Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Wert der Beschwer bei Beschlussanfechtung

Aktenzeichen  36 S 8485/17

Datum:
25.9.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 150880
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 49a
ZPO § 511 Abs. 2

 

Leitsatz

Das wirtschaftliche Interesse des Wohnungseigentümers an der Ungültigerklärung des Beschlusses, der das Ansichziehen der Ausstattungspflicht des Sondereigentums mit Rauchwarnmeldern durch die Gemeinschaft zum Inhalt hat, bestimmt sich danach, welche vermögensmäßigen Folgen der Beschluss unmittelbar für ihn hat, also welchen Anteil er an den gemäß dem Beschluss für die Miete und Wartung der Rauchmelder entstehenden Kosten zu tragen hat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 24.05.2017, Aktenzeichen 10 C 1296/16 WEG, wird verworfen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 338,62 € festgesetzt.
4. Die Streitwertfestsetzung in Ziffer 4 des Urteils des Amtsgerichts Rosenheim vom 24.05.2017, Aktenzeichen 10 C 1296/16 WEG, wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das Verfahren erster Instanz auf 338,62 € festgesetzt wird.

Gründe

I.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Rosenheim vom 24.05.2017 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger:
Das Urteil des AG Rosenheim vom 24.5.2017 Az. 10 C 1296/16 wird abgeändert und der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.5.2016 zu TOP 6:
„Besprechung und Beschlußfassung über die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben gem. § 46 Abs. 4 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in Bezug auf Rauchwarnmelder:
a) Kauf und Abschluss eines Wartungsvertrages sowie Finanzierung der Kosten (Anlage 1a) b) Miete incl. Wartung (Anlage 1b)
c) Organisation und Vorgehensweise zur Installation der Rauchwarnmelder“ mit folgendem Wortlaut:
„Es wird beschlossen, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die den einzelnen Wohnungseigentümern gem. Landesbauordnung obliegenden Rechte und Pflichten betreffend die Ausstattung der nach Landesbauordnung ausstattungspflichtigen Räumen mit Rauchwarnmeldern sowie die Übernahme der Sicherstellung der Beriebsbereitschaft (Wartung) zur Ausübung an sich zieht. Diesbezüglich liegt den Eigentümern ein Preisspiegel über sieben vergleichbare Angebote, u.a. der Firmen, …|
…H vor.
Der Verwalter wird ermächtigt, namens und im Auftrage sowie auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft die Fa. …H
…H, auf der Grundlage deren Angebots Nr. 903835 zu Kosten iHv. ca. € 230,40 brutto jährlich (Grundlage 45 Stck., nach Landesbauordnung, je Stck. € 5,12 brutto), mit 10jähriger Vertragsbindung, mit der Ausstattung der nach Landesbauordnung ausstattungspflichtigen Räume mit Rauchwarnmeldern (wobei die Rauchwarnmelder angemietet werden) sowie mit der Sicherstellung der Betriebsbereitschaft nach den Vorgaben der Landesbauordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik zu beauftragen (Wartung gem. DIN/EN 14676 u jährlichen Kosten iHv. brutto ca. 60,30 € (Grundlage 45 Stck., nach Landesbauordnung, je Stck. € 1,34 brutto für Wartung).
Es wird weiter beschlossen, die Ausführung der vorbeschlossenen Maßnahmen frühestens vier Monate nach dem Tag der heutigen Beschlussfassung zu beginnen, um denjenigen Wohnungseigentümern, die ihr Wohnungseigentum vermiete haben, Gelegenheit zu geben, die Durchführung der vorbeschlossenen Maßnahmen gegenüber den jeweiligen Mietern ordnungsgemäß anzukündigen bzw. mit diesen eine Vereinbarung über den Einbau und die Wartung der Rauchwarnmelder sowie die Tragung der umlagefähigen Kosten zu treffen, was den betroffenen Eigentümern ausdrücklich angeraten wird.
Die mit der Nachrüstung entstehenden Kosten (Montage, Anmietung und laufende Wartung / Servicegebühren) werden durch Entnahme aus den laufenden Mitteln der Gemeinschaft finanziert.
Die anfallenden Kosten werden von den einzelnen Wohnungseigentümern nach dem in der Gemeinschaftsordnung vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel für Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung, nämlich nach Wohnfläche verteilt. Die Kosten der Wartung sind in der Abrechnung in der Rubrik „umlagefähige Kosten“ zu verteilen. Es wird vorsorglich für den Fall, dass die Ausführung der vorstehend beschlossenen Maßnahmen zur Ausrüstung des Objekts mit Rauchwarnmeldern und/oder deren Wartung dadurch behindert wird, dass die Gestattung des Betretens einer Wohnung und/oder die Duldung der Vornahme notwendiger Arbeiten in der Wohnung verweigert und/oder untersagt wird, beschlossen, den Verwalter zu ermächtigen, im Auftrage sowie auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Rechtsanwalt mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs auf Duldung der o.g. Maßnahmen sowie Vornahme der gebotenen Mitwirkungshandlungen zu beauftragen.
