Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zweckentfremdung von Wohnraum, Unzureichender Ersatzwohnraum, Nutzungsuntersagung

Aktenzeichen  M 9 S 20.6832

Datum:
14.1.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 20914
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG i.V.m. Art. 3 Abs. 2
ZeS § 13, § 7, § 14
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Eigentümer und Vermieter einer Wohneinheit F. str. 12, 1. Obergeschoß rechts, die ausweislich des Gewerbemietvertrags seit dem 1.12.2013 bis zum 31.12.2020 gewerblich als Büro vermietet war und auch so genutzt wurde.
Nach der Baugenehmigung vom 9. März 1908 handelte es sich bei den verfahrensgegenständlichen Räumen um eine Wohnung, die bis zum 30.11. 2012 zu Wohnzwecken vermietet war. Ausweislich der Baugenehmigung vom 6.7.2011 wurde die Nutzungsänderung in ein Büro genehmigt.
Mit am 27.3.2013 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Antrag beantragte der Antragsteller eine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung zur Änderung der Nutzung von Wohnen in Büro und bot Ersatzwohnraum im 1. und 2. Obergeschoß der F.str. 10 nach Umbau und Nutzungsänderung an; diese Räume im 2. Obergeschoß Mitte und 1. Obergeschoß links und Mitte waren als Pension genehmigt. Der Antragsteller hat am 23.7.2014 eine Baugenehmigung für den Einbau von vier Wohneinheiten in diese ehemalige Pension sowie zur Nutzungsänderung in Wohnraum erhalten (Blatt 196 Behördenakte). Diese Baugenehmigung wurde bis zur Entscheidung über diesen Eilantrag nicht umgesetzt.
Im Zusammenhang mit dem Angebot von Ersatzwohnraum in der F.str. 10 legte der Antragsteller einen Geschäftsraummietvertrag mit der … zur gewerblichen Zimmervermietung vor, befristet vom 1.1.2011 bis 30.9.2016, 5.130,00 Euro netto (Blatt 129 Behördenakte). Ausweislich des beigefügten Plans (Blatt 123/122 Behördenakte) ist ein Umbau der ehemaligen Pensionszimmer nicht erfolgt. Als Nutzungszweck wurde die Einrichtung einer gewerblichen Zimmervermietung angegeben. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin und Androhung der Ablehnung als Ersatzwohnraum legte der Antragsteller einen weiteren Mietvertrag mit der … vor, der als Rahmenmietvertrag vom 1.1.2013 bis 30.6.2016 befristet war und sich ausdrücklich auf die nach wie vor nicht umgebauten Flächen im 1. Obergeschoß links und Mitte und im 2. Obergeschoß Mitte bezog. Nachdem der Antragsteller wiederholt darauf hingewiesen worden war, dass die gewerbliche Zimmervermietung in einer ehemaligen Pension kein berücksichtigungsfähiger Ersatzwohnraum sei, wurde mit Bescheid vom 10. März 2016 die Zweckentfremdungsgenehmigung für die Nutzungsänderung für die hier verfahrensgegenständliche Wohnung F.str. 12, 1. Obergeschoß links in ein Büro unter der aufschiebenden Bedingung erteilt, dass in der F.str. 10 Ersatzwohnraum mit wenigstens 142,00 m² Wohnfläche neu geschaffen werde, darunter mindestens eine familiengerechte Wohnung. Wie beantragt sei der Wohnraum im 1. Obergeschoß Mitte und 2. Obergeschoß Mitte gem. den beigefügten, baurechtlich genehmigten Grundrissplänen zu errichten. Die Wohnnutzung habe auf Dauer zu erfolgen. Die Frist zur Errichtung betrage ein Jahr ab Bestandskraft des Bescheids (Ziff. I Nrn. 1 u. 2 des Bescheids, Blatt 245 Behördenakte).
Auf Nachfrage und Mahnung der Antragstellerin legte der Antragsteller Mietverträge für das 2. Obergeschoß Mitte und das 1. Obergeschoß links und Mitte, F.str. 10 vor. Die Mietverträge wurden mit allen Bewohnern der Zimmer abgeschlossen und waren nach § 2 bis zum 31. Juli 2018 wegen des geplanten Umbaus mit Auflösung des Wohnungsgrundrisses befristet; eine Verlängerung war ausgeschlossen. Im 1. Obergeschoß links und Mitte wurde an sieben Mieter ein Gemeinschaftsraum und sieben Zimmer, ein Bad, Flur, WC etc. für 4.000,00 Euro einschl. 600,00 Euro Nebenkostenpauschale vermietet (Blatt 265 Behördenakte). Im 2. Obergeschoß Mitte wurden vier Zimmer und ein Gemeinschaftsraum, ein Bad, Flur, WC etc. an vier Mieter zu einem Mietzins von 2.430,00 Euro inklusive 300,70 Euro Nebenkostenpauschale vermietet (Blatt 275 Behördenakte). Ausweislich der Akten waren keinerlei Umbauten vorgenommen worden.
