Sozialrecht

Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen

Aktenzeichen  B 5 K 18.736

Datum:
15.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45377
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG Art. 46, Art. 53 Abs. 1 S. 1, Art. 100 Abs. 4 S.1
BeamtVG § 31, § 108 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 1 u. Abs. 5, , § 154 Abs. 1
GG Art. 125a Abs. 1 S. 1
BeamtStG § 50 S. 3
BayBG Art. 105 S.4

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Bescheide des Landesamtes für Finanzen vom 17. Januar 2014 und vom 24. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO). Der Beklagte hat die Feststellung der geltend gemachten Beschwerden als weitere Unfallfolgen sowie die Gewährung eines Unfallruhegehalts zu Recht abgelehnt.
1.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Anerkennung der von ihr geltend gemachten gesundheitlichen Beschwerden als weitere Folgen der Dienstunfälle vom 24. Januar 2000 und vom 4. Oktober 2010 nach Art. 46 BayBeamtVG (bzw. § 31 BeamtVG).
Der Übersichtlichkeit halber erfolgt die Darstellung im Folgenden anhand der derzeit geltenden Rechtslage. Soweit die Klägerin weitere Unfallfürsorgeleistungen aufgrund des am 24. Januar 2000 erlittenen Dienstunfalls begehrt, beurteilt sich ihre Klage nach dem Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG) in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3592), weil sich der zugrunde liegende Dienstunfall am 24. Januar 2000 und damit vor Inkrafttreten des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) vom 5. August 2010 (GVBl S. 410) zum 1. Januar 2011 ereignet hat. Für die Unfallfürsorge ist grundsätzlich das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst. Dies ist nicht der Fall. Zwar bestimmt Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG, dass für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall oder Einsatzunfall i.S.d. BeamtVG in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall oder Einsatzunfall i.S.d. BayBeamtVG gleichsteht. Die Vorschrift gewährleistet, dass auch für vor Inkrafttreten des BayBeamtVG erlittene Dienstunfälle weiterhin Unfallfürsorge gewährt wird (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 523), misst sich aber keine Rückwirkung hinsichtlich der Frage der Anerkennung eines Dienstunfalls vor dem 1. Januar 2011 zu (vgl. BayVGH, U.v. 24.4.2015 – 3 B 14.1141 – juris Rn. 22). Andere Übergangsregelungen – insbesondere zur Frage der Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen – bestehen nicht. Mangels einer entsprechenden Rückwirkungsregelung ist daher hinsichtlich des ersten von der Klägerin erlittenen Dienstunfalls das BeamtVG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung als fortgeltendes Bundesrecht (vgl. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes – GG -, § 108 Abs. 1 BeamtVG) anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.2013 – 2 C 9.12 – juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 28.7.2016 – 3 B 15.563 – juris Rn. 27 und v. 16.5.2018 – 3 B 14.545 – juris Rn. 70). Da sich allerdings für den vorliegenden Fall keine inhaltlichen Unterschiede zwischen der früheren und der nunmehrigen Rechtslage ergeben und im Hinblick auf den Dienstunfall vom 4. Oktober 2011 auf die aktuelle Rechtslage abzustellen ist, werden im Folgenden lediglich die Vorschriften des BayBeamtVG zitiert.
a) Soweit die Klägerin die Anerkennung einer Neuralgie (ICD10-M79.2) der rechten Hand als weitere Dienstunfallfolge begehrt, ist zwar vom Vorliegen dieses Krankheitsbildes bei der Klägerin auszugehen. Nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen besteht bei der Klägerin eine Neuralgie der rechten Hand, ausgehend vom Ramus superficialis des Nervus radialis (vgl. schriftliches Gutachten vom 12. April 2019, S. 45). Zum gleichen Ergebnis kam bereits die seitens des Beklagten veranlasste neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. B… vom 17. Juni 2015 (vgl. Bl. 156 der Beiakte VI), der insoweit von einer einschießenden neuralgieformen Schmerzsymptomatik spricht. Weiterhin wies das Universitätsklinikum … – Interdisziplinäres Schmerzzentrum in seinem Bericht vom 18. April 2012 die Diagnose einer Neuralgie aus (vgl. Bl. 43 der Beiakte VI). Gleiches gilt für das im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens eingeholte schmerztherapeutische Gutachten des Herrn Dr. med. T… vom 20. Dezember 2010 (vgl. Bl. 194ff. der Beiakte III) sowie das amtsärztliche Gesundheitszeugnis der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von Oberfranken vom 18. Juli 2012 (Beiakte VIII). Auch ist den weiteren Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. Be…zu entnehmen, dass die Neuralgie auf dem am 24. Januar 2000 erlittenen Dienstunfall beruht. Dieser Dienstunfall habe zu einer Distorsion des rechten Daumensattelgelenks geführt. In der Folge sei eine erste Operation der dann diagnostizierten Daumensattelgelenkssubluxation rechts am 11. Mai 2001 erforderlich gewesen. Aufgrund fortbestehender Schmerzen und Sensibilitätsstörungen habe am 18. März 2003 eine zweite Operation mit Narbenkorrektur und einer Neurolyse der narbig eingewachsenen sensiblen Äste des Ramus superficialis des Nervus radialis durchgeführt werden müssen. Das infolge der durchgeführten Eingriffe zwangsläufig entstandene Narbengewebe habe letztlich die Neuralgie bedingt. Weiterhin führte der Sachverständige aus, dass sich dieses Krankheitsbild nicht nur infolge einer unabhängig vom erlittenen Dienstunfall am 24. Januar 2000 bestehenden krankhaften Veranlagung der Klägerin habe entwickeln können (vgl. schriftliches Gutachten vom 12. April 2019, S. 45f.). Der Dienstunfall vom 24. Januar 2000 war mithin auch kausal für die bei der Klägerin bestehende Neuralgie.
