelle Fassung) nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile unter den Wohnungseigentümern zu verteilen. Dass insoweit vorliegend ein anderer Verteilungsschlüssel wirksam vereinbart oder beschlossen wurde, haben die Parteien weder vorgetragen, noch bestehen hierfür sonst irgendwelche Anhaltspunkte.
Nachdem in der Wohnungseigentumsanlage unstreitig keinerlei Verbrauchserfassungseinrichtungen vorhanden sind, dürften in den Kosten für „Wasser/Kanal“ zwar auch die Kosten für das Kaltwasser, welches für die Warmwasserversorgung verbraucht wurde, und die Kosten für das in den Kanal abgeleitete Warmwasser enthalten sein. Mangels gesonderter Erfassung konnten diese Kosten jedoch nicht entsprechend den Vorschriften der Heizkostenverordnung verteilt werden, sondern waren ebenfalls nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel umzulegen (§ 8 II HeizkV; vgl. Drager in BeckOGK zur HeizkV, Stand 01.07.2021, Rn 6 zu § 8 HeizkV). Unabhängig wäre aber auch nach der Heizkostenverordnung eine Verteilung der Kosten nach dem Verhältnis von Personen x Tage unzulässig.
3.4. Die fehlerhafte Verteilung der Heizkosten und der Kosten für Wasser/Kanal hat zur Folge, dass die Beschlüsse zu TOP 2 und TOP 3 der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 über die Genehmigung der Nachschüsse bzw. Anpassung der beschlossenen Vorschüsse für das Jahr 2019 bzw. 2020 insgesamt für ungültig zu erklären sind (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschak, Kapitel 10, Rn 100; Bartholome in BeckOK zum WEG, 48. Edition, Stand 01.03.2022, Rn 132; Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn 242 zu § 28 WEG). Zwar wird unter Verweis auf die zum früheren Recht ergangene Rechtsprechung vertreten, dass bei einer fehlerhaften Umlage lediglich einzelner Kostenpositionen der Beschluss gem. § 28 II WEG über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse lediglich im Umfang dieser Kostenposition für ungültig zu erklären sei (vgl. Hügel/Elzer, 3. Aufl, Rn 76 zu § 28 WEG). Wie bereits dargelegt, beschließen die Wohnungseigentümer nach der ab 01.12.2020 geltenden Rechtslage gem. § 28 II WEG jedoch nicht mehr, wie das gem. § 28 V WEG aF der Fall war, über die Jahresabrechnung als Rechenwerk und ihre einzelnen Bestandteile. Daher ist die Verteilung einzelner Kosten in der vom Verwalter erstellten Jahresabrechnung auch nicht mehr Gegenstand der Beschlussfassung gem. § 28 II WEG, sondern dient allein der Ermittlung, in welchem Umfang durch die einzelnen Wohnungseigentümer Nachschüsse zu leisten oder die Vorschüsse anzupassen sind. Ob es sich bei dem Betrag, um den sich die Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse bei Abzug der fehlerhaft umgelegten Kosten für Heizung und Wasser/Kanal verändern würde, überhaupt um einen abtrennbaren Teil der gefassten Beschlüsse handelt oder ob sich dann der übrig bleibende Teil der Beschlüsse inhaltlich von den in der Versammlung gefassten Beschlüssen unterscheiden würde (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19.10.2012, Az: V ZR 233/11, juris Rn 9), kann letztlich dahingestellt bleiben. Es kann nämlich schon nicht angenommen werden, dass die Wohnungseigentümer die Beschlüsse auch ohne Berücksichtigung der entstandenen Kosten für Heizung und Wasser/Kanal bei der Berechnung des Umfangs, in dem die Vorschüsse anzupassen bzw. Nachschüsse einzufordern sind, gefasst hätten, weil dies bei denjenigen Wohnungseigentümern, deren nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Vorschüsse die tatsächlich angefallenen Kosten mit Ausnahme der Kosten für Heizung und Wasser/Kanal übersteigen, zu einer überhöhten Herabsetzung der Vorschüsse und damit zu überhöhten Auszahlungsansprüchen gegenüber der GdWE führen würde (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschak, Kapitel 10, Rn 100). So hatte auch nach der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage die Unwirksamkeit oder Ungültigkeit des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung hinsichtlich einzelner Kostenpositionen zur Folge, dass auch der Abrechnungsspitze die Grundlage entzogen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2012, Az: V ZR 193/11, juris Rn 16; BGH, Urteil vom 10.07.2020, Az: V ZR 178/19, juris Rn 12). Wenn nach der nunmehr geltenden Rechtslage aber allein noch über die Abrechnungsspitze ein Beschluss gefasst wird, erscheint es nur konsequent, dass der Beschluss insgesamt für ungültig zu erklären ist, wenn der Abrechnungsspitze aufgrund der erfolgten fehlerhaften Verteilung einzelner Kosten letztlich die Grundlage entzogen wird. Eine teilweise Aufrechterhaltung der Beschlüsse in entsprechender Anwendung des § 139 BGB kommt daher nicht in Betracht.
