Patent- und Markenrecht

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung

Aktenzeichen  3 Ni 23/15 (EP)

Datum:
4.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
Spruchkörper:
3. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 2 046 332
DE 50 2007 005 972
hat der 3. Nichtigkeitssenat des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2017 durch den Vorsitzenden Richter Schramm, den Richter Kätker, die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg, den Richter Dipl.-Chem. Dr. Jäger und die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 2 046 332 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 20. Juli 2007 beim Europäischen Patentamt als internationale Patentanmeldung PCT/EP2007/006491 in deutscher Sprache angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten Patents 2 046 332 (Streitpatent), das die Priorität der deutschen Anmeldung 10 2006 033 837 vom 21. Juli 2006 in Anspruch nimmt und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 50 2007 005 972 geführt wird. Das Streitpatent, das in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit vier Hilfsanträgen verteidigt wird, trägt die Bezeichnung „Konzentrierte Methotrexat-Lösungen“ und umfasst 28 Patentansprüche, deren nebengeordnete Patentansprüche 1 und 15 wie folgt lauten:
2
“1. Verwendung von Methotrexat zur Herstellung eines subkutan zu verabreichenden Medikaments zur Behandlung von entzündlichen Autoimmunerkrankungen, wobei das Methotrexat in einer Konzentration von etwa 50 mg/ml in einem pharmazeutisch verträglichen Lösungsmittel vorliegt.
3
15. Methotrexat zur Verwendung in der Behandlung von entzündlichen Autoimmunerkrankungen, wobei das Methotrexat subkutan zu verabreichen ist und das Methotrexat in einer Konzentration von etwa 50 mg/ml in einem pharmazeutisch verträglichen Lösungsmittel vorliegt.”
4
Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 und 15 rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 2 046 332 B1 verwiesen.
5
Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen u.a. auf folgende Dokumente:
6
NiK1 EP 2 046 332 B1 (= Streitpatent)
7
NiK2 WO 2008/009476 A2
8
NiK6 Jansen, M. M. P. M., et al., “Methothrexaat buiten de kliniek”, Pharmaceutisch Weekblad, 1999, 134, S. 1592 bis 1596
9
NiK6b Englische Übersetzung der NiK6
10
NiK7 Jørgensen, J. T., et al., “Pain Assessment Of Subcutaneous Injections”, The Annals of Pharmacotherapy, 1996, 30, S. 729 bis 732
11
NiK8 Pharmachemie BV, Haarlem, NL, “Abitrexate – Injection”, Physician Package Insert, 22. Februar 2000, 16 Seiten
12
NiK14 Zackheim, H. S., “Subcutaneous administration of methotrexate”, Journal of the American Academy of Dermatology, 1992, 26, S. 1008
13
NiK16 O’Dell, J. R., “Methotrexate Use In Rheumatoid Arthritis”, Rheumatic Disease Clinics Of North America, 1997, 23, S. 779 bis 796
14
NiK18 Hoekstra, M., et al., “Bioavailability of Higher Dose Methotrexate Comparing Oral and Subcutaneous Administration in Patients with Rheumatoid Arthritis”, The Journal of Rheumatology, 2004, 31, S. 645 bis 648
15
NiK19 Russo, R. A. G. und Katsicas, M. M., “Tolerance of parenteral, higher dose methotrexate in children with juvenile chronic arthritis”, Clinical and Experimental Rheumatology, 2000, 18, S. 425
16
NiK20 US 6,544,504 B1
17
NiK25 Brooks, P. J., et al., “Pharmacokinetics Of Methotrexate Administered By Intramuscular And Subcutaneous Injections In Patients With Rheumatoid Arthritis”, Arthritis and Rheumatism, 1990, 33, S. 91 bis 94
18
NiK26 Balis, F. M., et al., “Pharmacokinetics of Subcutaneous Methotrexate”, Journal of Clinical Oncology, 1988, 6, S. 1882 bis 1886
19
