Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “Brottruck” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  25 W (pat) 533/19

Datum:
30.6.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:300620B25Wpat533.19.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
25. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 109 259.4
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 30. Juni 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
Brottruck
3
ist am 21. August 2018 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 5:
5
Diätische Backwaren und Konditorwaren für medizinische Zwecke, auch für Kinder und Kranke; diätische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Vitamin- und/oder Mineralstoffpräparate und/oder Pflanzenextrakte; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen, Proteinen;
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Klasse 12:
7
Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Buffetwagen; Imbisswagen;
8
Klasse 30:
9
Backwaren; Brot, Brezel, Konditorwaren, belegte Backwaren, insbesondere belegte Baguettes, im Wesentlichen bestehend aus Getreidepräparaten unter Zusatz von Fett, Hefe, Zucker, Salz, Senf, konserviertem getrocknetem, gekochtem, frischem Obst und Gemüse, Fleisch, Fleischprodukten, Wurstwaren, Fisch, Wild, Saucen, Gewürzen, Bindemitteln, Ölsaaten, Nüssen und Nussprodukten, Rührmassen, Sandmassen, Eiern, Eierprodukten, Milch, Milchprodukten, kakaohaltigen Produkten, Schokolade, Kaffee, Fruchtzubereitungen, Konfitüren, Honig, Melassesirup, Emulgatoren, Backtriebmitteln, Sauerteigen, Vorteigen, Maltodextrin, Wasser, Stärke, Stärkeprodukten; Kakao-, Schokolade-, Kaffeegetränke, Getränke auf der Basis von Tee;
10
Klasse 31:
11
Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel, Malz;
12
Klasse 35:
13
Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, nämlich für den Betrieb einer Bäckerei; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in den Bereichen: Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse; Dienstleistungen des Einzel- und Großhandels über das Internet in den Bereichen: Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse; Werbung mittels digitaler Medieninhalte in Informationssystemen; Werbung in Geschäften; Produktion von Werbefilmen;
14
Klasse 43:
15
Verpflegung von Gästen mit Speisen und Getränken; Verpflegung von Gästen in Feinkostrestaurants; Catering; Cateringdienstleistungen; Hotelcatering; Durchführung von Cateringdienstleistungen für Geburtstagsfeiern; Kaffeelieferdienst für Büros [Verpflegung mit Getränken]; Lieferdienste von Speisen für den sofortigen Verzehr; Mobiles Catering; Outdoor-Catering; Take-away-Schnellimbiss-Dienstleistungen;
16
Klasse 45:
17
Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Vergabe von Lizenzen für Franchising-Konzepte; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten.
18
Mit Beschluss vom 5. Februar 2019 hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts die unter der Nummer 30 2018 109 259.4 geführte Anmeldung teilweise, nämlich in Bezug auf die folgenden angemeldeten Waren und Dienstleistungen
19
Klasse 12:
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Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande; Buffetwagen; Imbisswagen;
21
Klasse 35:
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Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in den Bereichen: Lebensmittel und Getränke;
23
Klasse 43
24
Verpflegung von Gästen mit Speisen und Getränken; Catering; Cateringdienstleistungen; Durchführung von Cateringdienstleistungen für Geburtstagsfeiern; Kaffeelieferdienst für Büros [Verpflegung mit Getränken]; Lieferdienste von Speisen für den sofortigen Verzehr; Mobiles Catering; Outdoor-Catering; Take-away-Schnellimbiss-Dienstleistungen
25
wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angesprochenen allgemeinen Endverbraucherkreise würden der angemeldeten Bezeichnung insoweit nur den unmittelbar beschreibenden Hinweis entnehmen, dass es sich um einen Verkaufsort oder Verkaufswagen zum Ausliefern und Feilbieten von Brot oder darauf basierten Erzeugnissen handele und der angemeldeten Bezeichnung damit aber keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen entnehmen.
