Sozialrecht

Fehlendes Rehabilitationsinteresse bei Fortsetzungsfeststellungsklage eines Referendars

Aktenzeichen  M 5 K 17.5928

Datum:
6.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18898
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 102 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 4
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1, Art. 12 Abs. 1
BV Art. 101
JAPO § 48 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, § 49 Abs. 1, § 56 S. 1 Nr. 2, § 71 Abs. 2
StGB § 238
RL 2000/78/EG Art. 9 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Es besteht kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse iSd § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung lediglich ein abstrakter Klärungsbedarf besteht. Ein berechtigtes Interesse und damit ein Feststellungsinteresse besteht nur bei einer konkrete Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitierungserfordernis oder einer schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch, wenn mit der gerichtlichen Feststellung die betroffene Position des Klägers verbessert werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Wiederholungsgefahr liegt nicht vor, wenn das Zweite Staatsexamen entgültig nicht bestanden wurde und der Referendar aus dem Vorbereitungsdienst entlassen wurde, da eine erneute Zuweisung zu einer Ausbildungsstelle nicht erfolgt. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein Rehabilitationsinteresse liegt nicht vor, da durch die Änderung der Zuweisung während des Pflichtwahlpraktikums bis zum Abschluss der Ausbildung keine diskriminierende und schutzwürdige Wirkung ausgeht, die zu einer Stigmatisierung des Betroffenen in der Öffentlichkeit führt. (Rn. 20 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Ausbildung bei einer anderen Station als der von einem Rechtsreferendar gewünschten verändert den Charakter oder den Schwerpunkt der Ausbildung nicht und stellt damit keinen schwerwiegenden Grundrechtseingriff in Art. 12 GG dar. (Rn. 23 – 26) (redaktioneller Leitsatz)
5 Ein Schadensersatzanspruch ist nicht ersichtlich, da sich die konkrete Station der Ausbildung während des Pflichtwahlpraktikums nicht auf das berufliche Fortkommen auswirkt. Entscheidend ist die Examensnote und die erreichte Platzziffer. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Entscheidung konnte ohne Anwesenheit der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung ergehen. Die Ladung enthält den Zusatz, dass für den Fall, dass ein Beteiligter nicht erscheint, auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Kläger wurde mit Postzustellungsurkunde am 31. März 2018 zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen. Erhebliche Gründe für eine Terminsänderung wurden von der Klagepartei nicht vorgetragen und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, weil es an dem hierfür erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt. Auch die Verpflichtungsklage mit dem Ziel, einen Zuteilungsbescheid zur Staatsanwaltschaft München I zu erlassen, ist unzulässig.
1. Die nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 7. Dezember 2017 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2017 festzustellen, ist unzulässig. Denn der Kläger verfügt nicht über das hierfür nötige Feststellungsinteresse.
Die ursprüngliche, auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids vom 7. Dezember 2017 sowie des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2017 gerichtete Anfechtungsklage hat sich erledigt, nachdem dem Kläger mit Bescheid vom 10. April 2018 mitgeteilt wurde, dass er den schriftlichen Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens nicht bestanden hat. Nach § 56 Satz 1 Nr. 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) vom 13. Oktober 2013 (GVBl S. 758), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Januar 2018 (GVBl S. 38), ist der Kläger aus dem Vorbereitungsdienst mit Zustellung der schriftlichen Mitteilung vom 10. April 2018 ausgeschieden. Das öffentliche-rechtliche Dienstverhältnis ist damit beendet.
Der Erledigung der Anfechtungsklage hat der Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dadurch Rechnung getragen, dass er den Klageantrag auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt hat.