NiK30 Wright, M. P. und Newton, J. M., ” Stability of methotrexate injection in prefilled, plastic disposable syringes”, International Journal of Pharmaceutics, 1988, 45, S. 237 bis 244
20
NiK31 Sutton, S. C., et al., “Predicting Injection Site Muscle Damage I: Evaluation of Immediate Release Parenteral Formulations in Animal Models”, Pharmaceutical Research, 1996, 13, S. 1507 bis 1513
21
NiK34 Center for Drug Evaluation and Research, Appl. No. 40266, Bioequivalency Reviews; Ausdruck der (archivierten) Internetseite https://web.achive.org/web/20050216215647/http://www.fda.gov/cder/foi/anda/99/40266_Methotrexate_ Bioegr.pdf, 5 Seiten
22
NiK35 Center for Drug Evaluation and Research, Appl. No. 40266, Draft Final Printed Labeling; Ausdruck der (archivierten) Internetseite https://web.archive.org/web/20050216215806/http://www.fda.gov/cder/foi/anda/99/40266_Methotrexate_Prntlbl.pdf, 8 Seiten
23
NiK37 Internet Archive Wayback Machine, Übersicht über Archivierungen unter https://web.archive.org/web/20050405214343/http://www. fda.gov/cder/approval/Index.htm und Ausdruck der (archivierten) Internetseite https://web.archive.org/web/20041210024809/ http://www.fda.gov/CDER/foi/label/2004/11719slr106_methotrexate_lbl.pdf, 82 Seiten
24
NiK37a Ausdruck der (archivierten) Internetseite https://web.archive.org/web/20040318233303/http://www.fda.gov/cder/foi/label/2004/11719slr106_methotrexate_lbl.pdf (“METHOTREXATE SODIUM FOR INJECTION”), Ausdruck v. 08.05.2017, 27 Seiten
25
Nach Auffassung der Klägerin sind die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 15 nicht patentfähig. Insbesondere seien sie nicht neu gegenüber den vor dem Prioritätstag des Streitpatents zugänglichen und heute über den Archiv-Dienst “Wayback” (web.archive.org) aufrufbaren Internetveröffentlichungen NiK34, NiK35 oder NiK37 bzw. NiK37a, die jeweils sämtliche Merkmale des Streitpatents offenbarten.
26
Zumindest aber legten die Veröffentlichungen NiK34 und NiK35 jeweils in Kombination mit NiK6/NiK6b, NiK19 oder NiK25 die Gegenstände des Streitpatents nahe.
27
Diese seien zudem durch die NiK6/NiK6b in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen oder auch in Kombination mit der NiK7 nahegelegt. Von der NiK6/NiK6b unterscheide sich das Streitpatent nur durch die Verwendung von Methotrexat in einer Wirkstoffkonzentration von 50 mg/ml. Die streitpatentgemäße Lösung der Aufgabe, den Injektionsschmerz zu reduzieren, sei unter Berücksichtigung der in NiK7 gelehrten Reduzierung des Injektionsvolumens nahegelegt, da unter den beiden hierfür bestehenden Möglichkeiten die Erhöhung der Wirkstoffkonzentration gegenüber der Erhöhung der Anzahl der Injektionen im Hinblick auf die Compliance die nahe liegendere sei.
28
Es bestehe auch kein Vorurteil gegen die subkutane Verabreichung von Methotrexat in der streitpatentgemäßen Wirkstoffkonzentration, etwa wegen erhöhter Toxizität. Dafür seien keine zureichenden Belege beigebracht. In jedem Fall habe der Fachmann Anlass gehabt, höhere Konzentrationen zu testen. Die NiK6/NiK6b und die darin als Referenz genannte NiK30 beschrieben im Übrigen die Verwendung von Einmalspritzen mit der streitpatentgemäßen Wirkstoffkonzentration. Die Gegenstände des Streitpatents seien daher auch durch eine Kombination der Druckschriften NiK6/NiK6b mit NiK30 nahe gelegt.
29
Auch ausgehend von einer der Druckschriften NiK18 bis NiK20, insbesondere der NiK19, von denen sich das Streitpatent ebenfalls nur durch die Wirkstoffkonzentration unterscheide, seien die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 15 unter Berücksichtigung des Fachwissens oder in Kombination mit der Internetveröffentlichung NiK37, ggf. auch dem Übersichtsartikel NiK16, nahe gelegt.