Ein Bescheid vom 28. Juli 2017 mit der Verpflichtung zur Beendigung der Nutzung der Wohnung F.str. 12, 1. Obergeschoß rechts wurde im Zusammenhang mit vom Verwaltungsgericht mitgeteilten Mängeln eines anderen, aber entsprechenden Grundbescheides gegen den Mieter dieser Wohnung von der Antragsgegnerin aufgehoben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Verfahren M 9 K 18.5751, M 9 S 19.1145, M 9 K 19.5414 und den Bescheid vom 28. Juli 2017 verwiesen.
Mit Bescheid vom 3. September 2020 wurde der Antragsteller nach erneuter Anhörung zur Beendigung der Nutzung der Wohnung F.str. 12, 1. Obergeschoß rechts zu anderen als Wohnzwecken bis zum 31.12.2020 verpflichtet (Ziffer I) und die unverzügliche Wiederzuführung zu Wohnzwecken angeordnet (Ziffer II). Ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500,00 Euro wurde für einen Verstoß gegen Ziffer I mit Frist bis 31.12.2020 angeordnet (Ziffer IV). Ein Zwangsgeld ebenfalls in Höhe von 7.500,00 Euro wurde für einen Verstoß gegen Ziffer II unter Fristsetzung von acht Monaten angeordnet (Ziffer V). Es läge kein beachtliches Angebot von Ersatzwohnraum, § 7 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 der Zweckentfremdungssatzung (ZeS) vor, da dieser nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Zweckentfremdung geschaffen wurde. Der Antrag auf Zweckentfremdung sei am 27.3.2013 eingegangen. Der mit Baugenehmigung vom 23.6.2014 genehmigte Umbau zu Wohnungen sei bis zum Fristende am 19. Februar 2015 nicht gemacht worden. Mit Bescheid vom 10.3.2016 habe der Antragsteller nochmal Gelegenheit erhalten, innerhalb einer angemessenen Frist den angebotenen Ersatzwohnraum zu erstellen und diese Möglichkeit nicht wahrgenommen. Die vorgelegten neuen Mietverträge seien nur zeitlich befristet abgeschlossen worden. Der Antragsteller sei als Vermieter Zustandsstörer und habe durch die Vermietung rechtswidrige Zustände verursacht.
Der derzeitige Mieter ziehe zum 31.12.2020 aus und habe den Mietvertrag nicht verlängert. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit am 6. Oktober 2020 beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage (M 9 K 20.4909) und beantragte mit Schriftsatz vom 23.12.2020:
Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 6.10.2020 erhobenen Klage gegen Ziffern I., II, IV. und V. des Bescheids vom 3.9.2020.
Auf die Klagebegründung werde Bezug genommen. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege, da die Hauptsacheklage begründet sei. Der Antragsteller habe den mit Ziffer I. des Bescheids vom 10. März 2016 als Bedingung geforderten Ersatzwohnraum geschaffen. Lediglich der Zuschnitt der zwei Wohnungen von jeweils 94,96 m² entspräche nicht der Genehmigung. Beide Wohnungen seien aktuell bis zum 30. Juni 2022 vermietet. Danach könne der Umbau durchgeführt werden. Der Bescheid habe keine Rechtsgrundlage, da formelle Verfassungswidrigkeit des Zweckentfremdungsgesetzes vorläge und damit auch die Satzungskompetenz der Antragsgegnerin fehle; Zweckentfremdungsrecht sei Bodenrecht und nicht Wohnungswesen mit der Folge, dass die Gesetzgebungskompetenz des Landes fehle. Das Zweckentfremdungsrecht in Bayern sei auch materiell rechtlich verfassungswidrig, da gegen das im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. GG enthaltene Übermaßverbote und gegen das durch Art. 14 GG gewährleistete Eigentumsrecht verstoßen werde. Ungeachtet dessen habe der Antragsteller einen Anspruch auf Anerkennung des Ersatzwohnraums, da auch bei einer Vermietung an mehrere Personen als WG eine Vermietung zu Wohnzwecken vorläge. Er habe darüber hinaus auch einen Anspruch auf nachträgliche Anerkennung, da er ansonsten gezwungen wäre, sowohl den Ersatzwohnraum als auch den verfahrensgegenständlichen Wohnraum zu Wohnzwecken zu vermieten.