Die Kläger kann sich jedoch nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Zulässig ist die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nur, wenn der Kläger im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 10 BV 13.1005 – juris Rn. 30) auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung und nicht nur einen abstrakten Klärungsbedarf hat. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 13; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris Rn. 20). Es ist dabei Sache des Klägers, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (zum Ganzen auch: BayVGH, U.v. 7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 28).
a) Eine Wiederholungsgefahr ist zu verneinen. Ein berechtigtes Interesse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (BVerwG, U.v. 2.11.2017 – 7 C 26.15 – juris Rn. 18). Da die Ausbildung des Klägers als Rechtsreferendar beendet ist und ihm insbesondere die Ableistung des Ergänzungsvorbereitungsdienstes nach § 71 Abs. 2 JAPO mit Bescheid vom 17. April 2018 erlassen wurde, wird für den Kläger bis zum Abschluss seiner Ausbildung kein öffentlich–rechtliches Dienstverhältnis mehr begründet. Eine erneute Zuweisung zu einer Ausbildungsstelle ist daher ausgeschlossen.
b) Die Zulässigkeit der Klage lässt sich auch nicht mit dem vom Kläger geltend gemachten Rehabilitationsinteresse begründen.
Ein Rehabilitationsinteresse liegt nur vor, wenn von der ursprünglichen Maßnahme eine diskriminierende Wirkung ausgeht, die auch nach der Erledigung der Maßnahme noch fortwirkt. Die diskriminierende Wirkung muss grundsätzlich von der erledigten Maßnahme selbst ausgehen und über die bloße Behauptung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme hinausgehen. Das Verlangen nach Rehabilitierung begründet nach ständiger Rechtsprechung darüber hinaus nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn es bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse des Einzelfalls auch als schutzwürdig anzuerkennen ist. Dafür reicht es nicht aus, dass der Betroffene die von ihm beanstandete Maßnahme subjektiv als diskriminierend empfunden hat. Maßgebend ist vielmehr, ob bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche (Nach-) Wirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungshandelns wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6.12 – juris Rn. 15). Hinzu kommt, dass sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergeben muss, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss deshalb Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 21; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris Rn. 25; B.v. 4.10.2006 – 6 B 64.06 – juris Rn. 10; insgesamt auch: BayVGH, U.v. 7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 32).
Die streitgegenständlichen Bescheide und die Änderung der Zuweisung des Klägers während des Pflichtwahlpraktikums bis zum Abschluss der Ausbildung haben keine Außenwirkung erlangt. Eine Herabsetzung seines Ansehens in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld war mit der streitgegenständlichen Maßnahme nicht verbunden. Insbesondere konnte der Kläger ohne Unterbrechung weiter an der Ausbildung teilnehmen. Auch die Argumentation, dass die der Zuweisungsänderung zugrunde liegenden Vorwürfe falsch und haltlos seien, begründet keine bis jetzt fortwirkende Stigmatisierung des Klägers. Die Begründung der Bescheide zur Änderung der Zuweisung des Klägers stützt sich im Wesentlichen auf die weitere Kontaktaufnahme trotz der Aufforderung das zu unterlassen, dem Betretungsverbot bei der Staatsanwaltschaft München I sowie dem Verhalten am 14. November 2017, als der Kläger von der Polizei auf einem Dach bzw. einer Dachterrasse angetroffen wurde. Das sind Umstände, die nicht nach außen gedrungen oder ohne weiteres von Dritten erkennbar sind. Insbesondere war dem Kläger die Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft ohne weiteres möglich. Die Begründung der Bescheide enthält auch kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten. Dem Kläger wird kein Strafvorwurf gemacht. Im Bescheid vom 7. Dezember 2017 ist nur davon die Rede, dass er sich bei einer weiteren Kontaktaufnahme nach § 238 des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar machen könnte (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38/12 – NdsVBl 2014, 124, juris Rn. 16). Das ist lediglich ein Hinweis auf eine mögliche Strafbarkeit. Die Beschlüsse nach dem Gewaltschutzgesetz (AG München, B.v. 8.2.2018 – 533 F 250/18; OLG München, B.v. 21.3.2018 – 12 UF 236/18) ergingen erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids. Die streitgegenständlichen Bescheide sind hierauf nicht gestützt. Insofern kann die angebliche Unrichtigkeit der diesen Beschlüssen zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen nicht angeführt werden, um ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse hinsichtlich der zuvor ergangenen Bescheide des Präsidenten des Oberlandesgerichts zu begründen.
c) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich hier auch nicht, weil die Maßnahme mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff, der sich typischerweise kurzfristig erledigt, verbunden gewesen wäre (BayVGH, U.v.7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 38; BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38.12 – NdsVBl 2014, 124, juris Rn. 18).
