Sozialrecht

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Aktenzeichen  L 19 R 870/14

Datum:
17.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 39653
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

S 14 R 383/11 2014-08-20 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung in der Zeit ab November 2010 und auch nicht auf eine Neugewährung zu einem späteren Zeitpunkt.
Dabei ist es unerheblich, ob Änderungen zur vorherigen gesundheitlichen Situation vorgelegen hatten oder nicht und ebenso ob der Kläger die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31.10.2010 zu Recht bezogen hatte oder nicht. Nach Ablauf einer zeitlich befristeten Rente sind bei der Entscheidung über die Weitergewährung die Voraussetzungen für eine Rentengewährung stets unabhängig und in vollem Umfang – wie bei einem Neuantrag – zu prüfen.
Gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1.voll erwerbsgemindert sind,
2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bestehen bei einem möglichen nahtlosen Anschluss der Rentengewährung unproblematisch fort, so dass es allein darauf ankommt, ob seinerzeit, d.h. ab 01.11.2010 eine volle Erwerbsminderung beim Kläger vorgelegen hatte oder nicht.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Eine volle Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI lag bei dem Kläger nach dem Ergebnis der Ermittlungen im Zeitraum ab 01.11.2010 nicht vor. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als 3 Stunden täglich hat nicht bestanden. Der Kläger wurde zeitnah von zwei ärztlichen Sachverständigen – Dr. G. und Dr. K. – untersucht, die das orthopädische, neurologische, psychiatrische und sozialmedizinische Fachgebiet abgedeckt haben. Dabei wurde insbesondere auf psychischem Gebiet eine aktuell verbesserte Situation beschrieben und beide Gutachter haben ausführlich dargelegt, warum die aktuellen Gesundheitsstörungen nur qualitative Einschränkungen der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit sich bringen und keine quantitativen. Diese sozialmedizinische Einschätzung wurde von nahezu sämtlichen in der Folgezeit gehörten Sachverständigen geteilt. Der Sachverständige Dr. D. hat die endgültige Beurteilung der Auswirkung psychischer Gesundheitsstörungen als für ihn nicht abschließend beurteilbar angesehen. Der Sachverständige Prof. Dr. K. kam zwar zu einer zeitlichen Einschränkung auf unter 3 Stunden, jedoch nicht im Rahmen einer eigenen Untersuchung, sondern durch Übernahme der Einschätzungen des Dipl.-Psych. Dr. K … Dessen Äußerungen haben – da nicht autorisiert und schon gar nicht durch das Sozialgericht im Rahmen der Beweisermittlung angeordnet – praktisch kein Gewicht. Allenfalls können die Untersuchungsergebnisse Anhaltspunkte vermitteln, wie es im Jahr 2014 um die psychische Situation beim Kläger gestanden haben könnte. Soweit Prof. Dr. F. Auswirkungen durch eine hormonelle Störung für möglich hält, steht nicht nur bisher der entsprechende Nachweis noch aus, sondern vor allem ist ein Rückbezug auf den November 2010 nicht hergestellt und nach Ansicht des Gerichts auf Grund der eingeschränkten Befundlage auch nicht mehr herstellbar. Die Darlegungen des behandelnden Arztes Dr. B. sind durch die Gutachter sozialmedizinisch anders eingeordnet worden; die von diesem angenommene quantitative Einschränkung erschien nicht überzeugend.
Der Senat hält in Auswertung der genannten Gutachten folgendes sozialmedizinisches Leistungsbild beim Kläger im November 2010 für gegeben: Dem Kläger waren auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus täglich mehr als sechs Stunden möglich. Tätigkeiten mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufige bückende und kniende Arbeiten, grobe Kraftbeanspruchung an die rechte Hand oder Anforderungen an die Feingeschicklichkeit und an das räumliche Sehen, besondere nervliche Belastungen und die Einwirkung von Nässe, Kälte, Zugluft sowie Lärm hätten vermieden werden müssen.
Ergänzend ist anzumerken, dass sich die Tatsache einer Stabilisierung der psychischen Situation des Klägers gegenüber dem Jahr 2005 schon im Vorgutachten der Dr. B. im Jahr 2008 angedeutet hatte, als beim Kläger ein mehr als 3-stündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschrieben worden war und die volle Erwerbsminderungsrente nur aus rechtlichen Gründen – sog. Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes – (weiter-)gewährt worden war. Hinzu kommt, dass aus fachärztlicher Sicht seinerzeit bestehende Therapieoptionen beschrieben worden waren, die nach ärztlicher Auffassung zu einer weiteren gesundheitlichen Besserung beigetragen hätten, wenn sie der Kläger – seinerzeit und zeitnah – genutzt hätte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts werden nämlich psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann – weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (BSG Urteil vom 12.09.1990 – 5 RJ 88/89; BSG Urteil vom 29.02.2006 – B 13 RJ 31/05 R – jeweils zitiert nach juris; BayLSG Urteil vom 21.03.2012 – L 19 R 35/08). Mit psychotherapeutischer Behandlung etwa hat der Kläger erst deutlich später begonnen, wobei es nicht darauf ankommt, dass diese Therapie aus heutiger Sicht nicht zu einer durchgreifenden Besserung geführt hat. Für den damaligen Zeitpunkt November 2010 sieht der Senat jedenfalls den Nachweis nicht geführt, dass die seinerzeit vom Kläger vorgebrachten Beschwerden auch mit ärztlicher Hilfe dauerhaft oder zumindest für absehbare Zeit nicht zu überwinden gewesen wären.
