Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “F.C. von BAYERN MÜNCHEN GbR (Wort-Bild-Marke)” – zur zulässigen Einlegung der Beschwerde – Einzahlung der Beschwerdegebühr reicht auch unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks nicht zur wirksamen Beschwerdeeinlegung aus – kein Wiedereinsetzungsantrag – keine Wiedereinsetzung von Amts wegen – keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr

Aktenzeichen  27 W (pat) 123/16

Datum:
27.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 66 Abs 1 MarkenG
§ 66 Abs 2 MarkenG
§ 70 Abs 1 MarkenG
§ 71 Abs 3 MarkenG
§ 91 Abs 1 MarkenG
§ 91 Abs 2 MarkenG
§ 91 Abs 4 MarkenG
Spruchkörper:
27. Senat

Verfahrensgang

nachgehend BGH, 30. August 2017, Az: I ZA 5/17, Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 053 778.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am27. März 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold sowie die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.
1
Am 18. September 2015 ist das Zeichen
2
für diverse Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 41 und 42 zur Eintragung als Wort-/Bildmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden:
3
Das DPMA, Markenstelle für Klasse 41, hat die Anmeldung mit Beschluss vom 18. April 2016 wegen böswilliger Markenanmeldung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Beschluss wurde als Übergabeeinschreiben am 19. April 2016 an die Anmelderin versandt.
4
Am 26. April 2016 hat die Anmelderin unter Angabe des Verwendungszwecks „WORT-BILDMARKE 30 2015 053 778.0 / 41 – F.C. VON BAYERN MUENCHEN“ … Euro an das DPMA überwiesen. Ein Beschwerdeschriftsatz ist nicht zu den Akten gelangt. Nachforschungen des DPMA innerhalb des Hauses sind erfolglos geblieben.
5
Das DPMA hat sodann festgestellt, dass eine Beschwerde eingelegt worden sei und dass die Akte dem Bundespatentgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt werde.
6
Die Anmelderin wurde mit Schriftsatz vom 14. November 2016 von Seiten des Gerichts durch den zuständigen Rechtspfleger darauf hingewiesen, dass ein Beschwerdeschriftsatz bislang nicht zu den Akten gelangt sei. Daher werde um Mitteilung gebeten, ob die Anmelderin die Gebühr nur vorsorglich gezahlt habe und dann von einer Beschwerde abgesehen habe. In diesem Falle würde der Betrag zurückerstattet werden.
7
Die Anmelderin erklärte unter Bezugnahme hierauf mit Schreiben vom 18. November 2016, beim Bundespatentgericht eingegangen am 21. November 2016, dass sie „den Schriftsatz (Beschwerde) aufrecht“ erhalte und dass sie bitte, das Versehen zu entschuldigen. Die … Euro sollten deshalbnicht zurückerstattet werden.
8
Von Seiten des Rechtspflegers erfolgte ein weiterer Hinweis vom 23. November 2016, dass kein Schriftsatz vorliege, den man aufrechterhalten könne.
9
Sodann wurde die Anmelderin von der damaligen Berichterstatterin mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 darauf hingewiesen, dass die am 21. November 2016 eingegangene Erklärung, „den Schriftsatz (Beschwerde)“ aufrechtzuerhalten, keine ordnungsgemäße Beschwerdeeinlegung darstelle, da dem Gericht nach wie vor kein innerhalb der Beschwerdefrist eingegangener Schriftsatz vorliege, auf den Bezug genommen werden könne. In diesem Schreiben wird weiter ausgeführt, dass die Einzahlung der Beschwerdegebühr für eine ordnungsgemäße Beschwerdeeinlegung nicht ausreiche, und dass nach derzeitiger Sachlage de Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen sein werde. Hierauf antwortete die Anmelderin mit einem Befangenheitsantrag vom 23. Dezember 2016 gegen „die Berichterstatterin“. In diesem Antragsschreiben führt sie aus, dass sich „bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände … ohne weiteres eine Beschwerde rechtfertigen“ lasse.
10
Hierauf wurde der Anmelderin mit gerichtlichem Schreiben vom 3. Februar 2017 mitgeteilt, dass die abgelehnte Berichterstatterin aufgrund des Präsidiumsbeschlusses vom 30. Januar 2017 den Senat verlassen habe, so dass eine Entscheidung über das Ablehnungsgesuch entbehrlich sei.
11
Eine weitere Stellungnahme von Seiten der Anmelderin erfolgte nicht.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
13
Die Beschwerde war gem. § 70 Abs. 1 MarkenG durch Beschluss als unzulässig zu verwerfen, da es an einer wirksamen Beschwerdeeinlegung innerhalb der Beschwerdefrist gem. § 66 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG fehlt. Der Beschluss konnte gem. § 70 Abs. 2 MarkenG ohne mündliche Verhandlung ergehen.
14
1. Gegen Beschlüsse der Markenstellen und der Markenabteilungen findet gem. § 66 Abs. 1 S. 1 MarkenG die Beschwerde ans Bundespatentgericht statt. Diese ist gem. § 66 Abs. 2 MarkenG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim DPMA schriftlich einzulegen.
15