Hierzu fehlt es bereits an einem gewichtigen Grundrechtseingriff. Von besonderem Gewicht sind insbesondere Grundrechtseingriffe, die das Grundgesetz selbst unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 5.7.2013 – 2 BvR 370/13 – juris Rn. 19: Wohnungsdurchsuchung) oder die besonders sensible Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/Grundgesetz (GG) oder die Freiheit der Person gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG tangieren (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99 – juris Rn. 37: Abschiebungshaft). Eine vergleichbare Grundrechtsbetroffenheit ist im vorliegenden Fall jedoch auszuschließen.
Soweit der Kläger seine Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG wie auch Art. 101 der Verfassung des Freistaats Bayern/BV) tangiert sieht, wird in dieses Grundrecht nicht eingegriffen. Denn durch die Zuteilungsänderung soll ausdrücklich das Absolvieren einer ordnungsgemäßen Ausbildung sichergestellt werden (Bescheid vom 7.12.2017, S. 5). Durch die Änderung der Zuteilung im Pflichtwahlpraktikum von der Staatsanwaltschaft zu einem Zivilgericht wurde dem Wunsch des Klägers auf Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft nicht Rechnung getragen. Das stellt eine nur geringfügige Änderung des Ausbildungsablaufs dar, die keine Auswirkung auf die Berufsfreiheit hat. Selbst wenn diese berührt werden sollte, erfolgt das nur in einem geringfügigen Ausmaß.
Eine Ausbildung bei einer anderen Station als der von einem Rechtsreferendar gewünschten verändert den Charakter oder den Schwerpunkt der Ausbildung nicht. Denn sowohl die Staatsanwaltschaft wie auch das Zivilgericht gehören zum Berufsfeld 1. Justiz nach § 49 Abs. 1 JAPO. Hinzu kommt der überschaubare Zeitraum von drei Monaten zuzüglich der Zeit bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst (hier Zustellung des Bescheids vom 10. April 2018). Die Regelungen über die Ausbildung der Referendare im Pflichtwahlpraktikum (§ 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 JAPO) und bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst (§ 48 Abs. 3 Satz 1 JAPO) begründen weder vom grammatikalischen Verständnis („Die Rechtsreferendare werden ausgebildet:“) noch von der Systematik oder dem Sinn her einen Anspruch des einzelnen Referendars auf Zuweisung zu einer von ihm gewählten Ausbildungsstelle. Die entsprechenden Vorgaben der JAPO stellen lediglich objektiv-rechtliche Regelungen über den Ablauf der Ausbildung dar, ohne dem einzelnen Referendar eine subjektiv-rechtliche Rechtsposition auf Ausbildung bei einer bestimmten Stelle einzuräumen. Das zeigt auch der Blick auf das Beamtenverhältnis: Dort kommt dem einzelnen Beamten kein Anspruch auf Zuweisung oder Beibehaltung konkreter amtsangemessener Aufgaben zu. Eine Versetzung oder eine Umsetzung sind aus jedem dienstlichen Grund immer möglich (BVerwG, B.v. 7.4.2014 – 2 B 33/14 – Buchholz 232.01 § 35 BeamtStG Nr. 2, juris Rn. 10 m.w.N.). Wenn dort kein subjektiver Anspruch auf eine bestimmte Tätigkeit besteht, muss das erst recht in dem von geringeren rechtlichen Bindungen gekennzeichneten Referendarverhältnis nach der JAPO gelten. Zudem ist dort eine relativ rasche Abfolge wechselnder Ausbildungsstationen vorgegeben, was einem Anspruch auf Ausbildung bei einer bestimmten Behörde entgegensteht. Der Ausbildungsleitung wäre ansonsten eine organisatorische Reaktion beim Erreichen der Ausbildungskapazität mancher besonders gefragter Ausbildungsstationen nur schwer möglich, was zu einer Ausbildungsverzögerung führen könnte. Auch der Hinweis, dass dem Kläger durch die Ausbildung beim Landgericht die Wahrnehmung selbständiger Sitzungsleitungen nicht möglich sei, während die selbständige Sitzungsvertretung bei der Staatsanwaltschaft regelmäßig stattfinde, bedingt nichts anderes. Die konkrete Ausbildung steht im Ermessen des Ausbilders. Auf die Wahrnehmung bestimmter Tätigkeiten in der Stationsausbildung, insbesondere Sitzungsdienst, besteht kein Anspruch (BayVGH, U.v.7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 41 m.w.N.).
d) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines angekündigten Schadensersatzprozesses hergeleitet werden. Auch unter Anlegung eines strengen Maßstabs ist in keiner Weise ersichtlich, welcher Schaden dem Kläger durch die Änderung der Zuweisung entstanden sein soll, der im Wege der Amtshaftungsklage geltend gemacht werden könnte (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – BVerwGE 146, 303, juris Rn. 44). Denn es ist nicht ersichtlich, welchen Schaden der Kläger durch die Änderung der Zuweisung im Pflichtwahlpraktikum und bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst erlitten haben sollte. Das gilt sowohl hinsichtlich der angeführten Verletzung seines Persönlichkeitsrechts wie einer angeblich entgangenen Berufspraxis. Dem Kläger wurde das Absolvieren seiner Ausbildung auch während des Pflichtwahlpraktikums in dem von ihm gewählten Berufsfeld ermöglicht. Eine angeblich entgangene Berufspraxis, da der Kläger beim Landgericht in geringerem Umfang als bei der Staatsanwaltschaft selbständig Sitzungsdienst wahrnehmen kann, betrifft nur die Möglichkeit der Ausgestaltung der Ausbildung. Auch ein irgendwie zu bemessender Schaden ist unter keinen Umständen ersichtlich. Ob die Ausbildung während des Pflichtwahlpraktikums im Berufsfeld 1. Justiz bei der Staatsanwaltschaft oder dem Landgericht absolviert wird, kann sich nicht auf das berufliche Fortkommen auswirken. Das wird in erster Linie durch die Examensnote und die erreichte Platzziffer bestimmt sowie ergänzend durch weitere Auswahlverfahren potentieller Arbeitgeber und nicht durch die konkrete Stationsausbildung (BayVGH, U.v. 27.9.1995 – 3 B 95.491 – BayVBl 1996, 27/28).
e) Das Erfordernis eines besonderen Feststellungsinteresses für eine Klage gegen eine bereits erledigte Maßnahme widerspricht auch nicht dem Unionsrecht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 Abs. 1 RL 2000/78/EG. Das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage verstößt weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz (vgl. zum Ganzen ausführlich: BayVGH, U.v.7.3.2018 – 3 BV 16.2040 – juris Rn. 44 ff. m.w.N.).
2. Die Klage mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, einen Zuteilungsbescheid für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. März 2018 sowie vom 1. April 2018 bis zum Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst an eine/n Ausbilder/in bei der Staatsanwaltschaft München I zu erlassen, ist unzulässig.
Durch das Ausscheiden des Klägers aus dem Vorbereitungsdienst mit der Zustellung des Bescheids vom 10. April 2018 über das Nichtbestehen des schriftlichen Teil des Zweiten Juristischen Staatsexamens hat sich das Klagebegehren erledigt. Denn die geltend gemachte Zuweisung kann nicht mehr ergehen. Der Kläger hat diesen Antrag mit Schriftsatz vom 6. Mai 2018 ausdrücklich aufrecht erhalten, obwohl ihm sein Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst vor Augen stand. Eine prozessuale Konsequenz hat er für dieses Klageziel – anders als für die Änderung der Zuweisung – nicht gezogen.
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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