4. Die zu TOP 4 und TOP 5 der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 gefassten Beschlüsse über die Entlastung des Rechnungsprüfers, Herrn B., bzw. die Entlastung der Verwalterin für ihr gesamtes Handeln in den Jahren 2019 und 2020 waren ebenfalls für ungültig zu erklären.
4.1. Soweit die Klagepartei allerdings bestritten hat, dass Herr B. zum Beirat bestellt worden sei oder eine Funktion als Rechnungsprüfer innegehabt habe und meint, Herr B. könne nicht entlastet werden, weil er weder Beirat noch Rechnungsprüfer gewesen sei, hat sie damit keinen Erfolg. Mit der Entlastung des Verwalters oder des Beirates billigen die Eigentümer bzw. nunmehr die GdWE die zurückliegende Amtsführung im jeweils genannten Zeitraum als dem Gesetz, den Vereinbarungen und den vertraglichen Pflichten entsprechend und sprechen ihr Vertrauen für die zukünftige Tätigkeit aus. Mit der Entlastung sind in der Regel die Folgen eines negativen Schuldanerkenntnisses (§ 397 II BGB) verbunden (vgl. BGH, Beschluss vom 17.01.2019, Az: V ZB 121/18, juris Rn 9; Becker in Bärmann, 14. Aufl., Rn 195 zu § 28 WEG und Rn 117 zu § 29 WEG; Munzig in BeckOK zum WEG, 48. Edition, Stand 01.03.2022, Rn 140 zu § 28 WEG). Vorliegend bestand nach Vortrag der Beklagtenseite der Tenor, dass der Miteigentümer B mangels eines Beirates die Rechnungsprüfung durchführt. Selbst wenn der Miteigentümer B nicht wirksam zum Beirat oder Rechnungsprüfer bestellt worden sein sollte, wie die Klagepartei vorträgt, könnten sich aus einer durch diesen tatsächlich erfolgten Rechnungsprüfung Ansprüche der GdWE gegen diesen ergeben, z. B. aufgrund einer Verletzung der zwischen den Wohnungseigentümern und der GdWE bestehenden Rücksichtnahme- und Treuepflichten oder gem. § 311 I BGB. Eine Entlastung und das damit verbundene negative Schuldanerkenntnis sowie die Billigung der von dem Miteigentümer B durchgeführten Rechnungsprüfung kommen daher auch in Betracht, wenn dieser nicht zum Beirat bestellt wurde und ihm auch die Rechnungsprüfung nicht wirksam übertragen wurde. Der Beschluss widerspricht deshalb nicht allein deswegen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Miteigentümer B, wie die Klagepartei vorträgt, weder zum Verwaltungsbeirat bestellt wurde, noch ihm die Aufgabe der Abrechnungsprüfung wirksam übertragen wurde.
4.2. Ebenso fehlerhaft ist die Auffassung der Klägerin, dass der unter TOP 5 gefasste Beschluss über die Entlastung der Verwalterin für ihr gesamtes Handeln für die WEG für die Wirtschaftsjahre 2019 und 2020 in seiner Pauschalität zu unbestimmt sei. Die gewählte Formulierung entspricht vielmehr der gängigen Praxis und ist nächstliegend dahingehend zu verstehen, dass sich die Entlastung auf die gesamte Tätigkeit der Hausverwaltung für die GdWE in den Jahren 2019 und 2020 einschließlich der Erstellung der Jahresabrechnungen für diese Jahre beziehen soll.