Jedoch hat die Klägerin die Beschwerden bzw. entsprechenden Symptome nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfristen des Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG geltend gemacht.
Folgen eines Dienstunfalls, die erst später bemerkbar geworden sind, begründen nur dann einen Anspruch des Beamten auf Dienstunfallfürsorge, wenn er sie innerhalb von zehn Jahren seit dem Unfall und innerhalb von drei Monaten, nachdem die Unfallfolge bemerkbar geworden ist, dem Dienstherrn gemeldet hat (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 2 C 5.01 – juris Rn. 9). Nach dem ausdrücklichen Wortlaut beginnt sowohl die Ausschlussfrist nach Art. 47 Abs. 1 BayBeamtVG als auch die Ausschlussfrist nach Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG mit dem Eintritt des Unfalls; dies gilt auch dann, wenn der Beamte vor Ablauf der Ausschlussfrist den Zusammenhang des Körperschadens mit dem Unfallereignis nicht erkannt hat und auch nicht erkennen konnte (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 a.a.O. Rn. 17). Nach Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG sind deshalb Leistungen der Unfallfürsorge ausgeschlossen, die für einen Körperschaden verlangt werden, der auf einem mehr als zehn Jahre zurückliegenden Ereignis beruht. Das ist nicht nur der Fall, wenn nach Ablauf der Zehnjahresfrist das Dienstunfallgeschehen erstmals als solches gemeldet wird, sondern auch dann, wenn ein (weiterer) Körperschaden aufgrund eines solchen Ereignisses gemeldet wird, da nach Ablauf von zehn Jahren Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden sollen (BVerwG, U.v. 28.2.2002 a.a.O. Rn. 18). Eine Anerkennung ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn der Beamte Fürsorgeansprüche aus einem Körperschaden auf ein Unfallgeschehen zurückführt, das er zwar fristgerecht gemeldet hat und das als Dienstunfall anerkannt worden ist, das aber im Zeitpunkt der Meldung bereits mehr als zehn Jahre zurückliegt (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2016 – 3 ZB 13.573 – juris Rn. 5; B.v. 29.4.2014 – 3 ZB 11.1420).
Nach den Feststellungen des neurologisch-psychiatrischen Gutachters Dr. Be. (vgl. schriftliches Gutachten vom 12. April 2019, S. 45) ist die Diagnose einer Neuralgie erstmals im schmerztherapeutischen Gutachten des Herrn Dr. T. vom 20. Dezember 2010 erwähnt (vgl. Bl. 194 der Beiakte III). Da die Neuralgie nach den insoweit übereinstimmenden Feststellungen der Fachgutachter bereits Folge des Dienstunfalls vom 24. Januar 2000 war (vgl. Gutachten Dr. Be** vom 12. April 2019, S. 45; Gutachten Dr. B. vom 17. Juni 2015, Bl. 157, Beiakte VI), war die Zehnjahresfrist des Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG im Zeitpunkt der erstmaligen Diagnosestellung bereits abgelaufen. Das zweite Dienstunfallereignis am 4. Oktober 2011 habe entsprechend der von Klägerseite nicht in Zweifel gezogenen gutachterlichen Feststellungen zu keiner strukturellen Veränderung geführt, es sei allenfalls zu einer nicht richtungsgebenden, vorübergehenden Verschlechterung einer vorbestehenden Systematik gekommen. Mithin kommt eine Anerkennung der bei der Klägerin bestehenden Neuralgie als Folge des Dienstunfalls vom 24. Januar 2000 nicht in Betracht. Die in Art. 47 Abs. 1 und 2 BayBeamtVG festgelegten Ausschlussfristen wurden im Interesse einer zeitnahen Beweissicherung durch den Dienstherrn getroffen. Nach Ablauf von zehn Jahren sollen Auseinandersetzungen über den Geschehensablauf und über den Kausalzusammenhang eines Körperschadens vermieden werden (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.1986 – 2 C 37.84 – Buchholz 232.5 § 45 BeamtVG Nr. 2 S. 3; B.v. 15.9.1995 – 2 B 46.95, Buchholz 239.1 § 45 BeamtVG Nr. 3 S. 1f. m.w.N.).
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten, dass sich bei der Klägerin bereits vorher Schmerzen und damit eine auf eine Neuralgie hindeutende Symptomatik gezeigt hätten. Nach der Aussage des sachverständigen Zeugen
Dr. Be. im Rahmen der mündlichen Verhandlung sind unter einer Neuralgie anfallsweise auftretende Schmerzen im Bereich sensibler Nerven zu verstehen. Schmerzattacken im Sinne einer Neuralgie seien plötzlich auftretend, lediglich wenige Sekunden andauernd und durch einen nachgewiesenen Nervenschaden bedingt. Zwar geht der behandelnde Hausarzt der Klägerin bereits in einem Befundbericht vom 15. September 2008 (vgl. Bl. 87 der Beiakte III) davon aus, dass bei der Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom des rechten Handgelenks bestehe. Von neuralgischen Schmerzen im vorgenannten Sinne ist im Rahmen dieses Befundberichts jedoch nicht die Rede, vielmehr wird auf einen bei der Klägerin bestehenden Dauerschmerz verwiesen. Hinzu kommt, dass die Anerkennung der Dienstunfallfolge „Irritation des Ramus superficialis Nervus radialis“ durch Bescheid vom 17. Januar 2014 schon eine bei der Klägerin bestehende Schmerzsymptomatik impliziert und chronische Schmerzen damit bereits als Folge des ersten Dienstunfalls anerkannt sind. Dies belegen auch die Ausführungen der im Verwaltungsverfahren beauftragten neurologisch-psychiatrischen Gutachterin Dr. K…, wonach das Leitsymptom des bei der Klägerin bestehenden Nervenreizes der Schmerz sei (vgl. Bl. 21ff. der Beiakte VI). Auch diese Ausführungen wurden von Klägerseite nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Darüber hinaus wurde eine chronische Schmerzsymptomatik bei der Klägerin vor Ablauf der Zehnjahresfrist lediglich durch ihren behandelnden Hausarzt diagnostiziert. Seiner Einschätzung kommt jedoch im Vergleich zu den Begutachtungen der beauftragten fachärztlichen Sachverständigen ein geringerer Beweiswert zu. Dies hat seinen Grund in der Neutralität und Unabhängigkeit der beauftragten Gutachter. Im Gegensatz zum behandelnden Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen seines Patienten zu ihm zu erhalten, nehmen beauftragte Gutachter ihre Beurteilungen von ihrer Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vor und stehen sowohl dem Beamten wie auch der Dienststelle gleichermaßen fern (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.10.2002 – 1 D 3.02 – und v. 11.10.2006 – 1 D 10.05 – beide juris).
Zwar ist der Klägerseite zuzugeben, dass eine „sichere Erkenntnis“ von der Erkrankung zur Anzeige weiterer Dienstunfallfolgen nicht erforderlich ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 11.5.2007 – 4 N 47.05 – juris; BayVGH, U.v. 16.7.2008 – 14 B 05.2548). Vielmehr kommt es nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers darauf an, ab wann Verletzungen oder Symptome feststellbar waren, die eine solche Entwicklung als möglich erscheinen lassen, sodass mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls gerechnet werden konnte (vgl. vgl. Plog/Wiedow, Kommentar zum Beamtenversorgungsgesetz, Stand: Dez. 2017, Bd. 2, Rn. 10 zu § 45). Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin mit einer auf eine Neuralgie hindeutenden Symptomatik in Form plötzlich auftretender Schmerzattacken vor Ablauf der Zehnjahresfrist an den Beklagten gewandt und deren Anerkennung als weitere Dienstunfallfolge begehrt hätte. Zumal nach den vorstehenden Ausführungen die seitens der Klägerin zahlreich übermittelten hausärztlichen Befundberichte gerade keinen neuralgischen, sondern allenfalls einen Dauerschmerz bzw. einen Schmerz bei körperlicher Belastung nahelegten.
Daneben ist hinsichtlich der Anerkennung der Neuralgie als weiterer Folge des Dienstunfalls vom 24. Januar 2000 auch die Meldefrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG abgelaufen. Nach der vorgenannten Vorschrift ist ein Beamter, der einen bereits anerkannten Dienstunfall erlitten hat, verpflichtet, neu aufgetretene Beschwerden (weitere Körperschäden), die er auf einen zurückliegenden Dienstunfall zurückführt, innerhalb von drei Monaten dem Dienstvorgesetzten oder der Pensionsbehörde zu melden, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls gerechnet werden konnte oder das Hindernis für die Meldung weggefallen ist (vgl. OVG RP, U.v. 21.3.2013 – 2 A 10965/12, ZBR 2013, 318). Von einer bei der Klägerin bestehenden neuralgischen Symptomatik war erstmals im Gutachten des Schmerztherapeuten Dr. T. vom 20. Dezember 2010 die Rede (Bl. 194ff. der Beiakte III). Dieses Gutachten wurde im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens der Klägerin gegen den Freistaat Bayern vertreten durch das ZBFS eingeholt. Die Anerkennung einer Neuralgie bzw. einer neuropathischen Schmerzsymptomatik als weitere Folge des im Januar 2000 erlittenen Dienstunfalls wurde erstmals in den Widerspruchsbegründungen der jeweiligen Bevollmächtigten der Klägerin vom 17. Oktober 2011 (vgl. Bl. 188 der Beiakte III) bzw. vom 14. Januar 2015 (vgl. Bl. 118 der Beiakte VI) und damit erst mehr als drei Monate nach Diagnosestellung gegenüber dem Landesamt für Finanzen problematisiert. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass dem Beklagten das vorgenannte ärztliche Gutachten, das eine Neuralgie attestierte, bekannt war. Dienstunfallansprüche sind dem Dienstvorgesetzten zu melden. Eine Kenntnis der Beihilfestelle, des Gesundheitsamtes, des arbeitsmedizinischen Dienstes oder – wie hier – des Versorgungsamtes bzw. ZBFS genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2016 – 3 ZB 13.573 – juris Rn. 12; B.v. 7.3.2017 – 3 ZB 14.1973 – juris Rn. 4). Im Übrigen haben die jeweils informierten Stellen persönliche Daten eines Beamten wie ärztliche Diagnosen auch vertraulich zu behandeln (vgl. Art. 96 Abs. 4 Sätze 6 und 7 des Bayerischen Beamtengesetzes – BayBG – i.V.m. Art. 105 Satz 4 BayBG, § 50 Satz 3 des Beamtenstatusgesetzes – BeamtStG). Eine Weiterabe derartiger Daten an die Bezügestelle wäre daher nicht zulässig und ist zu Recht unterblieben (vgl. BayVGH, U.v. 29.12.1992 – 3 B 91.3436).
b) Soweit der Klägerbevollmächtigte die Anerkennung von „psychologischen Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei chronischen Schmerzen“ (ICD10:F54) als weitere Dienstunfallfolge begehrt, liegt dieses Krankheitsbild bei der Klägerin bereits nicht vor. Entsprechend der widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. Be**, denen die Kammer folgt und denen die Klägerseite nicht substantiiert entgegengetreten ist, wird die Kategorie F54 der ICD10 verwendet, um psychische und Verhaltenseinflüsse zu erfassen, die wahrscheinlich eine wesentliche Rolle bei der Manifestation körperlicher Krankheiten spielen, die in anderen Kapiteln der ICD10 klassifiziert sind. Diese psychischen Störungen seien meist leicht und oft langanhaltend. Eine zusätzliche Kodierung sei zur Bezeichnung der körperlichen Störung zu verwenden. Die ICD10 verweisen zur Erklärung auf psychische Faktoren, die körperliche Störungen bewirken. Als Beispiele würden Colitis ulcerose, das Asthma und das Magenulkus genannt. Bei den aufgeführten Beispielen handele es sich um Erkrankungen, bei denen psychische Befindlichkeitsstörungen wie Stress, Anspannung, Nervosität, Ängste usw. zu organisch fassbaren Erkrankungen wie Darmentzündungen, Magengeschwüren und Atemnot führen würden. Diese Grundsätze auf die Klägerin angewandt würde bedeuten, dass die vorhandenen Schmerzen Folge psychischer Störungen seien. Dies sei bei der Klägerin jedoch nicht der Fall. Vielmehr liege bei ihr ein nachgewiesener Schaden an einem peripheren sensiblen Nerven vor, der in ausreichender Weise die beklagten Schmerzen erkläre. Dass ein chronischer Schmerz auch das psychische Befinden negativ beeinflussen könne, sei unbestritten, stelle aber nicht den Ablauf dar, den die Diagnose ICD10:F54 beschreibe (vgl. schriftliches Gutachten Dr. Be** vom 12. April 2019, S. 39). Auch die weiteren von Beklagtenseite beauftragten neurologisch-psychiatrischen Gutachter gingen davon aus, dass bei der Klägerin keine wesentlichen psychischen Begleitreaktionen vorliegen (vgl. neurologisch-psychiatrisches Gutachten Dr. K…vom 14.11.2012, Bl. 21ff., Beiakte VI und vom 31.10.2013, Bl. 87ff. Beiakte VI) bzw. dass es keine Hinweise auf das Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung gibt (vgl. neurologisch-psychiatrisches Gutachten Prof. Dr. med. B… vom 17.06.2015, Bl. 136ff., Beiakte VI und vom 08.05.2017, Bl. 93ff., GA B 5 K 15.995). Für das Nicht-Vorliegen eines pathologischen Befundes aus dem psychiatrischen Formenkreis spricht nach den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung auch der Umstand, dass bei der Klägerin zu keiner Zeit eine Psychotherapie durchgeführt oder Psychopharmaka verschrieben worden seien. Zwar habe die Klägerin in der Vergangenheit vereinzelt den Neurologen und Psychiater Dr. Kä… konsultiert. Auch sei sie bei einer Psychotherapeutin gewesen. Die Notwendigkeit für die Durchführung einer Psychotherapie sei jedoch allseits abgelehnt und das Schon- bzw. Meideverhalten der Klägerin hinsichtlich ihres rechten Armes als normale Schutzreaktion betrachtet worden. Mithin kommt eine Anerkennung von „psychologischen Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei chronischen Schmerzen“ (ICD10:F54) nicht in Betracht.
Darüber hinaus liegt bei der Klägerin auch keine Muskelatrophie des rechten Armes vor. Soweit der behandelnde Hausarzt eine solche im Rahmen der vorgelegten Stellungnahme und Karteikartenabschriften feststellte, stehen seine Aussagen im augenfälligen Widerspruch zu den übereinstimmenden Feststellungen der im gerichtlichen und behördlichen Verfahren beauftragten Fachgutachter (vgl. Dr. Be**, ergänzende Stellungnahme vom 24.07.2019, Bl. 153 der GA; Dr. B., ergänzendes Gutachten vom 08.05.2019, Bl. 93ff. der GA; Dr. S., Unfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten vom 30.03.2010, Bl. 149ff. der Beiakte III).
Im Übrigen ist auch hinsichtlich der begehrten Unfallfolge „Psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei chronischen Schmerzen“ die Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG verstrichen. Der Klägerbevollmächtigte ordnet den weiteren Körperschaden bereits keinem der beiden Dienstunfälle zu. Eine Anerkennung des psychiatrischen Befundes als Dienstunfallfolge des Dienstunfalls vom 24. Januar 2000 kommt im Hinblick auf Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG nicht Betracht. Erstmals erwähnt wurde die Diagnose „psychologische Faktoren oder Verhaltensfaktoren bei chronischen Schmerzen“ im Befundbericht des Schmerzzentrums des Universitätsklinikums … vom 18. Mai 2012 (vgl. Beiakte VIII). Zu diesem Zeitpunkt waren seit dem ersten Dienstunfall der Klägerin am 24. Januar 2000 bereits mehr als zehn Jahre vergangen. Auch scheidet eine Anerkennung dieses vermeintlichen Körperschadens als Folge des zweiten Dienstunfalls der Klägerin vom 4. Oktober 2011 aus. Unabhängig davon, dass dieser Körperschaden nach den unbestrittenen Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen bei der Klägerin schon nicht vorliegt, fehlt es im Hinblick auf den zweiten Dienstunfall weiterhin an einer Kausalität für den geltend gemachten Körperschaden. Dem schriftlichen Gutachten des Herrn Dr. Be** ist zu entnehmen, dass beide Dienstunfälle bereits nicht geeignet sind, ernsthafte psychische Erkrankungen auszulösen (vgl. schriftliches Gutachten, S. 45). Zum selben Ergebnis kommt Dr. B…anlässlich seines Gutachtens vom 17. Juni 2015 (Bl. 136ff. der Beiakte VI).
Soweit der Klägerbevollmächtigte erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens weiterhin die Anerkennung einer „chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren“ (ICD10:F45.41) begehrt, hat die Klägerin auch insoweit keinen Anspruch auf Anerkennung einer weiteren Dienstunfallfolge. Der gerichtlich bestellte Sachverständige führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung aus, dass bei der Diagnosestellung des vorgenannten Krankheitsbildes Zurückhaltung geboten sei. Das Krankheitsbild sei in den international anerkannten ICD10 nicht aufgeführt und habe lediglich nachträglich Eingang in die deutsche statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme gefunden. Zwar stünden im Vordergrund des klinischen Bildes dieser Diagnose seit mindestens sechs Monaten bestehende Schmerzen in einer oder mehreren Regionen, die ihren Ausgangspunkt in einem physiologischen Prozess oder einer körperlichen Störung hätten, so dass ein solcher Befund bei der Klägerin nahezuliegen scheine. Jedoch werde psychischen Faktoren eine wichtige Rolle für Schweregrad, Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen beigemessen, jedoch nicht die ursächliche Rolle für deren Beginn. Der Schmerz verursache in klinisch bedeutsamer Weise Leiden und Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. Dies sei bei der Klägerin jedoch eindeutig nicht der Fall. Herr Dr. Be** wies darauf hin, dass sich der Tagesablauf der Klägerin entsprechend seiner Befunderhebung als weitgehend unbeeinträchtigt vom Schmerzgeschehen darstelle. Die Klägerin gehe einer geringfügigen Beschäftigung als Bürohilfe nach, kümmere sich um den Haushalt, sorge für ihre Tochter, gebe Nachhilfe und treffe Freunde. Für das Vorliegen des geltend gemachten Krankheitsbildes fehlten somit psychosomatische Folgen mit erheblichen Beeinträchtigungen. Das Schmerzgeschehen der Klägerin werde nicht – anders als im Rahmen der Definition des Gesundheitsschadens gefordert – durch psychische Probleme verstärkt. Bereits anlässlich seiner ergänzenden Stellungnahme vom 24. Juli 2019 (GA, Bl. 153) führte Herr Dr. Be** ausführlich aus, dass in den Voruntersuchungen und Begutachtungen der Klägerin keine auffälligen psychopathologischen Befunde dokumentiert worden seien. Vielmehr sei mehrfach ausdrücklich dargelegt worden, dass keine psychischen Erkrankungen festzustellen seien. Am 20. Dezember 2010 habe Herr Dr. T…, Facharzt für Anästhesiologie, in seinem Gutachten (Bl. 194ff., Beiakte III) festgestellt, dass sich nur eine geringe psychische Beeinträchtigung durch den Schmerz zeige und die Klägerin gelernt habe, mit ihren Schmerzen zu leben. Auch im Rahmen der schmerztherapeutischen Untersuchung im schmerztherapeutischen Zentrum der Universität …(vgl. Befundbericht vom 18.04.2012, Bl. 43ff., Beiakte VI) werde keine erhebliche psychische Beeinträchtigung angegeben. Weiterhin habe Frau Dr. K…unter dem 14. November 2012 den Befund erhoben, dass die chronischen Schmerzen nicht zu einer wesentlichen psychischen Begleitreaktion geführt hätten. Die Schmerzen seien adäquat dem Organbefund zu beurteilen und es liege eine gute Adaption an die Gesundheitsstörung vor (vgl. Bl. 21ff., Beiakte VI). Auch Prof. Dr. B…sei in seinem Gutachten vom 17. Juni 2015 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine psychische Erkrankung nicht nachzuweisen sei (vgl. Bl. 136ff., Beiakte VI).
Soweit der Klägerbevollmächtigte diese gutachterlichen Feststellungen unter Verweis auf eine Stellungnahme sowie Karteikartenabschriften des behandelnden Hausarztes der Klägerin zu widerlegen versucht, kann er mit diesem Vorbringen nicht durchdringen. Zwar führt der behandelnde Arzt im Rahmen seiner schmerztherapeutischen ärztlichen Stellungnahme und Karteikartenabschrift (vgl. Bl. 145 der GA) aus, dass der Schmerz sowie die Schmerzverarbeitung ab dem zweiten Dienstunfall aufgrund seelischer und psychischer Begleitfaktoren verstärkt würden. Bisher wirksame Behandlungsmethoden würden nicht mehr wirken; es würden jetzt erstmals psychiatrische und psychotherapeutische Kollegen zur Mitbehandlung hinzugezogen. Allerdings wird bereits nicht ausgeführt, welche seelischen und sozialen Begleitfaktoren bei der Klägerin ab dem fraglichen Zeitpunkt vorlagen. Auch ein psychopathologischer Befund wird nicht erstellt. Mithin lassen sich die Aussagen des behandelnden Hausarztes – dessen Feststellungen denjenigen der beauftragten Fachgutachter entgegenstehen – bereits nicht verifizieren. Entsprechend der Ausführungen in der ergänzenden Stellungnahme des gerichtlich bestellten Sachverständigen (vgl. Bl. 155 der GA) muss daher davon ausgegangen werden, dass der Vortrag des behandelnden Hausarztes die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nicht belegen kann. Auch die Ausführungen im Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Kä. vom 15. November 2011 (Bl. 47ff, Beiakte VI), wonach die Klägerin gewisse Ängste vor Menschen habe, irritiert sei, wenn ihr jemand zu nahe komme und psychisch subdepressiv bzw. im Antrieb leicht reduziert sei, sind nach den Feststellungen des Herrn Dr. Be** als eher leichte Symptome nicht geeignet, als wichtige psychische Faktoren für den Schweregrad, die Exazerbation oder Aufrechterhaltung der Schmerzen angesehen zu werden. Vielmehr seien in psychiatrischen Voruntersuchungen sowie Begutachtungen zu keinem Zeitpunkt schwerwiegende psychische Störungen festgestellt worden. Auch im Rahmen der gutachterlichen Untersuchungen durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen zeigte sich der psychopathologische Untersuchungsbefund völlig regelrecht. Die Klägerin selbst schätzte sich weder im Rahmen der Selbstbeurteilungsbögen noch bei der Erhebung der Anamnese als psychisch krank oder depressiv ein. Weiterhin fand weder eine medikamentöse Behandlung mit Psychopharmaka noch eine psychotherapeutische Behandlung statt (vgl. Bl. 155 der GA). Vielmehr hielt die seitens der Klägerin konsultierte Psychotherapeutin die Durchführung einer Psychotherapie bei der Klägerin nicht für erforderlich. Folglich kommt auch die Anerkennung einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (ICD10:F45.41) als Dienstunfallfolge nicht in Betracht.