Besondere Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift sieht das MarkenG nicht vor. Aus der Erklärung muss lediglich hervorgehen, dass eine Überprüfung, Aufhebung oder Abänderung einer ergangenen Entscheidung des DPMA begehrt wird, die ausdrückliche Bezeichnung als Beschwerde, ein konkreter Antrag oder eine Begründung sind nicht erforderlich; jedoch muss der Beschluss, gegen den sich die Beschwerde richtet, ausreichend klar bezeichnet sei, zudem muss die Erklärung die Person des Beschwerdeführers eindeutig erkennen lassen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage 2010, § 66 Rn. 36 f.; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 66 Rn. 40).
16
2. In der Einzahlung der Gebühr i. H. v. … Euro am 26. April 2016 ist keinewirksame Beschwerdeeinlegung durch die Anmelderin zu sehen.
17
Zwar entspricht die Zahlung der Höhe nach der Beschwerdegebühr und erfolgte innerhalb der Beschwerdefrist. Der Zahlung als solcher kann jedoch nicht eine ausreichend deutliche Erklärung dahingehend entnommen werden, dass der Beschluss des DPMA vom 18. April 2016 mittels einer Beschwerde angegriffen werden soll.
18
Die Berücksichtigung des von der Anmelderin bei der Überweisung angegebenen Verwendungszwecks führt nicht zu einer anderen Bewertung. Aus dem beim DPMA geführten Kontoauszug ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin als Verwendungszweck „WORT-BILDMARKE 30 2015 053 778.0 / 41 – F.C. VON BAYERN MUENCHEN“ angegeben hat. Auch unter Heranziehung dieser Angabe des Verwendungszwecks kann in der Überweisung eine Beschwerdeerklärung nicht gesehen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Anmelderin als Verwendungszweck das Stichwort „Beschwerde“ genannt hätte (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 66 Rn. 38; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 66 Rn. 40). Denn auch in einem solchen Fall handelt es sich lediglich um die nähere Bestimmung des Zwecks der geleisteten Zahlung und nicht um eine weitergehende Erklärung, durch diese Handlung einen bestimmten Beschluss im Wege der Beschwerde angreifen zu wollen; denn es könnte sich auch um eine rein vorsorgliche Einzahlung der Beschwerdegebühr handeln (BGH GRUR 1966, 50 – Hinterachse; BPatG, Beschluss vom 05.11.1964, Az. 18 W 295/61; s. auch BPatG, Beschluss vom 27.06.1963, Az. 17 W 3/63: Der Vermerk „Beschwerdegebühr“ auf dem rechtzeitig eingegangenen Überweisungsabschnitt reicht zur Wahrung der Schriftform nicht aus).
19
3. Soweit in späteren Schreiben der Anmelderin eine Beschwerde gesehen werden kann, wurde durch diese die Beschwerdefrist von einem Monat ab Zustellung des Beschlusses des DPMA gem. § 66 Abs. 2 MarkenG nicht eingehalten.
20
Zwar kann dem Schreiben der Anmelderin vom 18. November 2016 mit der Erklärung, „den Schriftsatz (Beschwerde) aufrecht“ zu erhalten möglicherweise eine Beschwerdeerklärung jedenfalls für den Fall, dass das Gericht nicht bereits von einer zuvor erfolgten Beschwerdeeinreichung ausgehe, entnommen werden. Die Anmelderin vertritt diese Ansicht, wenn sie mit Schreiben vom 23. Dezember 2016 ausführt, dass sich „bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände … ohne weiteres eine Beschwerde rechtfertigen“ lasse.
21
Selbst wenn der Senat seiner Entscheidung zu Gunsten der Anmelderin eine Beschwerdeerklärung vom 18. November 2016 zu Grunde legt, so fehlt es jedoch mangels Einhaltung der Beschwerdefrist von einem Monat an der Zulässigkeit dieser Beschwerde. Der Beschluss des DPMA vom 18. April 2016 gilt gem. § 94 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 2 VwZG am dritten Tag nach der Aufgabe des Übergabeeinschreibens zur Post am 19. April 2016, somit am 22. April 2016, als zugestellt. Eine im November 2016 eingegangene Beschwerde war daher in jedem Fall verfristet.
22
4. Eine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist kommt nicht in Betracht.
23
Ein Antrag auf Wiedereinsetzung gem. § 91 Abs. 1 MarkenG wurde nicht gestellt. Selbst wenn man den weiteren Erklärungen der Beschwerdeführerin einen Wiedereinsetzungsantrag entnehmen wollte, so ist – unabhängig von der Frage der Einhaltung der zweimonatigen Antragsfrist gem. § 91 Abs. 2 MarkenG – ein Wiedereinsetzungsgrund nicht ersichtlich.
24
Auch für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gem. § 91 Abs. 4 MarkenG ist ein Grund nicht ersichtlich, zudem fehlt es an der Nachholung der versäumten Handlung innerhalb der vorgenannten Antragsfrist.
25
5. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr gem. § 71 Abs. 3 MarkenG ist nicht veranlasst. Vielmehr bleibt es bei dem Grundsatz, dass eine rechtswirksam erhobenen Beschwerde unabhängig vom Verfahrensausgang gebührenpflichtig ist (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 42, 43).


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