26
Das angemeldete Zeichenwort „Brottruck“ sei zusammengesetzt aus dem Wort „Brot“, der Bezeichnung für eine zu den Grundnahrungsmitteln gehörenden Backware mit einem Gewicht von über 250 g und dem englischen Wort „truck“ für „Lastwagen; Laster“. Das Wort „truck“ sei Teil des englischen Grundwortschatzes und zudem bereits in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Die Wortzusammensetzung bezeichne einen Wagen zum Ausliefern und Feilbieten von Brot und von Erzeugnissen, die darauf basierten. Ein derartiges Fahrzeug könne auch zur Erbringung der beanspruchten und zurückgewiesenen Dienstleistungen genutzt werden. Aufgrund des sich aufdrängenden sachbezogenen Begriffsgehalts sei unerheblich, ob die angemeldete Wortkombination bereits verwendet werde oder ob es sich um eine auf den Anmelder zurückzuführende und nur von ihm selbst verwendete Wortneuschöpfung handele. Anders als der Anmelder meint, würden entsprechende Wagen als Erbringungs- und Verkaufsstätte der Waren und Dienstleistungen bereits existieren. Auch könne die von dem Anmelder behauptete anderslautende Praxis des DPMA zur Eintragung entsprechender Wortzusammensetzungen nicht zu einer Ausräumung der Schutzhindernisse führen, da eine Indiz- oder Bindungswirkung diesbezüglicher früherer Eintragungen nicht bestehe und zudem die vom Anmelder angeführten Voreintragungen angesichts gänzlich anderer Markenformen oder Waren und Dienstleistungen bereits nicht vergleichbar seien.
27
Gegen die teilweise Zurückweisung der Anmeldung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Zur Begründung führt er aus, er sei der Gründer der sogenannten „Brotpuristen“ und würde echte und ursprüngliche Brote unter anderem mittels eines Brottrucks anbieten. Ein unmittelbar beschreibendes Verständnis sei der angemeldeten Bezeichnung im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht zu entnehmen. Es sei nicht klar, worin für die beschreibende Eigenschaft der Waren und Dienstleistungen bestehe. Insoweit werde vor allem auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts zu „BIOTRUCK 2000“ verwiesen. Ebenso wenig wie die Bezeichnung „Biotruck“ sei die Angabe „Brottruck“ ein technischer Fachbegriff für die Waren der Klassen 12, 35 und 43. Die Bezeichnung vermittle keine präzise Vorstellung von der Beschaffenheit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen und sei zudem lexikalisch nicht nachweisbar. Es stelle eine Seltenheit dar, dass echte und ursprüngliche Brote (und nicht andere Backwaren) in einem Verkaufsmobil angeboten würden. Gleichzeitig sei auf zahlreiche frühere Eintragungsentscheidungen zu verweisen, beispielsweise auf SOUP TRUCK, ERGOTRUCK, SUNTRUCK, POWER TRUCK, TRUCKFIT, TRUCK TEAM, Trucksack, SELECTTRUCKS, SELFTRUCK, TRUCDRIVE, TRUCKSTORE, EASYTRUCK, UNITRUCK, EUROTRUCK, die für die Waren in der Klasse 12 eingetragen seien und auf Goodman´s Burger Truck, THE YEAH TRUCK, THE YEAHTASTIC TRUCK, EURO-TRUCK und Taste Truck, die für die Dienstleistungen der Klasse 43 eingetragen seien. Der Beschwerdeführer meint unter Berufung auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts „Schwabenpost“, die Ablehnung einer Markenanmeldung sei genau zu begründen und dabei seien frühere Eintragungsentscheidungen zu ähnlichen Anmeldungen zu berücksichtigen, wobei zwar keine Bindung an Vorentscheidungen bestehe, aber eine Prüfung zu erfolgen habe, ob im gleichen Sinn zu entscheiden sei und die entsprechenden Überlegungen für den Anmelder erkennbar sein müssten. Die Ausführungen der Markenstelle aber würden keine ausreichende Überprüfung und Auseinandersetzung mit vergleichbaren Voreintragungen erkennen lassen.
28
Der Anmelder und Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
29
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 5. Februar 2019 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
30
Der Anmelder hat seinen ursprünglich gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach Übersendung der Ladung mit ausführlichem Ladungszusatz mit Telefax vom 3. Juni 2020 zurückgenommen.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, den Ladungszusatz des Senats vom 19. Mai 2020 nebst Anlagen, die Schriftsätze des Anmelders und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
32
Die nach § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „Brottruck“ als Marke steht im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 35 und 43 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Marke daher zu Recht zum Teil die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 5 und Abs. 1 MarkenG).