Im Übrigen wäre auch die Geltendmachung dieses Körperschadens als weitere Folge des Dienstunfalls vom 24. Januar 2000 nach Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG verfristet. Im Hinblick auf den zweiten Dienstunfall vom 4. Oktober 2011 würde eine Anerkennung an den oben bereits aufgeführten Kausalitätserwägungen scheitern.
2.
Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch auf die Gewährung eines Unfallruhegehalts gemäß Art. 53 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG. Demnach erhält ein Beamter oder eine Beamtin, der oder die wegen dauernder Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt wird, Unfallruhegehalt. Die Gewährung von Unfallfürsorge in Gestalt von Unfallruhegehalt setzt voraus, dass der Beamte wegen dauernder Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalls in den Ruhestand versetzt worden ist. Das heißt der Beamte muss infolge des Dienstunfalls dienstunfähig geworden und infolge der dienstunfallbedingten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten sein.
Ein Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen setzt immer das Vorliegen eines Dienstunfalls im Sinne von Art. 46 BayBeamtVG voraus, d. h. ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist und einen Körperschaden verursacht hat. Vorliegend ist unstreitig, dass die Klägerin mit den Schadensereignissen vom 24. Januar 2000 und vom 4. Oktober 2011 zwei Dienstunfälle erlitten hat.
Fest steht weiterhin, dass die Klägerin mit bestandskräftigem Bescheid der Regierung von Oberfranken vom 19.11.2012 wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. November 2012 in den Ruhestand getreten ist. Die für die Bewilligung des Unfallruhegehalts zuständige Dienststelle – hier das Landesamt für Finanzen – ist an die von der für die Feststellung des Eintritts in den Ruhestand zuständigen Dienststelle getroffene Entscheidung gebunden. Sie kann daher nur noch entscheiden, ob der Dienstunfall für die Dienstunfähigkeit ursächlich gewesen ist (vgl. Reich, BeamtVG, 1. Aufl. 2013, § 36, Rn. 4; BVerwG, U.v. 25.10.2007 – 2 C 22/06 – NVwZ-RR 2008, 193).
Vorliegend fehlt es allerdings an der Kausalität der Dienstunfallereignisse für die Dienstunfähigkeit der Klägerin. Als Ursachen im Rechtssinne sind nur solche für den eingetretenen Schaden ursächlichen Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen (natürlich-logischen) Sinne anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann hiernach auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder (und) beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen – zu denen auch die bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört – eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demgemäß sogenannte Gelegenheitsursachen, das heißt Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlicher Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. BVerwG, U.v.30.6.1988 – BVerwG 2 C 77.86 – m.w.N.; U.v. 15.9.1994 – 2 C 24/92 – juris Rn. 17).
Der im Dienstunfallrecht maßgebende Ursachenbegriff zielt auf eine dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechende sachgerechte Risikoverteilung ab. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2007 – 2 A 9/04 – BeckRS 2007, 23098 Rn. 8; VGH BW, U.v. 12.6.2012 – 4 S. 1384 – BeckRS 2012, 53412).
Im Dienstunfallrecht gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze. Für das Vorliegen des Dienstunfalls und der Kausalität für die Unfallfolgen ist grundsätzlich der volle Beweis („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) zu erbringen. Die Beweislast trägt der Beamte. Lassen sich die den Anspruch begründenden Voraussetzungen trotz Ausschöpfung aller verfügbaren Mittel nicht klären, so geht dies zu seinen Lasten (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1981 – 2 C 17.81 – Buchholz 232 § 46 Nr. 3 und v. 16.11.1989 – 2 C 50.87 – Buchholz 237.7 § 34 Nr. 8 jeweils m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann die Dienstunfähigkeit der Klägerin nicht überwiegend auf die erlittenen Dienstunfälle vom 24. Januar 2000 und vom 4. Oktober 2011 zurückgeführt werden. Entsprechend der Feststellungen des gerichtlich bestellten neurologisch-psychiatrischen Gutachters, denen die Klägerseite nicht substantiiert entgegengetreten ist, hat weder der Dienstunfall vom 24. Januar 2000 noch der Dienstunfall vom 4. Oktober 2011 wesentlich an der Entstehung der Dienstunfähigkeit mitgewirkt. Demnach habe die im Rahmen des ersten Dienstunfalls vom 24. Januar 2000 aufgetretene Gesundheitsstörung einer Distorsion des rechten Daumensattelgelenks im weiteren Verlauf zu zwei operativen Eingriffen geführt, die dann als bleibende Gesundheitsstörung auf neurologischem Fachgebiet eine Schädigung des Ramus superficialis des rechten Nervus radialis mit sensiblen Störungen und schmerzbedingten Beeinträchtigungen der rechten Hand bedingt hätten. Diese Gesundheitsstörungen seien nicht so beeinträchtigend, dass damit aus neurologischer Sicht eine Dienstunfähigkeit als Fachlehrerin begründet werden könne. Dies habe nach den Ausführungen des Herrn Dr. Be…auch die Tatsache gezeigt, dass die Klägerin trotz der genannten Gesundheitsstörungen als Beamtin auf Lebenszeit eingestellt worden sei (Lebenszeitverbeamtung zum 29. Mai 2007) und bis 2011 in diesem Beruf gearbeitet habe. Durch den