Die Antragsgegnerin beantragte am 5. Januar 2021:
Ablehnung des Antrags.
Auf die Klageerwiderung werde Bezug genommen. Es läge hier eine bis heute fortdauernde Zweckentfremdung der Wohnung im 1. Obergeschoß rechts, F.str. 12, Vordergebäude vor. Der Zuschnitt des Ersatzwohnraums entspräche nicht der aufschiebenden Bedingung in der zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung vom 10. März 2016. Auch die Nutzung zu Wohnzwecken des Ersatzwohnraums sei wegen der als Kurzzeitnutzung abgeschlossenen Mietverträge und dem zugrundeliegenden Wohnungskonzept fraglich, da keine WG vorläge. Der angebotene Ersatzwohnraum falle nicht unter das Zweckentfremdungsrecht, da die ehemalige Pension nie als Wohnraum genutzt worden sei. Zweckentfremdungsrecht sei kein Bodenrecht, da nach Zweckentfremdungsrecht andere Genehmigungen erteilt würden als nach Baurecht. Soweit auf das LStVG Bezug genommen worden sei, handele es sich um ein unschädliches Schreibversehen (VG München B.v.22.8.2019 – M 9 S 18.3233 m.w.N.). Es gelte Art. 14 Abs. 2 GG.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das Gericht vorzunehmenden summarischen Prüfung und Interessenabwägung hat das Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg. Gegen den Bescheid vom 3. September 2020 bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da der Antragsteller den von ihm angebotenen Ersatzwohnraum nicht geschaffen hat. Die Untersagung der Nutzung zu anderen als Wohnzwecken ist nach der hier vorliegenden Sach- und Rechtslage rechtmäßig.
Unstrittig wurde die Wohneinheit bei Bescheiderlass gewerblich genutzt, mit Baugenehmigung vom 9. März 1908 zu Wohnzwecken genehmigt und bis zum Auszug der damaligen Mieter am 30.11. 2012 auch durchgehend zu Wohnzwecken genutzt. Die baurechtliche Nutzungsänderung in ein Büro erfolgte mit Baugenehmigung vom 6. Juli 2011. Eine gewerbliche Vermietung seit dem 1.12.2013 als Büro ist nach Aktenlage seit dem 31. Dezember 2020 beendet.
Nach Art. 3 Abs. 2 Zweckentfremdungsgesetz (ZwEWG) i.V.m. § 13 Zweckentfremdungssatzung (ZeS) kann dem Verfügungsberechtigten aufgegeben werden, die Zweckentfremdung in angemessener Frist zu beenden und den Wohnraum wieder Wohnzwecken zuzuführen, wenn eine Zweckentfremdung auch nachträglich nicht genehmigungsfähig ist, § 13 Abs. 2 ZeS. Nach § 14 Abs. 1 ZeS begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis 500.000,00 Euro belegt werden kann, wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum für andere als Wohnzwecke verwendet oder überlässt. Die Antragsgegnerin ist zutreffend vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen und hat nach pflichtgemäßen Ermessen die Nutzungsuntersagung angeordnet, nachdem kein Ersatzwohnraum geschaffen wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen. Ergänzend dazu gilt folgendes:
Der Antragsteller hat keine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung für die Wohnung F.str. 12, 1. Obergeschoss rechts, und kann eine solche auch nicht beanspruchen, da die Zweckentfremdung auch nicht nachträglich genehmigungsfähig war. Der vom Antragsteller angebotene Ersatzwohnraum wurde nicht hergestellt und der jetzt vom Antragsteller benannte Wohnraum ist kein beachtliches und verlässliches Angebot im Sinne des § 7 Abs. 1 ZeS, aufgrund dessen das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums in der Regel entfällt und eine zweckentfremdungsrechtliche Genehmigung ermöglich wird, wenn die Wohnraumbilanz damit ausgeglichen ist.