30
Entsprechendes gelte für die Gegenstände der Hilfsanträge. Mit den darin beanspruchten geringen Wirkstoffmengen werde das streitpatentgemäße Problem im Übrigen nicht gelöst, da sich hiermit zwangsläufig geringe Injektionsvolumina ergäben. Allenfalls werde die Aufgabe der Bereitstellung einer Alternative gelöst.
31
Die Klägerin beantragt,
32
das europäische Patent 2 046 332 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
33
Die Beklagte beantragt,
34
die Klage abzuweisen,
35
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 gemäß Schriftsatz vom 16. März 2017 erhält.
36
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht dem erteilten Patentanspruch 1 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:
37
„ …, und wobei das Medikament eine Dosierung von 5,0, 7,5, 10,0 oder 12,5 mg Methotrexat enthält“.
38
Patentanspruch 14 gemäß Hilfsantrag 1 entspricht dem erteilten Patentanspruch 15 mit dem Unterschied, dass zwischen dem Wort „subkutan“ und den Wörtern „zu verabreichen ist“ folgendes Merkmal eingefügt wird:
39
„ … in einer Dosierung von 5,0, 7,5, 10,0 oder 12,5 mg … “.
40
Die erteilten Patentansprüche 13 und 27 werden gestrichen sowie die Nummerierung und die Rückbezüge der übrigen Patentansprüche entsprechend angepasst.
41
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem erteilten Patentanspruch 1 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:
42
„ …, und wobei das Medikament eine Dosierung von 12,5 mg Methotrexat enthält“.
43
Patentanspruch 14 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht dem erteilten Patentanspruch 15 mit dem Unterschied, dass zwischen dem Wort „subkutan“ und den Wörtern „zu verabreichen ist“ folgendes Merkmal eingefügt wird:
44
„ … in einer Dosierung von 12,5 mg … “.
45
Die erteilten Patentansprüche 13 und 27 werden gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der übrigen Patentansprüche werden entsprechend angepasst.
46
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 entspricht dem erteilten Patentanspruch 1 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:
47
„ …, wobei das Medikament in einer Injektionsvorrichtung zur Einfachapplikation enthalten ist und wobei die Injektionsvorrichtung zur Einfachapplikation eine Dosierung von 5,0, 7,5, 10,0 oder 12,5 mg Methotrexat enthält“.
48
Patentanspruch 7 gemäß Hilfsantrag 3 entspricht dem erteilten Patentanspruch 15 mit dem Unterschied, dass folgendes Merkmal angefügt wird:
49
„ …, wobei das Methotrexat in einer Injektionsvorrichtung zur Einfachapplikation enthalten ist und wobei die Injektionsvorrichtung zur Einfachapplikation eine Dosierung von 5,0, 7,5, 10,0 oder 12,5 mg Methotrexat enthält.“
50
Die erteilten Patentansprüche 5, 6, 8 bis 13, 19, 20, 22 bis 27 werden gestrichen. Die Nummerierung und die Rückbezüge der übrigen Patentansprüche werden entsprechend angepasst.
51
Hilfsantrag 4 entspricht Hilfsantrag 3 mit den Unterschieden, dass in Patentanspruch 1 und in Patentanspruch 7 jeweils die Dosierungsangaben „5,0, 7,5, 10,0 oder“ gestrichen werden.