zweiten Dienstunfall am 4. Oktober 2011 sei es aus neurologisch-psychiatrischer Sicht zu keiner weiteren substantiellen Schädigung des Nervensystems gekommen. Durch den erlittenen Schlag auf das vorgeschädigte Areal am rechten Handgelenk habe allenfalls eine leichte und vorübergehende Zunahme der vorbestehenden Beschwerden angenommen werden können. Auch dieser Dienstunfall könne aus neurologischer Sicht eine Dienstunfähigkeit nicht begründen. Eine psychiatrische Erkrankung sei zu keinem Zeitpunkt dokumentiert worden und habe auch im Rahmen der jetzt durchgeführten gutachterlichen Untersuchung nicht festgestellt werden können. Darüber hinaus seien die beiden Unfälle nicht geeignet, ernsthafte psychische Erkrankungen auszulösen (vgl. 44ff. der GA). Zu ähnlichen Einschätzungen gelangten auch die seitens des Beklagten bereits im Verwaltungsverfahren beauftragten neurologisch-psychiatrischen Gutachter. So schätzte Prof. Dr. B… auf rein neurologischem Fachgebiet die unfallassoziierte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 10%. Unter Berücksichtigung des handchirurgischen Gutachtens von Herrn PD Dr. S… (vgl. Bl. 149ff., Beiakte III), der ausschließlich auf handchirurgischem Fachgebiet eine MdE in Höhe von 10% aufgrund der Affektion des Daumensattelgelenks rechts gesehen habe, sei bei fehlender Überlappung und dem Vorliegen eines behandlungsbedürftigen neuropathischen Schmerzsyndroms eine Gesamt-MdE von 20% anzunehmen. Auch Prof. Dr. B…sah bei der Klägerin keine psychischen oder psychiatrischen Begleitsymptome. Vielmehr wies er darauf hin, dass die Klägerin nach dem 24. Januar 2000 wieder gearbeitet habe und nach vorheriger ärztlicher Untersuchung in den Beamtenstatus übernommen worden sei. Der Dienstunfall vom 4. Oktober 2011 habe auch seiner Einschätzung nach zu keiner nachhaltigen oder anderweitig relevanten strukturellen zusätzlichen Schädigung geführt. Das Ereignis sei bereits nicht dazu geeignet, bleibende Schäden zu verursachen (vgl. Bl. 136ff. Beiakte VI). Schließlich kommt auch das neurologisch-psychiatrische Gutachten der Frau Dr. med. K…vom 14. November 2012 zu dem Ergebnis, dass die dienstunfallbedingten Körperschäden aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht geeignet seien, eine dauerhafte Dienstunfähigkeit zu verursachen (vgl. Bl. 91, Beiakte VI). Nach alledem kann eine Kausalität der Dienstunfallereignisse bzw. eines der beiden erlittenen Dienstunfälle für die seitens der Regierung von Oberfranken bestandkräftig festgestellte Dienstunfähigkeit der Klägerin nicht festgestellt werden.
Abweichendes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Amtsärztin der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung von Oberfranken. Zwar veranlasste ihr Gesundheitszeugnis vom 18. Juli 2012 die Regierung letztlich zur Ruhestandversetzung der Klägerin. Diesem Gesundheitszeugnis zu Folge, dem eine körperliche Untersuchung der Klägerin zugrunde lag, besteht bei der Klägerin eine chronische Erkrankung auf neurologischem Fachgebiet. Durch den Dienstunfall vom 4. Oktober 2011 habe sich die Schmerzsituation verschlechtert. Seither bestehe eine ausgeprägte Angst vor Berührungen der rechten Hand und des rechten Unterarms. Daher sei die Klägerin dauernd unfähig, die dienstlichen Pflichten ihrer bisherigen Tätigkeit zu erfüllen. Auch bestünden weder eine begrenzte Dienstfähigkeit noch eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit. Als Diagnosen führte die Amtsärztin eine Neuralgie des Ramus superficialis des Nervus radialis rechts mit neuropathischem Schmerzsyndrom und eine phobische Angst vor Berührung des rechten Unterarms an. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkretisierte die Amtsärztin ihre Feststellungen dahingehend, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der vorgenannten Begutachtung neun Monate dienstunfähig krank geschrieben gewesen sei und damit seit dem zweiten Dienstunfall am 4. Oktober 2011 keinen Dienst mehr verrichtet habe. Bis zum zweiten Dienstunfall sei die Klägerin nach den Ausführungen der Amtsärztin hingegen „gesund“ gewesen. Infolge des zweiten Dienstunfalls habe sich – so die Amtsärztin weiter – bei der Klägerin eine phobische Angst vor Berührungen entwickelt, aufgrund derer sie den Anforderungen des Schulbetriebs nicht mehr habe gerecht werden können. Die Amtsärztin erläuterte, dass die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Begutachtung kaum eine körperliche Untersuchung zugelassen habe. Zur Begrüßung habe sie die linke Hand gereicht. Auch seien zum damaligen Zeitpunkt bereits sehr viele therapeutische Maßnahmen durchgeführt worden. Vor diesem Hintergrund habe die Amtsärztin im Rahmen der von ihr zu treffenden Sechsmonatsprognose kein positives Leistungsbild beschreiben können. Eine Unterrichtssituation sei für die Klägerin ihrer Einschätzung zufolge nicht leistbar gewesen. Auf Vorhalt des Gerichts, dass die Medizinische Untersuchungsstelle anlässlich eines Gesundheitszeugnisses vom 17. November 2011 und damit einige Wochen nach dem zweiten Dienstunfall vom 4. Oktober 2011 noch zu dem Ergebnis gelangt sei, dass auch nach dem zweiten Unfallgeschehen eine vollschichtige Verwendung der Klägerin möglich sei, erläuterte die Amtsärztin Frau Dr. …, dass insoweit keine körperliche Untersuchung der Klägerin stattgefunden habe.