4.3. Die unter TOP 4 und TOP 5 gefassten Beschlüsse über die Entlastung des Miteigentümers B für seine Tätigkeit als Rechnungsprüfers betreffend die Abrechnungsjahre 2019 und 2020 sowie die Entlastung der Verwalterin für die Jahre 2019 und 2020 widersprechen jedoch deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil, wie die Klagepartei innerhalb der zweimonatigen Frist des § 45 WEG zur Begründung der Anfechtungsklage auch vorgetragen hat, die Jahresabrechnungen für 2019 und 2020 wegen der unrichtigen Verteilung der Kosten für Heizung und Wasser/Kanal in den Einzelabrechnungen fehlerhaft waren. Das führt nämlich dazu, dass sich Ansprüche der GdWE wegen der mangelhaften Erstellung der Jahresabrechnung bzw. einer unzureichenden Prüfung der Abrechnung nicht von vornherein ausschließen lassen und ist ein Entlastungsbeschluss auf eine Anfechtungsklage hin in der Regel für ungültig zu erklären (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2010, Az: V ZR 202/09, NJW 2010, 2654, Rn 17; Munzig in BeckOK zum WEG, 48. Edition, Stand 01.03.2022, Rn 142 zu § 28 WEG).
5. Schließlich war auch der in der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 unter TOP 8 gefasste Beschluss über die Beauftragung der Fa. Strass mit dem Einbau einer neuen Gasheizungsanlage gemäß dem vorliegenden Angebot i. H. von 39.979,33 € inkl. gesetzl. MwSt und Finanzierung der Maßnahme über eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage i. H. von 10.000,00 € und eine Sonderumlage i. H. von 30.000,00 € für ungültig zu erklären, weil Vergleichsangebote weiterer Anbieter, wie die Klagepartei in der Klageschrift vom 12.08.2021 gerügt hat, nicht eingeholt wurden. Ein Beschluss über die Beauftragung von Maßnahmen, die mit einem größeren Kostenaufwand verbunden sind, entspricht nämlich regelmäßig nur dann den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn zuvor mehrere, in der Regel mindestens drei, Konkurrenzangebote eingeholt wurden, um den Eigentümern einen Überblick über die am Markt erhältlichen Leistungen zu verschaffen und eine Überteuerung zu vermeiden (vgl. Merle in Bärmann, 14. Aufl., Rn 31 zu § 21 WEG). Das gilt auch für Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen und die nach der durch das WEMoG (Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften v. 16.10.2020, BGBl. I 2187) neu eingeführten Vorschrift des § 20 I WEG nunmehr grundsätzlich mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Denn § 20 I WEG entbindet die Eigentümer nicht von der Verpflichtung, die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung bei der Beschlussfassung einzuhalten (vgl. Elzer in BeckOK zum WEG, 48. Edition, Stand 01.03.2022, Rn 38 zu § 20 WEG). Bei dem Einbau einer Gasheizungsanlage zu einem Preis für 39.979,33 € handelt es sich um eine Maßnahme, die mit einem größeren Kostenaufwand verbunden ist und bei der in der Regel den Eigentümern vor einer Beschlussfassung verschiedene, mindestens drei Konkurrenzangebote vorzulegen sind. Das gilt vorliegend umso mehr, als es sich um eine relativ kleine, aus lediglich insgesamt sieben Wohneinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft handelt. Insoweit reicht es auch nicht aus, wenn die Beklagte behauptet, es hätten keine anderen Angebote erlangt werden können. Sie müsste vielmehr konkret darlegen und gegebenenfalls auch unter Beweis stellen, dass die Verwalterin ausreichende Anstrengungen unternommen hat, die erforderlichen Konkurrenzangebote zu erhalten, insbesondere vortragen, welche Firmen sie konkret zur Abgabe eines Angebots aufgefordert und warum sie ein solches nicht erhalten hat. Das ist indessen nicht erfolgt. Da auch nicht angenommen werden kann, dass die Eigentümer einen Beschluss über die Finanzierung der Maßnahme über eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage i. H. von 10.000,00 € und eine Sonderumlage i. H. von 30.000,00 € ohne den Beschluss über die Beauftragung der Fa. Strass mit dem Einbau der Gasheizungsanlage gefasst hätten, war der Beschluss in analoger Anwendung des § 139 BGB insgesamt für ungültig zu erklären.
