Patent- und Markenrecht

25 W (pat) 36/19

Aktenzeichen  25 W (pat) 36/19

Datum:
7.9.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2021:070921B25Wpat36.19.0
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. September 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Dr. Nielsen und der Richterin k. A. Fehlhammer
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2017 und 30. April 2019 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Unionsmarke 013 689 435 zurückgewiesen worden ist, als er sich gegen die Waren „Bekleidung für Haustiere“ (Klasse 18), „Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; Waschlappen für die Körperpflege [ausgenommen für medizinische Zwecke]“ (Klasse 24) und „Babyausstattung [Bekleidungsstücke]; Bekleidungsstücke“ (Klasse 25) der angegriffenen Marke 30 2015 216 430 richtet.
2. Wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 013 689 435 wird die Löschung der Eintragung der Marke 30 2015 216 430 für die Waren „Bekleidung für Haustiere“ (Klasse 18), „Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; Waschlappen für die Körperpflege [ausgenommen für medizinische Zwecke]“ (Klasse 24) und „Babyausstattung [Bekleidungsstücke]; Bekleidungsstücke“ (Klasse 25) angeordnet.

Gründe

I.
1
Das am 14. August 2015 angemeldete Zeichen
2
ist am 14. Januar 2016 unter der Nummer 30 2015 216 430 als Wort-/Bildmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 11, 16, 18, 24, 25, 36, 42, 43 und 44 eingetragen worden.
3
Gegen die Eintragung der am 19. Februar 2016 veröffentlichten Marke hat die Widersprechende als Inhaberin der am 29. Januar 2015 angemeldeten und am 26. Mai 2015 eingetragenen Unionswortmarke 013 689 435
4
CAMAΪ
5
am 18. Mai 2016 Widerspruch erhoben. Der Widerspruch richtet sich gegen die nachfolgenden Waren der jüngeren Marke:
6
Klasse 18: Bekleidung für Haustiere;
7
Klasse 24: Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; Waschlappen für die Körperpflege [ausgenommen für medizinische Zwecke];
8
Klasse 25: Babyausstattung [Bekleidungsstücke]; Bekleidungsstücke.
9
Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die folgenden Waren:
10
Klasse 18: Leder und Lederimitationen; Häute und Felle; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Spazierstöcke; Kästen aus Leder oder aus Lederpappe; Hutschachteln aus Leder; Reise- und Handkoffer; Handtaschen; Rucksäcke, Einkaufstaschen, Strandtaschen, Schultaschen; Schultaschen; Taschen mit Rollen; Gepäckstücke; Gepäckbehältnisse, Kleidersäcke für die Reise; Gepäckstücke; Kartentaschen (Brieftaschen), Aktentaschen; (Dokumenten-)Koffer; Etuis (Schlüssel-) [Lederwaren]; Halter – Leder- und Lederimitationen; Häute und Felle; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Spazierstöcke; Kästen aus Leder oder aus Lederpappe; Hutschachteln aus Leder; Reise- und Handkoffer; Handtaschen; Rucksäcke, Einkaufstaschen, Strandtaschen, Schultaschen; Schultaschen; Taschen mit Rollen; Gepäckstücke; Gepäckbehältnisse, Kleidersäcke für die Reise; Gepäckstücke; Kartentaschen (Brieftaschen), Aktentaschen; (Dokumenten-)Koffer; Etuis (Schlüssel-) [Lederwaren]; Geldbörsen, nicht aus Edelmetall; Sonnenschirme, Regenschirme, Sonnenschirme, Kosmetikkoffer; Zügel (Zaumzeug); Kindertragtaschen; Gepäckbehältnisse, Kleidersäcke für die Reise; Hutschachteln aus Leder; Halsbänder und Bekleidungsstücke für Tiere;
11
Klasse 25: Bekleidungsstücke; Trikotkleidung; Unterwäsche; Pyjamas; Morgenmäntel; Pullover; Röcke; Kittel; Unterhosen; Jacken; Mäntel; Regenanzüge; Hemden; Krawatten; Halstücher; Schals, Schärpen; Schleier (Bekleidung); Schultertücher; Gürtel (Bekleidung); Gürtelgeldbörsen (Bekleidung); Handschuhe (Bekleidung); Strumpfhalter; Kopfbedeckungen, Hüte, Mützen; Stirnbänder (Bekleidungsstücke); Duschhauben; Schuhwaren; Socken, Strümpfe und Strumpfhosen; Schuhwaren (ausgenommen orthopädische Schuhe), Pantoffeln, Stiefel; Strandschuhe, Skischuhe; Sportschuhe; Badehosen und -anzüge; Badehauben, Badebekleidung; Sportbekleidung (ausgenommen Taucherbekleidung); Wasserskianzüge; Babywäsche; Lätzchen, nicht aus Papier; Faschings-, Karnevalskostüme.