Zusätzlich würde eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 11.12.1969 – Az. GS 4/69; Beschluss vom 10.12.1976 – Az. GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75, GS 3/76 – jeweils zitiert nach juris) auch in Betracht kommen, wenn eine teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) vorliegen würde, eine Teilzeitbeschäftigung nicht ausgeübt würde und der Teilzeitarbeitsmarkt für den Kläger als verschlossen anzusehen wäre (s.a. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn 30 mwN). Aber auch eine derartige zeitliche Einschränkung auf zwar mehr als 3, aber weniger als 6 Stunden täglich hat ab November 2010 beim Kläger nach den Gutachten – wie dargelegt – nicht bestanden.
Zwar kann in bestimmten Ausnahmefällen eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung selbst ohne Vorliegen einer quantitativen Einschränkung erfolgen, wenn der Zugang zum Arbeitsmarkt anderweitig verschlossen ist. Für die Zeit ab November 2010 hat sich aus Sicht des Senates aber auch kein derartiger Ausnahmefall belegen lassen. Dabei ist nach der im Verfahren angesprochenen Rechtsprechung des BSG aus dem Jahr 2012 (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R – zitiert nach juris) vorzugehen. Die Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliegt bzw. vorgelegen hatte, umfasst dabei mehrere nacheinander zu durchlaufende Schritte: Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen des Betroffenen – hier des Klägers – Verrichtungen vorgenommen werden können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Nur wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen. Falls in diesem Schritt eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und dann die Einsatzfähigkeit des Betroffenen – hier des Klägers – hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand September 2016, § 43 SGB VI, Rn. 47 mwN).
Für den Senat ergeben sich trotz des festgestellten und oben näher beschriebenen eingeschränkten Leistungsbilds des Klägers keine ernsthaften Zweifel daran, dass beim Kläger ab November 2010 eine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden hatte. Sämtliche Arbeitsfelder wären als grundsätzlich geeignet anzusehen gewesen: Die Arbeitsfelder Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren unmittelbar, die übrigen d.h. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen jedenfalls unter Nutzung geeigneter Hilfsmittel. Die Einschränkungen der Arbeitsbedingungen beim Kläger – insbesondere hinsichtlich der Schwere der körperlichen Arbeit sowie bezüglich Zwangshaltungen und nervlicher Belastung – sind nicht so weitgehend, dass ganze Einsatzbereiche von vornherein weggefallen gewesen wären. Dabei sind zwar gelegentlich Teilbereiche wie etwa das Zusammensetzen von Kleinteilen nicht möglich, was aber nicht dazu führt, dass der gesamte Einsatzbereich nicht in Frage kommen würde. Hinzu kommt, dass die Sinneswahrnehmung des Klägers – abgesehen vom räumlichen Sehen – nicht weitergehend eingeschränkt ist, was weitere Arbeitsfelder etwa in der Überwachung eröffnet.
Aber selbst wenn man anders als der Senat von Zweifeln an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgehen wollte, würde es am Vorliegen einer schweren spezifischen Behinderung oder der Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen fehlen. Die Restfunktionen des rechten Armes reichen weit über die einer sogenannten Beihand hinaus, wovon sich der Senat neben den überzeugenden ärztlichen Darlegungen auch selbst ein Bild machen konnte. Wenn man nun berücksichtigt, dass selbst bei einer reinen Beihandfunktion noch keine funktionelle Einarmigkeit vorliegen würde, ist eine schwere spezifische Behinderung im Sinne der Rechtsprechung bei dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers nicht zu bejahen. Beim Kläger liegen zwar im Vergleich zu den Einschränkungen der Arbeitsbedingungen, die üblicherweise bei nervlich nicht anstrengenden, körperlich leichten Tätigkeiten ohnehin enthalten sind, zusätzlich Einschränkungen im Bereich der Kraftentfaltung und Fingerfertigkeit der rechten Hand und des räumlichen Sehens vor. Diese würden aber den Handeinsatz und das Sehen als solches jeweils nur für bestimmte Funktionen und nicht insgesamt beeinträchtigen, sodass – wenn es darauf überhaupt ankäme – die Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen ebenfalls nicht zu bejahen sein dürfte.