6. Im Übrigen hatte die Berufung dagegen keinen Erfolg und hat das Amtsgericht die Anfechtungsklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin innerhalb der zweimonatigen Frist des § 45 WEG keine Gründe vorgetragen hat, aus denen sich eine Rechtswidrigkeit der sonstigen, in der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 gefassten Beschlüsse ergeben könnte und auch Umstände von ihr dargelegt wurden, aus denen sich die Nichtigkeit der Beschlüsse ergibt.
6.1. Unter TOP 6: Wiederbestellung der Hausverwaltung, TOP 10: Verunreinigung durch Öl,
TOP 11: Markierung und Nutzung Stellplätze sowie
TOP 13: Sonstiges
wurden ausweislich des vorgelegten Protokolls der Eigentümerversammlung vom 20.07.2021 schon keine Beschlüsse gefasst. Gegen die gefassten Beschlüsse unter
TOP 1: Genehmigung der Tagesordnung,
bei dem es sich ohnehin um einen reinen Geschäftsordnungsbeschluss handelt und
TOP 13: Genehmigung des Wirtschaftsplans 2021
hat die Klägerin über den zunächst von ihr erhobenen und später fallen gelassenen Einwand der fehlerhaften Einladung durch einen nicht wirksam bestellten Verwalter hinaus keine weiteren Rügen vorgebracht.
6.2. Soweit die Klagepartei in der Klageschrift vom 12.08.2021 geltend gemacht hat, der unter TOP 7 gefasste Beschluss über die Beauftragung der Stadtwerke Lindau mit der Herstellung eines Gasanschlusses gemäß dem vorliegenden Angebot i. H. von ca. 4.200,00 € und die Finanzierung der Maßnahme über die Erhaltungsrücklage entspreche nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die Wohnanlage über eine Ölheizung verfüge und ein Gasanschluss derzeit sinnlos sei, kann dem nicht gefolgt werden.
Nach der seit 01.12.2020 geltenden Rechtslage können die Eigentümer gem. § 20 I WEG grundsätzlich auch Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), mit einfacher Mehrheit beschließen, solange die Grenzen des § 20 IV WEG nicht überschritten werden. Eines besonderen Quorums oder der Zustimmung einzelner Eigentümer bedarf es, anders als noch nach § 22 I, II WEG aF, grundsätzlich nicht mehr. Die Herstellung eines Gasanschlusses führt auch zu keiner grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage oder einer unbilligen Benachteiligung einzelner Eigentümer i. S. des § 20 IV WEG, so dass die Maßnahme im Rahmen des den Wohnungseigentümers zustehenden Ermessens liegt.
Der Beschluss ist auch nicht deshalb für ungültig zu erklären, weil der unter TOP 8 gefasste Beschluss über die Beauftragung der Fa. Strass mit dem Einbau einer neuen Gasheizungsanlage auf die Anfechtungsklage hin für ungültig zu erklären war. Vielmehr führt die getrennte Beschlussfassung dazu, dass die Beschlüsse jeweils eigenständig zu behandeln sind und in ihrem Bestand von dem Schicksal des jeweils anderen nicht berührt werden. Daher kann gegen den einen Beschluss auch nicht eingewandt werden, dass der andere fehlerhaft und für ungültig zu erklären ist. § 139 BGB ist nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 05.07.2019, Az: V ZR 278/17, juris Rn 15, 40). Letztlich schließt die Ungültigerklärung des gefassten Beschlusses zu TOP 8 eine spätere wirksame Beschlussfassung über den Einbau einer Gasheizung auch nicht aus.
Unabhängig von der Frage, ob dies von der Klagepartei innerhalb der zweimonatigen Frist zur Begründung der Anfechtungsklage überhaupt im Kern ausreichend vorgetragen wurde, ist der Beschluss schließlich nicht deshalb rechtswidrig, weil es sich bei Gas um einen fossilen Brennstoff handelt und die Anschaffung eines Gasanschlusses sowie der Kauf einer Gas-Zentralheizung nicht dem neuen Klimagesetz entsprechen. Denn ein Verbot des Einbaus einer Gaszentralheizung und der Herstellung eines Gasanschlusses besteht (bislang) und bestand insbesondere im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht. Vor diesem Hintergrund liegt es aber jedenfalls noch im Rahmen des den Eigentümern zustehenden Ermessens, sich für den Einbau einer Gasheizung und die Herstellung eines Gasanschlusses zu entscheiden.