12
Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 10. Mai 2017 und vom 30. April 2019, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1, 125b Nr. 1 MarkenG verneint und den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die jüngere Marke auch in Verbindung mit identischen Vergleichswaren den gebotenen Zeichenabstand einhalte. Die Widerspruchsmarke „CAMAΪ“ sei eine Fantasiebezeichnung, der in Bezug auf die einschlägigen Waren eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme. Die sich gegenüberstehenden Zeichen könnten sich im Verkehr auf identischen Waren der Klassen 18 und 25 begegnen. Hiervon ausgehend seien an den Zeichenabstand zwar strenge Anforderungen zu stellen. Diesen halte die angegriffene Marke jedoch ein. Dies gelte auch für den klanglichen Zeichenvergleich, bei dem davon auszugehen sei, dass der angesprochene Verkehr sich bei der jüngeren Wort-/Bildmarke allein an deren Wortbestandteil orientieren und diesen wie „ka – ma“ aussprechen werde. Bei der älteren Marke kämen zwei Aussprachevarianten in Betracht. Der angesprochene Verkehr werde das Fantasiewort „CAMAΪ“ teilweise sprachregelgerecht aussprechen, also dreisilbig wie „ka – ma – i“. Da das Tremazeichen in der deutschen Sprache nicht gebräuchlich sei, sei zudem davon auszugehen, dass ein ausreichend relevanter Teil des inländischen Verkehrs die beiden Vokale „a“ und „i“ klanglich zu einem Diphthong verschmelzen werde. Damit stünden sich die Vergleichszeichen wie „ka – ma“ und „ka – mai“ gegenüber. Insoweit wiesen sie zwar eine identische Anfangssilbe und eine identische Silbenzahl auf. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass die angegriffene Marke auf der ersten Silbe betont werde, die Widerspruchsmarke hingegen auf der zweiten Silbe. Der Doppellaut „ai“ der Widerspruchsmarke werde lang, der Vokal „a“ in der zweiten Silbe der angegriffenen Marke hingegen kurz und offen ausgesprochen. Hierdurch ergebe sich ein anderes Klanggefüge, das auch deswegen besser in Erinnerung bleibe, weil es sich bei den Vergleichszeichen um Kurzwörter handele. In schriftbildlicher Hinsicht unterscheide sich die jüngere Wort-/Bildmarke durch die Darstellung einer stilisierten Lotusblüte und die geschwungene Schrift des Wortbestandteils deutlich von der älteren Wortmarke. Da es sich bei beiden Vergleichszeichen um Fantasiebezeichnungen handele, sei eine begriffliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.