Schließlich hat die Beklagte auch vorsorglich hilfsweise Tätigkeiten benannt, auf die sich der Kläger verweisen lassen müsste, wenn man entgegen der Ansicht der Beklagten – die wie dargelegt vom Senat geteilt wird – die Benennung einer derartigen konkreten Verweisungstätigkeit als erforderlich ansehen wollte. Hier käme jedenfalls die Ausübung einer Pförtnertätigkeit in Betracht. Diese würde überwiegendes Sitzen, aber auch gelegentliches Stehen und Gehen, also den erforderlichen Wechselrhythmus, ermöglichen. Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Bücken und Knien, grobe Kraftanwendung und Anforderungen an das räumliche Sehen werden nicht abverlangt. Erforderliche Notizen kann der Kläger vornehmen, zumal ärztlicherseits sogar das nicht gehäufte Bedienen einer Tastatur und einer Computermaus als möglich beschrieben worden war. Besondere nervliche Belastungen sind allenfalls an Arbeitsplätzen mit besonders viel Publikumsverkehr zu erwarten. Einwirkungen von Nässe, Kälte, Zugluft sowie Lärm auf die Bediensteten werden an modernen Pforten regelhaft vermieden.
Soweit sich der Kläger auf die frühere Entscheidung des BSG vom 11.05.1999, B 13 RJ 71/97 R, beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Dies ergibt sich schon daraus, dass dort die Frage zu beurteilen war, ob im Falle der dort zu prüfenden Berufsunfähigkeit ausnahmsweise auf die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit verzichtet werden konnte, weil eine uneingeschränkte Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kam, während es im Fall des Klägers darum geht, ob bei einer Prüfung auf Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI und der damit verbundenen grundsätzlichen Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich ist. Aus den Einzelheiten der dortigen medizinischen Situation lässt sich ebenfalls nichts herleiten, weil zum einen ein Berufen auf Vergleichsfälle dem deutschen Rechtssystem wesensfremd ist und zum anderen in der dortigen Entscheidung eine Prüfung auf das Vorliegen einer konkreten Verweisungstätigkeit gar nicht erfolgt ist, während sie im Fall des Klägers hilfsweise vorgenommen worden ist.
Der Kläger war auch nicht gehindert gewesen, einen eventuellen Arbeitsplatz zu erreichen, nachdem ärztlicherseits die Voraussetzungen für das Vorliegen der sogenannten Wegefähigkeit bejaht worden waren. Die Wegefähigkeit besteht unabhängig von der Diskussion über den Umfang der möglichen Fahrtüchtigkeit des Klägers in Bezug auf die Nutzung seines PKW. Der Kläger hätte öffentliche Verkehrsmittel benutzen können und die Wegstrecken zur Haltestelle zu Fuß zurücklegen können. Dabei kommt es entgegen den Annahmen der Klägerseite nach der Rechtsprechung auf die konkreten Verhältnisse im ÖPNV am derzeitigen Wohnort des Klägers nicht an (vgl. Gürtner, a.a.O. Rn. 43 mwN)
Ebenso kommt es auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im erlernten oder im zuletzt ausgeübten Beruf nicht an, da der Kläger auf Grund seines Geburtsjahrgangs nicht mehr von der Ausnahmevorschrift des § 240 SGB VI erfasst ist.
Damit hat beim Kläger im November 2010 kein Anspruch auf nahtlose Gewährung einer Rente wegen voller oder – wie hilfsweise beantragt – teilweiser Erwerbsminderung bestanden.
Weitere Ermittlungen zum aktuellen Gesundheitszustand des Klägers sind nicht erforderlich, da für eine Rentengewährung auf Grund eines Neuantrags die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur dann erfüllt wären, wenn eine volle oder teilweise Erwerbsminderung spätestens im November 2012 eingetreten gewesen wäre. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt gehabt hätte. Unverändert ist zwar die allgemeine Wartezeit erfüllt. Die besondere Voraussetzung des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI, wonach in den letzten 5 Jahren – ggf. verlängert nach § 43 Abs. 4 SGB VI – vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 3 Jahre d.h. 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt sein müssen, ist für die Zeit ab Dezember 2012 ohne erneute Pflichtbeiträge nicht mehr zu erfüllen, nachdem der Kläger letztmals im Oktober 2010 eine rentenrechtlich relevante Zeit aufzuweisen hatte. Auch die Möglichkeit, dass ihm im Jahr 2018 noch einige Monate mit Beiträgen für Pflegetätigkeit zuerkannt werden könnten, ändert daran nichts. Es kommt auch kein Absehen von dieser Bedingung im Rahmen der Ausnahmevorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI in Betracht, da der Kläger nicht von dieser Vorschrift erfasst ist, da er im Jahr 1984 erst 10 Jahre alt war und die allgemeine Wartezeit damals noch nicht erfüllt gehabt hatte.
Einen Eintritt einer quantitativen Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitraum bis November 2012 sieht der Senat durch die im November 2011, April 2012 und Oktober 2012 bei den Gutachtern Dr. S., Dr. K. und Dr. Sch. erfolgten Untersuchungen und den daraus abgeleiteten sozialmedizinischen Beurteilungen nicht als gegeben an. Eine wesentliche Veränderung zu den für November 2010 ausführlich gewürdigten gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers ist nicht zu ersehen gewesen. Eine später eingetretene Verschlechterung – etwa zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. K. oder der Testung bei Dipl.-Psych. Dr. K. – könnte wegen der fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr zu einem Rentenanspruch des Klägers führen.
Somit sind auch die weiteren Hilfsanträge des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu einem späteren Zeitpunkt als November 2010 nicht begründet.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2014 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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