Sozialrecht

Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung

Aktenzeichen  S 8 R 107/18

Datum:
26.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 52923
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI § 43 Abs. 1

 

Leitsatz

Sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ausreichend Tätigkeiten denkbar, die der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann, besteht kein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Ob der Versicherte tatsächlich einen Arbeitsplatz findet, kann dabei unberücksichtigt bleiben, denn das Risiko, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern in denjenigen der Arbeitsverwaltung.  (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig (vgl. §§ 51, 57, 78, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Kammer konnte sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass der Kläger erwerbsgemindert im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist.
Versicherte haben Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, die teilweise (§ 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch – SGB VI -) bzw. voll (§ 43 Abs. 2 SGB VI) erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Kläger noch mindestens sechsstündig einsetzbar und auf objektiv und subjektiv zumutbare Beschäftigungen verweisbar. Maßgeblich für die Beurteilung der dem Kläger verbliebenen Leistungsfähigkeit sind dabei die medizinischen Befunde und die daraus folgende Bewertung, in welchem Umfang eine Arbeitsleistung noch zumutbar ist.
Das Gericht folgt vorliegend bei der Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers im Wesentlichen den Ausführungen des gehörten ärztlichen Sachverständigen Dr. C. vom 26.09.2018. Dieser kann in seinem Gutachten überzeugend darlegen, dass dem Kläger zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch eine mindestens sechsstündige Tätigkeit zumutbar ist. Es können noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen verrichtet werden. Vermieden werden müssen besondere nervliche Belastung, unfallgefährdeten Arbeitsplätze, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, häufige Arbeiten in Zwangshaltungen oder Überkopf, überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Klettern oder Steigen und ungünstige äußere Bedingungen.
Dieser sozialmedizinischen Beurteilung schließt sich das Gericht an. Der ärztliche Sachverständige gelangt zu dieser Einschätzung des Leistungsvermögens nach ausführlicher eigener Befunderhebung und unter Würdigung der bereits vorhandenen Vorgutachten und sonstigen ärztlichen Unterlagen. Das Gutachten selbst ist hinreichend begründet und lässt Widersprüche zwischen Befunderhebung und Beurteilung des Leistungsvermögens nicht erkennen. Insbesondere bezieht sich der Sachverständige auch auf die bereits im Verwaltungsverfahren durchgeführte Begutachtung durch Dr. G. Dr. C. schließt sich den dortigen Ausführungen an. Insbesondere führt Dr. C. an, dass auch in ihrem Zusammenwirken die beim Kläger bestehenden Funktionsstörungen nicht so gravierend sind, dass nicht zumindest eine über sechsstündige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Tätigkeiten gegeben wäre. Den Ausführungen von Dr. E. im Gutachten vom 12.07.2018 kann dagegen im Ergebnis nicht gefolgt werden. Die Begrenzung der Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden täglich für den Kläger ist durch Dr. E. nicht ausreichend begründet worden. Allein die von Dr. E. angenommene Zunahme der Schmerzen bei länger dauernder Arbeitsbelastung genügt hierfür nicht. Eine nähere Erläuterung ist auch durch Dr. E. hierzu nicht erfolgt. Im Rahmen der Befunderhebung konnte auch Dr. E. keine wesentliche Veränderung gegenüber dem Gutachten von Dr. G feststellen.
Zusammenfassend zeigt sich der Kläger somit noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI liegen damit nicht vor. Die ärztlich geforderten Einschränkungen der Arbeitsbedingungen werden von leichten Arbeitsplätzen in der Regel erfüllt. Es sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ausreichend Tätigkeiten denkbar, die der Kläger mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Ob der Kläger tatsächlich einen Arbeitsplatz findet, kann dabei unberücksichtigt bleiben, denn das Risiko, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern in denjenigen der Arbeitsverwaltung (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ergibt sich vorliegend auch nicht aus der Übergangsvorschrift des § 240 SGB VI. Nach dem beruflichen Werdegang des Klägers ist dieser auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Die letzte berufliche Betätigung des Klägers war die eines Maschinenbedieners. Keinesfalls ist der Kläger damit berufsunfähig im Sinne der genannten Vorschrift.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind damit nicht zu beanstanden. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


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