52
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie verweist auf folgende Dokumente:
53
VP0 Verzeichnis der zitierten Dokumente
54
VP1 Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 19. November 2012 über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent EP 2 046 332, 29 Seiten
55
VP2 Urteil des britischen High Court of Justice [2016] EWHC 24 (Pat) vom 13. Januar 2016 – Case No: HP-2014-000011 (paralleles Nichtigkeitsverfahren in Großbritannien), 26 Seiten
56
VP3 Niederschrift über die Verhandlung vor dem High Court of Justice vom 23. bis 26. November 2015 (Case No: HP-2014-000011), 516 Seiten
57
VP4 Österreichische Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels “Methofill 50 mg/ml Injektionslösung in einer Fertigspritze”, Oktober 2015, 15 Seiten
58
VP5 Allwood, M., et al. (Eds.), “The Cytotoxics Handbook”, 4. Aufl., Radcliffe Medical Press Ltd., Abingdon 2002, S. 124 bis 127 und 133 bis 137
59
VP6 Gramatté, T., gutachterliche Stellungnahme, 9. November 2012, 12 Seiten und Anlagen
60
VP7 Müller-Ladner, U., Expert Report, 24. September 2015, 33 Seiten
61
VP8a Fachinformation “Clexane Forte® 120 mg/0,8 ml Syringe / Clexane Forte® 150 mg/1 ml Syringe”, Stand 09.07.14, 2 Seiten
62
VP8b Fachinformation “Sanofi Clexane ® 20 mg, – Duo, – Klinik, – Praxis / Sanofi Clexane ® 40 mg, – Duo, – Klinik, – Praxis”, Mai 2014, S. 1 bis 7
63
VP8c Fachinformation “Sanofi Clexane ® 60mg, 80mg, 100mg Fertigspritzen”, Juli 2011, S. 1 bis 9
64
VP9 Müller-Ladner, U., et al., “Tolerability and Patient/Physician Satisfaction with Subcutaneously Administered Methotrexate Provided in Two Formulations of Different Drug Concentrations in Patients with Rheumatoid Arthritis”, The Open Rheumatology Journal, 2010, 4, S. 15 bis 22
65
VP10 Janssen, M., Expertengutachten, 26. Juni 2015, S. 1 bis 5 und Anlagen
66
VP11 Jansen, M. M. P. M., Expertengutachten, 3. Juli 2015, S. 1 bis 5 und Anlagen
67
VP12 Ring, J., Expertengutachten, 10. August 2015, 5 Seiten und Anlagen
68
VP13 Ravelli, A., et al., “Oral versus intramuscular methotrexate in juvenile chronic arthritis”, Clinical and Experimental Rheumatology, 1998, 16, S. 181 bis 183
69
VP14 Banker, G. S. und Rhodes, C. T. (Eds.), “Modern Pharmaceutics”, 4. Aufl., Marcel Dekker, Inc., New York 2002, S. 381 bis 385
70
VP15 Avis, K.E. et al. (Eds.), “Pharmaceutical Dosage Forms: Parenteral Medications”, Volume 1, Marcel Dekker, Inc., New York 1992, 2. Aufl., S. 17, 21 bis 26
71
VP16 Voigt, R., Pharmazeutische Technologie, 10. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2006, S. XXII, XXIII, 661 bis 663
72
VP17 Schweim, H.G., Gutachtliche Stellungnahme im Verfahren gegen das europäische Patent EP 2 046 332 B1 vom 16.03.2017, 11 Seiten und Anlagen
73
VP18 Ausdruck aus Arzneimittel-Informationssystem, zu Abseamed®, S. 1 bis 21, https://portal.dimdi.de/amis/servlet/FlowController/Documents-display, Ausdruck vom 15.03.2017
74
VP18a Übersicht über die in VP18 beschriebenen Abseamed®-Fertigspritzen mit Zulassungs/Reg.-Nummer und Bescheiddatum der Zulassung, 1 Seite
75
VP19 Einwendungen Dritter vom 9. September 2014 im Einspruchsbeschwerdeverfahren T0905/13 vor dem EPA, S. 1 bis 8
76
VP20 Verkaufszahlen für die erfindungsgemäßen Produkte für die Jahre 2014 und 2015, 1 Seite
77
VP21 Beschwerdeschrift im Verfahren vor dem Bezirksgericht Den Haag, 25.10.2016, 4 Seiten
78
VP21a Englische Übersetzung von VP21, S. 1 bis 4
79
VP22 Beschwerdebegründungsschrift zur Beschwerdeschrift vor dem Bezirksgericht Den Haag, 67 Seiten
80
VP22a Englische Übersetzung von VP22, 61 Seiten
81
VP23 Hilfsantrag 1
82
VP24 Hilfsantrag 2
83
VP25 Hilfsantrag 3
84
VP26 Hilfsantrag 4
85
VP27 Clark, J.S., Expert Declaration vom 9. Juni 2017, S. 1 bis 12 und Anlagen
86
VP28 Auszug aus der Deutschen Apotheker Zeitung vom 23.03.2017, S. 34
87
VP29 Geschäftsbericht von Bigmar, Inc. für das Jahr 1997, 47 Seiten
88
Nach Auffassung der Beklagten sind die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 15 patentfähig. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien sie nicht neuheitsschädlich durch die Dokumente NiK34, NiK35 oder durch die NiK37a, deren öffentliche Zugänglichkeit sie bestreite, vorweggenommen, da in keiner dieser Druckschriften die subkutane Verabreichung von Methotrexat in einer Methotrexat-Zubereitung mit einer Konzentration von 50 mg/ml Methotrexat zur Behandlung von entzündlichen Autoimmunerkrankungen aufgezeigt sei.