Eine Zweckentfremdungsgenehmigung liegt bereits deshalb nicht vor, weil die aufschiebende Bedingung der Herstellung des angebotenen Ersatzwohnraums nicht eingetreten ist. Die Bedingung enthält genau das, was der Antragsteller als Ersatzwohnraum angeboten hat. Festgelegt wurde – wie im Antrag des Antragstellers angeboten – Ersatzwohnraum im 1. Obergeschoß Mitte und im 2. Obergeschoß Mitte entsprechend den baurechtlich genehmigten Grundrissplänen. DieseBedingunge hat der Antragsteller nicht erfüllt. Die weiteren Anforderungen an den zu schaffenden Ersatzwohnraum mit wenigstens 142,00 m² Wohnfläche und mindestens einer familiengerechten Wohnung entspricht § 7 Abs. 1 ZeS in der damals geltenden Fassung, wonach regelmäßig das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Wohnraums entfällt, wenn die Wohnraumbilanz insgesamt wieder ausgeglichen wird sowie § 7 Abs. 2 Nr. 4 ZeS, wonach der neu zu schaffende Wohnraum nicht kleiner sein darf. Da bis heute kein Umbau erfolgte, erübrigt es sich darauf einzugehen, ob zu irgendeinem Zeitpunkt die Bedingung erfüllt wurde.
Eine nachträgliche Genehmigung scheidet außerdem aus, da bereits die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 3 ZeS nicht erfüllt ist, wonach Ersatzwohnraum im zeitlichen Zusammenhang mit der Zweckentfremdung geschaffen werden muss. Unter Berücksichtigung dessen, dass der Antrag auf Zweckentfremdungsgenehmigung aus dem Jahr 2013 stammt und seit März 2016 die Zweckentfremdungsgenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung der Herstellung von Ersatzwohnraum erlassen wurde, fehlt es an diesem zeitlichen Zusammenhang. Der Antragsteller hat fortwährend den Umbau auf später verschoben und zwischenzeitlich befristete Mietverträge über die Pensionszimmer geschlossen, zuletzt bis zum Jahr 2022.
Im Hinblick darauf fehlt es auch an der tatbestandlichen Voraussetzung, dass das Angebot zur Errichtung von Ersatzwohnraum verlässlich sein muss, § 7 Abs. 2 ZeS. Aktuell bestehen auch erhebliche Zweifel daran, ob prüfbare Unterlagen vorliegen, aus denen sich die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit des Ersatzwohnraums ergibt, § 7 Abs. 3 ZeS. Die entsprechende Baugenehmigung stammt vom Juni 2014 für den Einbau von vier Wohneinheiten im 1. und 2. Obergeschoss in der ehemaligen Pension und die damit verbundene Nutzungsänderung zu Wohnzwecken. Da dies mittlerweile sechs Jahre her ist, bleibt offen, ob es sich bei dieser alten Baugenehmigung tatsächlich noch um zweckentfremdungsrechtlich ausreichende Unterlagen handelt und ob diese Baugenehmigung noch Gültigkeit hat.
Die aktuelle Nutzung der Zimmer der ehemaligen Pension ist auch keine Wohnnutzung, aufgrund derer von einem neuen und verlässlichen Angebot eines Ersatzwohnraums ausgegangen werden kann. Nach Aktenlage fehlt bereits die baurechtlich genehmigte bloße Nutzungsänderung zu Wohnzwecken, da der Umbau nie durchgeführt wurde und bisher baurechtlich nur eine Pension, d. h. eine gewerbliche Nutzung genehmigt war. Die Nutzung ehemaliger Pensionszimmer zum Wohnen bedarf einer baurechtlichen Genehmigung und es ist offen, ob dies genehmigungsfähig ist. Die gewerbliche Zimmervermietung vergleichbar einem Boardinghaus entspricht zwar der baurechtlich gehnemigten gewerblichen Nutzung, es fehlt jedoch eine zweckentfremdungsrechtlichen Eignung als Ersatzwohnraum.
Vorliegend kann offen blieben, ob die befristete Vermietung an einzelne Nutzer als Wohngemeinschaft und damit als Wohnen oder als gewerbliche vorübergehende Unterbringung und damit als Fremdenverkehrsnutzung zu betrachten ist, da die Untervermietung zimmerweise an Einzelpersonen nicht dem zweckentfremdungsrechtlichen Gebot eines gleichwertigen Wohnraums genügt, der dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zur Verfügung steht wie der zweckentfremdete Wohnraum, § 7 Abs. 2 Nr. 5 ZeS a.F. Bei der Wohnung in der F.straße 12, 1. Obergeschoß rechts handelt es sich um eine familiengerechte Vierzimmerwohnung. Bei der als Ersatzwohnraum angebotenen Wohnung in der F.str. 10 handelt es sich um einzelne Zimmer mit einem gemeinsamen Bad und ausweislich der Pläne wohl auch mit einer Küche, die an sieben bzw. vier Personen vermietet sind. Damit fehlt es an der Eignung, zu der als wesentlicher Bestandteil der Beachtlichkeit des Angebots gehört, dass der Ersatzwohnraum dem allgemeinen Wohnungsmarkt so zur Verfügung stehen muss, wie vorher der zweckentfremdete Wohnraum (BVerfG U.v.12.3.1982 – 8 C 23/80).
Wiederum ungeachtet dessen ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der zimmerweisen Vermietung an unterschiedliche Personen um eine Wohngemeinschaft handelt, auf die das Kriterium einer Heimstatt im Alltag durch gemeinschaftliches Zusammenleben auch nur ansatzweise passen würde. Die Vermietung erfolgte zunächst durch einen gewerblichen Untervermieter auf der Grundlage von gewerblichen Mietverträgen mit dem Nutzungszweck einer gewerblichen Zimmervermietung und später durch den Antragsteller selbst durch einen befristeten Mietvertrag für das jeweilige Stockwerk mit den sieben bzw. vier Mietern der Zimmer. Anhaltspunkte dafür, dass die Bewohner Einfluss auf ihre Mitbewohner haben und ein gemeinschaftliches Leben und Wohnen anstreben, bestehen keine. Auch der Umstand, dass der Antragsteller keine Wohnung, sondern Pensionszimmer immer wieder befristet mit dem Hinweis auf einen Umbau vermietet, spricht für eine zimmerweise Zwischennutzung und nicht für eine Wohngemeinschaft.
Die Antragsgegnerin hat zurecht den Antragsteller als Vermieter und Nutzungsberechtigten und damit als Zustandsstörer in Anspruch genommen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Wohnsituation sind die Ausführungen dazu zutreffend. Da der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklicht wurde, ist die Antragstellerin zutreffend von einem eingeschränkten Entschließungsermessen ausgegangen.
Die sonstigen rechtlichen Bedenken des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung teilt die Kammer nicht. Es ist seit Jahrzehnten ständige Rechtsprechung und höchstrichterlich geklärt, dass für Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, Zweckentfremdungssatzungen auf der Grundlage von Gesetzen über Verbote von Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen werden können. Es bedarf keiner Diskussion, dass die Stadt München zu den Großstädten gehört, in denen diese Voraussetzung vorliegt. Soweit der Antragsteller sich in seinem Grundrecht auf Eigentum, Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sieht, wird auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentumes, Art. 14 Abs. 2 GG hingewiesen.
Der Einwand des Antragstellers, die Regelung verstoße gegen das Übermaßverbot und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG, ist nicht stichhaltig. Es ist nicht erkennbar, wieso es gegen das Übermaßverbot verstoßen sollte, wenn wie vom Antragsteller beantragt, im Ergebnis Wohnraum in Gewerbe (F.str. 12 1. Obergeschoß) und Gewerbe in Wohnraum (F.str. 10, 1. und 2. Obergeschoß) umgeändert und im Grunde getauscht wird. Die aufschiebende Bedingung der Zweckentfremdungsgenehmigung entsprach genau dem Angebot des Antragstellers, so dass unklar ist, warum das Rechtsstaatsprinzip betroffen sein sollte, wenn der Antragsteller die beantragte Änderung von Pension zu Wohnungen nicht verwirklicht.
Soweit vorgetragen wird, dass bereits formelle Verfassungswidrigkeit des Zweckentfremdungsgesetzes und damit auch keine Satzungskompetenz der Antragsgegnerin vorliegt, vermengt der Antragsteller die unterschiedlichen Regelungsgegenstände des Bauplanungsrechts und des Zweckentfremdungsrechts unter Heranziehung verfassungsrechtlicher Bedenken zur Mietpreisbindung. Im Gegensatz zum Baurecht, das verfassungsrechtlich dem Bodenrecht zuzuordnen ist, gehört das Zweckentfremdungsrecht nach der gesamten Systematik sowie der normativ-rezeptiven Zuweisung (Seiler in Etting/Hillgruber, BeckOK GG Art. 70 Rn.15, Stand 15.11.2020) anhand der historischen Entwicklung und Entstehungsgeschichte als Bestandteil der Wohnraumbewirtschaftung auch nach der Föderalismusreform weiterhin zum Wohnungswesen in der Gesetzgebungskompetenz der Länder, Art. 70, 74 Abs. 1 Nr.18 GG, da der Verfassungsgeber eine ausgeformte Rechtsmaterie vorgefunden und tatbestandlich aufgegriffen hat. Dies war auch der Wille des Bundesverfassungsgebers, der eine abschließende Aufzählung in Art.74 Abs. 1 Nr.18 GG vorgenommen hat (Wortlaut und BT-Drs. 16/813, Begründung Besonderer Teil S. 13). Zweckentfremdung ist darüberhinaus bereits begrifflich nicht mit Mietpreisbindung gleichzusetzen.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.


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