33
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. BGH, GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rn. 10 – TOOOR!; GRUR 2010, 825 Rn. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi Langstrumpf). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des zugrundeliegenden Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH, GRUR 2003, 604 Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2014, 565 Rn. 17 – Smartbook). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen (vgl. EuGH, GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rn. 24 – SAT 2; GRUR 2004, 428 Rn. 30 f. – Henkel; BGH, GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006) zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens an (vgl. BGH, GRUR 2013, 1143, 1144 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten; GRUR 2014, 872 Rn. 10 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 482 Rn. 22 – test; EuGH MarkenR 2010, 439 Rn. 41 – 57 – Flugbörse).
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Hiervon ausgehend besitzen Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft, denen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 – TOOOR!).
35
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Bezeichnung für die beschwerdegegenständlichen und zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 12, 35 und 43 jegliche Unterscheidungskraft.
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Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich um die aus dem deutschen Wort „Brot“ und dem ursprünglich englischen und mittlerweile in die deutsche Sprache übernommenen Wort „Truck“ für Lastkraftwagen zusammengefügte Wortkombination „Brottruck“. In der Gesamtheit kommt der Kombination die Bedeutung von „Brot-Truck“ oder „Brot-Lastwagen“ zu und damit der Sinngehalt eines Verkaufswagens und Verkaufsortes für Brot oder Brotwaren. Ein derartiges problemloses Verständnis der angesprochenen Endverbraucher liegt deswegen ausgesprochen nahe, weil in Deutschland bereits seit mindestens 10 Jahren und damit lange vor dem Anmeldezeitpunkt (21. August 2018) die sogenannten „(Street) Food Trucks“ die Gastronomie um eine mobile Essensalternative erweitert haben. Dabei handelt es sich um mobile Küchen, sozusagen ein Restaurant auf Rädern, in dem Gerichte, Snacks oder Getränke zubereitet und verkauft werden. Die Wurzeln der Food Trucks gehen zwar zurück auf den Straßenverkauf, mittlerweile können die rollenden Küchen jedoch für das Catering von Events, für Firmenfeiern, Hochzeiten oder auch für zu Hause gebucht werden. Dabei werden kulinarische Köstlichkeiten und Getränke von einer fahrenden Küche aus an dem gewählten Ort angeboten. Die meisten „Food Trucks“ haben ein bestimmtes kreatives Motto und spezialisieren sich auf bestimmte Gerichte oder Mahlzeiten oder verschiedene landestypische Spezialitäten, die sich durch raffinierten und verfeinerten Geschmack auszeichnen und die ansprechend präsentiert werden (vgl. auch die als Anlage 1 mit der Ladung vom 19. Mai 2020 dem Anmelder übersandten Rechercheunterlagen). So gibt es beispielsweise „Flammkuchen Trucks“, „Brezen Trucks“, „Kartoffel Foodtrucks“, „Burger Trucks“ (siehe hierzu die als Anlage 2 dem Anmelder übersandten Rechercheunterlagen).
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Vor diesem Hintergrund bezeichnet das angemeldete Zeichen im Zusammenhang mit „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande; Buffetwagen; Imbisswagen“ in der Klasse 12, dass es sich um ein Fahrzeug oder einen Truck handelt, der sich durch seine besondere (sehr individuelle) Ausstattung (Geräte wie Gasbräter oder Brotbackofen, Fritteuse, Kühlschrank, Mobiliar) als Herstellungs- und Verkaufsstätte im Sinn eines Food Truck für (besondere) Brote oder Brotwaren auch im Sinne einer brotbasierten Imbissverpflegung eignet. Insoweit handelt es sich um eine unmittelbar beschreibende Angabe der Art, Bestimmung und Beschaffenheit der Waren.
38
Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35 „Einzel- und Großhandelsdienstleistungen in den Bereichen: Lebensmittel und Getränke“ weist die Bezeichnung „Brottruck“ in naheliegender und verständlicher Art und Weise auf einen Food Truck und damit einen Ort hin, in dem die mit Brotspezialitäten zusammenhängenden oder darauf spezialisierten Dienstleistungen angeboten und erbracht werden können. Entsprechendes gilt im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der Klasse 43 der „Verpflegung von Gästen mit Speisen und Getränken; Catering; Cateringdienstleistungen; Durchführung von Cateringdienstleistungen für Geburtstagsfeiern; Kaffeelieferdienst für Büros [Verpflegung mit Getränken]; Lieferdienste von Speisen für den sofortigen Verzehr; Mobiles Catering; Outdoor-Catering; Take-away-Schnellimbiss-Dienstleistungen“. Insoweit handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine übliche Bezeichnung der Angebots- und Verkaufsstätte für die Verpflegung, das Catering mit Brot, speziellen Brotspezialitäten und Brotbasiertem Imbiss. Daher werden die angesprochenen Endverbraucherkreise der Bezeichnung aber gerade nicht einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der mit „Brottruck“ gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen entnehmen, sondern ausschließlich die allgemeine Sachinformation einer mobilen Angebotsstätte und Verkaufsstätte insbesondere für Brot und Brotwaren.