13
Hiergegen richtet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle zwar zutreffend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie identischen bzw. hochgradig ähnlichen Vergleichswaren ausgegangen sei, so dass an den Zeichenabstand hohe Anforderungen zu stellen seien. Diesen Anforderungen werde die jüngere Marke jedoch in klanglicher Hinsicht nicht mehr gerecht. Insoweit sei vielmehr von einer hochgradigen klanglichen Zeichenähnlichkeit auszugehen. Im Hinblick auf die jüngere Marke habe die Markenstelle zutreffend festgestellt, dass deren Wortbestandteil als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zukomme. Weiterhin seien beim klanglichen Zeichenvergleich alle im Bereich des Wahrscheinlichen liegenden Möglichkeiten der Aussprache zu beachten. Vorliegend sei für die Widerspruchsmarke jedoch nur eine Aussprachevariante relevant, da der inländische Durchschnittsverbraucher die Bedeutung des Tremazeichens nicht kenne. Der Verkehr werde die ältere Marke daher nicht sprachregelgerecht aussprechen und ihren Endlaut aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Diphthong umwandeln. Hiervon ausgehend seien die Vergleichszeichen in klanglicher Hinsicht kaum voneinander zu unterscheiden. Der Vokal „a“ der zweiten Silbe der jüngeren Marke sei mit dem Diphthong „ai“ der zweiten Silbe der älteren Marke klanglich verwandt, da dort der Vokal „i“ nur kurz anklinge. Weiterhin stimmten die Vergleichszeichen im Hinblick auf das jeweilige Konsonantengerüst, die Silbenzahl und den Sprechrhythmus überein. Diese klanglichen Übereinstimmungen würden die geringfügigen klanglichen Unterschiede deutlich überwiegen. Im Übrigen könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei Kurzwörtern grundsätzlich jeder geringfügige klangliche Unterschied ausreiche, um einen ausreichenden Zeichenabstand herzustellen.
14
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
15
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2017 und vom 30. April 2019 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Unionsmarke 013 689 435 die Löschung der Eintragung der Marke 30 2015 216 430 für die Waren der Klasse 18 „Bekleidung für Haustiere“, der Klasse 24 „Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; Waschlappen für die Körperpflege [ausgenommen für medizinische Zwecke]“ und der Klasse 25 „Babyausstattung [Bekleidungsstücke]; Bekleidungsstücke“ anzuordnen.
16
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert und keinen Sachantrag gestellt.
17
Auf den schriftlichen Hinweis des Senats vom 26. April 2021 hat die Beschwerdeführerin ihren weiteren, ursprünglich gleichfalls beschwerdegegenständlichen Widerspruch aus der IR Marke 1 105 868 zurückgenommen.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angegriffenen Beschlüsse, die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 26. April 2021 und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
19
Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg.
20
Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und identischen bzw. hochgradig ähnlichen Vergleichswaren sind an den Zeichenabstand strenge Anforderungen zu stellen, denen die jüngere Marke zumindest in klanglicher Hinsicht nicht mehr gerecht wird. Insofern ist die Verwechslungsgefahr gemäß §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG im beantragten Umfang zu bejahen und (unter diesbezüglicher Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36) die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke im tenorierten Umfang gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG anzuordnen.
21
1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; GRUR 2019, 173 – Combit/Commit). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 13. Auflage, § 9 Rn. 43 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich sein, wie u. a. etwa die Art der Waren oder der Dienstleistungen, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.
22
a) Der Widerspruchsmarke kommt eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Sie wird von den angesprochenen Verkehrskreisen der Durchschnittsverbraucher und Fachleute im einschlägigen Warenzusammenhang als Fantasiewort ohne sachbeschreibenden Sinngehalt verstanden. Hinweise für eine Steigerung der originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft durch eine intensive Benutzung sind weder vorgetragen worden, noch sonst ersichtlich.
23
b) Nachdem Benutzungsfragen nicht aufgeworfen worden sind, ist für die Frage der Warenidentität bzw. -ähnlichkeit von der maßgeblichen Registerlage auszugehen.
24
Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Umstände so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. EuGH GRUR Int. 2009, 397 Rn. 65 – P Les Éditions Albert René Sàrl/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH MarkenR 2016, Gerichtlicher Hinweis Rn. 21 – BioGourmet; GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2004, 601 – d-c-fix/CD-FIX; GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN).
25
Die Waren „Bekleidung für Haustiere“ in Klasse 18 sowie „Babyausstattung [Bekleidungsstücke]; Bekleidungsstücke“ in Klasse 25 der jüngeren Marke einerseits und „Bekleidungsstücke für Tiere“ in Klasse 18 sowie „Bekleidungsstücke“ in Klasse 25 der älteren Marke andererseits sind identisch.