89
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 15 beruhten auch auf erfinderischer Tätigkeit. Ausgehend von der NiK6/NiK6b unterscheide sich das Streitpatent hiervon durch dessen drastisch erhöhte Wirkstoffkonzentration, mit der überraschend eine verbesserte Patienten-Compliance erreicht werde. Die Fachwelt habe am Prioritätstag ausgehend von NiK6/NiK6b keinerlei Verbesserungsbedarf gesehen. Zudem behandle die NiK6/NiK6b nicht den Injektionsschmerz, so dass sich der Fachmann nach deren Lektüre nicht dieser Problematik zugewandt hätte. Jedenfalls aber hätte er sein Augenmerk nicht auf das Injektionsvolumen gerichtet, denn NiK6/NiK6b lehre, dass alle üblicherweise applizierten Dosen mit einer üblichen Wirkstoffkonzentration von 25 mg/ml in einem zur subkutanen Applikation höchst geeigneten Volumenbereich von 0,2 – 1,2 ml verabreicht werden könnten.
90
Es sei ohne rückschauende Betrachtungsweise auch nicht nachvollziehbar, warum der Fachmann angesichts zahlreicher Faktoren für den Injektionsschmerz unter Inkaufnahme unkalkulierbarer Risiken für den Patienten ausgerechnet die Erhöhung der Konzentration des Zytostatikums Methotrexat in Erwägung gezogen haben sollte. Vielmehr hätte er zur Vermeidung unkalkulierbarer Risiken entsprechend der Lehre der NiK14 die Verteilung auf mehrere separate Injektionen unter Beibehaltung der üblichen Konzentration von jeweils 25 mg/ml vorgezogen.
91
Auch ausgehend von einer der Druckschriften NiK18, NiK19 oder NiK20 seien die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 15 nicht nahegelegt. Diese Druckschriften offenbarten ebenfalls nicht das streitpatentgemäße Merkmal der Wirkstoffkonzentration von etwa 50 mg/ml, so dass die Erfindung auch unter Berücksichtigung des Fachwissens aus den gleichen Gründen wie bei der Wahl von NiK6/NiK6b als Ausgangspunkt nicht nahe gelegen habe. Zudem weise die NiK19 nicht auf Injektionsschmerzen hin und offenbare auch nicht das Merkmal der subkutanen Verabreichung, während sich die NiK18 und NiK20 nicht mit den Aspekten der lokalen Verträglichkeit und/oder des Injektionsschmerzes befassten. Auch die NiK34 und NiK35 gäben aus den bereits genannten Gründen keine Anregung, zur streitpatentgemäßen Wirkstoffkonzentration zu gelangen, da sich aus diesen Druckschriften allenfalls die Verwendung von Methotrexat-Lösungen zur intravenösen Verabreichung bei der Behandlung von Tumorerkrankungen ergebe, wobei das Lyophilisat eine Konzentration von 50 mg/ml in der Rekonstitutionslösung, nicht aber in der Verabreichungslösung aufweise.
92
Aus diesen Gründen seien auch die Gegenstände der Hilfsanträge patentfähig.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben