Aktenzeichen L 19 R 1005/13
Leitsatz
1. Der Vormerkung einer Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung steht nicht entgegen, dass bereits für diese Zeit Pflichtbeitragszeiten aus einer (nach Verzicht auf die Versicherungsfreiheit) versicherungspflichtigen geringfügigen Beschäftigung entrichtet wurden.
2. Als Übergangszeit und damit anzuerkennende Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung gilt auch die Zeit, um die sich die Aufnahme des Studiums deshalb verzögert, weil von “hoher Hand” aufgrund einer staatlichen Anordnung der Studienbeginn nicht früher möglich ist (hier: Wehrdienst).
3. Bei der Vormerkung einer Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung kann das Ende der Hochschulausbildung frühestens dann angenommen werden, wenn alle Prüfungsabschnitte absolviert sind und der Versicherte weiß, dass er sein Studium erfolgreich abgeschlossen hat. Dies ist im Zweifel erst mit der Aushändigung des Abschlusszeugnisses der Fall.
Verfahrensgang
S 12 R 508/13 2013-08-29 GeB SGNUERNBERG SG Nürnberg
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers hin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.08.2013 und der Bescheid der Beklagten vom 23.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.04.2013 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, für den Kläger die Zeiten vom 01.07.2000 bis 03.09.2000, vom 01.08.2001 bis 30.09.2001 und vom 09.12.2010 bis 14.03.2011 als Anrechnungszeiten wegen Schulbesuchs festzustellen.
III. Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Sie ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht mit Gerichtsbescheid vom 29.08.2013 einen Anspruch des Klägers auf Feststellung weiterer Anrechnungszeiten wegen Schulbesuchs abgelehnt.
Anspruchsgrundlage für die Feststellung dieser Anrechnungszeiten ist § 149 Abs. 5 i.V.m. § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI. Gemäß § 149 Abs. 5 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits geklärten Daten durch Bescheid fest. Gemäß § 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI wird über die Anrechnung und Bewertung dieser im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei Feststellung einer Leistung, im Zweifel also erst bei einer Rentengewährung entschieden. Im Vormerkungsverfahren wird deshalb nur geprüft, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist. Selbst wenn im Einzelfall jegliche leistungsrechtliche Auswirkung einer Ausbildung als Anrechnungszeit verneint werden könnte, kann die Vormerkung einer derartigen Anrechnungszeit nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, zum Zeitpunkt des Leistungsfalls könne sich das bei der Berechnung der Leistung anzuwendende Recht geändert haben. Entscheidend ist, ob nach derzeitigem Recht generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rechtenversicherungsrechtlich relevant werden könnte (BSG, Urteil vom 10.02.2005, Az. B 4 RA 26/04 R unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-2600 § 58 Nr. 13 S. 70 m.w.N.; veröffentlicht bei juris). Eine weitere rentenrechtliche Relevanz dieser Zeiten im Leistungsfall ist gegenwärtig jedenfalls nicht auszuschließen, z. B. im Hinblick auf die Zuordnung rentenrechtlicher Zeiten als beitragsgemindert (§ 54 Abs. 3 SGB VI) oder für eine günstigere Bemessungsgrundlage bei der Rentenberechnung von länger Versicherten (§ 262 und § 70 Abs. 3a SGB VI) (vgl. Dankelmann, in: Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl., 2013, § 58 Rdnr. 27 m.w.N.). Zudem geht es dem Kläger nach Auskunft seines Prozessbevollmächtigten auch um die Frage, in welchem Umfang freiwillige Beiträge nach § 207 SGB VI für diese Zeiten nachentrichtet werden können. Hierfür ist entscheidend, wann die 8-Jahres-Grenze nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI als Höchstgrenze für Anrechnungszeiten erreicht wird, weil eine Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nur möglich ist für Zeiträume, die grundsätzlich als Anrechnungszeiten anerkennungsfähig sind (§ 207 SGB VI). Die Zeiten vom 01.07.2000 bis 03.09.2000 und vom 01.08.2001 bis 30.09.2001 sind als Übergangs-Anrechnungszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten als rentenrechtliche Anrechnungszeiten des Klägers festzustellen.
Gemäß § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in den Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BSG, dass die Zeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten – vorliegend zwischen Gymnasium mit dem bestandenen Abitur und dem Informatikstudium – grundsätzlich eine Übergangszeit darstellt, die als Anrechnungszeit wegen Schulbesuchs zu werten ist (BSG, Urteil vom 10.02.2005; Az. B 4 RA 26/04 R, Rdnr 16 ff., veröffentlicht bei juris). Ebenfalls als Übergangszeit und damit anzuerkennende Anrechnungszeit gilt nach der Rechtsprechung des BSG die Zeit, um die sich die Studiumsaufnahme deshalb verzögert, weil „von hoher Hand“ aufgrund einer staatlichen Anordnung der Studienbeginn nicht früher möglich ist, d. h. insbesondere bei bestehender Wehrpflicht bzw. bei zu leistendem Zivildienst (BSG vom 10.02.2005, a.a.O., Rdnr. 17; BSG Urteil vom 17.04.2007, Az. B 5 R 62/06 R, Rdnr. 14 ff.; BSG Urteil vom 06.05.2010, Az. B 13 R 118/08 R, Rdnr. 24 ff.; jeweils veröffentlicht bei juris).
Die in diesen Urteilen genannten besonderen Voraussetzungen für die Anerkennung einer solchen Übergangszeit erfüllt der Kläger. Die Unterbrechungszeiten waren generell unvermeidbar, waren (schul-)organisatorisch bedingt typisch. Sie waren von vorneherein auf maximal vier Monate begrenzt und die Ausbildung sollte nach den Ferien auch fortgeführt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG vom 17.04.2007, Rdnr. 15 und 18 m.w.N.). Der Kläger hat sein Abitur am 30.06.2000 bestanden und hat die Schule zu diesem Zeitpunkt mit dem Willen verlassen, ein Hochschulstudium zu absolvieren. Dieses Studium hat er am 01.10.2001 aufgenommen. Die lange Dauer der Unterbrechung ist auf die damals staatlich angeordnete Pflicht zur Absolvierung des Wehr- bzw. Zivildienstes zurückzuführen gewesen. Der Kläger hat diesen staatlich angeordneten Dienst am 04.09.2000 aufgenommen und am 31.07.2001 beendet. Damit sind diese Übergangszeiten als Anrechnungszeiten wegen Schulbesuch im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI zu bewerten, weil es sich um Unterbrechungen zwischen zwei Ausbildungsabschnitten handelt. Die Rechtsprechung begründet diese erweiterte Übergangsanrechnungszeit damit, dass Versicherte, die eine vom Gesetzgeber vorgesehene typisierte Ausbildung aus von ihnen nicht zu vertretenden organisationsbedingten Gründen ungewollt und unvermeidbar nicht zügig fortsetzen und dementsprechend erst später eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen können, in dem entsprechenden zeitlichen Rahmen keinen rentenversicherungsrechtlichen Nachteil erleiden sollen (BSG, B 4 RA 26/04 R, Rdnr. 19 m.w.N.).
Der Anerkennung der vom Kläger gerügten Zeiten als Anrechnungszeiten steht auch nicht der Umstand entgegen, dass der Kläger in diesen beiden Zeiträumen vom 01.07.2000 bis 03.09.2000 und vom 01.08.2001 bis 30.09.2001 eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV – ausgeübt hat. Nach dem damals geltenden Recht war die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung eine versicherungsfreie Tätigkeit. Der Eintritt einer Versicherungspflicht nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und die daraus folgende Verpflichtung zur Entrichtung von Pflichtbeiträgen war damit nicht verbunden. Jedoch konnte auf die Versicherungsfreiheit verzichtet werden. Durch den Verzicht auf die Versicherungsfreiheit wird diese Tätigkeit nicht zu einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im Sinne des § 1 SGB VI, sondern führt lediglich zu einer Abführung von pauschalen Beiträgen nach § 172 SGB VI überwiegend durch den Arbeitgeber, teilweise durch den Versicherten in letztlich meist eher unerheblicher Höhe.
Hätte der Kläger nicht auf die Versicherungsfreiheit verzichtet, könnte er unproblematisch die von der Rechtsprechung anerkannten Übergangsanrechnungszeiten für sich beanspruchen, weil diese Zeiten zwischen 2 Ausbildungsabschnitten liegen und ihm für diese Zeiträume aufgrund der Ausbildungssituation nicht zugemutet werden kann, eine versicherungspflichtige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen.
Entgegen der Auffassung des SG steht der Umstand, dass der Kläger in den ersten beiden streitgegenständlichen Zeiträumen eine geringfügige Beschäftigung unter Verzicht auf die Versicherungsfreiheit ausgeübt hat und insoweit Pflichtbeitragszeiten im Versicherungsverlauf vermerkt sind, der Anerkennung einer Anrechnungszeit nicht entgegen. Zwar ist durch diese Pflichtbeiträge tatsächlich keine Lücke im Versicherungsverlauf ersichtlich, die im Hinblick auf eine rentenrechtlich relevante Wartezeiterfüllung problematisch sein könnte. Hier sind durchgehend alle Zeiten als belegt anzusehen. Gleichwohl ist unter Berücksichtigung des von der Rechtsprechung, insbesondere des BSG entwickelten Schutzgedankens der Anerkennung von Anrechnungszeiten wegen Schulbesuch davon auszugehen, dass sich der Kläger – trotz der geringfügigen Beschäftigung – in einer vergleichbar schutzbedürftigen Situation befunden hat wie ein Schüler bzw. Student und Wehrpflichtiger oder Zivildienstleistender, der in der Zwischenphase zwischen zwei Ausbildungsabschnitten überhaupt keine Beschäftigung oder eine geringfügige Beschäftigung ausüben würde, hierbei aber nicht auf die Versicherungsfreiheit verzichtet hat und infolge dessen keine Abführung von pauschalen (geringen) Beiträgen durch einen Arbeitgeber stattfindet. Der Kläger war ebenso aufgrund seines Ausbildungsstadiums, in dem er sich jeweils befunden hat, an der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des allgemeinen Arbeitsmarktes mit nachfolgender Versicherungspflicht nach § 1 SGB VI ohne sein Verschulden gehindert, so dass er nicht in der Lage war, seine rentenrechtliche Absicherung selbst zu betreiben. Die Ausbildung hat auch keine anderweitige rentenrechtliche Absicherung erfahren wie etwa die Absolvierung eines freiwilligen sozialen Jahres (vgl. BSG Urteil vom 17.04.2007, B 5 R 62/06 R, Rdnr 14 ff. m.w.N.; BSG Urteil vom 06.05.2010, B 13 R 118/08 R jeweils veröffentlicht bei juris).
Dem SG ist des Weiteren nicht zu folgen, soweit es von einer „Denknotwendigkeit“ ausgeht, dass keine Anrechnungszeiten festgestellt werden könnten. Die Annahme, dass die Schule mit dem Abitur bzw. dem Aushändigen des Abiturzeugnisses beendet gewesen sei, ist im Hinblick auf die Beendigung der Schule als solche zwar zutreffend. Dieser Umstand der Beendigung der Schule mit Absolvierung der Abschlussprüfung ist aber dann irrelevant, wenn eine weitere Ausbildung bzw. ein weiterer Ausbildungsabschnitt beabsichtigt ist und dieser aus vom Versicherten nicht zu vertretenden organisatorischen Gründen oder kraft staatlicher Anordnung nicht unverzüglich aufgenommen werden kann. Der Kläger befand sich exakt in der Pause zwischen zwei Ausbildungsabschnitten und damit in der „klassischen“ Situation eines Abiturienten, der beabsichtigt, ein Hochschulstudium aufzunehmen – verzögert lediglich durch den staatlich angeordneten Wehr- bzw. Zivildienst. Gerade diese Übergangszeit zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten wird von der Rechtsprechung als Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI angesehen und damit als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung.
Auch § 58 Abs. 4a SGB VI, auf den sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers bezogen hat, verdeutlicht bereits nach seinem Wortlaut, dass ein Nebeneinander von Pflichtbeiträgen aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und in der gleichen Zeit eine Anrechnungszeit wegen Schulbesuch rentenrechtlich möglich ist, wenn der Schulbesuch die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt. Zwar ist die Vorschrift des § 58 Abs. 4a SGB VI vorliegend nicht anwendbar insoweit, als sie eine versicherte Beschäftigung begleitend zum Schulbesuch voraussetzt, etwa bei Ausbildungen im zweiten Bildungs Weg mit einer dafür reduzierten Arbeitszeit und einem reduzierten Einkommen in der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 1 Nr. 1 SGB VI hat der Kläger in der fraglichen Zeit nicht ausgeübt. Für den Senat entscheidend ist aber der aus § 58 Abs. 4a SGB VI folgende Rechtsgedanke, dass ein rentenrechtlicher Ausgleich durch Anrechnungszeiten vorgesehen wird, wenn infolge einer Ausbildung eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine begrenzte Zeit nicht aufgenommen werden kann und damit eine eigene ausreichende rentenrechtliche Absicherung durch das Abführen angemessener Pflichtbeiträge nicht möglich ist.
Während des Schulbesuchs des Klägers wurden von der Beklagten zeitgleich Pflichtbeiträge wegen geringfügiger versicherungspflichtiger Beschäftigung und Anrechnungszeiten wegen Schulbesuchs nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI anerkannt. Ein rechtlicher Grund, weshalb dies in der Zwischenphase zwischen zwei Ausbildungsabschnitten rechtlich nicht mehr zulässig sein könnte, ist nicht ersichtlich. Auch die Zeit zwischen dem Ablegen der Diplomprüfung am 08.12.2010 und der Aushändigung des Abschlusszeugnisses am 17.03.2011 ist eine anzuerkennende Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI.
Der Kläger hat in dieser Zeit keine geringfügige Beschäftigung mehr ausgeübt, so dass sich die oben dargelegte Problematik hier nicht stellt. Fraglich ist deshalb allein, ob eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit des Klägers auch für die Zeit nach Ablegung der Prüfung am 08.12.2010 bis zur Aushändigung des Abschlusszeugnisses gesehen werden kann. Das BSG hat in seinem Urteil vom 10.02.2005 (Az. B 4 RA 26/04 R, a.a.O.) ein Ende der Schulausbildung mit der Aushändigung des Abitur- bzw. Abschlusszeugnisses angenommen. Bei dieser Entscheidung ging es allerdings um die Frage, ob eine Überschreitung des 4-Monats-Zeitraums, der aufgrund der bestehenden Regelungen im Kindergeldrecht und bei Waisenrenten als unschädliche Zwischenzeit angesehen wird, einem weiteren Anspruch entgegenstehen könnte. Ob eine uneingeschränkte Übertragung dieser Entscheidung auf die Frage der Beendigung eines Hochschulstudiums zu erfolgen hat, hat das BSG bisher nicht entschieden. Aufgrund unterschiedlicher Handhabung der Prüfungsmodalitäten in den Universitäten oder Fachhochschulen und je nach Studienfach ist jedenfalls davon auszugehen, dass ein Ende der Hochschulausbildung frühestens dann angenommen werden kann, wenn alle Prüfungsabschnitte absolviert sind und der Versicherte weiß, dass er sein Studium erfolgreich abgeschlossen hat. Dies ist im Zweifel erst mit der Aushändigung des Abschlusszeugnisses der Fall.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Befragen des Senats mitgeteilt, dass er die Diplomarbeit am 08.12.2010 bei seiner Universität abgegeben hatte, eine Bewertung der Arbeit war damals aber noch nicht erfolgt. Zudem hatte er eine mündliche Prüfung über den Inhalt seiner Diplomarbeit vor einem Prüfungsgremium abzulegen, die in die Gesamtnote miteinging. Diese Prüfung hat der Kläger im Februar 2011absolviert. Erst anschließend hat sich der Kläger auf versicherungspflichtige Tätigkeiten beworben und hat dann nach seinen eigenen Angaben sehr schnell eine Beschäftigung gefunden, die er versicherungspflichtig am 15.03.2011 aufgenommen hat.
Soweit sich das SG in seinen Entscheidungsgründen auf Entscheidungen des BSG vom 15.11.1973 bzw. 16.12.1997 gestützt hat, sind diese durch die zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen und vor allem durch die aktuelle Rechtsprechung des BSG seit 2005 unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der Anrechnungszeiten wegen Schulbesuchs als überholt anzusehen.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im Falle einer Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach § 207 SGB VI – die hier nicht streitgegenständlich ist – zwar Pflichtbeiträge einer Nachentrichtung entgegenstehen würden (§ 207 Abs. 1 SGB VI). Hierunter sind aber lediglich die Pflichtbeiträge aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach § 1 S. 1 SGB VI zu verstehen. Pauschale Beiträge nach § 172 Nrn. 3 und 3a SGB VI fallen nicht hierunter. Dies ist rechtlich auch konsequent, weil ein entsprechender Ausgleich rentenrechtlicher Nachteile durch eine lange Ausbildung nicht bereits mit den geringen pauschalen Beiträgen nach § 172 SGB VI erreicht werden kann und ggf. jemand, der geringfügig versicherungsfrei arbeitet, evtl. besser stehen könnte, als der Beschäftigte, der auf die Versicherungsfreiheit selbst verzichtet hat (Finke, in: Hauck/Noftz, SGB VI; § 207 SGB VI Rdnr. 21; Fichte, in: Hauck/Noftz, a.a.O., § 58 Rdnr. 214).
Nach alledem war auf die Berufung des Klägers hin der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg aufzuheben und die Beklagte zur Feststellung der geltend gemachten Zeiten als Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI zu verurteilen. Mit Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 29.08.2013 ist auch die Verhängung von Verschuldenskosten nach § 192 SGG gegenstandslos.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Zwar ist über die hier entschiedene Rechtsfrage bislang nicht höchstrichterlich entschieden worden. Der Senat sieht gleichwohl in der Entscheidung keine grundlegende Bedeutung, weil zwischenzeitlich rechtliche Änderungen im Hinblick auf die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse erfolgt sind und vorliegend zudem besondere persönliche Konstellationen des Klägers eine wesentliche Rolle gespielt haben. Ein Abweichen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt nicht vor, da der Senat sich der Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung von Übergangsanrechnungszeiten wegen Schulbesuchs in vollem Umfang angeschlossen hat.