26
Die von der angegriffenen Marke in Klasse 24 beanspruchten Waren
27
„Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; Waschlappen für die Körperpflege [ausgenommen für medizinische Zwecke]“
28
und die Waren in Klasse 25 der Widerspruchsmarke
29
„Morgenmäntel; Badebekleidung“
30
sind zumindest hochgradig ähnlich. „Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]“, worunter beispielsweise Hand- oder Badetücher, aber auch „Waschlappen für die Körperpflege [ausgenommen für medizinische Zwecke]“ fallen, werden häufig aus Frottee hergestellt. Dieser wird regelmäßig auch zur Herstellung von Morgenmänteln verwendet. Die Begriffe „Morgenmantel“ und „Bademantel“ werden im aktuellen Sprachgebrauch weitgehend synonym gebraucht, auch wenn der „Morgenmantel“ ursprünglich nicht zur Verwendung beim Baden oder Saunieren bestimmt war. Aus diesem Grund stammen die Waren „Badetücher“ und „Waschlappen“ auf der einen Seite und „Bademäntel“ auf der anderen Seite häufig aus denselben Herstellungsbetrieben.
31
c) Die Vergleichszeichen sind in klanglicher Hinsicht hochgradig ähnlich.
32
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die von ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. z. B. BGH GRUR 2018, 79 Rn. 37 – Oxford/Oxford Club). Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so z. B. BGH in GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.). Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente.
33
Ausgehend von dem anerkannten Erfahrungssatz, dass der Verkehr bei Wort-/Bildmarken vor allem dem Wortbestandteil als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (vgl. BGH GRUR 2006, 60 Rn. 20 – coccodrillo; GRUR 2014, 378 Rn. 30 – OTTO CAP), wird die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht von ihrem Wortelement „CaMa“ dominiert.
34
Soweit das Widerspruchszeichen mehrere Aussprachemöglichkeiten eröffnet, sind nach ständiger Rechtsprechung beim klanglichen Zeichenvergleich grundsätzlich alle naheliegenden Aussprachevarianten zu berücksichtigen. Da der Gebrauch des Tremazeichens ausweislich der Rechtschreibregeln der deutschen Sprache schon seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr empfohlen wird, ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil des inländischen Verkehrs die Bedeutung dieses Zeichens nicht oder nicht ausreichend genau kennt. Hinsichtlich der Frage, wie das Widerspruchszeichen auszusprechen ist, besteht daher eine gewisse Unsicherheit, so dass ein ausreichend relevanter Teil des inländischen Verkehrs auch eine von den Sprachregeln deutlich abweichende Aussprachevariante in Erwägung ziehen wird. Insofern kann die Widerspruchsmarke nicht nur wie „ka – ma – i“, sondern – sprachregelwidrig, aber hinreichend wahrscheinlich – auch wie „ka – mai“ wiedergegeben werden. In letztgenanntem Fall stehen sich die Lautfolgen
35
„ka – ma“ und „ka – mai“
36
gegenüber. Ihre Anfangssilben, ihre Silbenzahl und ihr Konsonantengerüst stimmen vollständig überein. Die geringfügige klangliche Abweichung im Schlussvokal kann demgegenüber keinen hinreichenden Zeichenunterschied herstellen, zumal Wortanfänge stärker beachtet werden, so dass Unterschiede in den Endungen von Markenwörtern meist weniger in der Erinnerung bleiben und deshalb selten Verwechslungen verhindern (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 9 Rn. 284).
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Da sich die beiderseitigen Marken in klanglicher Hinsicht am nächsten kommen, kann die Frage der schriftbildlichen und begrifflichen Zeichenähnlichkeit im Ergebnis als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
38
d) Unter Berücksichtigung der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der hochgradigen Ähnlichkeit der zu vergleichenden Zeichen ist davon auszugehen, dass es in rechtserheblichem Umfang zu Verwechslungen in den einschlägigen Verkehrskreisen kommen wird.
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2. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG).
40
3. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Widersprechende hat ihren zunächst hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach dem Hinweis des Senats zu den Erfolgsaussichten der Beschwerde mit Schriftsatz vom 27. Mai 2021 zurückgenommen (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt und der Senat hat eine solche auch nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 MarkenG).


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