6.3. Keinen Erfolg hat die Klagepartei schließlich mit ihren gegen den unter TOP 9 gefassten Beschluss vorgebrachten Einwänden, das Angebot der Fa. Kaiser beinhalte tatsächlich keine Sanierung des Treppenhauses, sondern eine Modernisierung in Form des Streichens von Decken und Wänden, eine Finanzierung über die laufenden Kosten sei zudem nicht möglich, weil die vorhandenen Rücklagen bereits durch den (unwirksamen) Beschluss über die Anschaffung der Gasheizungsanlage aufgezehrt seien. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem Streichen von Decken und Wänden, jedenfalls wenn der vorherige Anstrich schon einige Zeit her ist und einzelne Beschädigungen (Verfärbungen) aufweist und der Farbton nicht verändert wird, nicht um eine Modernisierung, sondern um eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung. Unabhängig davon, können, wie dargelegt, gem. § 20 I WEG nunmehr auch Maßnahmen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden, die über die ordnungsmäßige Erhaltung hinausgehen. Soweit die Finanzierung nach dem gefassten Beschluss über die laufenden Kosten erfolgen soll, bedeutet dies bei nächstliegendem Verständnis gerade nicht, dass die Gelder der Instandhaltungs- bzw. nunmehr Erhaltungsrücklage (§ 19 II Nr. 4 WEG) entnommen werden sollen, sondern vielmehr, dass die Rechnung aus den laufenden Wohngeldzahlungen beglichen werden soll. Dafür spricht auch ein Vergleich mit den zu TOP 7 und TOP 8 gefassten Beschlüssen, in denen, anderes als bei TOP 9, ausdrücklich bestimmt wird, dass die Finanzierung (teilweise) aus der Erhaltungsrücklage erfolgt.
III.
1. Die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz erfolgte gem. § 92 I Nr. 1 ZPO, die Verteilung der Kosten des Berufungsverfahrens gem. §§ 97 I, 92 I Nr. 1 ZPO nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens zum Unterliegen.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
3. Die Revision war bezüglich der Frage, ob die Klageerhebungsfrist des § 45 WEG von Klägerseite gewahrt wurde, sowie bezüglich der Frage, ob die fehlerhafte Umlegung lediglich einzelner Kosten in der Jahresabrechnung dazu führt, dass der gem. § 28 II WEG gefasste Beschluss über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse insgesamt für ungültig zu erklären ist, zuzulassen. Die insoweit inmitten stehenden Rechtsfragen haben auch wegen der durch das WEMoG eingetretenen Rechtsunsicherheiten grundsätzliche Bedeutung und werden in der Literatur unterschiedlich beurteilt, so dass die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
4. Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren erfolgte in Anwendung der §§ 47 I, 49 GKG. Gem. § 49 GKG ist der Streitwert in Verfahren über Beschlussklagen gem. § 44 I WEG auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen, wobei er den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen darf.