Gleichwohl folgt auch aus den Einschätzungen der Amtsärztin keine Ursächlichkeit des zweiten Dienstunfalls für die Dienstunfähigkeit der Klägerin. Zum einen widerspricht die Einschätzung der Amtsärztin den übereinstimmenden Ergebnissen der neurologisch-psychiatrischen Gutachter, wonach der Schlag mit einer Plastikkehrschaufel zu keiner weiteren substantiellen Schädigung des Nervensystems geführt, sondern allenfalls eine leichte und vorübergehende Zunahme der vorbestehenden Beschwerden bedingt hat. Soweit die Amtsärztin die Dienstunfähigkeit der Klägerin auf eine phobische Angst zurückführt, kann auch insoweit keine Kausalität des zweiten Dienstunfallgeschehens für die Dienstunfähigkeit der Klägerin angenommen werden. Als Unfallfolge des zweiten Dienstunfalls wurde lediglich eine Prellung des rechten Handgelenks anerkannt. Auch führten die neurologisch-psychiatrischen Gutachter Dr. Be**, Prof. Dr. B… sowie Dr. K… übereinstimmend aus, dass eine psychiatrische Erkrankung bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt dokumentiert worden sei und auch im Rahmen ihrer Begutachtungen nicht habe festgestellt werden können (s.o.). Darüber hinaus wiesen sowohl Dr. Be** wie auch Prof. Dr. B… ausdrücklich darauf hin, dass beide Unfälle nicht geeignet gewesen seien, ernsthafte psychische Erkrankungen auszulösen. Mithin fehlt es jedenfalls in Anbetracht der o.g. vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Lehre von der wesentlich mitwirkenden Teilursache trotz des seitens der Amtsärztin angenommenen psychiatrischen Befundes an einer Ursächlichkeit des zweiten Dienstunfalls für die Dienstunfähigkeit der Klägerin. Demnach beruhen psychische Erkrankungen jedenfalls dann regelmäßig nicht auf einem Dienstunfall, wenn der Beamte nur verhältnismäßig geringe Unfallfolgen erlitten hat (vgl. BVerwG, B.v. 26.9.2012 – 2 B 97.11 – juris Rn. 14). Dass hier ein Ausnahmefall vorliegen könnte, ist aus dem Vortrag der Klägerseite nicht ersichtlich. Angesichts der Tatsache, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige ausführte, dass die Klägerin sich selbst weder bei der Anamneseerhebung noch im Rahmen der Selbstbeurteilungsbögen als psychisch krank einschätzte und sie ihren eigenen Einlassungen zufolge ihren Tagesablauf mit Haushalt, Kinderbetreuung sowie diversen Nebentätigkeiten weitgehend unbeeinträchtigt organisieren könne, liegt die Möglichkeit einer psychischen Erkrankung im Sinne einer phobischen Angststörung nicht nahe, zumal der zweite Dienstunfall lediglich zur anerkannten Körperfolge „Prellung des rechten Handgelenks“ geführt hatte. Vielmehr muss mit den übereinstimmenden fachgutachterlichen Feststellungen davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem zweiten Dienstunfall um einen Bagatellunfall handelte, der lediglich eine rein zufällige Beziehung zur bestandskräftig festgestellten Dienstunfähigkeit aufweist.
Abweichendes folgt auch nicht – wie von Klägerseite geltend gemacht – aus der amtsärztlichen Stellungnahme des Landratsamtes … vom 11. Januar 2013 (Bl. 72 der Beiakte VI). Zwar wird darin ausgeführt, dass die Ruhestandsversetzung der Klägerin überwiegend auf die Dienstunfälle zurückzuführen sei. Auch insoweit wird wohl implizit ein psychiatrischer Befund infolge des zweiten Dienstunfallgeschehens angenommen, wenn ausgeführt wird, dass eine psychotherapeutische Behandlung eindeutig wegen „Angst vor Nähe“ bei dienstunfallbedingten Schmerzen des berührungsempfindlich unfallgeschädigten rechten Armes durchgeführt worden sei. Wenig konsistent wird allerdings weiter ausgeführt, dass eine daraufhin durchgeführte spezielle Traumatherapie bei einer Psychotherapeutin nach zwei Sitzungen abgebrochen worden sei, da die bei der Klägerin vorliegenden „Schutzreaktionen“ (i.S.e. Berührungsvermeidung) für krankheitsbedingt sinnvoll eingeschätzt wurden und daher nicht „wegtherapiert“ werden sollten. Auf der Grundlage welchen Befundes die Amtsärztin des Landratsamtes … jedoch sodann zu der Einschätzung gelangt ist, die Dienstunfälle seien für die Dienstunfähigkeit der Klägerin kausal, bleibt unklar. Vor dem Hintergrund der anderslautenden Begutachtungen des Dr. Be** sowie des Prof. Dr. B…, wonach beide Unfallereignisse bereits nicht geeignet gewesen seien, ernsthafte psychische Erkrankungen auszulösen und in Anbetracht des weitgehend unbeeinträchtigten Alltags der Klägerin mit Haushaltsführung, Bürotätigkeit und Kinderbetreuung, können die seitens der Amtsärztin angestellten Kausalitätserwägungen nicht nachvollzogen werden. Hinzu kommt, dass der zweite Dienstunfall in Form eines Schlages mit einer Plastikkehrschaufel und damit letztlich ein Bagatellereignis, nach den übereinstimmenden Einschätzungen der Fachgutachter keine weitere substantielle Schädigung des vorgeschädigten Nervensystems zur Folge hatte und lediglich eine leichte und vorübergehende Zunahme der klägerischen Beschwerden bedingte. Wie dieses Ereignis dann gleichwohl dazu geeignet gewesen sein soll, in Folge psychischer Verarbeitung durch die Klägerin deren dauernde Dienstunfähigkeit zu bedingen, bleibt im Rahmen der amtsärztlichen Stellungnahme unerklärt.
Folglich kann auf der Grundlage der im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren durchgeführten neurologisch-psychiatrischen Begutachtungen nicht davon ausgegangen werden, dass die von der Klägerin erlittenen Dienstunfälle bzw. einer dieser Dienstunfälle kausal für die seitens der Regierung von Oberfranken festgestellte Dienstunfähigkeit der Klägerin waren. Mithin kommt die Gewährung eines Unfallruhegehalts nicht in Betracht.
Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.
II.
Als unterlegene Beteiligte hat die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 f. der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.


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