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Soweit der Anmelder darauf hinweist, dass die Bezeichnung lexikalisch nicht nachweisbar sei, ist dies kein Gesichtspunkt, der für sich genommen für eine Schutzfähigkeit sprechen könnte. In der deutschen Sprache können insbesondere Hauptwörter beinahe in unbegrenzter Zahl sinnhaft kombiniert werden (sog. zusammengesetzte Hauptwörter oder Komposita), ohne dass diese auch nur ansatzweise oder gar vollständig lexikalisch erfasst werden könnten. Soweit der Anmelder meint, dass der angemeldeten Bezeichnung kein klarer Begriffsinhalt zukomme, kann dem offensichtlich nicht gefolgt werden. Die Bedeutung einer noch nicht gebräuchlichen Wortkombination erschließt sich den angesprochenen Verbrauchern problemlos, wenn bereits ähnliche Bezeichnungen zum Anmeldezeitpunkt üblich sind und es sich zudem um absolut sprachübliche und inhaltlich verständliche Wortkombinationen handelt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass stets auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers, der von den angemeldeten Waren und Dienstleistungen angesprochen wird, als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 29 – Chiemsee), wobei deren Verständnisfähigkeit nicht zu gering veranschlagt werden darf. Vor dem Hintergrund, dass bereits zahlreiche Wortkombinationen mit dem Begriff „Truck“ zur Bezeichnung von „Food Trucks“ als Angebots- und Verkaufsstätten existieren und die dem Anmelder zugeleitete Recherche auch zeigt, dass Wortzusammensetzungen mit „Truck“ und einer Voranstellung der (Haupt)Spezialität des „Food Trucks“ gebräuchlich sind, ist die Annahme des Anmelders wenig nachvollziehbar.
40
Der Hinweis auf vermeintlich vergleichbare (Vor-)Eintragungen, so beispielweise der Eintragung von „BIOTRUCK“ rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insoweit ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 – BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 – Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 – Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des BPatG (vgl. z.B. GRUR 2009, 1175 – Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 – VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 8 Rn. 72 ff mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des DPMA und erst recht keine irgendwie geartete Bindung für das Gericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen.
41
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein Eingehen auf rechtliche Feststellungen zu anderen als der konkret angemeldeten Marke weder geboten noch zulässig sind (vgl. insbesondere EuGH GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online u. ZVS und insoweit BPatG „Schwabenpost“ GRUR 2008, 164 – Schwabenpost II und GRUR 2009, 683 – SCHWABENPOST durch Rn. 13 ff. überholt). Schließlich ist im Zusammenhang mit bloßen Voreintragungen darauf hinzuweisen, dass insoweit eine inhaltlich-argumentative Auseinandersetzung nicht möglich ist, weil die Eintragungen bzw. Eintragungsentscheidungen regelmäßig nicht begründet werden.
42
Im vorliegenden Fall drängt sich der ausschließlich sachbezogene Sinngehalt bzw. der enge sachliche Zusammenhang der angemeldeten Wortkombination mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einem solchen Maß auf, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft noch nicht einmal von einem Grenzfall ausgegangen werden kann. Die von der Markenstelle bei der Entscheidung vorgenommene Differenzierung zwischen den angemeldeten Waren und Dienstleistungen ist nach Auffassung des Senats zwar in Teilen der Entscheidung nicht geglückt. Dies führt aber letztlich zu keiner anderen Entscheidung in Bezug auf die Beschwerde, weil dies Waren und Dienstleistungen betrifft, die von der Markenstelle nicht zurückgewiesen worden sind. Da diese Produkte nicht beschwerdegegenständlich sind, erübrigen sich insoweit weitere Ausführungen.
43
2. Inwieweit der angemeldeten Bezeichnung jedenfalls im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als unmittelbar beschreibende Sachaussage auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben.


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