Das Interesse der Wohnungseigentümer an der Entscheidung hängt bei der Anfechtung eines Beschlusses über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse gem. § 28 II Satz 1 WEG, auch wenn Gegenstand der Beschlussfassung nicht mehr die Jahresabrechnung, sondern nur noch die sich hieraus ergebende sog. Abrechnungsspitze ist, weiterhin davon ab, ob der Kläger lediglich einzelne Positionen der Jahresabrechnung, auf deren Grundlage die Abrechnungsspitze ermittelt wurde, erhebt. Denn auch wenn die Unrichtigkeit einzelner Positionen in der Jahresabrechnung letztlich dazu führt, dass der Beschluss insgesamt für ungültig zu erklären ist, sind in der Sache lediglich die betreffenden Positionen im Streit und damit für die Bemessung des wirtschaftlichen Interesses an der Entscheidung maßgeblich. Das Interesse aller Eigentümer bestimmt sich daher, wenn der Kläger sich in der Sache lediglich gegen einzelne Kostenpositionen in der Jahresabrechnung wendet, auch nach der ab dem 01.12.2020 geltenden Rechtslage nach der Höhe der in diese Positionen eingestellten Kosten und das Interesse des Klägers nach der Höhe des auf ihn umgelegten Anteils an diesen Kosten. Daraus ergibt sich für die Anfechtung des unter TOP 2 gefassten Beschlusses über die Genehmigung der Nachschüsse bzw. Anpassung der Vorschüsse für das Jahr 2019 ein Gesamtinteresse von 7.366,58 € (Summe der in die Positionen „Heizkosten Hz links“, „Heizkosten Hz rechts“, „Heizkosten allgemein“ und „Wasser/Kanal“ der Jahresabrechnung 2019 eingestellten Kosten) und für die Anfechtung des unter TOP 3 gefassten Beschlusses über die Genehmigung der Nachschüsse bzw. Anpassung der Vorschüsse für das Jahr 2020 ein Gesamtinteresse von 5.407,72 € (Summe der in die Positionen „Heizkosten Hz links“, „Heizkosten Hz rechts“, und „Wasser/Kanal“ der Jahresabrechnung 2020 eingestellten Kosten). Da der siebeneinhalbfache Wert der auf die Klägerin in deren Einzelabrechnungen umgelegte Anteil an diesen Kostenpositionen und damit ihr Einzelinteresse jeweils über dem Gesamtinteresse liegt, war der Streitwert für die Anfechtung des zu TOP 2 gefassten Beschlusses mit 7.366,58 € und der Streitwert für die Anfechtung des zu TOP 3 gefassten Beschlusses mit 5.407,72 € anzusetzen.
Der Streitwert des unter TOP 4 gefassten Beschlusses über die Entlastung des Rechnungsprüfers, Herrn B., war entsprechend dem für die Beschlussfassung über die Entlastung des Verwaltungsbeirates regelmäßig anzusetzenden Wert auf 500,00 € festzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 09.03.2017, Az: V ZR 113/16, juris Rn 10), der Streitwert für die unter TOP 5 beschlossene Entlastung der Verwalterin auf 1.000,00 € (vgl. BGH, Beschluss vom 17.03.2016, Az: V ZB 166/13, juris Rn 10).
Bei zu TOP 7, TOP 8 und TOP 9 gefassten Beschlüssen bestimmt sich das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung nach den Gesamtkosten der jeweils beschlossenen Maßnahme, beträgt damit 4.200,00 €, 39.979,33 € bzw. 5.863,05 € (5.054,35 € zuzüglich der USt von 16%, vgl. Anlage K 5). Da der siebeneinhalbfache Wert des sich nach ihren Miteigentumsanteilen bestimmenden Anteils der Klägerin an diesen Kosten jeweils den Gesamtbetrag der Kosten übersteigt, war der Streitwert in Höhe des Gesamtinteresses festzusetzen, mithin auf 4.200,00 €, 39.979,33 € bzw. 5.863,05 €.
Das Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer bestimmt sich bei den zu TOP 12 gefassten Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplanes 2021 nach den in den Wirtschaftsplan 2021 insgesamt eingestellten Kosten nebst Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage, beträgt demzufolge 22.800,00 €. Da der siebeneinhalbfache Wert des klägerischen Interesses, welches sich nach der Höhe der von ihr nach dem Wirtschaftsplan für 2021 geschuldeten Beiträge richtet, über diesem Betrag liegt, war der Streitwert auf 22.800,00 € festzusetzen.
Insgesamt errechnet sich hieraus ein Streitwert von 87.116,68 €.
5. Der vom Amtsgericht festgesetzte Streitwert für das Verfahren in 1. Instanz war gemäß § 63 III Nr. 2 GKG von Amts auf 87.116,68 € heraufzusetzen. Zwar lautet die Vorschrift des § 63 III GKG lediglich dahingehend, dass die Festsetzung von Amts wegen geändert werden „kann“. Damit wird die Änderung jedoch nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt, sondern lediglich dessen Zuständigkeit für die Änderung begründet. Erkennt das Gericht die Unrichtigkeit der erfolgten Streitwertfestsetzung, so muss es diese daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 63 III GKG abändern (vgl. Jäckl in BeckOK zum Kostenrecht, 37. Edition, Stand 01.04.2022, Rn 29 zu § 63 GKG; Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl., Rn 10 zu § 63 GKG).


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