Die Hausverwaltung informiert alle Eigentümer mindestens 2 Wochen vor dem Installationstermin. Des Weiteren werden die Bewohner mittels Aushang von dem Termin in Kenntnis gesetzt.“
wird für ungültig erklärt.
Die Beklagten und die Nebenintervenientin beantragen,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Zur Begründung der Verwerfung wird auf den vorausgegangenen Hinweis der Kammer in der Verfügung vom 22.08.2017 Bezug genommen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht sechshundert Euro (§ 511 Abs. 2 ZPO).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schriftsatz des Klägers vom 12.09.2017.
1. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 511 Abs. 2 ZPO nicht notwendig identisch mit dem Streitwert in Wohnungseigentumssachen gemäß § 49a GKG ist (vgl. auch LG Düsseldorf, Beschluss vom 01.07.2015, Az. 25 S 167/14, juris Rn. 41). Während für letzteren grundsätzlich 50 Prozent des Gesamtinteresses anzusetzen ist, sofern damit nicht das Einzelinteresse des Klägers unterschritten oder das Fünffache dieses Betrags überschritten wird, entspricht der Wert des Beschwerdegegenstands dem wirtschaftlichen Interesse des Berufungsführers an der begehrten Abänderung der Entscheidung und bestimmt sich damit nach dessen Beschwer und Berufungsantrag. Auf die Interessen der Berufungsbeklagten kommt es für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstands nicht an.
2. Die Kammer ist weiterhin der Ansicht, dass sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Ungültigerklärung des Beschlusses danach bestimmt, welche vermögensmäßigen Folgen der Beschluss unmittelbar für ihn hat, also welchen Anteil der Kläger an den gemäß dem Beschluss für die Miete und Wartung der Rauchmelder entstehenden Kosten zu tragen hat (vgl. auch LG Frankfurt, Beschluss vom 02.02.2017, Az. 2-13 T 4/17, juris Rn. 5 ff.; LG Düsseldorf, a. a. O., juris Rn. 43 ff.).
1. Ob sich das Haftungsrisiko des Klägers „durch das Ansichziehen der Ausstattungspflicht des Sondereigentums mit Rauchwarnmeldern durch die Gemeinschaft“ tatsächlich stark erhöht und daher der Abschluss einer zusätzlichen Haftpflichtversicherung erforderlich ist, wie der Kläger dies vorträgt, erscheint der Kammer fraglich.
Dies kann im vorliegenden Fall jedoch dahinstehen, da selbst dann, wenn man die vom Kläger geschätzte zusätzliche Versicherungsprämie als zusätzliches wirtschaftliches Interesse des Klägers an der Ungültigerklärung des Beschlusses berücksichtigen wollte, die Berufungssumme von 600 € nicht erreicht wäre. Denn dann würden sich die jährlichen Kosten des Klägers von 19,35 € für Miete und Wartung um weitere 40 € für die Versicherungsprämie erhöhen, sodass von jährlichen Kosten von 59,35 € auszugehen wäre.
Selbst wenn man die Kosten für die komplette zehnjährige Laufzeit berücksichtigen würde (für das Abstellen auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag in Anlehnung an § 9 ZPO dagegen LG Frankfurt, a. a. O., juris Rn. 6; für den fünffachen Jahresbetrag LG Düsseldorf, a. a. O., juris Rn. 48), würde sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers auch bei Berücksichtigung der vom Kläger behaupteten zusätzlichen jährlichen Versicherungsprämie nur auf 593,50 € belaufen und damit die Berufungssumme von 600 € nicht übersteigen.
Das Gericht des ersten Rechtszuges hat die Berufung im Urteil nicht zugelassen (§ 511 Abs. 2 ZPO). Eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO durch das Berufungsgericht wäre hier nicht veranlasst, da die Rechtssache nach Auffassung der Kammer keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 49a GKG bestimmt und entspricht dem Fünffachen des wirtschaftlichen Interesses des Klägers, wobei dieses hier in Anlehnung an § 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Wert des auf den Kläger für Miete und Wartung entfallenden Jahresbetrags (19,35 €) festgelegt wurde (vgl. auch LG Frankfurt, a. a. O, juris Rn. 6; zur Heranziehung von § 9 ZPO für Beschlüsse der Wohnungseigentümer über Verträge, die Ansprüche auf
1. wiederkehrende Leistungen begründen, vgl. auch BGH, Beschluss vom 27.01.2011,
Az. V ZB 255/10, juris Rn. 5).
3. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wurde gleichermaßen festgesetzt. Eine Abänderungsbefugnis für die Streitwertfestsetzung erster Instanz besteht von Amts wegen (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).


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